Forschung und Wissenschaft

A. Höpner

Flugphysiologisches Trainingszentrum
Bundeswehr/Stephan Ink

Die Koordination von internen wie externen Kooperationen und Forschungsprojekten erfolgt im Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe (ZentrLuRMedLw) in Köln in der Fachabteilung I Forschung, Wissenschaft und Erprobung.

Das ehemalige Flugmedizinische Institut der Luftwaffe war bis 2013 die zentrale Untersuchungsstelle für aktuelles und zukünftiges fliegende Personal der Bundeswehr und führte von Anfang an flugmedizinische Forschung mit Schwerpunkten auf Atmungs- und Kreislaufphysiologie sowie Sinnesphysiologie mit dem Ziel der Beurteilung und Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit von PilotInnen der Bundeswehr durch. Derzeit reicht das nun am ZentrLuRMedLw vertretene Spektrum der medizinischen Disziplinen von den flugmedizinsch besonders relevanten klinischen Fachgebieten, einschließlich der Zahnheilkunde über Molekularbiologie, Toxikologie und Rechtsmedizin bis hin zu Ergonomie und Psychologie. Außerdem werden hier neben Fragestellungen im Bereich der wehrmedizinischen Forschung auch wehrtechnische Aspekte im Kontext der Luft- und Raumfahrtmedizin bearbeitet. 

Der Auftrag des ZentrLuRMedLw besteht in der Expertise sowie der Beratungs- und Urteilsfähigkeit im Bereich der Luft- und Raumfahrtmedizin für den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg). Dazu nimmt das Zentrum diverse Forschungsaufgaben war: Durchführung angewandter Forschung unter wehrmedizinischen Aspekten im jeweiligen Fachbereich, Betreiben einer Promotionsstelle für akademische Weiterqualifikationsschriften (z. B. Promotionen, Bachelor- oder Masterarbeiten), Mitwirkung an der Hochschullehre und Publikationstätigkeit zur Sicherstellung des Wissenstransfers aus der eigenen wissenschaftsbasierten Leistungserbringung.

Aus dem Auftrag und den Aufgaben des ZentrLuRMedLw leiten sich folgende Bereiche für die wissenschaftliche Arbeit ab: ­fachliche Expertise zur Urteilsfähigkeit auf dem Gebiet der theoretischen, angewandten und experimentellen Luft- und Raumfahrtmedizin und assoziierter Nachbardisziplinen, wie der Flugunfallforschung, mit dem Ziel der nationalen und internationalen Flugsicherheit; qualifizierte Beurteilung der Anforderungen und der Leistungsfähigkeit des fliegenden Personals durch wissenschaftliches Erarbeiten, Evaluieren und Etablieren von spezifischen Untersuchungsmethoden; Durchführung, Auswertung und Weiterentwicklung der Langzeiterfolgskontrolle der fliegerischer Auswahl- und der Ausbildungsergebnisse für den Fliegerischen Dienst der Bundeswehr sowie Erprobung, Untersuchung und Bewertung von Luftfahrzeugen aber auch luft- und raumfahrtmedizinisch relevanter Technik und Verfahren.

Das primäre Ziel der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit im Bereich der militärischen Luft- und Raumfahrtmedizin besteht in erster Linie in der Beseitigung von identifizierten Fähigkeits­lücken und der Sicherstellung der Einsatzbereitschaft. Die ­Ergebnisse fließen unmittelbar in die Handlungsoptionen der Bedarfsträger (Heer, Marine und Luftwaffe) sowie die Strukturen des Planungsprozesses (v.  a. beim Planungsamt der Bundeswehr) im Rahmen der Entwicklung, Überarbeitung und Verbesserung bestehender oder geplanter Waffensysteme ein. 

Die aktuellen Forschungsschwerpunkte umfassen Bereiche wie Next Generation Weapon System, Unmanned Aerial System, Aeromedical Evacuation, Primary Prevention, Virtual, Augmented und Mixed Reality. Derzeit werden 60 laufende und geplante Forschungsprojekte bearbeitet, die sich u. a. mit Fragestellungen zur Physiologie, Psychologie und Ergonomie, aber auch mit der Analyse von Unfällen, Zwischenfällen und den psychischen sowie physischen Anforderungen an das fliegende Personal vor dem Hintergrund immer komplexerer Arbeitsbedingungen und Einsatzerfordernissen befassen.

Ressortforschungseinrichtung

Die Ressortforschung des Bundes ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Wissenschaftssystems. Sie deckt in einer problemorientierten, praxisnahen und interdisziplinären Herangehensweise ein breites Aufgabenspektrum ab. Die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten des ZentrLuRMedLw werden durch die Einrichtung selbst und in Kooperation mit anderen Forschungsinstitutionen ausgeführt. Bei der Vergabe von Forschungsaufträgen an externe Forschungsnehmer, der sogenannten extramuralen Forschung, leistet das ZentrLuRMedLw in seinem Kompetenzbereich Zuarbeit für das BMVg. Dabei ist es ein Alleinstellungsmerkmal der Ressortforschungseinrichtungen, dass die wissenschaftliche Expertise für dringliche Beratung der Politik bzw. der militärischen Führung kurzfristig abrufbar ist und gleichzeitig langfristig angelegte wissenschaftliche Aufgaben auf hohem, international vergleichbarem Niveau bearbeitet werden. Die Ressortforschungseinrichtungen erfüllen somit eine wichtige Scharnierfunktion zwischen der Politik sowie der militärischen Führung auf der einen und der Wissenschaft auf der anderen Seite.

Mit dem ZentrLuRMedLw steht der Luftwaffe, aber auch anderen Bedarfsträgern in der Bundeswehr, eine leistungsfähige Ressortforschungseinrichtung für spezifische Fragestellungen im Bereich der militärischen Luft- und Raumfahrtmedizin zur Verfügung. Die Luftwaffe bearbeitet dabei generell wissenschaftsfundierte, anwendungsorientierte Fragstellungen im Wesentlichen zum Themenbereich der Mensch-Maschine-Schnittstelle. Ausgewählte Beispiele hierfür sind die erweiterte Untersuchung des Schutzanzuges G-RAFFE, die Entwicklung einer Laserschutzbrille zur Vermeidung vor Laserblendungen im Cockpit oder auch die Belastungsanalyse von Drohnenführern, -operateuren und Luftbildauswertepersonal.

Kooperation und Netzwerke

Das BMVg hat im Jahr 2014 einen Kooperationsvertrag mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) abgeschlossen. Kooperationsinhalte sind die Durchführung gemeinsamer Forschungsprojekte und die gegenseitige Nutzung der verfügbaren Einrichtungen des DLR und des ZentrLuRMedLw sowie die Ausbildung von wissenschaftlichem Nachwuchs unter Nutzung eines von beiden Partnern betriebenen Gebäudes auf dem Gelände des DLR. Eine engere Kooperation mit der European Space Agency (ESA) erfolgt aktuell in einem Forschungsprojekt.

Wichtige universitäre Kooperationspartner des ZentrLuRMedLw sind die Technische Universität München, die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, die Bundeswehruniversitäten Hamburg und München, die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg sowie die Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Außeruniversitäre Kooperationspartner auf Projektbasis sind das Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik, das Fraunhofer-Institutszentrum Stuttgart, das Bundesamt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Berlin sowie Airbus Space and Defense in Taufkirchen.

Außerdem werden gemeinsame Projekte mit den Einrichtungen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, insbesondere den Bundeswehrkrankenhäusern, durchgeführt. 


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