Fit for life – Die Abteilung Innere Medizin/Kardiologie

M. Grunwald, A. Lison

Sportmedizinischen Gesundheitsuntersuchung bei einem Leistungssportler
Bundeswehr/Andreas Lison

Dem Mann, dem auf dem Laufband des Herz-Kreislauf-Labors am Zentrum für Sportmedizin der Bundeswehr (ZSportMedBw) gerade seine Elektrokardiogramm-Elektroden und die Spiroergometrie-Maske angelegt werden, sieht man auf den ersten Blick sein Lebensalter nicht an. Er wirkt durchtrainiert, das Resultat aus einer über viele Jahre absolvierten körperlich fordernden Verwendung und seinen zusätzlichen Ambitionen als Triathlet. Als erfahrenem Soldaten und ambitioniertem Hobbysportler ist Oberstabsfeldwebel O. klar, dass Sport nicht immer gesund sein muss und medizinische Leistungsdiagnostik primär der sportmedizinischen Gesundheitsuntersuchung dient. Alle 12 bis 18 Monate stellte er sich daher am ZSportMedBw einer interdisziplinären sportmedizinischen Gesundheitsuntersuchung. Mit dem Check seiner Lunge, seines Herzens und seiner Blutwerte konnte er seinen Sport bisher sicher durchführen. In der Leistungsdiagnostik mit Laktatmessung oder der Spiroergometrie brauchte er sich trotz seines Alters weder auf dem Fahrradergometer noch auf dem Laufband mit seiner Leistung verstecken.

Dann erkrankte er schwer, und an die vormaligen Leistungen war nicht mehr zu denken. Ein schwerer Schlag für den bisher so leistungsfähigen Menschen. Den Alltag wieder zu meistern, ein wenig Sport treiben zu können, das rückte auf einmal in den Fokus. Und auch da konnte er auf die sportmedizinisch-sportkardiologische Expertise am ZSportMedBw zurückgreifen, erhielt umfassende Unterstützung zur bestmöglichen Wiederherstellung seiner Leistungsfähigkeit. Dazu gehörten auch die ärztlichen Gespräche, die ihm halfen, sich neue Ziele zu stecken.

Das Herz-Kreislauf-Labor stellt in gewisser Weise das Herzstück des Zentrums dar. Alle Abteilungen greifen im Rahmen ihrer Aufträge auf die dort vorhandene apparative Diagnostik zurück. In der Abteilung C werden daher nicht nur SpitzensportlerInnen untersucht, sondern auch SoldatInnen in körperlich und mental besonders fordernden Verwendungen sowie solche mit gesundheitlichen Einschränkungen oder internistischen Vorerkrankungen. Abermals zeigt sich hier der interdisziplinäre Ansatz der modernen Sportmedizin, einem umfassenden Denken und Handeln, wenn es um Bewegung und Sport geht. Erkennbar wird dies auch an der Ausstattung der Abteilung. Die Bodyplethysmografie dient ebenso zur Verifizierung der Indikationen für inhalative b-Mimetika im Rahmen der Anti-Dopingrichtlinien, wie der gezielten Therapie von PatientInnen mit chronischen Lungenerkrankungen. Leistungsorientierte Rennrad-SportlerInnen nutzen für die Ergometrie eine Spezialkonstruktion, in der ihr eigenes Rennrad eingespannt werden kann, um die Beschaffenheit des eigenen Fahrradrahmens zur bestmöglichen Trainingssteuerung zu berücksichtigen Für kardiologische PatientInnen stehen Fahrradergometer, die eine aufrechte Oberkörperhaltung ermöglichen ebenso zur Verfügung wie ein Laufband. Im Rollstuhl mobilisierte PatientInnen können eine Handkurbel-Ergometrie absolvieren.

Als eine von 26 Untersuchungsstellen, die vom Deutschen Olympischen Sportbund lizenziert wurden, werden hier jährlich ca. 200 Kaderuntersuchungen (A- bis D-Kader) durchgeführt. Hierzu gehört neben den Begutachtungen des Bewegungsapparates regelhaft auch die medizinische Leistungsdiagnostik der Abteilung C. Als Teil des originären militärischen Auftrags des ­Zentrums erfolgen diese Untersuchungen nicht nur bei den Angehörigen der Sportfördergruppen, sondern auch bei zivilen Kadersport­lerInnen. Dabei wird von vielen vergessen, dass die vorgeschriebenen Kaderuntersuchungen nicht primär der Trainingsteuerung, sondern der bestmöglichen Gesundheitsvorsorge der KaderathletInnen dienen. Der seit Anfang der 2000er Jahre am damaligen Institut für Sportmedizin der Bundeswehr stärker erkennbare ­präventivmedizinische Ansatz war zunächst überwiegend auf die Betreuung von SoldatInnen mit Adipositas-assoziierten Erkrankungen ausgerichtet. Mit Vorliegen der kardiologischen, ­psycho­kardiologischen und speziellen sportkardiologischen Facharztkompetenz hat sich die primär-, sekundär- und tertiärpräventivmedizinische Untersuchungs- und Beratungsleistung der Abteilung erheblich erweitert. Es werden Patienten mit speziellen sportkardiologischen Fragestellungen ebenso untersucht und beraten, wie solche, die aufgrund einer internistischen Erkrankung Zugang zum Sport im Sinne eines therapeutischen Mittels finden möchten oder sollten. Im Vordergrund steht hierbei immer der ganzheitliche Ansatz, der nicht die PatientInnen mit seinen gegebenenfalls bestehenden körperlichen Limitationen sieht, sondern aus der Summe körperlicher, sozialer und psychologischer Faktoren Möglichkeiten aufzeigt. Dieser Ansatz bietet immer wieder Anlass für innovative Projekte, so bestehen Kooperationen der Abteilung C mit der Abteilung Neurologie des ­Bundeswehrkrankenhauses Hamburg bei der Behandlung von Narkolepsiepatienten und neuerdings auch mit dem Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, wo in Zusammenarbeit mit der Sportschule der Bundeswehr ein Projekt für PatientInnen mit einem Diabetes mellitus Typ 1 erarbeitet und erstmalig durchgeführt wurde, um den Umgang mit der Erkrankung bei körperlicher Aktivität sicherer und gesundheitsorientiert zu gestalten.

Oberstabsfeldwebel O. hat die Spiroergometrie auf dem Laufband erneut hinter sich gebracht, nicht mehr mit den Geschwindigkeiten, die ihm vor seiner Erkrankung möglich waren, aber durch die Untersuchungsergebnisse mit der Sicherheit, dass Herz und Lunge soweit erholt sind, dass er gemäß der Empfehlungen seiner Fachärztin wieder Schritt für Schritt weiter trainieren kann. 

„Hier zählt nicht nur der Mensch, der Leistung bringt, hier darf man sich auch leisten, Mensch zu sein“, sagt O. 

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