14.08.2013 •

ERKENNTNISSE AUS DER GESUNDHEITS- UND FITNESS-INITIATIVE AN EINER GROSSEN DIENSTSTELLE FÜR DIE KÜNFTIGE PRÄVENTIONSARBEIT IN DER BUNDESWEHR

Aus der Laborabteilung IV - Wehrmedizinische Ergonomie und Leistungsphysiologie -¹ (Leiter: Oberstarzt Prof. Dr. Dr. D. Leyk) am Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Koblenz, der Forschungsgruppe Leistungsepidemiologie² (Leiter: Prof. Dr. Dr. D. Eßfeld und Oberst­arzt Prof. Dr. Dr. D. Leyk), an der Deutschen Sporthochschule Köln, dem Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr Köln³ (Vizepräsident: Generalmajor M. Hofmann, Abteilungsleiter IV: Brigadegeneral G. Klein) und der Sanitätsakademie der Bundeswehr München⁴ (Kommandeurin: Generalarzt Dr. E. Franke)

Alexander Witzki¹, Ulrich Rohde¹, Thomas Rüther², Georg Klein³, Manfred Hofmann³, Erika Franke⁴ und Dieter Leyk¹,²

Zusammenfassung

Hintergrund: Der Erhalt der körperlichen Leistungsfähigkeit ist im Soldatenberuf von zentraler Bedeutung für die erfolgreiche Auftragserfüllung. Aufgrund der Technisierung vieler militärischer Arbeitsplätze und zahlreicher Dienstpos­ten mit überwiegenden Bürotätigkeiten tritt auch bei Soldaten immer häufiger Bewegungsmangel auf. Zur Konzeption und Umsetzung von effizienten Präventionsmaßnahmen, die künftig in der Fläche benötigt werden, wurde an einer großen Bundeswehrdienststelle eine Gesundheits- und Fitness-­Initiative (G&F-Initiative) als modellhafte Pilotstudie durchgeführt.

Methoden: Zu Anfang und gegen Ende der einjährigen Kampagne wurden den über 1 000 Mitarbeitern der Kölner Dienststelle umfangreiche Gesundheits- und Fitnesschecks angeboten und individuelle Einschätzungen in drei großen Mitarbeiterbefragungen erhoben. Die Initiative umfasste gezielte Sportangebote für Einsteiger und erfahrene Sportler, Ernährungsinformationen/-angebote, monatliche Expertenvorträge sowie ein Intranetforum.
Ergebnisse: 82 % der Befragten berichteten einen hohen Grad an Zufriedenheit mit der Initiative. Die G&F-Angebote wurden vielfach genutzt und als nützlich eingestuft. Ein großer Teil der Teilnehmer sah eindeutig positive Einflüsse auf die körperliche wie auch berufliche Leistung und in Bezug auf gesundheits- und leistungsrelevante Verhaltensparameter. 89 % haben Interesse an nachfolgenden G&F-Initiativen.
Schlussfolgerungen: Die erfolgreiche Modellkampagne zeigt die Richtung für die künftige Präventionsarbeit in der Bundeswehr: Wirkungsvolle Gesundheitsförderung braucht bereichsübergreifende Zusammenarbeit und eine Stärkung der Prävention im soldatischen Alltag.
Schlagworte: Prävention, Gesundheit, Gesundheitskam­pagne, körperliche Leistungsfähigkeit.

Summary
Background: In the military setting, staying physically fit is essential for mission success. The increased use of technology in many military workplaces and the high number of posts dominated by office work result in reduced physical activity. In the foreseeable future, large scale measures of health prevention will be needed throughout the whole of the Bundeswehr. In order to conceptualize and enact efficient measures of health prevention, a pilot study, i. e. the Health and Fitness Campaign, was conducted.
Methods: At the beginning and towards the end of the one year study, health and fitness check-ups were offered to all of the more than 1,000 employees at the office in Cologne. Data collection also included three waves of employee surveys. The campaign entailed specific exercise offers to beginners and experienced athletes, nutritional information and programs, monthly lectures by training and nutritional experts, as well as an intranet forum.
Results: 82 % of participants reported a high degree of satisfaction with the overall campaign. Health and fitness offers were frequently used and considered to be helpful. A large portion of participants reported positive influences on physical and professional performance as well as on health and performance related behavioral parameters. 89 % were interested in future health and fitness campaigns.
Conclusions: The successful model campaign shows the direction for future prevention work in the Bundeswehr: Effective health promotion requires cross-functional collaboration as well as reinforcement of prevention in military routine.
Keywords: prevention, health promotion, physical fitness.


Einführung
Sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich wird die Notwendigkeit effizienter Gesundheitsförderung und Prävention immer deutlicher (siehe Leyk et al. in dieser Ausgabe; 1). Die fortschreitende Technisierung und der allgemeine Wohlstand haben zu tief greifenden Verhaltensänderungen geführt (2). Die Folgen sind eine starke Zunahme von Zivilisationskrankheiten wie Adipositas, Diabetes oder kardiovaskuläre Erkrankungen und Leistungseinbußen (3 – 6). Diese Entwicklung betrifft immer mehr Erwerbstätige und führt zu wachsenden Problemen für die Wirtschaft wie auch für die Gesundheits- und Sozialsys­teme (7, 8). Entsprechend wird seit geraumer Zeit der Prävention wesentlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt, und es wurden zahlreiche Kampagnen (sowohl im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung wie auch von Gesundheitskassen und staatlichen Einrichtungen (siehe zum Beispiel 9) initiiert. Allerdings konnten bislang kaum die gewünschten Ziele erreicht beziehungsweise nachgewiesen werden (10). Es wird immer deutlicher, wie schwer es Betroffenen fällt, gesundheitlich ungünstige Verhaltensmerkmale abzulegen. Mit Blick auf den gefahrenbehafteten Soldatenberuf, mit seinen Auslandseinsätzen, kommt der Gesundheitsförderung und Prävention in der Bundeswehr eine noch größere Bedeutung als im zivilen Bereich zu. In der Bundeswehr bestehen allerdings auch weitaus bessere Möglichkeiten, Maßnahmen in diesem Bereich zu ergreifen. Neben der Verpflichtung des Einzelnen zur Erhaltung der Gesundheit (ZDv 14/5) und der Teilnahme am dienstlichen Sport (ZDv 3/10) wird die notwendige Infrastruktur durch den Dienstherrn zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus stehen ausgebildete Ansprechpartner (Übungsleiter, Sportleiter, Fachsportler) und, mit dem Basis-Fitness-Test (BFT), ein valides und effizientes Verfahren zur Überprüfung des Leistungsstandes zur Verfügung (11).
Günstige Ausgangsbedingungen allein sind jedoch nur eine Voraussetzung und führen nicht zwingend zu dem gewünschten Verhalten. Daher wurde von der, inzwischen als Teil des Bundesamtes für das Personalmanagement neu aufgestellten, ehemaligen Stammdienststelle der Bundeswehr und dem Sanitätsdienst die Notwendigkeit einer wirkungsvollen Intervention erkannt und eine einjährige Kampagne als Pilotstudie beziehungsweise zur Vorbereitung von künftigen Gesundheits- und Fitness-Initiativen durchgeführt. Die personalführende Dienststelle ist auf Grund ihres Auftrages ein Paradebeispiel für Verwendungen, in denen Soldaten und zivile Mitarbeiter ausschließlich Bürotätigkeiten nachgehen. Mit einem hohen Altersdurchschnitt und geringen Anteil an Mannschaften (5 %) ist sie vergleichbar mit vielen Einrichtungen im zivilen Bereich (öffentliche Verwaltungen, Dienstleistungsunternehmen etc.). Hinzu kommt ein großer Anteil von Fernpendlern, bei denen eine tägliche einfache Wegstrecke von bis zu 100 km nicht ungewöhnlich ist. Daher wurde von der Leitung der Dienststelle die Durchführung einer wissenschaftlich begleiteten „Gesundheits- und Fitness (G&F)-Initiative“ beschlossen. Diese wurde 2011 in der Lüttich-Kaserne Köln als gemeinsames Forschungsprojekt mit der Laborabteilung IV des Zentralen Institutes des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Koblenz und der Forschungsgruppe Leistungsepidemiologie der Deutschen Sporthochschule Köln durchgeführt. Die angestrebten Ziele waren:

  1. Die Angehörigen der Dienststelle mit praktischen Informationen zu einem gesunden und leistungserhaltenden Lebensstil zu versorgen,
  2. adressatengerechte Möglichkeiten für die Durchführung beziehungsweise Wiederaufnahme von sportlichen Aktivitäten zu eröffnen und
  3. abschätzen zu können, wie groß die Akzeptanz und der Erfolg bei der einjährigen Modellinitiative ausfällt.

Methoden
An der Dienststelle arbeiteten insgesamt 1 010 Personen, davon 776 Soldaten und 129 Soldatinnen sowie 70 zivile Mitarbeiterinnen und 35 Mitarbeiter. Vor Beginn der G&F-Initiative wurden alle militärischen und zivilen Angehörigen durch ein persönliches Anschreiben der Dienststellenleitung über die Angebote sowie die begleitende Studie informiert und zur freiwilligen Teilnahme ermutigt. In einer anschließenden, von der Führung geleiteten Auftaktveranstaltung, stellten die Forschungspartner allen interessierten Mitarbeitern aktuelle Erkenntnisse zur Thematik „Lebensgewohnheiten, Gesundheit und Fitness“ vor und klärten über den genauen Ablauf und Umfang der Datenerhebungen auf.

Angebote der Gesundheits- und Fitness-Initiative
Folgende, über Intranet und Flyer beworbene Angebote konnten während der Dienstzeit von allen zivilen und militärischen Mitarbeitern genutzt werden:

  • 18 Sportneigungsgruppen, unter anderem Badminton, Fußball, Handball, Laufen/Dauerlauf,Leichtathletik, Nordic Walking, Schwimmen, Tennis, Tischtennis, Triathlon und Volleyball,
  • zusätzliche Sportneigungsgruppen gezielt für Sport(wieder)­einsteiger und geführt von erfahrenen Übungsleitern: Fitnesstraining (Zirkeltraining, kleine Spiele), Kraft-Kondition-Fitness, Kraftraum (Training an Geräten), Laufen/Dauerlauf und Nordic Walking,
  • Gesundheits- und Fitnesschecks zu Beginn und am Ende der Initiative (siehe Kasten),
  • monatlich praxisorientierte Expertenvorträge zu den Themenbereichen Gesundheit, körperliche Aktivität,Training, Ernährung und Stressmanagement (Einzelthemen siehe Abb. 1),
  • ein erweitertes Ernährungs- und Informationsangebot der Truppenküche zur Mittagverpflegung  („Fitness-Teller“, Kalorien),
  • aktuelle Informationen zur Initiative über ein auf der Intranet-Startseite der Dienststelle verlinktes Mitarbeiterforum.

Das breite Angebot an unterschiedlichen Maßnahmen wurde zusätzlich durch die umfassende Ausstattung mit modernen Sportstätten und -geräten begünstigt (01/2011 neu eröffnete und neu ausgestattete Sporthalle mit Cardioraum; neu ausgestatteter Kraftraum; Sportplatz mit 400-m-Tartanbahn und Rasenfußballplatz; attraktive Laufstrecken im Nahbereich der Kaserne; Nutzungsmöglichkeit des nahen Hallenbades Chorweilerbad).

Datenerhebung
Die Studiendaten wurden im Rahmen von drei Mitarbeiterbefragungen (Zeitpunkte t1, t3, t5) und zwei Gesundheits- und Fitnesschecks (Zeitpunkte t2, t4) erhoben (Abb. 1). Zur Gewähr­leis­tung des Datenschutzes wurde für jeden Mitarbeiter randomisiert ein Pseudonym (fünfstellige Zahl) zugewiesen. Hierdurch konnten die Daten zu mehreren Zeitpunkten im Jahresverlauf anonym erhoben und für die Auswertung im Längsschnitt miteinander verknüpft werden.
Die inhaltlich identischen Gesundheits- und Fitnesschecks wurden jeweils über einen Zeitraum von zwei Wochen vor Ort angeboten. Der gesamte Untersuchungsumfang mit einer Dauer von ungefähr 60 min ist im Kasten dargestellt. Die Checks boten zum einen den Mitarbeitern eine zeitlich planbare und leicht erreichbare Möglichkeit, sich umfassend bezüglich ihrer Gesundheit und Fitness zu informieren und individuell (sport-) ärztlich beraten zu lassen. Zum anderen konnten so wichtige Körpermaße und zahlreiche physische Leistungsparameter erhoben werden, die verknüpft mit den Angaben aus den Befragungen und den aktuellen Ergebnissen des Basis-Fitness-Tests umfassende Auswertungen ermöglichen.
Die Befragung im Rahmen des zweiten Gesundheits- und Fitnesschecks (t4) war inhaltlich identisch mit der dritten Mitarbeiterbefragung (t5). Bei Personen, die an beiden Terminen teilnahmen, wurden in der Auswertung nur die Angaben zu t4 berücksichtigt.
Die erste Mitarbeiterbefragung wurde jedem Mitarbeiter als Papierfragebogen mit einem Anschreiben zugesendet. Die beiden anderen Mitarbeiterbefragungen wurden über das Intranet verschickt und konnten online am Arbeitsplatz ausgefüllt werden. Die Fragebögen im Rahmen der beiden Gesundheits- und Fitnesschecks wurden vor Ort in Papierform ausgegeben.
Insgesamt wurden mehr als 130 verschiedene Fragen gestellt. Sie wiederholten sich teilweise in den einzelnen Befragungen, um eine Betrachtung im Längsschnitt zu ermöglichen. Neben soziodemografischen und anthropometrischen Daten (Geburtsjahr, Geschlecht, Größe, Gewicht, Schulabschluss, Raucherstatus, Mitarbeitergruppe etc.), wurden Informationen zur Gesundheits- und Fitness-Initiative (zum Beispiel Absicht zur Teilnahme), wie auch Angaben zum Freizeitverhalten (zum Beispiel Häufigkeit körperlicher Aktivität ohne Sport), Sport (unter anderem Häufigkeit, Motivationen und Hemmnisse) und Gesundheit (zum Beispiel Selbsteinschätzung der Gesundheit, Gewicht, Ernährung) erhoben.

Statistik
Statistische Analysen wurden mit IBM© SPSS© Statistics 20 und R (12) durchgeführt. Häufigkeiten wurden mit Chi-Quadrat-Tests (mit Kontinuitätskorrektur) und Verteilungstests verglichen. Bei allen Analysen wurde ein Signifikanzniveau von 5 % festgelegt.

Ergebnisse
Analysen der Repräsentativität der Stichprobe für die Dienststelle zeigten keine wesentlichen Unterschiede zwischen Stichprobe und Grundgesamtheit.

Situation zu Beginn der Gesundheits- und ­Fitness-Initiative
93,2 % der Teilnehmer an dieser Befragung bekundeten ihr Interesse an der G&F-Initiative. Auf die Frage, welches Hauptziel sie mit der Initiative erreichen wollen, gaben 61,8 % der Befragten an, ihre Leistung/Fitness steigern oder erhalten zu wollen. 44,3 % der Teilnehmer strebten eine Gewichtsreduktion an und 4 % wollten sich über den Stand ihrer körperlichen Fitness informieren. 3,4 % nannten ihre Gesundheit als Hauptziel, während die weiteren Gründe (Ernährung, Ausgleich/Wohlbefinden, Muskelaufbau, Aussehen, andere Gründe) jeweils von weniger als 2,1 % berichtet wurden.
Die Auswertung des BMI zu Studienbeginn zeigt, dass nach den WHO Kriterien (13) 38,5 % der Teilnehmenden normalgewichtig, 42,7 % übergewichtig und 18,8 % adipös waren. 87,8 % fühlten sich gesund. Etwas mehr als die Hälfte (51,5 %) glaubte, dass sie sich ausreichend bewegte, während 45,5 % sich mit ihrem Gewicht wohlfühlten.
In Bezug auf ihre sportliche Aktivität gaben 27,2 % an, nie oder selten Sport zu treiben. 44,1 % trieben ein bis drei Mal pro Woche und 28,2 % mehr als drei Mal pro Woche Sport.

Bewertung der Gesundheits- und Fitness-Initiative
Wie Abbildung 2 zu entnehmen ist, wurden das Intranetangebot und die Sportneigungsgruppen von mehr als der Hälfte der Teilnehmer der Abschlussbefragung mehrfach beziehungsweise regelmäßig genutzt. Zwei Drittel der Teilnehmer nahmen an mindestens einem der beiden Gesundheits- und Fitnesschecks teil. Die Informationen im Intranet und die Sportneigungsgruppen wurden, neben den durch die Forschungspartner gestellten Zusatzangeboten (Fitnesschecks und Informationsveranstaltungen), von der überwiegenden Mehrheit als nützlich betrachtet (Abb. 3). Neben der Nutzung und der Nützlichkeit der einzelnen Angebote ist die Zufriedenheit der Teilnehmenden ein zentraler Indikator für den individuellen Erfolg der G&F-Initiative. Der große Anteil der Befragten, die mit der Initiative insgesamt und der persönlichen Teilnahme sowie dem eigenen Ergebnis zufrieden waren, kann Abbildung 4 entnommen werden. Dabei beurteilte ein signifikant größerer Anteil der Teilnehmer die Initiative positiv, verglichen mit den beiden individuellen Parametern (jeweils p < 0,05). Korrespondierend zu dieser positiven Einschätzung bekundeten 88,6 % der Teilnehmenden ein Interesse an zukünftigen Gesundheits- und Fitness-Initiativen.

Einfluss auf Empfinden und Verhalten
Jeweils über 60 % der Teilnehmenden berichteten einen positiven Einfluss der Initiative auf ihre körperliche Leistung, Gesundheit und allgemeines Wohlbefinden. Bemerkenswert ist, dass ein Drittel der Befragten einen positiven Einfluss auf ihre berufliche Leistung erlebten (Abb. 5: linke Seite). Das Verhalten vieler Teilnehmer wurde ebenfalls positiv durch die Gesundheits- und Fitness-Initiative beeinflusst (Abb. 5: rechte Seite). Besonders erfreulich ist, dass es neben der Gestaltung und Intensität des Sports (57 %) auch zu einer Veränderung der Ernährungsgewohnheiten kam (44 %).

Diskussion
Die vorliegenden Ergebnisse bestätigen zum einen die Notwendigkeit einer auf die körperliche Leistungsfähigkeit ausgerichteten Gesundheits- und Fitness-Initiative. Zum anderen zeigen sie, dass die Kampagne insbesondere nach Einschätzung der Teilnehmenden sehr erfolgreich war.
Der Anteil der Adipösen lag mit 18,8 % über den Vergleichswerten der Gesamtbevölkerung aus 2010 von 15,8 % (16,1 % der Männer; 14). Insgesamt unterstreichen die in der Gesundheits- und Fitness-Initiative erhobenen Daten die Notwendigkeit einer auf die physische Leistungsfähigkeit abzielenden Kampagne. Das eindeutige Bekenntnis, die Unterstützung sowie die persönliche Teilnahme des Führungspersonals haben sicherlich einen großen Anteil am Erfolg. Die Vorbildfunktion von Vorgesetzten ist gerade im persönlichen Verhalten, wie beim Dienstsport, nicht zu unterschätzen. Dies wurde im Rahmen der Vorstellung der Studienergebnisse in der Lüttich-Kaserne Köln deutlich, als in der abschließenden Diskussion durch mehrere Anwesende die Bedeutung des Verhaltens der Vorgesetzten und Kollegen für die Beteiligung am Dienstsport betont wurde.
Die Zufriedenheit der Teilnehmer mit Interventionen ist ein zentraler Erfolgsparameter in der Evaluation von betrieblicher Gesundheitsförderung (siehe zum Beispiel (15)). Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass die Zufriedenheit mit der Initiative insgesamt häufiger als das eigene Engagement positiv bewertet wird und ein hohes Interesse an weiteren Gesundheits- und Fitness-Initiativen bei der Bundeswehr besteht.
Aus den Analysen zur Nutzung und Nützlichkeit der Angebote geht hervor, dass die durch die Forschungspartner erbrachten Zusatzangebote in Form von Vorträgen, Gesundheits- und Fitnesschecks und der damit verbundenen ausführlichen ärztlichen Beratung sehr geschätzt werden. Obwohl diese spezifischen Maßnahmen in der hier geschilderten Form in der Fläche vollumfänglich kaum realisierbar sind, lassen sich durch Anpassungen an die individuellen Gegebenheiten vor Ort mit vergleichbaren Interventionen sicherlich große Erfolge erzielen.
Besonders positiv zu bewerten ist der Einfluss der Initiative auf die körperliche und berufliche Leistung (Abb. 5), da diese sowohl unmittelbar den einzelnen Teilnehmern als auch dem Dienstherrn zugute kommt. Dies gilt in ähnlichem Maße auch für die Gesundheit. Hier ist sehr erfreulich, dass sich dies auch im Verhalten zeigt, wie beispielsweise in der Teilnahme an Gesundheitsförderungsmaßnahmen sowie dem positiven Einfluss auf die Ernährungsgewohnheiten.
Eine Grundproblematik von Interventionskampagnen ist die tatsächliche Erreichbarkeit von Mitarbeitern. Auch bei der hier dargestellten Gesundheits- und Fitness-Initiative zeigt sich, dass die eigentliche Zielgruppe, die mit gesundheitlichen Risikofaktoren behafteten Nichtsportler, zu selten teilnimmt. Auf diese Problematik wird aufgrund der notwendigen differenzierten Darstellung und Betrachtung hier bewusst nicht eingegangen. Es ist geplant, dieses wichtige Thema an anderer Stelle ausführlich zu diskutieren.
Wie einleitend bereits ausgeführt, ist in Vorschriften und Weisungen der Sport, die Pflicht zur Gesunderhaltung und die Überprüfung der körperlichen Leistungsfähigkeit festgelegt (ZDv 14/5, ZDv 3/10, Weisung IGF/KLF). Fakt ist jedoch, dass diese Möglichkeit im soldatischen Alltag zu selten genutzt wird. Ohne Zweifel gibt es in dieser Hinsicht große Unterschiede innerhalb der Bundeswehr (beispielsweise zwischen Verwendungen in Stäben und infanteristischen Einheiten). Unabhängig davon ist es notwendig, innerhalb der Bundeswehr umzudenken und Prävention, Fitness und Leistung zu stärken. Die aus der G&F-Initiative gewonnenen Erkenntnisse sind sehr wichtig für die Konzeption von effizienten Präventionsmaßnahmen, die künftig in der Fläche auszubringen sind.

Schlussfolgerungen
Die hier vorgestellte Gesundheits- und Fitness-Initiative zeigt eine Perspektive für die zukünftige Präventionsarbeit in der Bundeswehr auf. Sie demonstriert die erfolgreiche Zusammenarbeit des Sanitätsdienstes mit anderen militärischen Organisationsbereichen zum Nutzen des Einzelnen und der Führung. Die Verknüpfung der im Sanitätsdienst existierenden Expertise im Bereich Präventionsforschung, Gesunderhaltung und körperlicher Fitness mit organisatorischen, infrastrukturellen Gegebenheiten sowie dem Willen zur Verbesserung in der Truppe bietet eine Reihe von Vorteilen. Sinnvoll strukturierte, nachhaltige Kampagnen können zu einer Optimierung der Leistungsfähigkeit, einer positiven Gesundheitsentwicklung und besserem beruflichen Commitment führen. Sie belegen die Fürsorge des Dienstherrn für die Bundeswehrangehörige. Nicht zuletzt lässt sich eine Imageverbesserung der Bundeswehr mit den zu erwartenden positiven Folgen im Bereich der Nachwuchsgewinnung erreichen. Neben dem breiten Tätigkeitsspektrum und dem Gehalt (siehe Broschüre Arbeitgeber Bundeswehr) macht gerade die Fürsorge für die Einzelnen einen attraktiven Arbeitgeber aus.

Bildquellen:
Abbildungen 1 – 5: Laborabteilung IV, Zentralinstitut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Koblenz

Literatur

  1. Leyk D, Franke S, Hofmann M, et al.: Gesundheits- und Fitnessförderung in der Bundeswehr: Von ressourcenorientierter Präventionsforschung zur Umsetzung in die Fläche. Wehrmed Mschr 2013; 57 (7):  166 – 162.
  2. Leyk D, Witzki A, Sievert A, et al.: Importance of sports during youth and exercise barriers in 20- to 29-year-old male nonathletes differently motivated for regular physical activities. J Strength Condit Res 2012; 26 (7): 15 – 22.
  3. Richter-Kuhlmann E: Zivilisationskrankheiten nehmen zu. Gesundheitssurvey des Robert Koch-Instituts. Dtsch Ärztebl 2012; 109 (26): 1376 – 1377.
  4. Grøntved A, Hu FB: Television viewing and risk of type 2 diabetes, cardiovascular disease, and all-cause mortality: A meta-analysis. J Am Med Assoc 2011; 305 (23): 2448 – 2455.
  5. James WPT: WHO recognition of the global obesity epidemic. Int J Obes 2008; 32 Suppl. 7: 120 – 126.
  6. Mitchell NS, Catenacci VA, Wyatt HR, et al.: Obesity: Overview of an epidemic. Psychiatr Clin North Am 2011; 34 (4): 717 – 732.
  7. Chan, Margaret [Director-General of the World Health Organization]: The worldwide rise of chronic noncommunicable diseases: A slow moving catastrophe. Opening remarks. Moscow
  8. World Health Organization: Moscow declaration: Commitment to action, way forward. Moscow 2011.
  9. Bundesministerium für Gesundheit, Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Der nationale Aktionsplan zur Prävention von Fehlernährung, Bewegungsmangel, Übergewicht und damit zusammenhängenden Krankheiten: ­IN FORM - Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung. Bonn / Berlin 2008.
  10. Lüngen M, Schröer-Günther M, Passon AM, et al.: Evidenz der Wirksamkeit internationaler Präventionsmaßnahmen und Auswirkungen auf ein deutsches Präventionsgesetz. Med Klin 2009; 104 (2): 101 – 107.
  11. Bundesministerium der Verteidigung: Erhalt und Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit: Grundsatzdokument zum Basis-Fitness-Test (BFT) der Bundeswehr. In: Weisung zur Ausbildung, zum Erhalt der Individuellen Grundfertigkeiten und zur körperlichen Leistungsfähigkeit: KLF. Berlin: BMVg 2013.
  12. R Development Core Team: R: A language and environment for statistical computing. Vienna, Austria: R Foundation for Statistical Computing 2011.
  13. World Health Organization: Obesity and overweight:
    www.who.int/mediacentre/factsheets/fs311/en/index.html.
  14. Robert Koch-Institut: Daten und Fakten: Ergebnisse der Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell 2010“. Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Berlin: RKI 2012.
  15. Schempp N, Zelen K, Strippel H: Präventionsbericht 2011 - Leis­tungen der gesetzlichen Krankenversicherungen: Primärprävention und betriebliche Gesundheitsförderung. Essen 2012.

Datum: 14.08.2013

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