DIE ENTWICKLUNG DER KARDIOPULMONALEN LEISTUNGSFÄHIGKEIT VON TAUCHERN AB DEM 40. LEBENSJAHR
Progress of the cardio pulmonary Work Capacity in Divers over 40 Years of Age
Aus dem Schifffahrtmedizinischen Institut der Marine, Kronshagen (Leiter: Flottenarzt Dr. S. Neidhardt)
Thomas Wunderlich, Felix Rasehorn, Wataru Kähler, Julia Witte, Inga Koch, Burkhard Weisser und Andreas Koch
WMM, 57. Jahrgang (Ausgabe 1/2013: S. 8-13)
Zusammenfassung
Hintergrund:
Diese Arbeit untersuchte die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit von Tauchern ab dem 40. Lebensjahr. Es war von besonderem Interesse, wie sich diese im Altersvorgang entwickelt, ob das Tauchen einen negativen Einfluss auf sie haben könnte und warum viele Sporttaucher zwischen dem 45. und 60. Lebensjahr mit dem Tauchen aufhören.
Methoden: Bei drei Probandengruppen (18 haupt- und 22 nebenberuflichen Marinetaucher, 18 U-Bootfahrer als nicht tauchende Kontrollgruppe) wurden retrospektiv die Lungenfunktionswerte und Belastungsergometrien statistisch ausgewertet und miteinander verglichen. Außerdem wurde ein möglicher Zusammenhang zwischen Trainingshäufigkeit und erreichten PWC-Werten überprüft.
Ergebnisse: In allen drei Gruppen kam es zu einer ähnlichen Abnahme der Vital- und Einsekundenkapazität, der statistisch nicht signifikant war (VC: p = 0,278; FEV1: p = 0,835). Während die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit bei den hauptberuflichen Tauchern leicht abnahm (PWC170:
-5,86 %), blieb sie bei den nebenberuflichen Tauchern nahezu konstant (PWC170: -2,77 %). In der Kontrollgruppe stieg diese leicht an (PWC170: + 17 %). Dabei bestand zwischen den drei Gruppen statistisch kein signifikanter Unterschied (PWC170: p = 0,771; PWC150: p = 0,579). Allerdings zeigte sich ein hochsignifikanter Zusammenhang (p = 0,001) zwischen der Trainingshäufigkeit und der in den Belastungstests erreichten Leistung.
Schlussfolgerungen: Das Tauchen hat wenig Einfluss auf die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit. Auf die körperliche Belastbarkeit wirkt sich körperliches Training positiv aus. Die Gründe für einen altersbedingten Ausstieg sind nicht leistungsphysiologisch begründbar, hier müssen sinkende Motivation oder das Verschieben hin zu anderen Interessen eine Rolle spielen. Schlagworte: Tauchen, Lungenfunktion, physical working capacity (PWC).
Summary
Background: It was the aim of the study to investigate the cardio-pulmonary capability during the course of aging, and if diving may have a positive or even a negative influence on it.
Methods: The physical working capacity (PWC150 and PWC170) and parameters of lung function in divers over 40 years old were retrospectively analysed. We compared the data of 18 professional fulltime and 22 part-time Navy divers with a non-diving control group. Furthermore, the weekly sportive habits were compared with the development of fitness.
Results: In all groups there was a decrease in forced expiratory vital capacity (FEV1) and vital capacity (VC), statistical not significant (VC: p = 0.278; FEV1: p = 0.835). In the group of full time divers there was a mild decrease of the physical working capacity, (-5,86 %), whereas the PWC170 of part-time divers nearly remain unchanged. In the non-diving control group there was an increase of PWC170 detectable (+ 17 %). Overall there was no statistical significant difference between all groups (PWC170: p = 0.771; PWC150: p = 0.579). However, it has become apparent that there is a high significant correlation (p = 0.001) between the physical working capacity and getting fit through activity.
Conclusions: The data of this study revealed, that diving had neither positive nor negative influence on the cardio-pulmonary fitness. The previous observed age-related stop of diving seems not to be physiologically justifiable. Declining motivation or changing emphasis more likely may play the main role here. Keywords: Diving, lung function, physical working capacity (PWC).
Einleitung
Hintergrund
Tauchen gewinnt in modernen Gesellschaften zunehmend an Bedeutung. Polizei, Feuerwehr und Marine besitzen eigene Taucherstaffeln. Arbeitstaucher werden bei verschiedenen Unterwasserarbeiten benötigt. Auch das Freizeit- und Sporttauchen nimmt seit den 50er Jahren einen zunehmend höheren Stellenwert ein. Tauchverbände und -vereine melden stetigen Zuwachs. Durch die wachsende Popularität des Sporttauchens gibt es auch immer mehr ältere Tauchanfänger. Im Zuge der Kommerzialisierung wird leider weniger auf Ausbildung und körperliche Fitness Wert gelegt. Im Zuge der erhöhten Mobilität zu Reisezielen auf beinahe dem gesamten Globus, mit vermehrtem Wohlstand und Freizeit sowie einer großen Zahl kommerzieller Anbieter an den Urlaubsorten wird das Tauchen für nahezu jedermann möglich (1).
Während der „boot 2010“ wurde vom Tauchsport-Industrieverband eine große bundesweite Studie zur Situation des Tauchens in Deutschland in Auftrag gegeben.
Generell lässt sich sagen, dass der Tauchsport in Deutschland nach wie vor gut aufgestellt ist. Trotz nahezu exponentiell wachsender Erstausbildungszahlen scheint es allerdings einen altersbedingten Ausstieg aus dem Tauchsport zu geben. Bemerkenswert ist es, dass bei den Frauen circa 50 % der Sporttaucherinnen bereits zwischen dem 30. und 35. Lebensjahr aus dem aktiven Tauchsport aussteigen. Dieser Umstand könnte jedoch mit der Mutterschaft im Zusammenhang stehen. Es fällt auf, dass sowohl bei den Gelegenheitstauchern als auch den Intensivtauchern die Zahl nach dem 50. Lebensjahr rapide abnimmt.
Von insgesamt 420 000 aktiven Tauchsportlern in Deutschland sind gerade einmal 23 187 älter als 54 Jahre, was einem prozentualen Anteil von 5,52 % entspricht. Der Anteil der über 60-Jährigen ist mit 1,7 % sogar noch erheblich kleiner (Abb. 1 und 2) (2).
Aus einer 2011 veröffentlichen Studie des Robert Koch-Instituts geht hervor, dass es einen generellen negativen Zusammenhang zwischen sportlicher Aktivität und höherem Lebensalter gibt. So treiben fast 34 % der Menschen im Lebensalter zwischen 33 und 44 keinen regelmäßigen Sport, bei den über 50-jährigen sind es schon über 50 %. In der Gruppe der 33- bis 60-Jährigen beenden etwa 17 % ihre sportliche Betätigung. Immerhin sind diese Zahlen in den letzten Jahren aufgrund des gesteigerten Gesundheitsbewusstseins in der Bevölkerung rückläufig. Verglichen mit dem altersbedingten Ausstieg im Tauchsport ist die Zahl der Aussteiger aus dem Sport im Allgemeinen eher gering und scheint keine ausreichende Erklärung für den Rückgang der Anzahl an Tauchsportlern zu sein (3). Es muss also andere Gründe für dieses Phänomen geben.
Aufgrund massiv veränderter Umgebungsbedingungen während eines Tauchganges (veränderter Luftdruck und andere Leitfähigkeit des Mediums Wasser in Bezug auf Wärme, Licht und Schall etc.) muss der Taucher gewisse Verhaltensregeln beachten und eine gute körperliche Fitness zur Vermeidung fataler Zwischenfälle haben (4). Auch von der Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin (GTÜM) sowie vom Verband Deutscher Sporttaucher wird die Notwendigkeit einer ausreichenden körperlichen Leistungsfähigkeit für die Tauchtauglichkeit betont (5).
Fragestellung
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob es in erster Linie medizinische Gründe sind, warum fast alle Sporttaucher zwischen dem 45. und 60. Lebensjahr mit dem Tauchen aufhören. Die grundlegende Fragestellung der Arbeit war es, warum Sporttaucher überwiegend zwischen dem 45. und 60. Lebensjahr aus dem Tauchsport aussteigen.
Gibt es eventuell einen leistungsphysiologischen Zusammenhang? Um diese Frage zu klären, wurde im Jahr 2012, in Zusammenarbeit mit dem Institut für Sportmedizin der Christian-Albrecht-Universität Kiel die Entwicklung der körperlichen Leistungsfähigkeit von Tauchern ab dem 40. Lebensjahr genauer untersucht. Damit sollte auch die Frage beantwortet werden, inwieweit der altersbedingte Ausstieg aus dem Tauchsport mit der körperlichen Leistungsfähigkeit in Zusammenhang steht. Besonderes Augenmerk wurde hierbei auf die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit von Tauchern ab dem 40. Lebensjahr gelegt. Von besonderem Interesse war es, wie sich diese im Altersvorgang entwickelt und ob das Tauchen einen negativen Einfluss auf sie haben könnte. Um Rückschlüsse auf die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit ziehen zu können, sind sportmedizinische Leistungstests nötig, die einen hohen apparativen und zeitlichen Aufwand mit sich bringen. Das Schifffahrtmedizinische Institut der Marine in Kronshagen führt seit über drei Jahrzehnten im Rahmen der Taucher-U-Bootfahrer-Kampfschwimmer-Verwendungsfähigkeit (TUKV) die jährliche Tauchtauglichkeitsuntersuchung für Soldaten durch. Hierbei werden die Spirometrien und Belastungs-EKG nach standardisierten Verfahren durchgeführt. Die medizinischen Unterlagen jeder Untersuchung werden mindestens 30 Jahre lang archiviert. Demnach steht bei der Marine ein enormer Datensatz zur Verfügung, der für diese Arbeit genutzt werden konnte.
Aufgrund der vielfältigen biologischen Veränderungen gibt es nach medizinischem Wissensstand eindeutig einen altersbedingten Leistungsabfall. Dieser kann jedoch im Allgemeinen durch körperliche Betätigung in seiner Ausprägung verringert werden (6-8). Besonders die für den Tauchsport wichtige Leistungsfähigkeit des kardiopulmonalen Systems kann in den späteren Lebensjahren durch sportliche Aktivität über einen langen Zeitraum erhalten bleiben. Demnach sollten Sporttaucher durch einen aktiven Lebensstil durchaus in der Lage sein, eine ausreichende körperliche Leistungsfähigkeit auch über das 60. Lebensjahr hinaus zu behalten, und somit auch ihren Sport weiter ausführen können. Aus der offensichtlichen Diskrepanz zwischen dieser theoretischen Annahme und den Ergebnissen der oben genannten Studien stellt sich die Frage, welchen Einfluss das Tauchen selbst auf die Leistungsfähigkeit haben könnte. Es ist bekannt, dass die Lunge und das gesamte kardiovaskuläre System aufgrund der erhöhten Druckbedingungen besonderen Belastungen ausgesetzt sind (9).
Zu etwaigen Langzeitfolgen dieser Belastungen gibt es jedoch unterschiedliche Ergebnisse. Skogstad et al. (10) stellten in einer Langzeitstudie fest, in welcher sie die Lungenfunktion von 77 Tauchern über sechs Jahre hinweg untersuchten, dass Taucher eine signifikant höhere Abnahme der forcierten Vitalkapazität (FVC) und FEV1 aufwiesen, als die nicht tauchende Kontrollgruppe. Auch in zwei weiteren Studien konnte bei Tauchern eine signifikante Abnahme der Lungenfunktion beobachtet werden. Hierbei konnte allerdings nicht genau geklärt werden, inwieweit das Tauchen neben dem zunehmenden Alter für diese Abnahme verantwortlich war (11, 12).
Dagegen wurden im Jahre 2005 am Schifffahrtmedizinischen Institut der Marine in einer Studie 39 Militärtaucher, die überwiegend mit Kreislaufgeräten tauchen, über einen Zeitraum von fünf Jahren untersucht. Hier konnte statistisch keine signifikante Abnahme der Lungenfunktion festgestellt werden (13).
In einer 2007 veröffentlichten Arbeit von Obad et al. konnten umfangreiche Effekte am Herzkreislaufsystem nach einzelnen Tauchgängen gezeigt werden. Hier konnte unter anderem eine Verringerung des Schlagvolumens, des Cardiac Output und der „flow mediated dilatation“ gezeigt werden (14).
Ebenso wird eine Vergrößerung des rechten Ventrikels mit dem Tauchen in Zusammenhang gebracht. Mögliche Ursache könnte die durch die Immersion bedingte erhöhte Vor- und Nachlast des Herzens beim Tauchen sein (15).
Wenn Taucher ihren Sport und/oder das dienstliche Tauchen auch im Alter weiter ausführen möchten, darf man annehmen, dass diese versuchen, ihre körperliche Leistungsfähigkeit auch über das 50. bis 60. Lebensjahr hinaus durch ein entsprechendes Training zu erhalten. Deshalb stellt sich die Frage, ob und wenn ja, in wie weit das Tauchen selbst einen positiven Einfluss auf die Leistungsfähigkeit hat, oder ob gar negative Effekte durch das Tauchen Ursache für den oben genannten altersbedingten Ausstieg sein könnten. Diese Vermutung wird durch die Ergebnisse der vorgenannten Studien zumindest teilweise bestärkt.
Methoden
Bei der vorliegenden Arbeit wurden Daten von Spirometrien und Belastungs-EKG von 58 Probanden retrospektiv im Rahmen einer Bachelorarbeit am Institut für Sportmedizin der Christian-Albrecht-Universität Kiel erhoben. Da einige Probanden nicht bis zum 54. Lebensjahr erfasst werden konnten, nimmt die Anzahl der Probanden, beginnend mit der Alterskategorie 51 – 52 Jahre, zunehmend ab. Eine genaue Übersicht der Probandenzahlen in den drei Gruppen und den ermittelten Alterskategorien gibt Tabelle 1.
Insgesamt wurden drei verschiedene Gruppen gebildet. Für eine nicht tauchende Kontrollgruppe A wurden ausschließlich Daten von 18 U-Bootfahren verwendet, die keinerlei Taucherfahrung besitzen. Anstelle von Sporttauchern wurde eine Gruppe B nebenberuflicher Taucher als Vergleichsgruppe herangezogen. Die Gruppe B bestand aus 18 Schwimm- und Schiffstauchern, die in der Marine nur in Nebenfunktion als Taucher eingesetzt werden. Sie können daher, von der Häufigkeit der Tauchgänge her, am ehesten mit Sporttauchern verglichen werden. Für eine dritte Gruppe C wurden die Daten von 22 Kampfschwimmern und Minentauchern ausgewertet und mit den anderen beiden Gruppen verglichen. Kampfschwimmer und Minentaucher sind hauptberufliche Taucher. Sollte das Tauchen einen Einfluss auf die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit haben, so wäre in dieser Gruppe am ehesten ein Effekt zu erwarten.
Da die meisten Marinetaucher zwischen dem 50. und 54. Lebensjahr in Rente gehen, wird bei diesen auch keine TUKV mehr durchgeführt. Eine annähernd repräsentative Stichprobengröße in diesem Altersbereich zu erheben, war deshalb nicht mehr möglich. Um vergleichbare Daten einer möglichst großen Stichprobe zu erhalten und gleichzeitig einen möglichst langen Zeitraum zu erfassen, sollten die Akten der Probanden Daten vom 40. bis zum 50. Lebensjahr enthalten.
Um den Einfluss des Tauchens auf die körperliche Leistungsfähigkeit im höheren Erwachsenenalter im Längsschnitt zu überprüfen, wurden die Ergebnisse der Lungenfunktionstests und Belastungs-EKG von drei verschiedenen Probandengruppen zwischen dem 40. und 54. Lebensjahr in Kategorien zusammengefasst und im Zweijahresintervall ausgewertet und miteinander verglichen. Von jeder Gruppe wurden Mittelwerte für die entsprechenden Intervalle gebildet, um so die Entwicklung der Leistungsfähigkeit zu analysieren. Anschließend wurde mit statistischen Tests der Einfluss des Tauchens auf die körperliche Leistungsfähigkeit überprüft.
Aus den TUKV-Akten konnten durchgehend folgende Daten erhoben werden, die für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit relevant sind: „physical working capacity“ 170 (PWC170), „physical working capacity“ 150 (PWC150), Vitalkapazität (VC) und die Einsekundenkapazität (FEV1). Weil Sport einen vielfach nachgewiesenen positiven Einfluss auf die körperliche Leistungsfähigkeit hat (6 – 8), wurden die Angaben der Probanden zu ihrem Sportverhalten als zusätzliche Kontrollfaktoren mit erhoben.
Es wurde die PWC150 mit ausgewertet, um altersbedingte Abweichungen der PWC170, gegenprüfen zu können. Die PWC170 ist laut Löllgen und Erdmann mit zunehmendem Alter ungenau, weil die Herzfrequenz im Alter physiologisch absinkt, wodurch die PWC170, anstelle einer submaximalen, zunehmend eine maximale Auslastung des kardiopulmonalen Systems widerspiegelt (16).
Da die Lungenfunktionswerte stark von Größe und Gewicht der einzelnen Person abhängig sind, wurden die in Litern erfassten absoluten Werte der VC und FEV1 in einen relativen prozentualen Wert umgerechnet, um die Probanden untereinander vergleichen zu können. Hierbei wurde der Wert im Alter von 39 – 40 Jahren gleich 100 % gesetzt. Die Ergebnisse von jeder Erhebung zeigen also die prozentuale Größe der VC und FEV1 im Verhältnis zu dem Ausgangswert im Alter von 39 – 40 Jahren.
Für die einzelnen Gruppen wurden die Mittelwerte, Standardabweichungen, sowie Minimal- und Maximalwerte von den erhobenen Parametern zu jeder Jahreskategorie berechnet sowie statistisch ausgewertet. Hierbei wurde zur statistischen Signifikanzprüfung die einfaktorielle ANOVA angewandt, welche nach Bortz (17) bei einem Vergleich mehrerer Gruppen anstelle des einfachen t-Tests durchgeführt werden sollte. Um zu überprüfen, ob in den Gruppen Varianzengleichheit bestand, wurde zuvor ein Levene-Test durchgeführt. Abschließend wurde der Zusammenhang von Trainingshäufigkeit und erreichten PWC-Werten von allen Probanden anhand eines Korrelationstests überprüft.
Ergebnisse
PWC150/170
In der Gruppe der U-Bootfahrer (Gruppe A) lag der Mittelwert der PWC170 im Alter von 39 – 40 Jahren bei 2,99 ± 0,57 Watt/kg Körpergewicht (KG). Dies ist zugleich auch der niedrigste Wert der gesamten Untersuchung. Bis zum Alter von 53 – 54 Jahren stieg der Wert um 17 % bis auf 3,5 ± 0,83 W/kg KG an. In dieser Gruppe blieb die PWC170 bis zum Alter von 49 – 50 Jahren relativ konstant bei 3,2 W/kg KG und stieg erst mit Abnahme der Probandenzahlen im letzten Erhebungszeitraum an. Der Gesamtmittelwert der PWC170 lag in Gruppe A bei 3,22 ± 0,66 Watt/kg. Insgesamt ist in dieser Gruppe bei der PWC150 ein ähnlicher Verlauf zu beobachten gewesen (Abb. 3).
Im Unterschied zu Gruppe A sank bei der Gruppe der Schwimmtaucher (Gruppe B) mit zunehmendem Lebensalter die PWC 170. Der Tiefstwert wurde mit 3,09 ± 0,48 Watt/kg im Alter von 47 – 48 Jahren erreicht. Hiernach stieg er auf 3,27 ± 0,56 Watt/kg KG an und sank mit abnehmender Probandenzahl wieder auf 3,16 ± 0,57 Watt/kg KG im Alter von 53 – 54 Jahren ab. Dies entspricht einer Gesamtveränderung von etwa -2,8 % zwischen dem Alter von 39 – 40 und 53 – 54 Jahren. Die PWC150-Werte aus dieser Gruppe entwickelten sich ähnlich (Abb. 4).
Betrachtet man die PWC170 der Kampfschwimmer und Minentaucher (Gruppe C), fällt auf, dass diese auch hier nach einem initialen Anstieg der PWC170 ab dem Beobachtungszeitraum 45 – 46 Lebensjahre kontinuierlich abnahm. Dies entspricht einer Abnahme von 0,19 Watt/kg KG oder rund -5,9 % über den gesamten Beobachtungszeitraum. Bei der PWC150 war ein ähnlicher Trend zu erkennen. Hierbei sank der erreichte Mittelwert von 2,68 ± 0,47 Watt/kg KG im Alter von 39 – 40 Jahren auf 2,39 ± 0,43 Watt/kg KG im Alter von 53 – 54 Lebensjahren, was einer Abnahme von etwa 10,8 % entspricht (Abb. 5).
Betrachtet man die Gesamtmittelwerte aller drei Gruppen, so fiel auf, dass diese lediglich zwischen 0,02 Watt/kg KG und 0,04 Watt/kg KG auseinander lagen. Auch die PWC150 differierte mit maximal 0,05 W/kg KG zwischen den drei Gruppen wenig. In Gruppe A war auffällig, dass hier sowohl die höchste (3,50 ± 0,83 W/kg KG in der Altersgruppe der 53- bis 54-Jährigen) als auch die niedrigste PWC170 gemessen werden konnte (2,99 ± 0,57 W/kg KG in der Altersgruppe 39 – 40).
Bei dem statistischen Vergleich der drei Gruppen mit Hilfe der einfaktoriellen Varianzanalyse wurde kein statistisch signifikanter Unterschied bezüglich der erreichten PWC-Werte festgestellt (PWC170: p = 0,771; PWC150: p = 0,579).
Vital- und Einsekundenkapazität
In allen 3 Gruppen nahm die VC bis in das Alter von 53 – 54 Jahren relativ konstant ab. Der Abfall betrug hier zwischen 7,2 – 9,3 %. Die größte Abnahme war mit 9,3 % in Gruppe B zu beobachten, Der Unterschied zu Gruppe C, welche die geringste Abnahme der VC verzeichnete, liegt aber nur bei 2,1 %. Auch hier war das Ergebnis statistisch nicht signifikant (p = 0,278) (Abb. 6).
Die FEV1 sank bei allen drei Gruppen bis zum 53. – 54. Lebensjahr gleich stark um 4 % auf dann 96 % des Ausgangswertes. Unterschiede waren hier lediglich im Verlauf der Einsekundenkapazität erkennbar. Im Unterschied zu Gruppe A und C blieb die FEV1 bei Gruppe B bis in das Alter von 47 – 48 Jahren konstant bei 99 %. In Gruppe C waren im Verlauf der FEV1 insgesamt die stärksten Schwankungen erkennbar. Diese Ergebnisse sind statistisch ebenso nicht signifikant (p = 0,835) (Abb. 7).
Sportverhalten zwischen den Gruppen
Hier konnten die eindeutigsten Unterschiede erhoben werden. Am wenigsten trainierten Probanden der Gruppe A (1,1 x/Woche), gefolgt von Gruppe B (1,4 x/Woche). Am häufigsten sportlich aktiv waren Probanden der Gruppe C mit 1,9 x/Woche. Auffallend war, dass der größte Unterschied im Alter von 39 – 40 Jahren zu beobachten war, sich dann mit zunehmendem Alter aber immer mehr anglich. Die Trainingshäufigkeit nahm in Gruppe A mit zunehmendem Alter stetig zu, während sie in Gruppe C stetig abnahm. Gruppe B blieb über den gesamten Beobachtungszeitraum nahezu konstant. Es gab eine positive Korrelation zwischen Trainingshäufigkeit und den erreichten PWC-Werten. Hier konnte ein signifikanter Zusammenhang (p = 0,001) zwischen Sport und körperlicher Leistungsfähigkeit gezeigt werden.
Diskussion
In allen drei Gruppen zeigten sich deutliche Abnahmen der Lungenfunktionsparameter. Die FEV1 verringerte sich in allen drei Gruppen um 6 %, die VC verringerte sich zwischen 7,2 % und 9,3 %. Die Unterschiede zwischen den beiden Gruppen der Taucher und der Kontrollgruppe waren jedoch statistisch nicht signifikant. Diese Abnahme scheint demnach nicht auf das Tauchen zurückzuführen zu sein und lässt sich am ehesten mit den vielfach nachgewiesenen und von verschiedenen Autoren bereits beschriebenen biologischen Veränderungen während des Alterns begründen (7, 18 – 21) und man kann davon ausgehen, dass Tauchen keinen Einfluss auf die VC hat. Je nach Autor wäre eine Abnahme der VC und FEV1 zwischen 0,75 % bis 1,1 % zu erwarten. In unserer Untersuchung lag die gemessene Abnahme jedoch mit 0,42 % bei der FEV1 und 0,52 – 0,67 bei der VC deutlich geringer. Dies ist dadurch erklärbar, dass alle Probanden angaben, regelmäßig sportlich aktiv zu sein. Es ist belegt, dass ausdauertrainierte Menschen eine geringere Abnahme der Lungenfunktionsparameter aufweisen als untrainierte Menschen (7, 21).
Bei der Betrachtung der PWC-Werte fällt auf, dass diese insgesamt betrachtet, keine erheblichen Unterschiede aufweisen. Die Veränderungen waren gering und statistisch nicht signifikant. Damit konnte nachgewiesen werden, dass das Tauchen in dieser Untersuchung keinen Einfluss auf die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit zu haben scheint. PWC150 und PWC170 zeigten in allen Gruppen einen nahezu parallelen Verlauf. Allerdings schwankten die Mittelwerte und die jeweiligen Standardabweichungen bei der PWC150 weniger als bei der PWC170. Dies wäre mit dem Extrapolieren der Herzfrequenz bei der PWC170 erklärbar, was laut Mareés und Dickhut zu ungenaueren Ergebnissen führen kann (22, 23).
Betrachtet man die Gruppenergebnisse genauer, fällt auf, dass sowohl in Gruppe B als auch in Gruppe C die PWC in den letzten fünf bis sechs Jahren geringfügig abnahm. Im Gegensatz hierzu war in Gruppe A ein gegenläufiger Trend zu verzeichnen, hier stiegen die Werte ab dem 49. – 50. Lebensjahr kontinuierlich an. Ein Zusammenhang mit dem Tauchen ist hier, wegen fehlender Signifikanz, nicht anzunehmen. Bezieht man den Faktor der wöchentlichen sportlichen Betätigung mit ein, ist allerdings erkennbar, dass altersunabhängig in allen drei Gruppen die PWC-Werte nahezu proportional zur Trainingshäufigkeit zu- bzw. abnahmen. Dies konnte anhand eines Korrelationstests mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von p = 0,001 statistisch belegt werden. So erhöhte sich die durchschnittliche Trainingshäufigkeit in Gruppe A über den gesamten Zeitraum von circa 0,7- auf rund 1,3-mal pro Woche. Parallel hierzu nahm die PWC150 um 0,31 Watt/kg KG zu. In Gruppe C hingegen sanken die durchschnittliche Trainingshäufigkeit von 2,1- auf 1,5-mal pro Woche und die PWC150 um 0,29 Watt/kg KG ab.
Worin liegen die Grenzen der vorgestellten Ergebnisse? Es konnte gezeigt werden, dass Tauchen im hier untersuchten Rahmen keinen negativen aber auch keinen positiven Effekt auf die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit zu haben scheint. Allerdings wirkt sich körperliches Training im mittleren Alter positiv auf die körperliche Belastbarkeit aus. Die Gründe für einen altersbedingten Ausstieg aus dem Tauchsport scheinen physiologisch mit dieser Untersuchung nicht erklärbar zu sein. Es müssen andere Gründe wie sinkende Motivation oder eine geänderte Interessenlage diskutiert werden.
Bedingt durch die retrospektive Arbeitsweise, nur Daten von Probanden zu untersuchen und zu vergleichen, die bis ins hohe Alter tauglich und somit im Vergleich zu ihren Altersgenossen körperlich fit waren, hatte eindeutig eine Positivselektion stattgefunden. Die gewählte Stichprobe war somit in Bezug auf die Gesamtbevölkerung nur bedingt repräsentativ. Weiterhin haben sich im Laufe der Jahre die verwendeten Testverfahren in der TUKV etwas verändert, bis 2004 Fahrradergometer halb liegend, was zu einer geringeren PWC führen kann (24). Außerdem wurden die PWC-Werte oft extrapoliert (siehe oben), was ebenfalls die Exaktheit der Ergebnisse vermindern kann. Auch die breite biologische Varianz der Herzfrequenz und die altersbedingte Abnahme wirken sich eher negativ auf die Genauigkeit der Messwerte aus. Daher kann, auch aufgrund der relativ kleinen Stichprobengröße, das Ergebnis dieser Untersuchung nur als grober Richtwert dienen.
Schlussfolgerungen
Sportliche Aktivität hat einen positiven Effekt auf die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit, der auch bei älteren Menschen zum Tragen kommt, denn auch mit über 50 Jahren ließen sich noch Leistungssteigerungen erzielen (Gruppe A). Im Gegensatz dazu verursachte eine Verringerung des Trainingsumfanges eine erwartete Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit.
Nach den Ergebnissen dieser Untersuchung war für das Tauchen kein eindeutiger Einfluss auf die Entwicklung der körperlichen Leistungsfähigkeit nachweisbar. Tauchen war in den hier untersuchten Gruppen generell möglich. Der in der Literatur beschriebene altersbedingte Ausstieg aus dem Tauchsport ist nach unseren Daten leistungsphysiologisch nicht nachvollziehbar. Die möglichen Gründe müssen hierfür woanders zu suchen sein. In Frage kämen hier Interessenverlagerungen oder sinkende Motivation.
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Datum: 29.01.2013
Quelle:
Wehrmedizinische Monatsschrift 2013/1
Wehrmedizinische Monatsschrift 2013/1