Die Veterinärdienste der Armeen im ­Ersten Weltkrieg

Internationaler Kongress in Turin / Italien vom 18.-20.06.18

V. Hartmann

„In Honorary Tribute to the military veterinary services and veterinary students who fought for their countries, to the „silent troops“: horses, mules, donkeys, camels, elephants, dogs, cats, carrier pigeons and cattle whose contribution during the „Great war“ is commemorated here 100 years on“. Unter diesem Leitspruch hatte anlässlich des Endes des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren der Veterinärdienst der italienischen Armee zu einem internationalen medizinhistorischen Kongress in die Universität von Turin eingeladen.

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Ziel des Symposiums war es, die Veterinärdienste der im Ersten Weltkrieg kämpfenden Parteien vorzustellen, ihre Aufgaben, ihr Personal und ihre materiellen Gegebenheiten zu skizzieren und Verluste bei Mensch und Tier zu umreißen. Nicht zuletzt sollten auch – bei Freund und Feind – vergleichbare Momente in Prävention, Therapie und Nachsorge herausgearbeitet werden.

Gekommen waren zahlreiche Vertreter der militärischen Veterinärmedizin aus europäischen Armeen und den USA. Der deutsche Veterinärdienst war vertreten durch den Leitenden Veterinär der Bundeswehr, Oberstveterinär Dr. ­Leander Buchner und Frau Oberfeldveterinär Dr. Stefanie Hallack, Leiterin der Außenstelle Berlin des ZInstSanBw Kiel.

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Oberstveterinär Dr. Buchner und Oberfeldveterinär Dr. Hallack (links) (Foto: Dr. Hartmann)
Der wissenschaftliche Teil der Veranstaltung begann mit zwei Vorträgen des französischen Vétérinaire en Chef, Colonel ­Emmanuel Dumas. Er stellte zunächst die große Tradition des französischen Veterinärwesens seit 1769 vor und berichtete von bei Kriegsbeginn 91 Kavallerieregimentern, jedes mit 800 - 1200 Pferden, für deren Versorgung jeweils 3 Veterinäre zur Verfügung standen. Nach Mobilisierung der Armee dienten insgesamt 3.200 französischen Veterinäroffiziere für die Behandlung von ca. 6,4 Millionen Tieren. In einem zweiten Vortrag befasste sich Colonel Dumas mit den Verlustzahlen unter den französischen Veterinären. Anhand von ausgewerteten Personalunterlagen gelang es, 135 umgekommene Veterinäroffiziere zu ermitteln, die meisten Angehörige von Artillerieregimentern, die entweder im Kampf (25 %), durch Infektionskrankheiten (40 %) oder durch Unfälle (10 %), wie z. B. Sturz vom Pferd, gefallen sind. Mehrere Vorträge der italienischen Gastgeber befassten sich mit der Struktur des italienischen Veterinärwesens im Krieg, dem schwierigen Einsatz von Mauleseln an der Alpenfront, der Ausbildung und dem Einsatz von militärischen Hufschmieden und der Geschichte der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Turin. Es folgten Beiträge über den Veterinärdienst der belgischen, portugiesischen und serbischen Armee, letzterer gehalten durch den Leiter des serbischen Veterinärdienstes, Major Milentijevic. Die amerikanische Veterinäroffizierin Major Gerardo stellte das „US Army Veterinary Corps in WW I“ vor. Einen Überblick über die Entwicklung des deutschen Veterinärkorps im Krieg gab der Leitende Veterinär des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Oberstveterinär Dr. Buchner. Er unterstrich ebenso die hohe Bedeutung der Verwendung von Pferden für die militärischen Operationen. Insgesamt wird die Zahl der auf deutscher Seite zum Einsatz ­gekommenen Huftiere auf ca. 10 Millionen geschätzt, von denen ca. 1 Million Tiere umgekommen sind. Im Jahre 1914 noch kaum strukturiert, standen gegen Ende des Krieges für ­deren veterinärmedizinische Versorgung insgesamt 478 planmäßige Pferdelazarette bereit. Auch die Zahl der Veterinäre hatte sich von 766 aktiven bei Kriegsbeginn deutlich vergrößert: Von insgesamt 7.200 Veterinären im Reich nahmen bis zu 5.300, mithin 75 %, am Krieg teil. 241 Veterinäre fielen, erlagen Kriegswunden oder verstarben an Infektionen. Die größten Herausforderungen in der Pferdebehandlung bestanden in der anfangs unzureichenden Vorbereitung auf die Verwundungen von Tieren und in der Behandlung von Erkrankungen epizoonotischer Art wie Rotz oder Scabies. Dr. Buchner veranschaulichte seine Präsentation durch einen eindrucksvollen Original Film aus dem Ersten Weltkrieg über das Sächsische Pferdelazarett 234 in Donchery bei Sedan.

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Oberstveterinär Dr. Buchner beim Vortrag (Foto: Dr. Hartmann)
Frau Oberfeldveterinär Dr. Hallack widmete sich in ihrem Vortrag dem Sanitätshundewesen in der deutschen Armee. Im Ersten Weltkrieg kamen zahlreiche speziell abgerichtete Hunde für das Auffinden von Verwundeten auf dem Schlachtfeld zum Einsatz. Die Präsentation thematisierte neben Ausbildungsmethoden, Erfahrungen beim Einsatz auch die Verluste, die veterinärmedizinische Versorgung und spezielle Krankheitsbilder unter den Tieren. Die Leistungen der ca. 6.000 eingesetzten Sanitätshunde wurden in der Öffentlichkeit in höchster Weise wertgeschätzt. Postkarten mit sentimentalen Hundemotiven, Lieder und viele Berichte in Zeitschriften zeugen von der besonderen Emotion, die ihre Verwendung in der Bevölkerung hervorrief.

Das mehrtägige Symposium, hervorragend organisiert durch den italienischen Oberst Mario Marchisio, dem Stv. Kommandeur des Centro Militare Veterinario di Grosseto, wurde durch ein beeindruckendes Rahmenprogramm ergänzt. In dessen Mittelpunkt stand die feierliche Enthüllung eines Gedenksteins für die Veterinärdienste der Armeen des Ersten Weltkriegs auf dem veterinärmedizinischen Campus der Turiner Universität. Die Inschrift in Italienisch und Englisch ist oben aufgeführt. 

Flottenarzt Dr. Volker Hartmann, SanAkBw München


Datum: 03.12.2018

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