04.07.2018 •

„Kontakt und Austausch mit Soldatinnen und Soldaten ist immer wieder ­bereichernd für mich“

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Generalstabsarzt Dr. Baumgärtner (2. von links) bei der ILÜ San 2017, Generalarzt Dr. Hölscher (rechts) (Abb.: KdoSanEinsUstg)
WM: Sehr geehrter Herr Generalstabsarzt Dr. Baumgärtner, in diesen Tagen feiert das „Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst“ (Kdo SES) sein 15-jähriges Bestehen. Wir gehen in dieser Ausgabe der Zeitschrift ausführlich auf Struktur, Aufgaben und Einsätze des Kdo SES ein. Welche Bedeutung hat für Sie – auch als ehemaliger Kommandeur in Leer – das Kommando heute?

Generalstabsarzt Dr.Baumgärtner: Das Kdo SES in Leer ist der einzige Einsatzverband für schnelle Einsatzoptionen, über die der Sanitätsdienst der Bundeswehr (SanDstBw) verfügt, und hat dadurch natürlich eine besondere Bedeutung für das Gesamtsystem. Für mich persönlich ist es der Verband, den ich in einer herausfordernden Zeit führen durfte und dessen besondere Qualitäten ich kenne und schätze.

Mit Blick auf die vor uns liegenden Herausforderungen im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung, aber vor allem auch in den Missionen zur Krisenvorsorge und –prävention, benötigt der SanDstBw einen Verband, der zur verzugslosen Unterstützung der Spezial- und Spezialisierten Kräfte insbesondere des Heeres befähigt ist. Um die Rettungskette im Einsatz verlässlich sicherstellen zu können, brauchen diese Kräfte einen verlässlichen Partner, der die Besonderheiten ihrer Einsatzoptionen und -grundsätze kennt und die chirurgische Versorgung ihrer Soldatinnen und Soldaten aus hochmobilen und luftbeweglichen Einrichtungen sicherstellt. Das Kdo SES hat diesen Auftrag und erfüllt ihn: Jederzeit. Weltweit.

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Generalstabsarzt Dr. Ulrich Baumgärtner (Abb.: Kdo SanEinsUstg)
Das bedeutet, dass das Kdo SES im Rahmen der nationalen Krisenvorsorge luftbewegliche Rettungszentren mit dem dazugehörigen Personal für militärische Rettungs- und Evakuierungsoperationen sowie für Soforteinsätze zur humanitären Not- und Katastrophenhilfe bereitstellt. Hierfür bedarf es nicht nur des entsprechend hochqualifizierten und einsatzfähigen und –bereiten Personals, sondern auch einer hochwertigen und modernen materiellen Ausstattung.

Dazu dürfen sich unsere Soldatinnen und Soldaten nie auf dem Erreichten auszuruhen, sondern müssen bereit sein an der eigenen Einsatzbereitschaft und –fähigkeit ständig hart zu arbeiten. Aber auch die materiellen Fähigkeiten müssen kontinuierlich weiterentwickelt und angepasst werden, wenn das hervorragende Niveau ausgebaut und erhalten werden soll.

WM: Das Kdo SES spezialisiert sich weiter als hochmobiler Einsatzverband der ersten Stunde. Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit mit seinem niederländischen Partner, dem 400 Geneeskundig Bataljon aus Ermelo?

Generalstabsarzt Dr. Baumgärtner: Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Verbänden ist seit Jahren gewachsen, ist hochprofessionell und zukunftsorientiert. Der gegenseitige Austausch von Erfahrungen führt hierbei bei beiden Verbänden zu einer weiteren Verbesserung der jeweiligen Fähigkeiten im Rahmen der sanitätsdienstlichen Unterstützung hochmobiler und auch luftbeweglicher Einheiten.

Wir werden nur gemeinsam mit unseren internationalen Partnern nachhaltig in der Lage sein, die Aufgaben in der Zukunft zu meistern. Die Niederlande sind hierbei ein besonders wichtiger Partner der Bundeswehr und deshalb im besonderen Fokus einer militärischen Zusammenarbeit, was ja bereits seinen sichtbaren Ausdruck in der Zusammenführung von Verbänden des Heeres findet. In diesem Sinne könnte sicher auch für die Sanitätsdienste der beiden Länder die Möglichkeit einer intensivierten, strukturellen Zusammenarbeit auf Verbandsebene weiter geprüft und verfolgt werden.

WM: Kann eine solche konkrete und institutionelle Zusammenarbeit zwischen sanitätsdienstlichen Truppenteilen unterschiedlicher Nationen ein Vorbild für weitere multinationale Kooperationen auf Regimentsebene sein?

Generalstabsarzt Dr. Baumgärtner: Mit Blick auf die laufenden Einsätze oder Missionen im multinationalen Rahmen ist das konkrete institutionelle Zusammenwirken seit vielen Jahren gelebte und erfolgreiche Realität. Hierzu bedarf es aber im Vorfeld der Einsätze unbedingt entsprechender Abstimmungen und vor allem auch eine gemeinsame Ausbildung mit synchronisierten und abgestimmten Inhalten und natürlich auch gemeinsamer Übungen. Dies für jeden einzelnen Einsatz immer wieder neu zu entwickeln und abzustimmen erfordert viel Zeit und Mühe. Es fiele umso leichter, je „institutionalisierter“ und somit selbstverständlicher diese Zusammenarbeit schon zuhause in den jeweiligen Heimatländern gewesen ist. Dabei kann die gelebte Zusammenarbeit zwischen dem 400 Geneeskundig Bataljon und dem Kdo SES Schrittmacher für eine solch vertiefte Kooperation sein und dann auch eine Blaupause für eine weiter greifende Entwicklung werden.

Meine Regimenter pflegen aber auch mit Verbänden anderer befreundeter Nationen Kooperationen, sei es die 30th Medical Brigade der US-Streitkräfte oder das First Armoured Medical Regiment unserer britischen Freunde. Hierbei handelt es sich um Patenschaften, die in der Ausprägung der Zusammenarbeit noch nicht die gleiche Tiefe wie die Kooperation mit dem niederländischen Sanitätsdienst erreicht haben. Mit unseren amerikanischen und britischen Partnern führen wir aber schon heute regelmäßig gemeinsame Ausbildungs- und Übungsvorhaben durch.

WM: In Anbetracht der politischen Lage soll der Sanitätsdienst in der Zukunft befähigt werden, auch in einem Szenario der Landes- und Bündnisverteidigung mit größeren eingesetzten Truppenkörpern und hoher Dynamik sanitätsdienstlich versorgen zu können. Wie ist ihr Kommando in die weiteren Planungen zum Thema „Larger Formations“ eingebunden und wo erkennen Sie als Kommandeur des „Einsatzkommandos des Sanitätsdienstes“ Herausforderungen?

Generalstabsarzt Dr. Baumgärtner: Um die Entwicklung des Sanitätsdienstes entsprechend an die veränderten Rahmenbedingen anzupassen und voranzutreiben hat der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr eine „Arbeitsgruppe Refokussierung“ eingerichtet, in deren Arbeit auch mein Kommando eingebunden ist.

Ziel dieser Arbeit ist es, die personellen und materiellen Bedarfe des SanDstBw zur sanitätsdienstlichen Unterstützung auch dieser wieder neu in den Focus gerückten Einsatzoptionen zu beschreiben, zu erfassen und dann natürlich auch in konkrete Maßnahmen- und Forderungspakete umzusetzen. Hierbei erfolgt die Ableitung und organisa­tions­bereichsübergreifende Harmonisierung der erforderlichen Fähigkeiten/Kräfte/Mittel ge­eigneter Einsatzstrukturen für die Zukunft.

Die Herausforderung wird sein, auf der Basis dieser Ableitungen baldmöglichst zukunftsfähige Strukturen zu entwickeln und diese dann mit „Leben“, sprich ausgebildetem Personal und auch dem erforderlichen Material zu befüllen. Diese Aufgabe ist sicher nicht trivial und erfordert über einen längeren Zeitraum höchste Anstrengung, aber auch Weitsicht und die nötige Geduld.

WM: In den heutigen Einsätzen ist unser sanitätsdienstlicher Anspruch, die Patienten weltweit so zu versorgen, dass das Ergebnis dem fachlichen Standard in Deutschland entspricht. Auf diese einzigartige Verpflichtung in der Einsatzversorgung sind wir immer stolz gewesen. Welche Herausforderungen im Hinblick auf diese Leitlinie stellen sich uns nun für mögliche Einsätze des zukünftigen Aufgabenspektrums vor dem Hintergrund hoher angenommener „Casualty Rates“?

Generalstabsarzt Dr. Baumgärtner: Unsere sogenannte Maxime für die sanitäts­dienst­liche Versorgung im Einsatz ist ja kein Selbstzweck. Sie entspringt vielmehr der im Grundgesetz verankerten Verpflichtung aller staatlichen Gewalt zur Wahrung der Menschenwürde und der daraus abgeleiteten Verantwortung unseres Auftraggebers, des Parlaments, zur Fürsorge gegenüber den Soldaten und Staatsbürgern, die bereit sind im Auftrag und im Interesse des Staates im Einsatz ihre Gesundheit und ihr Leben einzusetzen. Deshalb wird dieser Grundsatz als Basis unserer Planungen – auch unter Berücksichtigung des zukünftigen Aufgabenspektrums – Bestand haben. Die daraus abgeleiteten fachlichen Vorgaben zu Standards und zur Qualitätssicherung sowie die Einhaltung der Clinical Timelines sind deshalb Grundlage für die Fähigkeitsforderungen an den Sanitätsdienst. Darüber hinaus ist für mich die Harmonisierung des Sanitätsdienstes mit der zu unterstützenden Truppe hinsichtlich Führungsfähigkeit, taktischer Beweglichkeit und Schutz sehr wichtig.

Eine große Herausforderung, die m. E. in einem solchen Szenar auf uns zukommt, ist natürlich die ausreichende Verfügbarkeit von notfallmedizinischer und vor allem -chirurgischer Kompetenz, dies ist essentiell für den angestrebten Behandlungserfolg. Aber unabhängig davon, ob notfallmedizinische oder notfallchirurgische Fähigkeiten – im Sinne einer Damage-Controll-Surgery – auch weit vorgeschoben eingesetzt werden, brauchen wir immer ausreichenden qualifizierten Transportraum, um die behandelten Patienten zur Weiterbehandlung in rückwärtige Einrichtungen oder nach Deutschland zu transportieren und so den vorne angelegten Erfolg unserer Bemühungen auch nachhaltig zu realisieren.

WM: Wichtige Elemente in der Ausbildung unseres Personals sind die Ausbildungs- und Simulationszentren der Regimenter. Wie sind diese Einrichtungen nun im Jahre 2018 personell, materiell und vor allem infrastrukturell aufgestellt? Wann rechnen Sie mit einer vollständigen Einsatzbereitschaft?

Generalstabsarzt Dr. Baumgärtner: Die Ausbildungs- und Simulationszentrum leisten jetzt schon einen ausgesprochen wichtigen Beitrag zur unmittelbaren Einsatzvorbereitung unserer Soldatinnen und Soldaten. Hinsichtlich der personellen Ausstattung wurde jetzt anerkannt, dass wir einen zusätzlichen Personalbedarf auf Grund eines qualitativ und quantitativ geänderten Ausbildungsumfanges haben. Damit können die ASZ die Aufgaben der ersten Ausbaustufe deutlich besser leisten.

Hinsichtlich der materiellen Ausstattung aber vor allem mit Blick auf die Infrastruktur haben wir noch deutlichen Handlungsbedarf an den unterschiedlichen Standorten. Insbesondere mit Blick auf die Aufgaben der Zielausbaustufe wird dies dringend. Die Grundlage ist mit der Anerkennung der Systemfähigkeitsforderung gelegt. Jetzt bedarf es der weiteren konzeptionellen Konkretisierung; dazu läuft derzeit eine Realisierungsuntersuchung. Hinsichtlich der vollumfänglichen Einsatzbereitschaft hoffe ich darauf, dass wir baldmöglichst die Zielbefähigung erreichen können.

WM: Ende letzten Jahres sind in Ihrem Kommandobereich irakische Sanitätsoffiziere und Sanitätsunteroffiziere im Rahmen des Projektes „Medical training for Combat Medics from Iraq and intructor skills“ ausgebildet worden. Auf der Agenda steht nun auch ein Einsatz deutschen Sanitätspersonals zur Ausbildungsdurchführung im Irak an. Welche Erfahrungen haben Sie bei dem Training der irakischen Soldaten in Deutschland gewonnen und wie sollte sich die Ausbildungskooperation auch im Hinblick auf eine Nachhaltigkeit entwickeln?

Generalstabsarzt Dr. Baumgärtner: Grundsätzlich ist der Erkenntnisgewinn, den wir aus der Ausbildung der irakischen Soldaten ziehen können, als positiv zu bewerten. Die teilnehmenden irakischen Soldaten waren alle ausgesprochen interessiert an unseren Ausbildungsinhalten und dem vorgestellten Material.

Ein weitgehend einheitlicher fachlicher Ausbildungsstand der zur Ausbildung entsandten Soldaten sollte aber zukünftig angestrebt werden. Eine inhaltlich stimmige Ausbildung für eine sehr heterogene Gruppe durchzuführen – die neben Ärzten und notfallmedizinischem Assistenzpersonal auch aus Soldaten ohne jegliche medizinische Vorkenntnisse besteht – ist schwer zu realisieren.

Im Blick auf die Nachhaltigkeit wäre eine Wiederholungsausbildung und damit verbunden eine Evaluation zielführend, um verwertbare Erkenntnisse zu erlangen, inwieweit die angebotenen Ausbildungsinhalte den sanitätsdienstlichen Erfordernissen im Irak dann auch tatsächlich entsprochen haben.

WM: Ein wichtiges Element in Ihrem Kommando ist die zivil-militärische Zusammenarbeit (ZMZ). Wie ist diese erfolgreiche Kooperation derzeit bei Ihnen strukturiert?

Generalstabsarzt Dr. Baumgärtner: Mit meinem Stellvertreter, Herrn Generalarzt Dr. ­Andreas Hölscher, habe ich den Beauftragten des Inspekteurs des Sanitätsdienstes der Bundeswehr für Zivil-Militärische Zusammenarbeit und Inspizient für Reservistenangelegenheiten im Sanitätsdienst der Bundeswehr in meinem Kommandostab. Zur Erfüllung seiner umfangreichen Aufgaben steht ihm hierbei mit dem Dezernat G3/5 ein effektiver Arbeitsmuskel zur Seite.

Im Rahmen der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit im Inland ist es unser Auftrag, die zivilen Behörden vor allem in Fragen einer möglichen Amtshilfe durch den Zentralen Sanitätsdienst zu beraten. Dieses tun wir unter Hinzuziehung unserer sanitätsdienstlichen Verbindungselemente in den Kreis-, Bezirks- und Landeskommandos der Bundeswehr. Der Sanitätsdienst bringt dadurch seine fachliche Expertise in das territoriale Netzwerk ein.

Auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte geschieht dies mit den Kreisverbindungskommandos. Diese sind ausschließlich mit ortsansässigen Reservistinnen und Reservisten besetzt, die zuvor durch die Bundeswehr umfassend für den Einsatz in der ZMZ ausgebildet und qualifiziert wurden. Im Falle einer Großschadenslage werden diese einberufen und ergänzen den Kata­strophenschutz-Stab des Landkreises und beraten im Hinblick auf eine mögliche Hilfeleistung durch die Bundeswehr.

Analog zu den KVK auf Kreisebene sind auf Ebene der Regierungsbezirke die BVK ausgebracht, die den jeweiligen Regierungspräsidenten beraten. Auf Länderebene entsenden wir in das jeweilige Landeskommando ebenfalls je einen Sanitätsstabsoffizier der Reserve als Verbindungselement zu meinem Stab und als fachlicher Berater vor Ort.

Für Ausbildung und Übung können Fähigkeiten der sanitätsdienstlichen ZMZ-Stützpunkte, die an den Standorten der Sanitätsregimenter und des Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst ausgebracht sind, eingebunden werden. Zielsetzung von gemeinsamer Ausbildung und Übung ist hierbei das Trainieren eines zielgerichteten und koordinierten Personal- und Materialeinsatzes im Fall einer möglichen Hilfeleistung durch die Bundeswehr in besonderen Notlagen.

WM: Welche besonderen Höhepunkte in der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der ZMZ im Inland gab es hier in den letzten Monaten und welche Herausforderungen auf diesem Gebiet sehen Sie sich in nächster Zeit gegenüber?

Generalstabsarzt Dr. Baumgärtner: Zu den Höhepunkten im Rahmen der ZMZ in den letzten Monaten zähle ich die Beteiligung an der Bundesländer übergreifenden „Gemeinsamen-Terrorismusabwehr-Excercise“ ­(GETEX), in der das Zusammenwirken der Polizei mit der Bundeswehr im Rahmen einer Stabsrahmenübung geübt wurde. Ziel war es hierbei u. a. auch, die Verfahrensabläufe in der Beantragung von Unterstützungsleistungen der Bundeswehr für die Polizei in Terrorlagen zu beüben.

Darüber hinaus sind für das Jahr 2017 natürlich die Unterstützung des 500-jährigen Reformationsjubiläums mit einem Rettungszentrum in Wittenberg und unsere Beteiligung an der medizinischen Versorgung der Polizei in Hamburg anlässlich des G20 Gipfels zu nennen. Ganz besonders bedeutsam und herausfordernd war auch die Beteiligung der Bundeswehr in der Bewältigung der Flüchtlingsströme nach Deutschland in den Jahren 2015/16, wo neben der monatelangen Abstellung von Personal an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, der Betrieb eines Lagezentrums in meinem Kommandostab und die Unterstützung der sogenannten Warteräume, z. B. in Feldkirchen und Munster, erwähnt werden muss.

Die Herausforderungen der Zukunft sehe ich insbesondere in der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Terrorabwehr und –bekämpfung, auch wenn hier natürlich in erster Linie die Polizeikräfte auf Bundes- und Landesebene gefordert sind. Dennoch wird sich die Zusammenarbeit im Hinblick auf mögliche Terrorlagen verdichten. In diesem Zusammenhang möchte ich vor allem die Sanitätsausbildung von Polizeikräften und den Einsatz von Sanitätskräften in gefährlichen Lagen nennen. Hier ist die Polizei sehr an unserer Erfahrung und unseren Ausbildungskonzepten, wie z. B. „Care under Fire“, interessiert. Darüber hinaus werden wir als Sanitätsdienst der Bundeswehr im Rahmen der Erfüllung von Amtshilfeanträgen – unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips – auch weiterhin ein potenzieller Hilfeleistender im Falle von Naturkatastrophen sein.

WM: Sie werden Weißenfels im Laufe des September 2018 verlassen und Ihre neue herausfordernde Position als Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr in Koblenz antreten. Mit welchen Empfindungen verlassen Sie die Stadt Weißenfels, auch in Hinsicht Einbindung in die politischen, kommunalen und kulturellen Institutionen vor Ort?

Generalstabsarzt Dr. Baumgärtner: Mit der Aufgabe als Kommandeur dieses einsatzorientierten Truppenkommandos durfte ich in den letzten zweieinhalb Jahren eine der Traumverwendungen für einen Offizier wahrnehmen. Ich empfinde es immer als ungemein bereichernd, in den Gesprächen und durchaus auch im Diskurs mit meinen Soldaten während meiner Dienstaufsichten und Truppenbesuchen zu entdecken, wie engagiert viele meiner Soldaten aller Dienstgradgruppen mitarbeiten und auch innovativ mitdenken. Ich habe in dieser Aufgabe der Führung meiner Soldatinnen und Soldaten ein hohes Maß an persönlicher Bereicherung und Befriedigung erlebt und erfahren sowie ­viele vorbildliche Soldaten und beeindruckende Persönlichkeiten erlebt und kennengelernt. Darum gehe ich mit einem guten Stück Wehmut auf den Zeitpunkt des Wechsels zu, was aber meine Freude und die Spannung auf die neue Aufgabe nicht schmälert.

Die Aufgabe als Kommandeur dieses Kommandobereiches brachte es mit sich, dass ich einen Großteil meines Dienstes nicht am Standort Weißenfels, sondern bei und mit meiner Truppe in ganz Deutschland und in den Einsätzen verbracht habe. Gleichzeitig war mir auch wichtig, meine in Ostfriesland lebende Familie nicht zu vernachlässigen. Die Möglichkeiten eines tiefen Eintauchens in die Gesellschaft meiner Garnisonsstadt waren deshalb durchaus begrenzt.

Umso mehr freue ich mich darüber, dass mir seitens der örtlichen wie regionalen politischen Verantwortlichen, von Kirchen und gesellschaftlichen Gruppen und nicht zuletzt auch von der Nachbarschaft viel Offenheit, Verständnis und Unterstützungsbereitschaft persönlich, aber vor allem auch für die Belange meines Kommandos, entgegengebracht wurde. Damit hat sich in der wenigen Zeit durchaus eine Vertrautheit mit der Stadt, etwas wie ein Heimatgefühl für die Garnisonsstadt, entwickelt, für das ich sehr dankbar bin.

WM: Zum Abschluss eine persönliche Frage: Sie haben bis 2017 neunmal am Nijmwegen Marsch teilgenommen. Neben der persönlichen Herausforderung und dem gesundheitlichen Benefit war ihnen dabei auch der Kontakt zu den Soldatinnen und Soldaten, die Kameradschaft im Team immer wichtig gewesen. Wird es auch im Jahre 2019 eine Teilnahme am Marsch – in herausgehobener Funktion – geben?

Generalstabsarzt Dr. Baumgärtner: Zunächst freue ich mich auf den Marsch in Nijmegen in diesem Jahr. Diese Märsche sind zwar sehr anstrengend, aber sie waren bisher für mich in zweierlei Hinsicht wichtig. Zum einen nutze ich diese Zeit der Märsche – natürlich vor allem auch die Trainingsmärsche am frühen Morgen während der Wochenenden – als Möglichkeit zur Kontemplation und zur Regeneration. Zum anderen empfinde ich den Kontakt und den Austausch mit den vielen Mitmarschierern Soldatinnen und Soldaten wie auch Zivilisten aus aller Welt immer wieder als bereichernd für mich. Nicht zuletzt glaube ich fest daran, dass diese dabei gemachten Erfahrungen von gemeinsam ertragener Belastung, von Kameradschaft, insbesondere auch nationenübergreifend, gerade für unsere jungen Soldatinnen und Soldaten eine wichtige Lebenserfahrung darstellen. Deshalb unterstütze ich seit vielen Jahren diese gelungene Veranstaltung zur Völkerverständigung und bin gerne dabei.

WM: Sehr geehrter Herr Generalstabsarzt Dr. Baumgärtner, Herausgeber und Redaktion der WM bedanken sich bei Ihnen für das informative und offene Gespräch und wünschen Ihnen insbesondere auch für die nun anstehenden neuen Aufgaben viel Kraft und Erfolg. 

Datum: 04.07.2018

Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2/2018

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