Symposium „Zahnmedizin in der Bundeswehr“
Vom 12. bis 14. Februar 2020 führte die Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. (DGWMP) ihre Fortbildungsveranstaltung „Zahnmedizin in der Bundeswehr“ (die in der Tradition der ehemaligen Marinezahnärztetagung in Damp und der daran anknüpfenden Arbeitstagung des vormaligen Sanitätskommando I steht) erstmals am neuen Tagungsort im Suhler Ringberg Hotel mitten im Thüringer Wald, durch.
Als erster Vortragender des wissenschaftlichen Teils des Programms, das in enger Abstimmung zwischen Oberstarzt d. R. Dr. Christoph Kathke, dem Leiter des Arbeitskreises Zahnmedizin der DGWMP und Oberstarzt Dr. Jürgen Rentschler, Kommandozahnarzt des Kommando Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung, zusammengestellt wurde, trug Dr. Johannes Boldt (Stellvertreter der Direktorin der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik des Universitätsklinikums Düsseldorf) zu „Sofortimplantation – Indikation, chirurgische Umsetzung und prothetische Versorgung“ vor. In seinen Ausführungen ging er auf die Einbettung dieser Therapieform in den universitären Praxisalltag ein und betonte, dass bereits die atraumatische Extraktion und der möglichst vollständige Knochenerhalt die Basis für einen langfristigen Erfolg darstellt. Ebenso empfahl der Referent für die Sofortimplantation ein Implantatsystem, dass sich durch eine hohe Primärfestigkeit auszeichnet und schon beinahe „schraubenartige“ Eigenschaften zeigte.
Den zweiten Fortbildungstag eröffnete Prof. Dr. Christoph Benz (Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer) mit seinem Vortrag „Prävention – Ein Erfolgsmodell in jedem Alter?“. In seinen zum Teil recht kurzweiligen Ausführungen hinterfragte er kritisch die teilweise in den Medien kursierenden Berichte zur fehlenden wissenschaftlichen Evidenz von zahnmedizinischen Prophylaxeleistungen. Der Referent bezog hier deutlich Stellung zu weiterer Aufklärung, zur regelmäßigen Durchführung prophylaktischer Leistungen innerhalb einer Zahnarztpraxis und kam zu dem Resümee, dass die durchgeführten Maßnahmen der zahnärztlichen Prophylaxe erheblich zum inzwischen als vorbildlich zu bezeichnenden Mundgesundheitszustand der deutschen Bevölkerung beitragen.Im Anschluss gab Flottenarzt d. R. Prof. Dr. Peter Pospiech (Estenfeld) in seinem Referat „Think ceramics: Wachsende Vielfalt – Fluch oder Segen? Ein Update zur vollkeramischen Versorgung“ einen Überblick zu Einsatzmöglichkeiten keramischer Werkstoffe. Trotz der inzwischen immensen Indikationsbreite dentaler Keramiken warnte der Vortragende vor bearbeitungsinduzierten Schädigungen und mahnte eine werkstoffgerechte Verarbeitung an. Zusammenfassend stellte er fest, dass trotz Kontraindikationen wie Bruxismus mehr denn je gelte: „Think ceramics!“ Alle Indikationen für festsitzenden Zahnersatz, so sein Fazit, seien vollkeramisch lösbar.
Als nächster Referent erläuterte und verglich Prof. Dr. Dr. Bilal Al-Nawas (Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, plastische Operationen des Universitätsklinikums Mainz) unter dem Titel „Vorhersagbare Augmentation – Von klein bis groß“ unterschiedliche Möglichkeiten der Augmentation. Grundsätzlich erscheint ein Knochenaufbau nach größeren Verlusten in der Horizontalen nur schwer beherrschbar und das Ergebnis sei nicht immer vorhersagbar. In diesem Zusammenhang hob er die Vorteile von vorgeplanten Schalen aus Titanmesh hervor, die nicht nur Stabilität und Raum schaffen, sondern auch ein „Backward Planning“ im Rahmen der Augmentation ermöglichen. Für die Zukunft gelte es, ein Material zu finden, das nach Abschluss der Heilungsphase auch dauerhaft im Körper verbleiben kann.
Den Fortbildungstag beschloss Prof. Dr. Marc Schmitter (Direktor der Klinik für Zahnärztliche Prothetik des Universitätsklinikums Würzburg) mit seinem Vortrag „Gelenk und Kaumuskulatur im diagnostischen Blick: Fortschritt durch neue Methoden?“, der sich vor allem mit dem Einsatz der Elektromyographie zur sicheren Diagnostik von Schlafbruxismus beschäftigte. Dieses, aus seiner Sicht, wichtige Untersuchungsverfahren sei in der Vergangenheit unterschätzt worden. Aktuell liegt der Fokus auf der Entwicklung kostengünstigerer und einfacher zu bedienender Geräte sowie Verbesserung der Praxistauglichkeit des anzuwendenden Workflows.
Als letzter Referent der Veranstaltung trug Prof. Dr. Christian Gernhardt, Stellvertretender Direktor und Oberarzt der Poliklinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie des Universitätsklinikums Halle (Saale), am Freitagmorgen zu „Erfolgsparameter endodontischer Behandlungen in der täglichen Versorgung“ vor. In seinen Ausführungen betonte er die, nicht nur aufgrund des demographischen Wandels in der Gesellschaft, stetig wachsende Bedeutung der Zahnerhaltung. Zukünftig wird sich, so der Vortragende, das Hauptaugenmerk immer mehr von der Reparatur hin zur Regeneration verschieben. Ziel muss es daher sein, eine „echte Heilung“ des Zahnes beziehungsweise der Pulpa zu erreichen. Ausgehend von einer sorgfältigen Planung und einem möglichst bakterienfreien Arbeiten unter Kofferdam ist die Einhaltung eines Spülprotokolls unabdingbar, da eine rein mechanische Aufbereitung von Wurzelkanälen für einen Langzeiterfolg überwiegend nicht ausreicht.
Freiräume zwischen den Vorträgen nutzten die Teilnehmer zum Besuch der parallel stattfindenden Industrieausstellung, um sich über den aktuellen Stand der zahnmedizinischen Wissenschaft und Technik zu informieren oder zum kameradschaftlichen und kollegialen Gedankenaustausch.
Oberstabsarzt Dr. Antonia Sittig
Kommando Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung
E-Mail: antoniasittig@bundeswehr.org
Oberfeldarzt Markus Hartmut Völkel
Sanitätsversorgungszentrum Sonthofen
E-Mail: markushartmutvoelkel@bundeswehr.org
Datum: 24.08.2020
Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2/2020