Zukunftsfähig bleiben: Die BWI digitalisiert die Gesundheitsversorgung der Bundeswehr

Anton Geissler

Die IT der Gesundheitsversorgung der Bundeswehr (GesVersBw) gilt als eine der komplexesten Lösungen in der gesamten Bundeswehr. Dies ist aufgrund von zahlreichen IT-Einzellösungen, eingebundenen Medizinprodukten und den spezifischen Anforderungen an Schnittstellen, Informationssicherheit und den spezifischen gesetzlichen Vorgaben zu der Verarbeitung von personenbezogenen Daten der Fall. Die BWI als IT-Systemhaus der Bundeswehr unterstützt seit 2009 als verlässlicher und strategischer Partner die Digitalisierung der GesVersBw. Die Aufgaben der BWI liegen in der Entwicklung und Standardisierung der zentralen IT-Services für die GesVersBw sowie deren Wartung und Betrieb. Das Fachpersonal kann dadurch von IT-Aufgaben entlastet werden und sich stärker auf seine sanitätsdienstlichen Kernaufgaben fokussieren.

Mit einem einheitlichen IT-Standard und digitalisierten Prozessen sorgt die BWI dafür, dass Arbeitsabläufe in der GesVersBw effizienter werden. Dabei arbeiten wir eng mit dem Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr (KdoSanDstBw), dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) und den IT-Nutzer*innen vor Ort zusammen. Die Umsetzung der Digitalisierungs- und Verbesserungspotenziale richtet sich also stets nach dem realen Bedarf.

Die strategischen Ziele der Digitalisierung

Zusammen mit den Nutzer*innen dem KdoSanDstBw und dem BAAINBw wurde die Notwendigkeit der Digitalisierung der GesVersBw erkannt und zentrale IT-Vorhaben aufgesetzt und angestoßen. Als übergeordnetes Ziel wird die Verlagerung und Standardisierung zentraler IT-Services von der Bundeswehr auf die BWI angestrebt.

Alle IT-Projekte zur Digitalisierung der GesVersBw verfolgen vier strategische Ziele:

Ziele der Digit GesVersBw (Abb.: eigene Darstellung, angelehnt an FüSK San 2...
Ziele der Digit GesVersBw (Abb.: eigene Darstellung, angelehnt an FüSK San 2 – AG Digit GesVers (2021). Zielbild der Digitalisierung Gesundheitsversorgung
Bundeswehr

Digitalisierung in der Praxis

Um die vier strategischen Ziele zu erreichen, wurden die Vorhaben in drei übergeordnete Themenfelder gegliedert. Diese bilden die Säulen für die Digitalisierung der GesVersBw.

1. Anfangsbefähigung der elektronischen Gesundheitsakte Bundeswehr (eGABw)

Die eGABw stellt den zentralen Dreh- und Angelpunkt der Digitalisierung der GesVersBw dar. Die Basis hierfür ist das Health Information Management System (HIMS), welches mit seinen drei Hauptfunktionen (Informationsaustausch, zentraler Speicher und fachliche Funktionen) die zentrale Plattform der Digitalisierung bilden wird. Die Vorteile einer elektronischen Gesundheitsakte liegen auf der Hand: schnelle und übergreifende Verfügbarkeit, Platzgewinn sowie Zeit- und Geldersparnis. 

2. Digitalisierung der Geschäftsprozesse

Moderne digitale Geschäftsprozesse bringen Vorteile: weg von technischen Insellösungen, Papierstapeln und langen Kommunikationswegen, hin zu mehr Effizienz bei der Arbeit des medizinischen Personals:

  • Medienbruchfreie Datenverfügbarkeit: Alle Daten schnell zur Hand und überall verfügbar – so kann sich das medizinische Personal auf wichtige Kernaufgaben fokussieren. 
  • Modernisierte Arbeitsplätze: Bis zu 7.000 neue mobile Devices wie Laptops und Tablets gestalten das Arbeiten flexibler und standortunabhängig.
  • Bereitstellung einer Telematikinfrastruktur: Die Bereitstellung der gesetzlich vorgeschriebenen sicheren Infrastruktur dient dem essenziellen Austausch von Daten aller Leistungserbringer im Gesundheitswesen.

3. IT-Serviceerbringung, insbesondere in den BwKrhs und Instituten

Durch eine erhebliche Erweiterung des Digitalisierungsauftrages der GesVersBw im HERKULES Folgeprojekt (HFP) Leistungserweiterung 2 sollen bis 2027 diverse Abläufe im Krankenhausalltag optimiert werden. Zunächst wird der Schwerpunkt auf der Infrastrukturzusammenführung und Standardisierung in den BwKrhs und Instituten der GesVersBw liegen. Indem wir IT-Services für Endgeräte standardisieren, gewährleisten wir eine einheitliche Funktionalität über alle Liegenschaften hinweg. So können wir schneller auf neue Entwicklungen reagieren. Die Sicherheit des IT-Betriebs erhöhen wir, indem wir Rechenzentrumsleistungen ebenfalls standardisieren und zentralisieren. Außerdem stellen wir sicher, dass andere Entwicklungen aus den vertraglichen Leistungen der BWI, zum Beispiel die Kollaborationsplattform Groupware Bw, flächendeckend auch in der GesVersBw genutzt werden können.


Ein Praxisbeispiel

Welche Vorteile die Digitalisierung für Patient*innen und medizinisches Fachpersonal bringen kann, zeigt ein Projekt, das auf einem erfolgreichen Innovationsvorhaben des BwKrhs Berlins mit dem Cyber Innovation Hub der Bundeswehr aufsetzt: Die BWI entwickelt die Verstetigung „Pflegeruf und Pflegekommunikation“ für alle BwKrhs. Anstatt ein Audio- und Lichtrufsystem zu betätigen, können Patient*innen im Krankenhaus per App ihr konkretes Bedürfnis angeben, wenn sie Unterstützung benötigen. Die digitale Lösung erlaubt dem Krankenhauspersonal, das Anliegen der Patient*innen besser einzuschätzen und direkt die richtigen Ansprechpartner*innen zu aktivieren – etwa die Servicekraft bei Verpflegungswünschen oder die examinierte Pflegekraft bei der Medikamentengabe und anderen medizinischen Maßnahmen. Dies entlastet die Pflegekräfte und erhöht gleichzeitig die Patientenzufriedenheit.


So digitalisiert die BWI die GesVersBw

Um eine standardisierte IT-Infrastruktur zu schaffen, entwickelt die BWI neue IT-Services für die GesVersBw. 

Übersicht der BWI Services
Übersicht der BWI Services

Neue Endgeräte: betrieben und gewartet durch die BWI

Die bisher durch die GesVersBw erbrachte Leistung in Form von Betrieb und Wartung von Endgeräten (Clients) soll zukünftig komplett von der BWI übernommen werden. So werden bis zu 4.500 PCs und Notebooks durch die BWI bereitgestellt und betrieben.

Darüber hinaus führt die BWI bis zu 7.000 Laptops und Tablets ein, die das Arbeiten für das medizinische Personal ortsunabhängiger und flexibler gestalten. Neben den Endgeräten wird auch medizinische Software nach einheitlichen Standards integriert.

Harmonisierte Netzwerke

Die BWI unterstützt bei der Standardisierung und Harmonisierung des Local Area Networks (LAN) im Bereich Netzwerk in den BwKrhs und Instituten. Dadurch wird sichergestellt, dass die aktuellen heterogenen Netzwerkinfrastrukturen auf Basis des HFP-Standards harmonisiert werden.

Hosting von IT-Anwendungen

Zukünftig wird die BWI auch immer mehr bestehende Applikationen in der GesVersBw bis zur Ausbaustufe „Software as a Service“ bereitstellen. Das bedeutet, dass Software und die notwendige IT-Infrastruktur von der BWI betrieben und dem Sanitätsdienst als Dienstleistung zur Verfügung gestellt werden. Damit wird die Standardisierung sowohl im Betrieb als auch in der Applikationslandschaft weiter vorangetrieben – mit dem Ziel, das Personal von fachfremden Aufgaben zu entlasten. 

Integration von Sanitätsgeräten

Im Zuge der Übernahme der Integrationsleistung von Sanitätsgeräten durch die BWI werden zukünftig insbesondere aktuell nicht vernetzten Geräte in das IT-System der Bundeswehr (ITSysBw) integriert. Sie können dann Daten mit anderen Systemen, zum Beispiel mit dem KIS oder dem zukünftigen HIMS austauschen. Zudem entwickelt die BWI eine sichere Fernwartungsplattform.


Am Puls der Zeit: Innovationen vonnöten

Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Angestrebt wird immer eine Verbesserung von Arbeitsabläufen. Dabei ist auch die Einbindung von Innovationen unumgänglich. Das sorgt nicht nur für eine effizientere Arbeitsweise, sondern auch für eine höhere Zufriedenheit der Mitarbeitenden. 

Schnelles Agieren und Flexibilität sind gefragt: In der jüngsten Vergangenheit hat die BWI bereits zahlreiche beauftragte Projekte und Vorhaben zeitnah umgesetzt, so zum Beispiel das Projekt „Patient Evacuation Coordination Cell“ (PECC). Die Steuerung der Rückführung von Patient*innen aus dem Ausland, zum Beispiel, wenn sie in Deutschland medizinisch behandelt werden müssen, wird mit dieser Software unterstützt. Alle Beteiligten greifen auf eine Anwendung zurück, die die notwendigen Abläufe für den Patiententransport und die Weiterbehandlung koordiniert und dabei auch die patientenspezifische Priorisierung berücksichtigt. Die aktuelle sicherheitspolitische Lage aufgrund des Kriegs in der Ukraine hat dem Projekt in kürzester Zeit eine hohe Priorität verliehen, so dass es innerhalb weniger Monate umgesetzt wurde. 


Fazit 

Die Digitalisierung der GesVersBw bringt immense Veränderungen hinsichtlich der Prozesse und Verantwortlichkeiten mit sich. Die beschriebenen IT-Vorhaben befinden sich derzeit zum Großteil in der Planungsphase. Aufgrund der Komplexität ist es unabdingbar, dass alle Akteur*innen im Sanitätsdienst sich an der Planung, Umsetzung und Verstetigung aktiv beteiligen. Erst dann werden die Vorteile der Digitalisierung auch im Arbeitsalltag spürbar:

  • Die Arbeit des medizinischen Personals wird flexibler und ortsunabhängiger.
  • Arbeitsprozesse werden schneller, einfacher und damit effizienter.
  • Durch den Wegfall fachfremder und zeitraubender IT-Aufgaben kann der Fokus auf die tatsächlichen sanitätsdienstlichen Aufgaben gelegt werden. 
  • Der Arbeitsplatz im Sanitätsdienst ist modern und zukunftsfähig.

Bis alle von diesen Vorteilen profitieren können, sind viele Veränderungen notwendig. Vor allem müssen die neuen Technologien und Geräte angenommen und im Alltag genutzt werden. Nur dann können Prozesse nachhaltig vereinfacht, beschleunigt und damit der sanitätsdienstliche Arbeitsalltag optimiert werden. Wenn alle an einem Strang ziehen, kann die Digitalisierung der GesVersBw gelingen.

Bei Fragen zum Digitalisierungsprogramm kommen Sie gern auf uns zu: bwi.fp.GesVersBw@bwi.de 


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