Selbst- und Fremdmotivation: Teilnahme am Betrieblichen Gesundheitsmanagement
Annika Krick¹, Jörg Felfe¹, Ines Wunderlich² und Karl-Heinz Renner³
Relevanz/ Fragestellung
Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) ist mittlerweile in vielen Organisationen angekommen. Doch immer wieder zeigt sich in der Praxis das Problem relativ geringer Teilnehmerquoten, und die Sorge, dass diejenigen mit Bedarf zu wenig erreicht werden. Daher stellt sich die Frage, welche hinderlichen und förderlichen Faktoren die Umsetzung der Teilnahmeabsicht bis hin zur tatsächlichen Teilnahme beeinflussen. In einem aktuellen Forschungsprojekt der Bundeswehr („Non Response: Teilnahme und Nicht-Teilnahme an BGM“) wird diesen Fragen nachgegangen.
Methode
Es wurden zwei Befragungen im Abstand von sechs Monaten durchgeführt. Ausgewählt wurden 17 Dienststellen, an denen mindestens seit sechs Monaten BGM-Maßnahmen angeboten werden. Zu T1 haben insgesamt 1612 Personen teilgenommen. Zu T2 liegen Daten von 1161 Beschäftigten vor.
Ergebnisse
Wie ist die Teilnahmeabsicht ausgeprägt?
38% der Befragten geben an, eine hohe bis sehr hohe Teilnahmeabsicht zu haben. 62% berichten, dass sie keine bzw. eine geringe Teilnahmeabsicht haben. Von denjenigen mit einer hohen Teilnahmeabsicht, nehmen 77% tatsächlich an BGM teil. 23% schaffen es trotz eindeutiger Absicht nicht teilzunehmen (Abb. 1).
Welche Faktoren wirken förderlich auf die Teilnahmeabsicht?
Erhöhte gesundheitliche Risiken wie Stresslevel („Ich bin schnell verärgert.“), hohe Arbeitsbelastung, gesundheitliche Beschwerden und ein hohes Gesundheitsrisiko („Im Vergleich zu anderen Personen meines Alters und Geschlechts, habe ich ein hohes Risiko, Muskel- oder Skelettprobleme, z.B. im Rücken-, Nacken-, oder Schulterbereich zu bekommen.“) gehen mit einer höheren Teilnahmeabsicht einher. Je gestresster und gefährdeter Mitarbeiter/innen sind, desto höher ist die Absicht an BGM teilnehmen.
Zudem zeigen Beschäftigte, die eine positive Einstellung zu BGM haben („Ich finde BGM sehr hilfreich und nützlich.“), einen hohen Nutzen erwarten („…fühle ich mich ausgeglichener und entspannter.“), und wenig Nachteile sehen („…fehlt mir Zeit für dienstliche Belange.“), eine höhere Absicht.
Wichtig ist auch das soziale Umfeld. Je geringer die Sorge vor negativer Stigmatisierung („Wenn ich an BGM teilnehme, denken meine Kollegen/innen, dass ich mich auf dem Rücken der Kollegen/innen ausruhe.“) und je positiver das kollegiale Umfeld bezüglich BGM eingestellt ist („Meine Kollegen/-innen finden BGM sehr hilfreich und nützlich.“), desto höher ist die Absicht.
Die Rolle der Führungskräfte ist ebenfalls von Bedeutung. Eine positive Einstellung der Führungskräfte („Mein/e direkte/r Vorgesetzte/r findet BGM sehr hilfreich und nützlich.“), gesundheitsförderliches Führungsverhalten und die Vorbildwirkung (SelfCare der Führungskraft und eigene Teilnahme an BGM) wirken sich positiv auf die Teilnahmeabsicht aus.
Was begünstigt oder verhindert die konkrete Umsetzung der Teilnahmeabsicht bis hin zur Teilnahme?
Ob die „gute Absicht“ umgesetzt werden kann, hängt maßgeblich von der eigenen Einstellung zu BGM, der Nutzenerwartung, den Rahmenbedingungen und dem unterstützenden Verhalten der Führungskräfte (eigene Teilnahme, gesundheitsförderliches Führungsverhalten, positive Einstellung zu BGM, Unterstützung BGM) ab. Diese Faktoren fördern demnach nicht nur die Absicht, sondern helfen auch bei der Umsetzung.
Nachhaltigkeit: Wie viele bleiben dabei?
Von den Teilnehmenden zu T1 nehmen 56% ein halbes Jahr später immer noch an BGM teil („weiterhin Aktive“), 15% beginnen mit einer Teilnahme zu T2, 23% bleiben weiterhin inaktiv und 6% hören auf an BGM teilzunehmen (s. Abb. 2). Entscheidend für eine längerfristige BGM-Teilnahme sind eine geringe Sorge vor Stigmatisierung, eine positive Einstellung der Kollegen zu BGM, günstige Rahmenbedingungen, sowie die Unterstützung durch die Führungskräfte.
Schlussfolgerungen
Derzeit werden 71% mit Bedarf bereits erreicht, jedoch nehmen 29% trotz Bedarf nicht teil. Beschäftigte sollten verstärkt unterstützt werden, Barrieren zu überwinden. Vor allem sollten dabei Vorteile von BGM deutlich gemacht und förderlicher Rahmenbedingungen geschaffen werden. Zusätzlich sollten Führungskräfte und Kollegen miteinbezogen werden, da gesundheitsförderliche Führung und die Vorbildwirkung wichtig sind. Hierzu bieten sich Workshops und Trainings zur Qualifizierung der Führungskräfte an, die über gesundheitsförderliche Führung informieren und für die Vorbildwirkung sensibilisieren.
1 Professur für Arbeits- Organisations- und Wirtschaftspsychologie, Helmut-Schmidt-Universität/ Universität der Bundeswehr Hamburg
2 Professur für Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik, Universität der Bundeswehr München
3 Betriebliches Gesundheitsmanagement, BGM-Koordination Hamburg, SanVersZ Hamburg - Altona
Anschrift des Verfassers
Dr. Annika Krick
Professur für Arbeits- Organisations- und Wirtschaftspsychologie (Leitung Prof. Dr. Jörg Felfe)
Helmut-Schmidt-Universität/ Universität der Bundeswehr Hamburg
Holstenhofweg 85
22043 Hamburg