LEITER DER FACHSCHULE RETTUNGSDIENST MÜNCHEN

In der Zielstruktur 2020 wird es die Fachschulen Rettungsdienst in der heutigen Form nicht mehr geben.

Die fünf Fachschulen, die derzeit noch der Lehrgruppe A der Sanitätsakademie der Bundeswehr unterstellt sind, gehen mit Ausnahme der Münchener Schule nach ihrer Auflösung in den aufzustellenden regionalen Ausbildungs- und Simulationszentren auf.

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Abb. 1 Mit dem Korpsarzt Colonel Khobandi und Kdr LG A Flottenarzt Dr. Hartmann in Camp Shaheen. Foto selbst.

Gemeinsam hier, Gemeinsam vor, Gemeinsam stark

Getreu dem Schlachtruf der Sanitätsakademie heißt es jetzt für mich als Leiter der Fachschule Rettungsdienst MÜNCHEN die anstehenden einschneidenden Veränderungen gemeinsam mit meinem Team aktiv mitzugestalten und zu verwirklichen. Dieser bevorstehende Wandel veranlasste mich dazu, einen Rückblick in den eigenen Werdegang zu werfen. Auch dieser ist geprägt von stetiger Veränderung und auch Neuanfängen. Darüber hinaus fiel mir auf, dass München in diesen Situationen oft eine entscheidende Rolle spielte.

München, wo alles seinen Anfang nimmt

Als ausgebildeter Fachkrankenpfleger Anästhesie und Intensivmedizin war ich als Bewerber für den freiwilligen Dienst im Jahr 1995 ein lohnendes Ziel für die damals noch Freiwilligenannahmestelle genannte Nachwuchsgewinnungsorganisation in München. Eine gesuchte Mangelausbildung, zivil wie militärisch, damals wie heute. Als Eignungsübender im Dienstgrad Feldwebel trat ich dann am 02.01.1996 meinen Dienst bei der 8./SanLBtl 851 an.

Feldwebelzeit am Bundeswehrkrankenhaus Ulm

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Abb. 2 Als OMLT-Mentor in einer Forward Operating Base, Faryab 2008. Foto selbst.
Nach der dreimonatigen allgemeinen Grundausbildung (AGA) erfolgte die Versetzung an das Bundeswehrkrankenhaus Ulm in die dortige Abteilung X (Anästhesie). Hier war ich in den folgenden Jahren als Fachpfleger auf Intensiv, im OP sowie auf dem Rettungshubschrauber eingesetzt. Schnell erschloss sich mir, wieso das Interesse an meiner Bewerbung so groß war: Zum damaligen Zeitpunkt war ich der einzige Uniformträger am Bundeswehrkrankenhaus Ulm mit dieser Fachausbildung. Die zivile Aus-und Weiterbildungsmaßnahme (ZAW) zum Fachkrankenpfleger war gerade erst eingeführt. Diese Tatsache trug auch sicherlich dazu bei, dass ich mich nach eineinhalb Dienstjahren als frischgebackener Berufssoldat erstmals im Auslandseinsatz bewähren durfte. Von August bis Dezember 1997 war ich als Teileinheitsführer der Intensivstation der Klinikkompanie Rajlovac bei GECONSFOR(L) eingesetzt.1998 folgte die Versetzung in das damals neuaufgestellten KRL-Lazarett, ebenfalls als Teileinheitsführer. Dienstort blieb allerdings die Abt. X des Bundeswehrkrankenhauses Ulm.

München, Weichenstellung Richtung Offizierslaufbahn

Im Jahr 1998 stand mir dann wieder ein Besuch der Freiwilligenannahmestelle München bevor. Grund war die Teilnahme am Eignungstest für die Übernahme in die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes, für die ich daraufhin mit Ausbildungsbeginn Oktober 2000 angenommen wurde. Doch bevor es 2000 für ein Jahr in das wunderschöne Allgäu nach Sonthofen gehen sollte, nahm ich von August bis November 1999 als Rettungsassistent auf der legendären Bell UH 1D in Tetovo/Mazedonien und Prizren/Kosovo am Einsatz GECONKFOR(L) teil.

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Abb. 3 Ausbildung Venenpunktion am RMTC, Camp Shaheen, MeS 2011. Foto selbst.

Ins schöne Allgäu

Von Oktober 2000 bis September 2001 nahm ich an der Schule für Feldjäger und Stabsdienst, die damals noch in der General-Oberst-Beck-Kaserne in Sonthofen beheimatet war, am Ausbildungsgang Stabsmanager teil. Vor der Teilnahme am sechsmonatigen Offizierlehrgang an der Offizierschule des Heeres in Hannover absolvierte ich ein halbjähriges Praktikum beim Gebirgssanitätsregiment 8 (jetzt GebSanRgt 42). Nach bestandener Offizierprüfung ging es für ein weiteres Jahr als Zugführer in der AGA-Kompanie zurück ans GebSanRgt.

Ausflug in die Streitkräftebasis

Mit Beförderung zum Leutnant trat ich am 01.10.2003 meinen Dienstposten als Wehrdienstberatungsoffizier beim Zentrum für Nachwuchsgewinnung in München mit Dienstort Kempten an. Obwohl die Tätigkeit sehr abwechslungsreich und interessant war, zog es mich nach 37 Monaten wieder zurück in den Sanitätsdienst.

Halber Weg nach München

Im November 2006 verließ ich das Allgäu und wechselte nach Altenstadt in Oberbayern. Hier war ich bis Juni 2009 als Sanitätsdienstoffizer/S3-Offizier/Personaloffizier am Sanitätszentrum in der Luftlande- und Lufttransportschule tätig. 2007 nahm ich am VN-Ausbildungszentrum Hammelburg an der Ausbildung zum UN-Beobachteroffizier teil. Von März bis Oktober 2008 ging es nach sehr langer Zeit dann mal wieder in den Auslandseinsatz ISAF. Als Medical Officer/Medical Mentor im OMLT beim 209. Korps der Afghanischen Nationalarmee sammelte ich wichtige Erfahrungen in den Bereichen multinationale Zusammenarbeit und interkulturelle Kompetenz, die mir noch sehr zu Gute kommen sollten. Auch die gute und enge Zusammenarbeit mit dem afghanischen Korpsarzt wird noch eine wichtige Rolle spielen.
(Abb. 1 und Abb. 2)

Versetzung nach München

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Abb. 4 Sprechstunde am RMTC, Camp Shaheen, MeS 2011, Foto selbst.
Zum 01.07.2009 wurde ich als Hörsaalleiter nach München in die II. Inspektion der Sanitätsakademie versetzt. Schwerpunkt war hier die notfallmedizinische und einsatzmedizinische Ausbildung für Ärzte und medizinischen Assistenzpersonal. Hier konnte ich besonders im Bereich der taktischen Verwundetenversorgung und der einsatzvorbereitenden Ausbildung meine gewonnenen Erfahrungen aus dem Einsatz einbringen.

Fachschule Rettungsdienst München, oder?

Seit Dezember 2010 bin ich jetzt als Leiter der Fachschule Rettungsdienst in München eingesetzt, zumindest auf dem Papier. Zu diesem Zeitpunkt wurde aber schon klar, dass ich erst mal für längere Zeit auf diesen Dienstposten vertreten werden muss.

Combat Medic Trauma Assistant School, Regional Military Training Center North, Camp Shaheen, Mazar e Sharif, Afghanistan (Abb. 3 und Abb. 4)

2010 erhielt die Sanitätsakademie denn Auftrag, mit Mentoren beim Aufbau und Betrieb einer afghanischen Sanitätsschule für das 209. ANA Corps zu unterstützen. Durch meine vorangegangene Mentorentätigkeit und die daraus resultierenden Detailkenntnisse des afghanischen Sanitätsdienstes war ich frühzeitig in die Planung der auf ca. 2 Jahre angelegten Mission mit einbezogen. Ebenfalls war sehr schnell klar, dass ich, zusammen mit einem SanFw Rettungsassistent die ersten sechs bis sieben Monate als Mentor abdecken werde. Zur Feinausplanung und abschließenden Orientierung reiste ich im Februar 2011 als Mitglied eines aus Vertretern SanAmt und SanAk bestehenden fünfköpfigen Fact Finding Teams nach Afghanistan. Nach Auswertung der Erkenntnisse und weiterer internationaler Absprachen durch JMed EinsFüKdo kam der offizielle Befehl zum Start der Mission. Um schnellstmöglich eine qualifizierte sanitätsdienstliche Ausbildung für Nichtsanitätskräfte und Sanitätsunteroffiziere des 209. ANA Corps zu etablieren, erfolgte die Einrichtung einer Teileinheit AusbUstgElement Combat Medic School MES beim Sanitätseinsatzverband ISAF. Das Mentorenteam, ein Fachdienstoffizier und ein Sanitätsfeldwebel mit jeweils der Qualifikation Rettungsassistent, sollen als DEU VNC (voluntary national contribution) zur Unterstützung zu NTM-A, RSC North (Nato Training Mission Afghanistan, Regional Support Command North) abgestellt werden. NTM-A ist unter anderen für die Grundlagenausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte zuständig, während sich OMLT mit dem Mentoring im operativen Bereich beschäftigt. Im Juli 2011 traf ich dann zusammen mit einem Hauptfeldwebel der SanAk im mir schon gut bekannten multinationalen Camp Mike Spann (30 km westlich Camp Marmal, MeS) ein. Das kleine Lager befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum afghanischen Camp Shaheen, Garnison des 209. ANA Corps. Die unmittelbare Nähe zu den afghanischen Kräften ermöglicht eine intensive, tägliche Zusammenarbeit. Unterstützt durch zwei kanadische Unteroffiziere. (Infanteristen mit Erfahrung im Bereich der taktischen Verwundetenversorgung) gingen wir ans Werk. Der uns vom RSC North Commander zugeteilte Aufgabenbereich umfasste die Betreuung der in Teilen bestehenden Medical Branch School und der Medical Support Section (MSS; vergleichbar einer Sanitätsstaffel) des Regional Military Training Center (RMTC). Sehr schnell wurde klar, dass keine geeigneten afghanischen Ausbilder zur Verfügung standen. Es wurden zwar seit 2007 sporadisch durch US-Ausbilder Lehrgänge durchgeführt, ohne aber auf den Aufbau einer afghanischen Ausbildungseinrichtung hinzuwirken. Unser vorrangigstes Ziel aber war es, im Rahmen train the trainers eine zügige Übernahme der sanitätsdienstlichen Ausbildung durch afghanische Kräfte zu erreichen. (Afghan face). Hierbei kam mir der noch bestehende gute Draht zur afghanischen sanitätsdienstlichen Führung zu nutzen: Korpsarzt und Chefarzt des Military Hospitals unterstützten das Projekt. So wurden als Startkapital aus Kabul zwei erfahrene Ausbilder angefordert, das Hospital unterstützte mit Ärzten und stellte Praktikumsplätze, der Korpsarzt stellte Material und Fahrzeuge zur Verfügung. Ebenfalls wurden im Bereich des 209. Korps und des Hospitals erfahrenen Unteroffiziere identifiziert, die zum Ausbilder qualifiziert werden sollten. Wir konzentrierten uns auf den Schwerpunkt Ausbildung der designierten Ausbilder und der Weiterbildung der beiden Instruktoren aus Kabul. So startete dann im September 2011 der erste rein durch afghanische Kräfte durchgeführten Combat Medic Trauma Assistant Kurs. Der Kurs dauert 8 Wochen. Voraussetzungen für die Teilnahme sind ein bestandener Lese- und Rechtschreibtest und ein Basic Medical Training. Inhalt des Kurses ist die taktische Verwundetenversorgung mit Blutstillung, Atemwegsmanagement, Versorgung von verschiedenen penetrierenden Traumen, Volumentherapie, Triage und Evakuierung, Reanimation sowie Präventivmedizin. (Abb. 2) Die zweite Aufgabe war die Betreuung der Medical Support Section des RMTC. Deren Auftrag ist die medizinische Versorgung des RMTC. Vergleichbar ist diese Aufgabe mit einer Sanitätsstaffel in Deutschland. Hier lag der Schwerpunkt im Bereich der Patientenadministration, Präventivmedizin und der Realversorgung. (Abb. 3) Mit diesem Auftrag wurde der Weg der afghanischen Sanitätskräfte in Richtung Selbständigkeit unterstützt. Beide Projekte (CMTA-School und MSS) wurden Ende 2012 vollständig in afghanische Hände und Verantwortung übergeben.

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Abb. 5 EH-B Training an der SanAkBw. Foto SanAkBw.

Fachschule Rettungsdienst München, zweiter Anlauf

Nach meiner Rückkehr aus Afghanistan Ende Januar 2012 dauerte es aber noch mehrere Monate, bis ich meine Fachschule wirklich übernehmen konnte. Einsatznachbereitung, Kur, Resturlaub und Elternzeit minimierten die Anwesenheit auf dem Dienstposten. Als ich dann wirklich das Steuer übernahm, stand fest, dass der Kurs geändert wird. In welche Richtung wurde nach anfänglichem Nebel in den folgenden Monaten immer klarer. Nach jetziger Befehlslage ist aber sicher, dass das Schiff Fachschule Rettungsdienst München nicht Richtung abwracken steuert, sondern zukünftig mit geändertem Auftrag in einer neuen Struktur an der SanAk weiterhin volle Fahrt machen wird. Hauptaufgabe wird die zentrale Durchführung der Ausbildung zum Einsatzsanitäter sein.

Rückblick – Ausblick (Abb. 5)

2010 begannen die Fachschulen Rettungsdienst mit der sanitätsdienstlichen Ausbildung von Nicht-Sanitätspersonal, der Ausbildung Einsatzersthelfer Bravo, 2011 kam deren Kompetenzerhalt dazu. Die ständig ansteigende Bedarfszahl für den Lehrgang und die sich daraus ergebende große Zahl an Kompetenzerhalten führte die Fachschulen Rettungsdienst ans personelle Limit, teilweise auch darüber hinaus. Diese Lehrgänge stellen aber m.E. einen Meilenstein in der positiven Wahrnehmung des Sanitätsdienstes durch die Truppe dar. Ebenso war der Austausch mit den Lehrgangsteilnehmern eine wichtige Quelle für das Lehrpersonal um lessons learned schnell wieder in die Ausbildung einfließen zu lassen. Deshalb sehe ich dem Wegfall dieser Lehrgänge an der Sanitätsakademie mit zwei weinenden Augen entgegen. Glücklicherweise wird das Erfolgsrezept weiterhin an den regionalen Ausbildungs- und Simulationszentren fortgesetzt. Außerdem liegt ein spannender und herausfordernder Auftrag an. Crew anheuern, Deck schruppen, Material bunkern, Leinen los und volle Kraft voraus Richtung Zielstruktur 2020.

Datum: 08.07.2014

Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2014/2

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