DIE ZUKUNFT UNSERES SANITÄTSDIENSTES MITENTWERFEN UND MITGESTALTEN
INTERVIEW MIT DEM DIREKTOR WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG, GENERALARZT DR. NORBERT WELLER
Generalarzt Dr. Norbert Weller ist seit 1. Juli 2013 Direktor Wehrmedizinische Wissenschaft und Fähigkeitsentwicklung Sanitätsdienst an der Sanitätsakademie der Bundewehr in München.
Im Interview mit Heike Lange, der Verlegerin des Beta-Verlages, und Oberstarzt Dr. Kai Schmidt, Chefredakteur der WEHRMEDIZIN UND WEHRPHARMAZIE, spricht Generalarzt Dr. Norbert Weller über seinen komplexen Aufgabenbereich und gibt einen Ausblick in die Zukunft dieses wesentlichen Aufgabengebiets im Sanitätsdienst der Bundeswehr.
WM: Sehr geehrter Herr Generalarzt Dr. Weller, seit dem 01.07.2013 gibt es die neue Sanitätsakademie der Bundeswehr als das Fachkommando für Forschung, Lehre und Ausbildung im Sanitätsdienst der Bundeswehr. Im Rahmen der Umgliederung der Akademie werden wesentliche Aufgaben im Bereich der Ausbildung, der Wissenschaft sowie der Weiterentwicklung hier gebündelt. Sie sind als Direktor an dieser neuen Akademie für Wehrmedizinische Wissenschaft und Fähigkeitsentwicklung im Sanitätsdienst verantwortlich. Wie beschreiben Sie Ihr Wirkungsfeld, nachdem Sie Ihre Aufgaben vor etwa einem Jahr übernommen haben?
ABCGeneralarztDr. Norbert Weller (Mitte) während des Gesprächs mit Heike Lange und Oberstarzt Dr. Kai Schmidt.
Generalarzt Dr. Weller: Mit der Umgliederung der Sanitätsakademie und der Aufstellung dieses Direktorats ist ein sehr spannendes Instrument innerhalb des Sanitätsdienstes geschaffen worden. Hier werden Fähigkeitsanalyse, Forschung und Weiterentwicklung in bemerkenswerter Weise gebündelt. Zudem integrieren wir das Feld des Medizinischen ABC-Schutzes in dieses Portfolio. Die Zukunft unseres Sanitätsdienstes kann also hier mitentworfen und mitgestaltet werden. Dahinter verbirgt sich die Erkenntnis, dass wir ein vitales Interesse daran haben müssen, uns intensiv mit den Herausforderungen zu beschäftigen, die sich für den Sanitätsdienst beispielsweise aus wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen in der Medizin, aus unterschiedlichen Einsatzszenarien oder aus dem gesellschaftlichen Umfeld ergeben. Und hier schließe ich auch die Beschäftigung mit den ethischen Grundlagen unseres Berufes mit ein. Für jeden Angehörigen des Sanitätsdienstes, der Zukunft im Sinne einer hochwertigen Gesundheitsversorgung aller Soldatinnen und Soldaten gestalten will, bietet dieses Direktorat, so finde ich, ein dankbares Betätigungsfeld, denn mit den Aufgaben ist sicher ein gewisses Maß an („Gedanken“-)Freiheit verbunden. Letztlich heißt dies aber, sich verantwortungsvoll an einer vernünftigen und nachhaltigen Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung in der Bundeswehr zu beteiligen.
WM: Herr Generalarzt, könnten Sie uns einen kurzen Überblick über die Gliederung und die Fähigkeiten Ihres Direktorates geben?
Generalarzt Dr. Weller: Die Fähigkeiten und die Struktur des Direktorats sind, wie gerade schon angedeutet, in einer logischen Kette zu verstehen. Das beginnt mit der Abteilung G – ‚Fähigkeitsentwicklung und Weiterentwicklung Sanitätsdienst‘. Hier werden die Einsätze der Bundeswehr aus sanitätsdienstlicher Sicht ausgewertet, Fähigkeitslücken identifiziert und weiteres Optimierungspotential herausgearbeitet. Diese Erkenntnisse können Impulse für neue Forschungs- oder Entwicklungsvorhaben geben, aber auch Prozesse in den Bereichen Rüstung und Weiterentwicklung anstoßen. Sofern für das Schließen von Fähigkeitslücken zunächst wissenschaftliche Grundlagen geschaffen werden müssen, setzt dies die Abteilung E – ‚Wehrmedizinische Forschung und Entwicklung‘ in konkrete Forschungs- oder Entwicklungsvorhaben um. Dem Medizinischen ABC-Schutz kommt in diesem Kontext eine besondere Bedeutung zu, da er letztendlich Einsatzmedizin unter ABC-Bedingungen ermöglichen soll und als solitäre Ressource in Deutschland sehr forschungsintensiv ist. Damit hat die Abteilung F auch mannigfaltige Schnittstellen zu den beiden anderen Abteilungen des Direktorates. Alle Erkenntnisse, die gewonnen werden, sollen möglichst schnell in medizinische Verfahren und Produkte, in Ausbildung und Lehre oder im Rahmen des Wissensmanagements zur Verfügung gestellt werden.
Generalarzt Dr. Norbert Weller ist zuständig fürWehrmedizinische Wissenschaft und Fähigkeitsentwicklung
im Sanitätsdienst der Bundeswehr.
WM: Wie sie eben erläutert haben, sind in Ihrem Direktorat neben der Wehrmedizinischen Forschung und Entwicklung und dem Medizinischen ABC-Schutz auch Aufgaben der Einsatzauswertung, der Fähigkeits-/Technologieentwicklung sowie des Regelungs- und Wissensmanagement angesiedelt. Wie wirken diese auf den ersten Blick sehr verschiedenen Bereiche Ihres Direktorates zusammen und wie finden deren Kompetenzen und Erkenntnisse Eingang in Ausbildung und Lehre?
Generalarzt Dr. Weller: Das funktioniert meines Erachtens ganz zwangsläufig über den gerade geschilderten Zuschnitt des Direktorates, der ja sehr bewusst so gewählt ist, nämlich „ablauforientiert“. Dabei geht es darum, den verschiedenen Fachbereichen einen Einblick in wesentliche Arbeitsschritte von Forschung und Entwicklung, Medizinischem ABC-Schutz und Weiterentwicklung des Sanitätsdienstes zu ermöglichen. Darüber sollen auch die notwendigen Abholpunkte für die jeweils eigene Arbeit entstehen. Die bei der Mitgestaltung der o. g. Prozesse gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen einen umfassenden Blick auf anstehende und zukünftige Entwicklungen in der Wissenschaft sowie auf die Weiterentwicklung der Streitkräfte. Der ‚Blick in die Zukunft‘ ermöglicht so eine vorausschauende Anpassung unserer Ausbildung und genauso können Erkenntnisse aus dem Einsatz oder Inhalte aus der aktuellen Forschung unmittelbar in die Lehre Gesundheitsversorgung einfließen. Die Zusammenarbeit vollzieht sich also nicht nur innerhalb des Direktorats sondern auch mit dem Direktorat Ausbildung und Lehre. Und hier stellen wir derzeit auch fest, dass wir für fachliche Fragestellungen der Weiterentwicklung, wenn es beispielsweise um notfallmedizinische Aspekte geht, vermehrt die Fachbereiche der Abteilung A Lehre Gesundheitsversorgung in die Arbeitsschritte einbinden müssen. Wir können dann den Lehrgangsteilnehmerinnen und –teilnehmern in unseren Lehrgängen nicht nur aktuell Gültiges, sondern auch einen Ausblick auf das Morgen vermitteln. Schon das halte ich für eine erfolgreiche Auftragserfüllung im Einsatz und im Dienstbetrieb im Inland und im Hinblick auf die Ausprägung der Akademie für sehr wichtig. Eines darf dabei übrigens nicht übersehen werden, unsere Wissenschaftler schreiben regelmäßig Beiträge in renommierten Lehrbüchern oder Zeitschriften, so dass auch hierüber eine solide Basis für Lehre geschaffen wird.
WM: Unterscheiden sich wehrmedizinische Forschung und „klassische“ universitäre Forschung, ergänzen sie sich oder spielt diese Unterscheidung keine Rolle?
Generalarzt Dr. Weller: Wie immer gibt es eine Reihe von Gemeinsamkeiten und Punkte, in denen wir uns unterscheiden. Methodisch orientieren wir uns immer an dem aktuellen Stand ziviler Forschung. Wir achten auf die Umsetzung einer guten wissenschaftlichen Praxis. In bestimmten Bereichen sind wir sogar strenger als zivile Institutionen z. B. in der Anwendung des Tierschutzes. Inhaltlich fokussieren wir uns natürlich auf militärmedizinisch relevante Themen. Das sind u. a. einsatztypische Verletzungen, wie Explosionstraumata mit daraus resultierenden Defektsituationen und systemischen Auswirkungen auf den gesamten Körper oder auch das Auftreten von Infektionen mit Erregern, die Deutschland nicht endemisch sind. So etwas finden Sie im zivilen Bereich natürlich extrem selten. Genauso wenig wird man innerhalb Deutschlands mit den besonderen Anforderungen konfrontiert, die eine Rettungskette für den Transport und die Behandlung von Schwerverletzten und Erkrankten hervorruft, was wir in den Einsätzen auf qualitativ hohem Niveau gewährleisten müssen. Die wissenschaftlichen Grundlagen dazu erarbeiten wir uns überwiegend selbst oder teilen sie mit unseren befreundeten Partnern.
WM: Herr Generalarzt, Wissenschaft und Forschung sind insbesondere beim Militär kein Selbstzweck. Es sollen praktikable Anwendungslösungen für die Truppe resultieren. Gibt es dafür Beispiele aus den drei Instituten für den Medizinischen ABC-Schutz? Wie stellen sich in diesem Zusammenhang die Arbeitsbeziehungen zu den anderen Kommandobehörden des Sanitätsdienstes dar?
Generalarzt Dr. Weller: Genau die von Ihnen angesprochene anwendungsbezogene Arbeit ist aus meiner Sicht eines der Markenzeichen der drei genannten Institute. Das Institut für Pharmakologie und Toxikologie hat beispielsweise ein neuartiges Nachweisverfahren von Schwefel (S)-Lost (Senfgas) auf der Haut als feldtaugliches Schnelltestverfahren entwickelt. Das Institut für Radiobiologie der Bundeswehr konnte eine Strahlenmess-Sonde zur Lokalisation von in Wunden eingesprengter radioaktiver Fragmente und zusätzlich einen Body-Scanner zur Abschätzung des Strahlenrisikos für den Verwundeten und des Risikos für das medizinische Personal entwickeln. Und mit einem vom Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr entwickelten Verfahren zur Identifikation und Verifikation von Pest-Erregern können alle „neuen“ Pest-Stämme auf Antibiotikaresistenz getestet werden, so dass ein infizierter Patient nach schneller Analytik des vorliegenden Pest-Erregerstammes mit einem spezifisch wirksamen Medikament behandelt werden kann. Die Zusammenarbeit mit den anderen Kommandobehörden in den neuen Strukturen im Aufgabenbereich Med. ABC-Schutz ist angelaufen und wir konnten die Abläufe und Verfahrensweisen dafür teilweise schon vereinbaren. Das feine und reibungsfreie Zusammenspiel erfordert jedoch noch ein wenig Zeit und sicher noch die eine oder andere Nachjustierung. Allerdings ist das Direktorat hier in der Pflicht, Forschungserkenntnisse rasch in Bereichsvorschriften umzusetzen, worauf ich in diesem Zusammenhang großen Wert lege.
WM: Wie arbeiten Sie mit den Bundeswehrkrankenhäusern und den Instituten der anderen Organisationsbereiche zusammen?
Generalarzt Dr. Weller: Die Zusammenarbeit mit den Bundeswehrkrankenhäusern wird intensiver. Wenn man übrigens die Anzahl von Forschungsanträgen aus unseren Bundeswehrkrankenhäusern sieht, erkennt man dort den eindeutigen Willen unseres Nachwuchses, sich auch wissenschaftlich zu profilieren. Ich sehe „die Häuser“ zusammen mit den drei Ressortforschungseinrichtungen und den von Ihnen angesprochenen Instituten als Teil eines wissenschaftlichen Verbunds aus allen an der Forschung beteiligten Gesundheitseinrichtungen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr. Für diesen Verbund haben wir sicher auch schon jetzt ein gutes Instrumentarium zur Koordinierung unserer Forschung, das meines Erachtens in der Vorgehensweise vergleichbar zu zivilen Forschungsgemeinschaften aufgebaut ist. Dennoch dürfen wir auch im Forschungsmanagement nicht beim Status Quo stehenbleiben. Vor dem Hintergrund verfügbarer Ressourcen scheint es mir ganz wichtig, die Planung und die Steuerung aller Forschungsaktivitäten so hinzubekommen, dass die Wissenschaftler des Sanitätsdienstes bei komplexen Forschungsprojekten noch intensiver untereinander vernetzt arbeiten können. Dazu müssen wir vielleicht über eine stärker „programmorientierte“ Vorgehensweise nachdenken. Durch die Implementierung wissenschaftlicher Beiräte hoffen wir, in diesem Zusammenhang insbesondere das interdisziplinäre Feld der Einsatzmedizin weiter voranzubringen.
WM: Wie beschreiben Sie die Schnittstellen zwischen wehrmedizinischer und allgemeinmilitärischer Forschung und Entwicklung?
Generalarzt Dr. Weller: Wehrmedizinische Forschung dient humanitären Zwecken. Insofern unterscheiden wir uns in Zielsetzung und Methodik sehr deutlich von der „allgemeinmilitärischen“ Forschung. Zu diesem Forschungsbereich gibt es selbstverständlich Berührungspunkte, z.B. im Bereich der Fähigkeiten zur technologischen Entwicklungen im Bereich der Dekontamination oder auch in Fachgebieten wie Psychologie, Sport- oder Ernährungswissenschaften. Das sind zum Teil auch Gebiete, für die sich inzwischen eine Zuordnung zu den modernen Lebenswissenschaften oder „Life Sciences“ etabliert hat. Und in diesen Fachgebieten gibt es auch, wie mit dem Stichwort „Vernetzung“ gerade schon angesprochen, gemeinsame Anstrengungen und einen Austausch zu aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen. In diesem Umfeld kümmern wir uns um die Fragen der „Gesundheit von Soldatinnen und Soldaten“; gerade hier haben wir aus meiner Sicht als Sanitätsdienst die Kernkompetenz in der Bundeswehr und ein Alleinstellungsmerkmal im Bereich der Forschung und Entwicklung, das interessanterweise von jeher dem interdisziplinären Ansatz der modernen Lebenswissenschaften folgt. Und gerade der eben beschriebene Wissenschaftsverbund kann so viele der für uns wichtigen und relevanten Fragen der medizinischen Diagnostik und Therapie, vor allem aber der Gesundheitsförderung und des Gesundheitsschutzes erfolgreich angehen.
WM: Wie rasch, Herr Generalarzt, können Wissenschaft und Forschung im Sanitätsdienst auf aktuelle Lageentwicklungen reagieren und Lösungen bereitstellen?
Generalarzt Dr. Weller: Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Von der Idee bis zur Realisierung eines Forschungsprojektes vergehen zwischen wenigen Wochen bis hin zu 2 Jahren. Manchmal ist die notwendige Planung sehr aufwändig, manchmal sind es die Genehmigungsverfahren, z.B. bei Tierversuchen oder klinischen Studien, die durchaus langwierig sind. Hier mag man zwar die Administration bei der Bundeswehr beklagen. Aber auch im Gespräch mit zivilen Forschern hören Sie, dass bei ambitionierten Projekten oder Sonderforschungsbereichen regelrechte Hürdenläufe zu absolvieren sind. Im Vergleich zu zivilen Bewilligungsverfahren können nach unseren Erkenntnissen, die Laufzeiten ähnlich sein, die Realisierungswahrscheinlichkeit ist aus meiner Sicht bei uns definitiv höher. Die Laufzeit von Projekten beträgt zwischen 1 bis 3 Jahren. So kann man leicht errechnen, dass von Projektidee bis zum Ergebnis 2 bis 5 Jahre vergehen können. Natürlich haben wir aber die Möglichkeit und das Instrumentarium einen Projektstart bei besonders wichtigen Vorhaben schneller hinzukriegen. Auch da ist es nicht so, dass man dies mal eben aus dem Ärmel schüttelt. Die Planung mit den Bausteinen Statistik, Ethikkommission und Tierschutz, um nur einige Aspekte zu nennen, bleiben aber und das dauert eben seine Zeit.
WM: Welche Vorteile sehen Sie für Ihren Aufgabenbereich in der neuen Organisationsform im Sanitätsdienst und in der Bundeswehr?
Generalarzt Dr. Weller: Ich glaube die Vorteile sind schon zu Beginn unseres Gespräches deutlich geworden. Wir haben bei der Organisation eigentlich eine recht alte Idee, die sich auch ein wenig durch unser Interview zieht, wieder aufgegriffen. Wir führen ganz einfach Menschen, d.h. Angehörige des Sanitätsdienstes aus unterschiedlichen Berufsgruppen, Disziplinen und Approbationen auf einem Campus zusammen, lassen sie gemeinsam mit ihren unterschiedlichen Erfahrungen und Perspektiven nachdenken und nach strategischen Vorgaben des Inspekteurs bzw. des Kommandos in Koblenz an Projekten arbeiten. Nach meiner Überzeugung sind wir so gut in der Lage, über den Weg Einsatzauswertung, Fähigkeitsanalyse, Forschung und Entwicklung konkrete Lösungswege zu erarbeiten und in die Weiterentwicklung bzw. Rüstungsprozesse einzusteuern.
WM: Wie fühlen Sie sich als Vertreter des Militärs in der zivilen Forschungslandschaft aufgehoben und wahrgenommen?
Generalarzt Dr. Weller: Die Frage kann ich nur mit einem einfachen „gut“ beantworten. Mit einem Direktor für Wissenschaft und Fähigkeitsentwicklung Sanitätsdienst der Bundeswehr” wird die Visibilität dieses Bereiches nach Außen nochmals gesteigert. Und man spürt auch, dass dies wahrgenommen und mit entsprechenden Erwartungshaltungen an die unmittelbare Handlungsfähigkeit verbunden wird. Unsere wissenschaftlichen Fragestellungen sind ja durchaus auch für den zivilen Bereich interessant und es gibt genügend Situationen, wo sich eine Win-Win-Situation einstellen kann. Die Wahrnehmung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Sanitätsdienstes ist, so denke ich, schon seit einiger Zeit ein sehr gute. Das merke ich auch bei den Kontakten und Begegnungen, die ich in den letzten Monaten gehabt habe. Die Vertreterinnen und Vertreter des Sanitätsdienstes werden in der Regel an zivilen Universitäten sehr wohlwollend aufgenommen, wir haben eine ganze Reihe von eigenen Hochschullehrern und auch daraus resultieren dann Kooperationen mit Universitäts- oder Hochschulinstituten, die in letzter Zeit wiederum deutlich zunehmen.
WM: Forschung, Lehre und Ausbildung waren seit jeher die bestimmenden Inhalte der Sanitätsakademie, unserer „Alma Mater“. Wie wirken an der neuen Akademie Forschung und Lehre zusammen?
Generalarzt Dr. Weller: Oben hatte ich schon die sehr fruchtbare Zusammenarbeit in den Bereichen des Medizinischen ABC-Schutzes und der Weiterentwicklung erwähnt. Durch die neue Struktur des SanAkBw mit den Abteilungen und Fachbereichen kommen neue Elemente hinzu, die für die Wissenserschließung und die Weiterentwicklung von großer Bedeutung sind und den Input aus der Forschung in die Lehre sicherstellen sollen. Teilweise sind Dienstposten des Direktorats Wissenschaft mit Wahrnehmungsaufgaben im Direktorat Lehre und vice versa ausgebracht. Damit ist die aufbauorganisatorische Grundlage für ein Expertennetzwerk geschaffen, dass die neue Sanitätsakademie trägt. Derzeit untersuchen wir in einem Forschungsvorhaben mit der Universität der Bundeswehr die Ausbildung von Sanitätsoffizieren bis zum Facharzt für Allgemeinmedizin bzw. Chirurgie. Dabei erfahren die Ausbildungsprozesse und -inhalte, die an der SanAkBw stattfinden bzw. vermittelt werden, eine genaue Analyse. Hier sollen dann insbesondere die Schnittstellen zur wehrmedizinischen Forschung optimiert werden. Konkret geht es um die Frage, wie schnell kann ich eine Erkenntnis in Lehrinhalte umsetzen. Dazu sollen dann alle modernen Methoden der Wissensvermittlung genutzt werden.
WM: Insbesondere in den Einsatzgebieten nimmt die multinationale Zusammenarbeit eine immer wichtigere Stellung bei der Auftragserfüllung ein. Welche Entwicklungen gibt es in Bezug auf die internationale Zusammenarbeit im Bereich von Wissenschaft und Fähigkeitsentwicklung?
Generalarzt Dr. Weller: Wissenschaft ist immer international, das ist anders nicht mehr denkbar. In bestimmten Projekten arbeiten wir eng mit unseren Partnernationen zusammen. Dazu zählen exemplarisch die Entwicklung eines neuen Autoinjektors oder die Zusammenarbeit im Rahmen von Registern wie etwa dem NATO-Traumaregister. Die Zusammenarbeit wird sich in Zukunft vermutlich noch intensivieren, da bestimmte Projekte, z.B. im Rahmen der Arzneientwicklung, nicht von einer Nation alleine geschultert werden können. Darüber hinaus wollen wir ja multinational stärker zusammenarbeiten und das heißt dann auch zusammen forschen.
WM: Herr Generalarzt, die Redaktion dankt Ihnen herzlich für das Gespräch. Wir wünschen Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die weitere Arbeit alles erdenklich Gute.
Datum: 10.02.2015
Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2014/3