NATO Science and Technology Organization zu Gast in Deutschland
Ein wissenschaftliches Symposium zum Thema “Evidence--based Leader Intervention for Health and Wellness” und das 43th Panel Business Meeting des Human Factors and Medicine Panel der NATO Science and Technology Organization fanden im April 2019 in Berlin statt.
Panel-Business-Meeting (Teil 1)
Im Rahmen dieser viereinhalbtätigen Arbeitstagung wurden von den Panel-Mitgliedern das sogenannte „Program of work“
(aktuelle Aktivitäten) besprochen, zukünftige mögliche Aktivitäten diskutiert und zum Teil auch für eine Aufnahme in das STO-Programm empfohlen. In das 43th PBM war das zweitägige HFM-Research Symposium (RSY) 302 „Evidence-based Leader Intervention for Health and Wellness” (8. und 9. April 2019) eingebunden, welches an gleicher Stelle parallel zu den Arbeitssitzungen des HFM-Panel stattfand. Nachdem am Sonntag zunächst die „Steering Group“ des HFM-Panel die anstehenden Aufgaben während des PBM besprachen, standen am Montagmorgen (dem eigentlich ersten Tag) zunächst für alle Panelmitglieder nach der Begrüßung durch den amtierenden Chairman, Generalarzt Prof. Dr. Rafael Schick, die Arbeitsbesprechungen an (Abbildung 1).
Nach einleitenden Worten zu organisatorischen Punkten und zum Rahmenprogramm durch den Projektoffizier für diese Veranstaltung, dem deutschen Principal Member im HFM-Panel, Oberfeldarzt Priv.-Doz. Dr. Stefan Sammito, Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe, wurden Vorträge zu aktuellen Schwerpunkten aus dem Collaboration Support Office durch den Direktor CSO, Dr. Pavel Zuna (CZE), von COMEDS durch Colonel Dr. Gerald Rots (NLD), NATO HQ und aus dem Allied Command Transformation (ACT) von Colonel Dr. Stephane Grandmontagne (FRA) vorgetragen (Abbildung 2).
Zum Abschluss der Plenary-Session, bevor sich die Panelmitglieder in die beiden Unterarbeitsgruppen (Areas) zu ihren Arbeitsbesprechungen begaben, folgten noch drei Fachvorträge. Major Dr. Helena Riberiro Santos (POR) trug über das SAR-Programm der portugiesischen Luftwaffe und die besonderen Herausforderungen eines Versorgungsgebietes in der Größe der EU vor. Oberstarzt Priv.-Doz. Dr. Kai Kehe (DEU) berichtete von den ersten Erfahrungen zum „Forward Light Element for Decontamination and Disinfection of Patients, Personnel and Material (FLED2)“, und Paolo Proietti (ITA) führte zu den Wissenschaftsstrukturen innerhalb der italienischen Streitkräfte und den Kooperationen mit universitären und zivilen Einrichtungen in Italien aus.
In den folgenden Area-Sitzungen, welche bis Mittwoch (10. April) einschließlich auf der Tagesordnung standen, wurden u. a. das aktuelle Arbeitsprogramm sowie alle laufenden 77 Aktivitäten besprochen sowie neue diskutiert. Hierbei handelte es sich um jeweils die Einrichtung eines neuen Exploratory Teams (ET) zu den physikalischen Einwirkungen auf die Besatzungen von besonders schnellen Booten sowie zum „Capability Life Cycle Management“. Ferner wurden neue Aktivitäten in Form von Research Task Groups (RTG) zu den Themen
- „Expert panel for state of the art cardiovascular risk assessment in aircrew and other high risk occupations” als Folgeaktivitäten der HFM-RTG-251 “Occupational Cardiology in Military Aircrew”,
- “Retention in the Armed Forces” als Folgeaktivität auf die HFM-ET-176,
- “Measuring the Cognitive Load on the Soldier” als Co-Aktivität zur HFM-RTG-238 “Reducing the Burden on the Dismounted Soldier” und
- “Fatigue Management in Aircrew” als Folgeaktivität auf die HFM-ET-171
besprochen, die notwendigen teilnehmenden Länder ermittelt und die jeweiligen Aktivitäten für eine Billigung durch das Panel am Donnerstag (11. April) vorgeschlagen. Gleiches gilt auch für eine neue Aktivität mit Etablierung einer Long-Term Scientific Study (LTSS) über „Solutions for Combat Casualty Care“, sowie für den jährlich stattfindenden Research Technical Course (RTC) der Flugmedizin, der seit vielen Jahren als gemeinsame Veranstaltung der US Air Force in Europa und der NATO STO HFM organisiert wird. Chair-Nation dieses größten militärischen flugmedizinischen „Kongresses“ in Europa im Jahr 2020 wird Norwegen sein, das Leitmotiv wird „Aerospace Medicine: New Technologies – New Approach?“ lauten. Für einen zukünftigen Research Workshop (RWS) wurde das Thema „Meaningful Human Control of AI-based Systems: Key Characteristics, Influencing Factors and Design Considerations“ diskutiert.
Welcome-Reception
Zum Abschluss des ersten Tages lud Deutschland als Gastgebernation traditionell zu einer „Welcome Reception“ ein. Diese fand im Atrium des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) statt (Abbildung 3). Die Teilnehmenden des PBM sowie bereits anwesende Besucher und Besucherinnen des am Dienstag (9. April) beginnenden Symposiums hatten hier weitergehende Gelegenheit zum Austausch und zur Netzwerkbildung. Der Abend wurde durch ein Jazzensemble des Musikkorps der Bundeswehr begleitet. Zum Ende der „Welcome Reception“ hatte das Wachbataillon des BMVg noch eine Überraschung für die internationalen Gäste vorbereitet: Beim Verlassen des Bendlerblocks wartete ein Fackelspalier und leitete den Gästen stimmungsvoll den Weg zu den wartenden Bussen.
Symposium
Am Dienstag begann parallel zum PBM und den jeweiligen Arbeitssitzungen der Areas auch das zweitätige internationale wissenschaftliche NATO-Symposium HFM-RSY-302 „Evidence -based Leadership Interventions for Health and Wellness“. Nach begrüßenden Worten durch Generalarzt Prof. Dr. Schick als Chair des HFM-Panel unterstrich Oberstarzt Dr. Jörg Ahrens von der Abteilung Führung Streitkräfte des BMVg in seiner Begrüßungsrede die besondere Bedeutung des Symposium-Themas für die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen der Streitkräfte.
In den folgenden zwei Tagen wurden den 120 Teilnehmenden aus 28 Nationen in 18 Vorträgen aus sieben Nationen die aktuellen Erkenntnisse zu evidenzbasierten Maßnahmen auf Führungsebene zur Verbesserung der Gesundheit der Soldatinnen und Soldaten präsentiert (Abbildung 4). Hierbei umfassten die Vorträge eine große Bandbreite aus den Themenbereichen „Moral“, „Arbeitsplatzbedingungen“, „klimatische Einflüsse“, „persönliche Rahmenbedingungen“, „Coping und Resilience“, „technologische Fortschritte“ und „Ermüdung“.
Mit Prof. Dr. Kelly Kelloway von der Saint Mary´s University (Kanada) und Prof. Amishi P. Jha (University of Miami, CA, USA) trugen darüber hinaus zwei internationale Experten in den morgendlichen Keynote-Lectures zum Erfolg dieses wissenschaftlichen Symposiums bei (Abbildung 5). Hierbei wurde auf die Bedeutung von Arbeitsplatzverhältnissen aus arbeitspsychologischer Sicht sowie auf Achtsamkeit als Interventionsstrategie zur Reduzierung von Stress gesetzt.
Mit den Vorträgen von Prof. Dr. Martin Elbe (Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr) zur Berufszufriedenheit deutscher Soldatinnen und Soldaten, von Oberfeldarzt Priv.-Doz. Dr. Sammito (in Vertretung für die Universitätsmedizin Mainz) zur Mitarbeiterbefragung im Rahmen des „Betrieblichen Gesundheitsmanagement“ und von Oberfeldarzt Dr. Reinhard Stark (Bundeswehrkrankenhaus Hamburg) zum Risiko der Schläfrigkeit bei Nachtdiensttätigkeiten trugen auch wissenschaftliche Ergebnisse aus deutscher Forschung zum Erfolg dieses Symposiums bei. Die entsprechenden englischen Volltexte der Beiträge von Prof. Dr. Elbe und Oberfeldarzt Priv.-Doz. Dr. Sammito sind in dieser Ausgabe der Wehrmedizinischen Monatsschrift abgedruckt, der Beitrag von Oberfeldarzt Dr. Stark ist zur Veröffentlichung in einem dem Thema -„Fatigue“ gewidmeten Themenheft der Wehrmedizinischen Monatsschrift im kommenden Jahr vorgesehen, weshalb in -dieser Ausgabe lediglich das Abstract seines Vortrags abgedruckt ist. Alle Vorträge werden im Laufe der -nächsten Monate auf der Webseite der STO (www.sto.nato.int) veröffentlicht werden.
Der Dienstagabend (9. April) bot noch einmal für alle Teilnehmenden im Rahmen eines abendlichen Gala-Dinners die Gelegenheit, die Erfahrungen und Erkenntnisse des Tages in entspannter Atmosphäre zu diskutieren und Revue passieren zu lassen.
Panel-Business-Meeting (Teil 2)
Während das Symposium am Mittwoch mit dem Bericht des Technical Evaluator, Colonel (ret). Prof. Carl Castro (USA), beendet wurde, stand für die Panel-Mitglieder am Donnerstag (11. April) noch die abschließende PBM-Plenary-Session auf dem Programm. Nach dem obligaten „Familienfoto“ wurden die in den Areas diskutierten neuen Aktivitäten für eine Genehmigung durch das Science and Technology Board (STB) vorgeschlagen sowie die Mentor Appreciation für abgeschlossene Aktivitäten für alle Panelmember vorgestellt. Außerdem wurde das -aktuelle „Program of Work“ offiziell genehmigt.
Für Generalarzt Prof. Dr. Schick war die abschließende Plenary-Session zugleich seine letzte „Amtshandlung“ als Chair des HFM-Panels, da er turnusgemäß nach zwei Jahren Amtszeit an seine bisherige Stellvertreterin, Alison Rogers aus Großbritannien, die Aufgabe des Panel-Chair übergab. Der Amtswechsel konnte durch den Direktor CSO, Dr. Zuna, persönlich durchgeführt werden, da er – wie während der gesamten Woche – auch während der abschließenden Plenary-Session anwesend war.
Fazit
Dank eines perfekten Tagungsortes mitten in Berlin und einer reibungslosen Betreuung der internationalen Gäste konnte Deutschland sich im Rahmen des 43th PBM und als Ausrichter des Symposiums als guter Gastgeber präsentieren. Für die Gäste unbemerkt waren im Hintergrund zahlreiche Aspekte zu bedenken, was dem Unterstützungspersonal unter Führung des Zentrums für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe, dem Protokollreferat des Bundesminsteriums der Verteidigung sowie den beteiligten jungen und hoch engagierten Sanitätsoffiziersanwärterinnen und -anwär-tern (Abbildung 8) aus dem Standort Berlin in vorbildlicher Weise gelang. Hierfür gebührt dem Team Dank und Anerkennung.
Die in Berlin diskutierten Themen sowie die laufenden und zukünftigen Aktivitäten des HFM-Panels der STO können dazu beitragen, auch den einen oder anderen Impuls für die Weiterentwicklung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr zu geben. Es gilt, die durch die STO zur Verfügung gestellten Ressourcen für die eigene Arbeit zu nutzen. Deshalb lohnt sich ein regelmäßiger Besuch der STO-Webseite (www.sto.nato.int ).
Bilder (soweit nicht anders angegeben): Priv.-Doz. Dr. Stefan Sammito, Köln
Oberfeldarzt Priv.-Doz. Dr. Stefan -Sammito
Deutsches Principal Member HFM-Panel
Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe
E-Mail: stefansammito@bundeswehr.org
Datum: 19.06.2019