
Erfahrungsbericht über den US-Lehrgang „Cold Weather Medicine Course“
Schwerpunkt dieses US-Lehrgangs ist die Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft sowie die medizinische Versorgung des eingesetzten Zuges, unter Höhenbedingungen in kalten Klimazonen.
Der erste Tag begann um 06:00 Uhr mit einem Sporttest. Alle Teilnehmer hatten mindestens 50 Liegestütz und mindestens 50 Sit-Ups in jeweils zwei Minuten zu absolvieren. Im Anschluss folgte ein Geländelauf über 1,5 Meilen, welcher in einer Zeit von unter 12 Minuten abzuschließen war. Für mich als Norddeutschen stellten die 2 000 Höhenmeter eine besondere Herausforderung dar. Leider bestanden nicht alle den Eingangstest, welcher für die Teile am Folgetag zu wiederholen war.
Im weiteren Verlauf wurden wir in den Lehrgang und dementsprechende Leistungsnachweise eingewiesen. An dieser Stelle wurde direkt klargestellt, dass jeder Teilnehmer nach einer zweiten, nicht bestandenen Prüfung vom Lehrgang abgelöst wird. Noch vor Beendigung des Lehrgangs flogen durch diese Vorgabe insgesamt 8 von 35 Trainingsteilnehmern nach Hause.
Folgende Leistungsnachweise/Prüfungen waren zu absolvieren:
- Sporttest
- Knotenkunde
- Einbindung eines Verwundeten ins SKEDCO1-System (unter 2 Minuten)
- 2 schriftliche Tests, mit mind. 80 % erfüllt
In der zweiten Woche verlegten wir in den Einsatzraum, auf 2200 Meter Höhe. Hier übten wir uns im Umgang mit der Zusatzausrüstung, der Wassergewinnung, des Wärmeerhalts und der taktischen Vorgehensweise im Verwundetentransport.
Generell verlief die Ausbildung im Zugrahmen, einzelne Teilabschnitte wurden jedoch in den vorab zugeteilten Gruppen durchgeführt. Außer der persönlichen Ausrüstung führte jede Gruppe zusätzlich einen Schneeschlitten mit Zelt, ein SKEDCO, einen Wasserkocher, mehrere Seile und eine Schneeschaufel mit.
Zusätzlich wurden wir in der zweiten Woche in die Situation der Unterkühlung geführt. Hierfür schluckte jeder Teilnehmer zu Beginn ein Bluetooth-Thermostat, welches während der gesamten Trainingseinheit unsere Körpertemperatur aufzeichnete und überwachte.
Dieser Test fand an und in einem Teich auf dem Trainingsgelände statt. Bei 2 °C mussten wir für 10 Minuten in diesem Teich verweilen. Nach Ablauf der Zeit wurden uns mehrere Rechenaufgaben gestellt, die wir zu lösen versuchten. Es stellten sich massive Unterkühlungsanzeichen ein. Einige Teilnehmer waren weder in der Lage ganze Sätze zu formulieren, noch die Rechenaufgabe zu lösen. Im nächsten Abschnitt stand die Erwärmung im Vordergrund. Nachdem alle trockene Kleidung angelegt hatten, wurden wir erneut in Gruppen aufgeteilt. Gruppe eins wurde aktiv erwärmt, durch sportliche Bewegungsabläufe. Gruppe zwei erhielt Wärmflaschen und warme Flüssigkeiten. Gruppe 3 erhielt die Aufgabe sich lediglich in der trockenen Kleidung „normal“ zu bewegen. Bei allen Teilnehmern war das Einsetzen des „After Drop“ (Absinken der Körpertemperatur durch kaltes, zurückfließendes Blut nach einer Kälteexposition) zu beobachten. Es zeigten sich, nach etwa 10 Minuten des vermeidlichen Erwärmens, bei allen Teilnehmern erneute Unterkühlungsanzeichen, wie z. B. starkes Zittern.Weiterer Bestandteil der zweiten Woche war die „Survival Night“. Uns wurden alle Rucksäcke abgenommen und in 4 Personen-Gruppen mussten wir uns mit dem behelfen, was wir noch am Mann trugen. Mit jeder vergangenen Stunde machte sich die Höhe von nun 2 500 Metern und eine Temperatur von -23 °C immer stärker bemerkbar. Mit Hilfe der vorher gezeigten Trainingsinhalte gelang es uns jedoch, die Nacht zu überstehen. Denn jeder Teilnehmer musste Nahrung mit mindestens 2 000 kcal, Papier, einen Fettstift, Sonnencreme, eine Sonnenbrille, einen Stift und ein Feuerzeug stets mit sich führen.
Abschluss der zweiten Woche war ein schriftlicher Leistungsnachweis sowie die Prüfung in Knotenkunde.
Mit einer Unterweisung in die Abschlussprüfungen starteten wir in die dritte Woche. Es wurde eine Lage ausgegeben und in den Einsatzraum eingewiesen.
Zur Lage:
- Flugzeug-Notlandung im Bereich Delta
- Beide Besatzungsmitglieder verwundet und müssen evakuiert werden
- Wetterbedingt keine Evakuierung durch Hubschrauber möglich
Zum Auftrag:
- Schnellstmögliche Verlegung (Zugrahmen) in den Bereich A
Nun war ein schnelles Erreichen des Bereiches B zu erzielen. Parallel sollte mit der Auffindung der Besatzung des Flugzeuges begonnen werden.
Leider zeigten sich am Absetzpunkt andere Bedingungen, als von uns in die Planung einbezogen. Die Ausrüstung für den Transport auf Schnee, musste hier im Gelände zusätzlich getragen werden. Dies führte zu dem Ergebnis, dass die angesetzte Zeit von 24 Stunden für die gesamte Evakuierung schon jetzt nicht mehr zu halten war.
Aus diesem Grund wurde die Entscheidung getroffen, auf das Basislager zu verzichten, um die eingesparte Zeit für den Transport über die eis- und schneefreie Fläche zu nutzen.Nachdem diese Flächen überwunden waren, stand uns ein nächstes Extrem bevor. Der Bereich B musste im steilen und verschneiten Gelände erreicht werden. Nach kürzester Zeit merkte ich, dass mein Körper nicht auf das Ziehen eines Schlittens durch Hüftgürtel, noch auf das Gehen mit Schneeschuhen eingestellt ist.
Durch den Gefechtsstand ging die Meldung ein, dass die Piloten weiterhin an gleicher Position verharren.
Nachdem wir Bereich B erreicht hatten, kamen wir zu dem Entschluss, am Fluss entlang weiter bis zu Bereich C vorzustoßen, um dort das Basislager zu errichten. Aufgrund einsetzender Dämmerung und zunehmend unwegsamem Gelände wurde die Fortsetzung der Evakuierung für Sonnenaufgang angesetzt.
Die Nacht wurde auf 2 600 Höhenmetern in Schneelöchern verbracht, da es aufgrund der Feuerwachen, Streifen und Alarmposten ein zu großer Aufwand gewesen wäre, die Zelte aufzubauen. Während der gesamten Zeit musste weiterhin Wasser gewonnen werden. Ich persönlich merkte die Anstrengung durch die ungewohnte Höhe sehr extrem.
Bei Sonnenaufgang wurde mit dem Aufstieg zum Bereich D begonnen. Dort wurde die Absturzstelle vermutet. Nach Erreichen der Absturzkoordinaten, auf etwa 3 100 Meter Höhe begann die Erstversorgung und Evakuierung. Ich selbst war sehr überrascht, dass tatsächlich zwei Soldaten mit geschminkten Verletzungen aufzufinden waren. Beide Verwundeten wurden mit Hilfe des SKEDCO-Systems innerhalb von 3 Stunden zum Basislager verbracht.Dort angekommen wurde die Landezone für den Helikopter vorbereitet und ein 9-Liner abgesetzt. Die Verwundeten wurden in den Helikopter gewinscht. An dieser Stelle musste jedes einzelne Team einmal die Transportfähigkeit des Verwundeten herstellen und als Bodencrew für das Winschen arbeiten.
Die kurze Nacht im Basislager wurde durch einen Angriff irregulärer Kräfte beendet. Durch das erfolgreiche Bekämpfen des Feindes war die Übung beendet.
Die nachfolgenden Tage verbrachten wir mit der Nachbereitung der Lehrgangsevaluation und der Ausgabe der Lehrgangszeugnisse.
Für mich persönlich war dieser Lehrgang ein voller Erfolg, sehr herausfordernd und lehrreich.
1. Sked Basic Rescue System
Verfasser
Oberfähnrich Frank Klemmer
Fachschule der Luftwaffe
Früher: Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst „Ostfriesland“
Kontakt [email protected]
Bildrechte: Frank Klemmer
Datum: 10.10.2018
Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 3/2018