29.05.2019 •

Nachwuchsschmiede Soweto - Zwei unterschiedliche Wege zum Sanitätsdienst der Bundeswehr –

Aus der Abteilung für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie (Leitender Arzt: Flottenarzt Dr. W. Rost) und der Abteilung für Anästhesiologie (Leitender Arzt: Oberstarzt Dr. G. Hölldobler) des Bundeswehrkrankenhauses Hamburg (Kommandeur: Generalarzt Dr. J. Hoitz)

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Abb. 1: Das Motto in der Notaufnahme
Denkt man an Südafrika, fallen einem Kapstadt, der Tafelberg und die „Garden Route“ ein, nicht so bei uns beiden. Viel mehr denken wir an Notfallmedizin, das Unfallkrankenhaus Chris Hani Baragwanath und natürlich auch an unseren jetzigen Arbeitgeber, die Bundeswehr. Wir sind beide erst seit Kurzem Seiteneinsteiger im Sanitätsdienst der Bundeswehr und durch unser Praktisches Jahr in Südafrika zu diesem Entschluss gekommen. Das mag für den einen oder anderen auf den ersten Blick nach einer ungewöhnlichen Entscheidung klingen. Weiß man aber, dass die Bundeswehr bereits seit 2011 eine Kooperation mit dem Chris Hani Baragwanath Academic Hospital der University of the Witwatersrand in Johannesburg hat, ist es durchaus plausibel.

Mit ca. 3200 Betten, 6760 Angestellten, 429 Gebäuden und einer Gesamtgrundfläche von 233.795 m² gilt es als das größte ­Krankenhaus Afrikas sowie als das drittgrößte Krankenhaus der Welt. Es liegt in Soweto, dem wohl bekanntesten und mit 3,5 Mio. Menschen einwohnerreichsten Township Südafrikas, aus welchem der Hauptanteil der Patienten stammt.

Zeena Hagel

Wer bin ich?

Moin, ich heiße Zeena Hagel, bin 28 Jahre alt, in Hamburg geboren und habe dort auch Humanmedizin studiert. Mein Praktisches Jahr habe ich in Hamburg, Neuseeland, Südafrika und in den USA absolviert.

Der Bundeswehr bin ich im März 2018 beigetreten und derzeit als Weiterbildungsassistentin im BwKrhs Hamburg in der Klinik X (Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie) unter der Leitung von Oberstarzt Dr. Hölldobler tätig.

Warum Südafrika?

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Abb. 2: Wegweiser im Krankenhaus
Ein Zufall, der sich zum Schicksal entwickelt hat!

Nach meinem Auslands-PJ in Neuseeland beschloss ich, auch den Rest des Praktischen Jahres im Ausland zu verbringen. Die Eindrücke, die ich dort erleben durfte, haben mich auf vielerlei Ebenen bereichert. Besonders die englisch/ amerikanische Herangehensweise „see one, do one, teach one“ hat mich begeistert und für den weiteren Weg motiviert.

Nach weltweiten Bewerbungen kam schließlich die erste Zusage aus dem dörflichen „East London Hospital“ an der Ostküste Südafrikas; drei Wochen später saß ich bereits im Flugzeug dorthin. Es zeigten sich Verletzungsmuster, die deutlich schwerer waren als hierzulande. Die Mitarbeit zeigte mir auf, wie sich situationsbedingt die Medizin in manchen Dingen von dem, was man aus deutschen Krankenhäusern kennt, unterscheidet, aber auf der anderen Seite auch doch so gleicht.

Die Liebe zur Notfallmedizin hatte mich schon seit langem von einem PJ im Baragwanath Hospital träumen lassen. Trotz der sonst jahrelangen Bewerbungsfristen brachte ein einfacher Anruf, kurz vor der Heimreise nach Deutschland, die ersehnte Chance und die Verlängerung meines Südafrika-Aufenthalts um weitere zwei Monate.

Erste Kontakte zur Bundeswehr

Mein allererster Kontakt mit der Bundeswehr war eine Sanitätsoffizier-Anwärterin, mit der ich mir eine Unterkunft in Soweto teilte. Während ich sie über die Bundeswehr ausfragte, wurde in mir das erste Mal der Gedanke geweckt, Soldatin zu werden.

Kurz darauf folgten weitere Gespräche mit Ärzten und Sanitätsoffizier-Anwärtern vor Ort, welche mich anhaltend für diesen Arbeitgeber begeisterten. So fiel dann auch endgültig der Entschluss, dass für mich Anästhesie bei der Bundeswehr definitiv in der engeren Auswahl nach meinem Studienabschluss stehen wird.

Der Seiteneinstieg

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Abb. 3: Eingang zum Schwerstverletzten-Bereich
Die Zeit in Südafrika verging, was blieb war der Gedanke an einen Seiteneinstieg.

In den Monaten darauf traf ich durch Zufall in den unterschiedlichsten Situationen weitere aktuell oder ehemals bei der Bundeswehr tätige Ärzte. Gemeinsam war ihnen, dass keiner die Zeit bei der Bundeswehr bereute und mir im Gegenteil alle empfahlen, „es mir doch einfach einmal anzuschauen“.

Diese Art der Mitarbeiterzufriedenheit war mir so in anderen Kliniken selten begegnet und bestärkte mich weiter in meinem Weg zum Seiteneinsteiger.

Ein Anästhesist aus Ulm, mit dem ich gemeinsam auf den Malediven arbeitete, ermutigte mich besonders durch seine Darstellungen. Außerdem bestätigte er ein von mir vermutetes Alleinstellungsmerkmal des Sanitätsdienstes der Bundeswehr mit vielfältiger Abwechslung im Dienst. Als Ärztin in Weiterbildung Anästhesie erfahre ich, neben einer fundierten Ausbildung in klinischer Anästhesie und Intensivmedizin, insbesondere eine breite notfallmedizinische Schulung. Ich habe dadurch zukünftig die Möglichkeit des Dienstes in der Interdisziplinären Notfallaufnahme und in Auslandseinsätzen. Für mich ein absoluter Traumjob!

Sabine Kelka

Wer bin ich?

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Abb. 4: Schwerstverletzten-Station
Mein Name ist Sabine Kelka, ich bin 30 Jahre alt und habe Humanmedizin in Heidelberg studiert. Nach dem Abitur habe ich zunächst zur Überbrückung der Wartezeit auf einen Studienplatz eine Ausbildung in der Radiologie gemacht. Seit November 2017 bin ich als Seiteneinsteiger bei der Bundeswehr in der Klinik II (AVTCH) im BwKrhs Hamburg und aktuell kurz vor der Fertigstellung meiner Doktorarbeit im Bereich Wirbelsäulenchirurgie/ Biomechanik.

Warum Südafrika?

Die Unfallklinik, an der ich meine Doktorarbeit mache, hat bereits mehrfach Ärzte zur Weiterbildung nach Johannesburg in das größte Krankenhaus der Südhalbkugel geschickt. Im Vergleich zu Deutschland behandeln Ärzte dort überwiegend penetrierende Verletzungen. Auch sind die Verletzungen dort insgesamt meist wesentlich schwerer und die Anzahl an Polytraumata deutlich höher als in deutschen Krankenhäusern.

Ich interessiere mich seit jeher für die Unfallchirurgie und hier insbesondere für die notfallmedizinische Schwerst-verletzten-­Versorgung, weswegen ich die Berichte der dortigen Ärzte sehr spannend fand. Aus Erzählungen älterer Studenten wusste ich, dass man als PJ-Student in der Chirurgie in Deutschland meist nur zum Haken-Halten verdonnert wird, weswegen ich schon früh den Entschluss fasste, mich für ein PJ-Tertial in der Chirurgie in Johannesburg zu bewerben.

Erste Kontakte zur Bundeswehr

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Abb. 5: Schockraum
Bereits auf dem unfallchirurgischen Jahreskongress 2015 fiel mir die Bundeswehr als Arbeitgeber mit einem Stand und interessanten Berichten über Einsätze und gute Arbeitsbedingungen positiv auf. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch das Studienende noch weit entfernt und die Entscheidung für einen zukünftigen Arbeitgeber viel zu abstrakt, weswegen ich diesen Gedanken nicht weiter verfolgte.

In Johannesburg angekommen traf ich gleich am ersten Tag eine Sanitätsoffizier-Anwärterin, die sich ebenfalls für ihr PJ-Tertial an der Uni einschrieb. In den darauffolgenden Wochen lernte ich weitere Sanitätsoffizier-Anwärter und Ärzte der Bundeswehr kennen, mit denen ich sowohl innerhalb als auch außerhalb der Klinik viel Zeit verbrachte. So konnte ich alle meine Fragen stellen und konkrete Antworten sowie viele Informationen aus erster Hand gewinnen.

Der Seiteneinstieg

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Abb. 6: Rettungshubschrauber auf dem Landeplatz des Krankenhauses
Für einen Seiteneinstieg bei der Bundeswehr habe ich mich letztendlich entschieden, weil die Bundeswehr der einzige Arbeitgeber in Deutschland ist, bei dem ich meinen Facharzt machen kann und gleichzeitig durch das Konzept der Einsatzchirurgie die Möglichkeit habe, in einer Chirurgie ausgebildet zu werden, die dem angelsächsischen „Trauma Surgeon“ am nächsten kommt. Sowohl das Konzept des Doppelfacharztes Allgemein- und Unfallchirurgie als auch die gute notfallmedizinische Ausbildung haben mich überzeugt. Zudem besteht mit einem potentiellen Auslandseinsatz die Möglichkeit, ähnlichen Verletzungsbildern wie in Südafrika zu begegnen. Weitere Vorzüge wie das höhere Nettogehalt, eine gute personelle Besetzung, hohe Mitarbeiter- und Patientenzufriedenheit, die guten Fortbildungsmöglichkeiten und die Arbeit in nicht streng profitorientierten Krankenhäusern haben die Entscheidung für den Seiteneinstieg weiter gefestigt.

In Südafrika sind wir uns zwar nie begegnet und haben uns nur um wenige Tage verpasst. Trotzdem hat der Aufenthalt dort, teilweise auch aus den gleichen Motiven, dazu ge­- führt, dass wir uns nach unserem Medizinstudium für den Seiteneinstieg bei der Bundeswehr entschieden haben.

Eine gemeinsame Freundin aus dieser prägenden Zeit und ehemalige Sanitätsoffizier-Anwärterin sagte dazu nur: „Die Bundeswehr und das Bara ziehen wohl einfach den gleichen Schlag Menschen an!“


Verfasserinnen:
Stabsarzt Zeena Hagel und Stabsarzt Sabine Kelka
Bundeswehrkrankenhaus Hamburg
Lesserstraße 180
22049 Hamburg
E-Mail: ZeenaHagel@bundeswehr.org
SabineKelka@bundeswehr.org 

Abbildungen: bei den Verfasserinnen


Datum: 29.05.2019

Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 1/2019

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