18.01.2017 •

    Der Sanitätsdienst des Heeres

    Aus dem Kommando Heer (Inspekteur: Generalleutnant J. Vollmer)

    Das Deutsche Heer deckt als Truppensteller für laufende und mögliche künftige Einsätze ein breites Einsatzspektrum ab. Es reicht von Operationen verbundener Kräfte mit hoher Intensität über die Fähigkeit zur Durchführung von Anfangsoperationen und Operationen der nationalen Krisenvorsorge bis hin zu längeren Stabilisierungsoperationen in allen Intensitäten. Es umfasst stets kurzfristige – auch huma­nitäre – Einsätze sowie mittlerweile wieder in erster Priorität die Einsatzoption in der Landes- und Bündnisverteidigung.

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    Abb. 1: Das Wappen des Sanitätsdienstes des Heeres. (Bundeswehr)

    Das Heer wird vom Kommando Heer in Strausberg geführt. Dem Kommando Heer sind das Amt für Heeresentwicklung, das Ausbildungskommando, die Division Schnelle Kräfte, die 1. und 10. Panzerdivision sowie die deutschen Anteile der Multinationalen Korps unterstellt. Die Zuständigkeit für die ganzheitliche Heeresentwicklung liegt beim Amt für Heeresentwicklung, das Ausbildungskommando hat die Zuständigkeit für die Ausbildungseinrichtungen des Heeres.

    Geführt durch den Inspekteur des Heeres, ist das Kommando Heer in allen Fragen des Heeres die erste Ansprechstelle für das Bundesministerium der Verteidigung und nimmt Planungs-, Füh­rungs-, Lenkungs- und Kontrollaufgaben gegen­über dem nachgeordneten Bereich wahr.

    Den Kern des Heeres bilden in den zwei mechanisierten Divisionen sechs durchhaltefähige Brigaden, die in der Lage sind, Einsatzkontingente für das gesamte Aufgabenspektrum zu stellen.

    Alle Brigaden verfügen über die Fähigkeit zum infanteristischen Kampf mit mindestens zwei Bataillonen. Die verstärkte infanteristische Befähigung des Heeres umfasst Jägerbataillone, Panzergrenadierbataillone und Gebirgsjägerverbände. Insbesondere die abgesessenen Fähigkeiten wurden auf den Einsatz orientiert ausgeplant, ohne mechanisierte Fähigkeiten aufzugeben. Neben den Kampftruppenbataillonen führen die Brigaden auch Versorgungs-, Pionier- und Aufklärungsbataillone als unverzichtbare Kräfte für alle Arten von Einsätzen.

    Damit verfügt das Heer über die Fähigkeit zum Einsatz in allen Operationsarten und Intensitäten unter nahezu allen Gelände- sowie Klimabedingungen.

    Diese Fähigkeiten der mechanisierten Divisionen werden durch Kräfte der Division Schnelle Kräfte (DSK) ergänzt. Sie führt eine Luftlandebrigade mit zwei Fallschirmjägerregimentern, drei Hubschrauberverbänden und das Kommando Spezialkräfte. In ihr werden die Fähigkeiten des Heeres zur schnellen Reaktion, zur Luftbeweglichkeit und zur Durchführung von speziellen und spezialisierten Operationen gebündelt. Aufgrund des besonderen Anforderungsprofils verfügt die DSK, als einziger Großverband des Heeres, organisch über sanitätsdienstliche Kräfte und Mittel der Versorgungsebene 1 sowie Fähigkeiten zur fliegerärztlichen Versorgung.

    Der Personalumfang des Heeres beträgt rund 54 500 Berufssoldatinnen und -soldaten sowie Soldatinnen und Soldaten auf Zeit, bis zu 5 500 Freiwillig Wehrdienst Leistende und rund 1 700 zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

    Der Sanitätsdienst des Heeres

    Vor dem Hintergrund der Einsatzerfahrungen auf dem Balkan und insbesondere der Erfahrungen aus der Aufstellung sanitätsdienstlicher Ein­satzkontingente aus vielen Truppenteilen aller Teilstreitkräfte wurde im Jahr 2000 entschieden, die Kräfte aller Sanitätsdienste der Teilstreitkräfte in einem Zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr (ZSanDstBw) zu konzentrieren. Es wurden nur die Kräfte in den Teilstreitkräften belassen, die zur Sicherstellung der sanitätsdienstlichen Versorgung eine dauerhafte, enge Bindung mit der zu versorgenden Truppe eingehen müssen.

    Der Sanitätsdienst des Heeres wurde dem damals geforderten Fähigkeitsprofil für Aufgaben im Bereich der internationalen Konfliktverhütung und Krisenbewältigung (LoA StabOps) angepasst. Dabei wurden die Erfahrungen mit den Einsatzverbänden des Heeres (z. B. Quick Reaction Force bei ISAF; Ausbildungs-Schutz-Bataillon bei ISAF) berücksichtigt. Die Verbände der DSK verfügen daher bereits im Grundbetrieb über eigene Luftlande- und luftbewegliche Sanitätskräfte, die eine qualifizierte erste allgemein- und notfallmedizinische Versorgung in der Ausbildung, bei Übungen und im Einsatz sicherstellen.

    Für die Versorgung des flugmedizinisch zu betreuenden Personals des Heeres im Grundbetrieb, bei Ausbildung, Übungen und im Einsatz verfügt das Heer über organische Fliegerarztgruppen. Diese stellen sowohl die fliegerärztliche Versorgung, als auch die Flugunfallbereitschaft an den Flugplätzen des Heeres sicher.

    Der Sanitätsdienst des Heeres verfügt über einen Gesamtumfang von ca. 550 Dienstposten.

    Fachdienstliche Führungsstruktur

    Im Auftrag der Inspekteure des Heeres und des Sanitätsdienstes der Bundeswehr führt der Generalarzt des Heeres den Sanitätsdienst des Heeres fachdienstlich. Gleichzeitig vertritt er die Interessen des Heeres gegenüber dem Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr und umgekehrt.

    Der Generalarzt des Heeres ist organisatorisch im Kommando Heer verortet und berät die Heeresführung unmittelbar in sanitätsdienstlichen und den Sanitätsdienst des Heeres betreffenden Angelegenheiten.

    Dem Generalarzt des Heeres sind alle Korps- und Divisionsärzte, der Leitende Fliegerarzt des Heeres, das Dezernat Sanitätsdienst des Heeres im Amt für Heeresentwicklung sowie der Kommandoarzt im Ausbildungskommando fachdienstlich unterstellt. Gegenüber dem ärztlichen Personal des Sanitätsdienstes des Heeres verfügt er über Disziplinarbefugnis. Damit folgt die fachdienstliche Führung im Heer stringent der truppendienstlichen Führung.

    Kommando Heer, Ausbildungskommando, Amt für Heeresentwicklung und die Großverbände des Heeres verfügen über sanitätsdienstliche Planungs-, Führungs- und Beratungselemente.

    Sanitätsdienst in Stäben

    In den nachgeordneten Kommandobehörden des Kommando Heer sowie auf der Divisions- und Brigadeebene, sind strukturell sanitätsdienstliche Führungs- und Beratungselemente (Korps-, Divisions-, Brigadeärzte sowie Leitende Sanitätsoffiziere und Kommandoarzt) ausgebracht.

    Sie beraten die jeweiligen Kommandeure in allen sanitätsdienstlichen Angelegenheiten und sind verantwortlich für die Planung, Steuerung, Koordinierung und Überwachung der Maßnahmen zur Sicherstellung der sanitätsdienstlichen Einsatzbereitschaft und Unterstützungsleistung. Als Leitende Sanitätsoffiziere führen sie den Sanitätsdienst des Verbandes fachdienstlich bei Übungen und im Einsatz.

    Die Divisions- und Brigadeärzte nehmen eine wichtige Schnittstellenfunktion zu den entsprechenden Ansprechstellen im Zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr wahr. So wird sichergestellt, dass wechselseitig die speziellen Interessen und Bedürfnisse des Heeres und des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr ebenengerecht abgestimmt und koordiniert werden.

    Durch die Kombination sowohl der fachlichen, als auch der militärischen Expertise im jeweiligen truppendienstlichen Zuständigkeitsbereich, kommt den Divisionsärzten und dem Kommandoarzt Ausbildungskommando zudem eine wesentliche Rolle im Rahmen der wehrmedizinischen Begutachtung zu.

    Multinationale Korps

    Die multinationalen Korpsstäbe setzen sich aus Personal der jeweiligen Rahmennationen und zusätzlich aus den assoziierten Nationen zusammen. Im Multinationalen Korps Nordost in Stettin und im EUROKORPS in Straßburg beraten deutsche Korpsärzte die jeweiligen Kommandierenden Generale und erarbeiten zusammen mit Sanitätsoffizieren der Partnernationen die sanitätsdienstlichen Beiträge zur multinationalen Stabsarbeit. In den jeweiligen sanitätsdienstlichen Behandlungseinrichtungen arbeitet ebenfalls Sanitätspersonal vieler Nationen unter einem Dach.

    Sanitätsdienst der Division Schnelle Kräfte

    Die Kräfte des Sanitätsdienstes des Heeres sind mit Schwerpunkt in der DSK ausgebracht. Dieser organische Sanitätsdienst wird fachdienstlich durch den Divisionsarzt geführt, dem innerhalb des Stabes der DSK eine Stabsabteilung Sanitätsdienst zur Verfügung steht. In dieser Divi­sion finden sich die Spezial- und Spezialisierten Kräfte des Heeres wieder. Als internationaler Anteil der DSK ist die 11. Luchtmobile Brigade der Niederlande, inklusive deren Luftlandesanitätskompanie, in die Division integriert. Mit der Integration der niederländischen Brigade ist der Divisionsarzt der DSK nun ebenfalls für deren organische Luftlandesanitätskompanie in Übung, Ausbildung und Einsatz fachdienstlich verantwortlich. Dabei verbleiben die niederländischen Anteile an ihren Heimatstandorten in Arnheim und Assen, während in der Abteilung Sanitätsdienst der DSK ein niederländischer Offizier integriert ist, der sowohl im Rahmen sanitätsdienstlicher Planungsaufgaben wie auch als Verbindungsoffizier wesentlich zur Integration niederländischer Anteile in die DSK beiträgt.

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    Abb. 3: Luftlanderettungsstation und Sanitätskraftfahrzeug BV 206 – optimiert für den Einsatz der Luftlandetruppe. (Bundeswehr/Schilling)

    Die möglichen Einsätze der DSK sind insbesondere durch hohe Mobilität, Luftbeweglichkeit, ein hohes Maß an Bedrohung, Überbrückung großer Entfernungen mit entsprechender Distanz zur eigenen Truppe, Überraschung, Schnelligkeit sowie Geheimhaltung gekennzeichnet.

    Den besonderen Ausbildungs-, Übungs- und Einsatzbedingungen der Spezial- und Spezialisierten Kräften des Heeres wird bei der sanitätsdienstlichen Unterstützung dadurch Rechnung getragen, dass – anders als bei den übrigen Divisionen des Heeres – in den beiden Fallschirmjägerregimentern (Fallschirmjägerregiment 26 und 31) der Luftlandebrigade 1 und im KSK eigene Sanitätskräfte in Kompaniestärke organisch zur Unterstützung der Truppe zur Verfügung stehen.

    Die beiden eigenständigen Luftlandesanitätskompanien der Fallschirmjägerregimenter stehen jeweils unter einheitlicher truppen- und fachdienstlicher Führung eines Sanitätsstabsoffiziers. Sie verfügen über je einen Luftlandebehandlungszug, zwei Luftlanderettungszüge und eine eigene Verwundetenleitstelle (Patient Evacuation Coordination Cell/PECC). Damit stellen sie die sanitätsdienstliche Versorgung der Ebene 1 für die Fallschirmjägerregimenter in Ausbildung, Übungen und Einsatz im In- und Ausland sicher.

    Die Befähigung zum Fallschirmsprung ist eine essentielle Voraussetzung, um den zu unterstützenden Fallschirmjägerregimentern in allen Einsatzarten/-optionen uneingeschränkt folgen zu können. Aus diesem Grund sind auch beide Luftlandesanitätskompanien vollumfänglich sprung­­befähigt – derzeit ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal des organischen Sanitätsdienstes der DSK.

    Das KSK hält Kräfte zur Durchführung von Spezialoperationen, beispielsweise Geiselbefreiungen, vor. Im Regelfall finden solche Operationen unter Bedingungen statt, unter denen es nicht möglich ist, sich auf bestehende medizinische Infrastruktur des Einsatzlandes abzustützen. Die Struktur sanitätsdienstlicher Unterstützung im KSK berücksichtigt diese Rahmenbedingungen.

    Im Stab KSK ist eine Abteilung Sanitätsdienst unter Leitung des Kommandoarztes KSK ausgebracht. Diese stellt neben der Beratung der Führung des Verbandes ebenfalls die Ausplanung der sanitätsdienstlichen Unterstützung von Spezialoperationen und die fachdienstliche Führung der organischen Sanitätskräfte des KSK sicher.

    Das KSK verfügt organisch über ein eigenes Sanitätszentrum, welches neben der Versorgung im Grundbetrieb auch bei Ausbildung und Übungen die sanitätsdienstliche Versorgung unterschiedlichster Einsatzoptionen bis zur Behandlungsebene 1 sicherstellt und gleichzeitig den besonderen Geheimhaltungserfordernissen Rechnung trägt. Die Tatsache, dass es sich hierbei um das einzige Sanitätszentrum außerhalb des ZSanDstBw handelt, stellt ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal dar.

    Einsätze der Spezialkräfte des Heeres werden durch luftbewegliche Arzttrupps (LBAT) und luftbewegliche Rettungstrupps sowie Luftlanderettungsstationen sanitätsdienstlich unterstützt. Ein Luftbeweglicher Arzttrupp des KSK besteht dabei aus zwei Kommandofeldwebeln/Rettungsassistenten/Notfallsanitätern (KdoFw­RettAss/NotfallSan), einem Einsatzarzt KSK (EinsArzt) und einem Kraftfahrer. Die KdoFw­RettAss/NotfallSan sind sowohl als Kommandosoldaten als auch als RettAss/NotfallSan vollumfänglich ausgebildet. Der Einsatzarzt KSK ist ein Sanitäts(stabs)offizier mit Spezialisierung in der Rettungsmedizin sowie KSK-spezifischen infanteristischen und weiteren sanitätsdienstlichen Ausbildungen.

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    Abb. 4: Wiesel 2 San – Patientenversorgung auf Größen- und Gewichtsreduktion optimiert. (Bundeswehr/Schilling)

    Der Luftbewegliche Arzttrupp hat den Auftrag, die erste sanitätsdienstliche Versorgung von Patienten zu gewährleisten. Dazu arbeitet er im engen Schulterschluss mit dem Kommandotrupp zusammen und wird in der Regel zeitnah nachgezogen. So wird auch tief im feindlichen Gebiet sichergestellt, dass bei Spezialoperationen schnellstmöglich qualifizierte sanitätsdienstliche Hilfe vor Ort geleistet werden kann.

    Die Option, weltweit in Spezialoperationen einsatzfähig zu sein, wird nur durch die breite und fundierte Ausbildung aller Beteiligten ermöglicht. Die Auswirkungen großer Hitze in der Wüste, tropischer Bedingungen oder extrem niedriger Temperaturen in arktischen Breitengraden müssen die Kräfte der sanitätsdienstlichen Versorgung genauso kennen, wie die Krankheitsbilder und Besonderheiten der jeweiligen Klimazonen, beispielsweise die Auswirkungen geringer Sauerstoffkonzentration im Hochgebirge. Auch die Ausrüstung muss den jeweiligen Bedingungen angepasst sein.

    Für die Soldaten des KSK wird somit die qualifizierte Erstversorgung und das Überleben bis zum Weitertransport sichergestellt, auch wenn es aus operativen Gründen nicht möglich sein sollte, auf eine lokale Rettungskette oder vorhandene sanitätsdienstliche Infrastruktur zurückzugreifen.

    Die weitergehende sanitätsdienstliche Versorgung (Ebene 2 und höher) der Spezialisierten Kräfte und Spezialkräfte der DSK wird durch die Kräfte des ZSanDstBw sichergestellt. Die Zusammenarbeit mit den Kräften Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst (KSES) ist in diesem Zusammenhang Beispiel gebend.

    Mechanisierte Divisionen

    Die Struktur des Heeres ist konsequent auf das „System Brigade“ ausgerichtet. Die Brigade ist das wesentliche Manöverelement, um das breite Aufgabenspektrum des Heeres abdecken zu können und gleichzeitig die Kohäsion der Einsatzkräfte zu gewährleisten.

    Die Mechanisierten Divisionen des Heeres verfügen im Grundbetrieb über keine eigenen sanitätsdienstlichen Kräfte und Mittel und werden deshalb bei Ausbildung, Übungen und im Einsatz durch den Zentralen Sanitätsdienst mit den erforderlichen sanitätsdienstlichen Fähigkeiten unterstützt.

    Die Kohäsion der Verbände und Einheiten mit den Sanitätskräften ist wesentliche Voraussetzung für den Erfolg im Einsatz und damit besonderes Merkmal des Heeres. Um das Wirken im System zu realisieren, ist eine zusammenhängende Stationierung in einem möglichst geschlossenen „Brigaderaum“ von wesentlicher Bedeutung. Die Stationierung erfolgte so, dass regionale Ausbildungs- und Übungsverbünde gefördert werden und somit vom ersten Tag an Kohäsion erzeugt wird. Diesem Gedanken folgte auch die Stationierungsentscheidung für die Sanitätsunterstützungszentren des Zentralen Sanitätsdienstes und deren Sanitätsstaffeln Ein­satz. Sie sind eine konsequente Weiterentwicklung der bisherigen sanitätsdienstlichen Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen, die im Regionalbezug, neben der ambulanten truppenärztlichen und fachärztlichen Versorgung, die Koordination der sanitätsdienstlichen Ausbildungs-, Übungs- und Einsatzunterstützung gegenüber der Truppe wahrnehmen.

    Der Fliegerärztliche Dienst des Heeres

    Der Fliegerärztliche Dienst des Heeres bildet die zweitgrößte Gruppierung von spezifischem Sanitätspersonal in der DSK. Er wird fachlich durch den Leitenden Fliegerarzt des Heeres geführt, der im besonderen Aufgabenbereich der Luft- und Raumfahrtmedizin wiederum fachlich dem Generalarzt der Luftwaffe untersteht.

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    Abb. 5: MedEvac mit Hubschrauber NH90 FwdAirMedEvac und Luftlandesanitätsfahrzeug Wolf. (Bundeswehr/Bähr)

    Zu den Kernaufträgen des Fliegerärztlichen Dienstes des Heeres zählen die fliegerärztliche Versorgung für die fliegenden Verbände und die fliegerischen Ausbildungseinrichtungen im In- und Ausland, die Beratung der fliegerischen Vorgesetzten sowie die Planung und Organisa­tion der Flugunfallbereitschaften zur Unterstützung des Flugbetriebes. Dazu ist der Fliegerärztliche Dienst des Heeres in den drei Heeresfliegerregimentern der DSK und in der Einrichtung zur fliegerischen Ausbildung – dem Internationalen Hubschrauberausbildungszentrum – im Zuständigkeitsbereich des Ausbildungskommandos disloziert.

    Im Einsatz gewährleisten Fliegerärzte sowie flug- und rettungsmedizinisches Assistenzpersonal durchgehend die qualifizierte fliegerärztliche Versorgung und Flugunfallbereitschaft. Sie leisten so einen wesentlichen Beitrag für die Durchhaltefähigkeit der fliegenden Verbände des Heeres.

    Die DSK ist mit dem Transporthubschrauber­regiment 10 „Lüneburger Heide“ federführend beauftragt mit der Einweisung des Sanitätspersonals des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr in das WaSys NH90 FwdAirMedEvac für den vorgeschobenen Verwundetenlufttransport (Forward Air MedEvac).

    Hierzu wurde u.a. ein modular aufgebauter Einweisungsgang entwickelt, welcher zunächst die theoretischen Grundlagen für den Einsatz legt, um danach in fliegerischen Modulen das Erlernte in die Praxis umzusetzen. Die Steuerung und Koordination der Einweisung obliegt dem Leitenden Fliegerarzt des Heeres.

    Wehrpharmazie im Heer

    Die fachliche Führung der Wehrpharmazie (Schwerpunkt Sanitätsmaterialversorgung) im Heer erfolgt durch den Heeresapotheker beim Generalarzt des Heeres im Kommando Heer. Er stellt unter anderem im Rahmen seiner Zuständigkeit die fachliche Beratung der truppen- und der fachdienstlichen Vorgesetzten sowie die Planung, Durchführung und Auswertung der fachlichen Dienstaufsicht sicher.

    Ausbildungseinrichtungen des Heeres

    Die Ausbildungseinrichtungen des Heeres führen die heeres- und die truppengattungsspezifische Aus-, Fort- und Weiterbildung der Soldatinnen und Soldaten einschließlich der Ausbildung der Führerausbildung durch. Sie werden truppen- und fachdienstlich durch das Ausbildungskommando geführt. Der Kommandoarzt des Ausbildungskommandos ist dabei fachdienstlich verantwortlich für die sanitätsdienstliche Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie das Sanitätspersonal an den Ausbildungseinrichtungen des Heeres.

    An diesen Einrichtungen wird der Führernachwuchs des Heeres umfassend über die Einbindung von sanitätsdienstlichen Kräften und Mitteln in die Operationsführung theoretisch und praktisch ausgebildet – von der Gruppen- bis zur Brigadeebene. Weiterhin wird definiertes Personal besonders sanitätsdienstlich und medizinisch qualifiziert. Dem gegenseitigen Verständnis, der Kenntnis übereinander sowie der Multiplikatorfunktion kommen dabei besondere Bedeutung zu. Daher muss sanitätsdienstliche Ausbildung durch qualifizierte Ausbilder an nahezu allen Ausbildungseinrichtungen integriert sein.

    Sanitätsdienstliche Schwerpunkte in der Ausbildung werden u. a. an folgenden Einrichtungen gesetzt:

    Offizierschule des Heeres

    Die Offizierschule des Heeres ist die Ausbildungseinrichtung aller Offiziere des Heeres und der Heeresuniformträger innerhalb der Streitkräftebasis. Schwerpunkt der Ausbildung ist die Vermittlung bzw. Vertiefung der Kenntnisse des Führungsprozesses der Landstreitkräfte, welcher u. a. am Beispiel eines verstärkten Kampftruppenbataillons vermittelt wird.

    In allen Lehrgängen sind sanitätsdienstliche Ausbildungsinhalte enthalten. Diese bauen schrittweise aufeinander auf. Nach Darstellung des Systems der sanitätsdienstlichen Versorgung wird der Schwerpunkt auf die Vermittlung der sanitätsdienstlichen Forderungen an den taktischen Führer gelegt. Jeder zukünftige taktische Führer muss in die Lage versetzt werden, auf Zusammenarbeit angewiesene oder unterstellte Sanitätskräfte einsetzen zu können und deren Einsatzgrundsätze zu kennen.

    Sanitätsoffiziere des Heeres und Heeresuniformträger aus dem Zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr sowie der Streitkräftebasis nehmen zum Abschluss ihrer postuniversitären Ausbildung am Führungstraining für Sanitätsoffiziere an der Offizierschule des Heeres teil.

    Die sanitätsdienstlichen Lehrinhalte werden an der Offizierschule durch einen Sanitätsstabsoffizier Arzt vermittelt, der neben seiner Lehrverpflichtung auch Aufgaben als Berater in sanitätsdienstlichen Fragestellungen für das Taktikzentrum des Heeres wahrnimmt.

    Unteroffizierschule des Heeres

    Die Unteroffizierschule des Heeres ist die Ausbildungseinrichtung aller Unteroffiziere und Feldwebel des Heeres und der Heeresuniformträger innerhalb der Streitkräftebasis. In allen Laufbahnlehrgängen sind sanitätsdienstliche Ausbildungsinhalte enthalten, die wiederum schrittweise aufeinander aufbauen. Nach Darstellung des Systems der sanitätsdienstlichen Versorgung wird der Schwerpunkt auf die Vermittlung der Fertigkeiten zur Einbindung der sanitätsdienstlichen Kräfte und Mittel auf Gruppen- und Zugebene gelegt.

    Die sanitätsdienstlichen Lehrinhalte werden an der Unteroffizierschule durch zwei Sanitätsfeldwebel Rettungsassistent vermittelt.

    Ausbildungszentrum Spezielle Operationen

    Das Ausbildungszentrum Spezielle Operationen stellt die Ausbildungseinrichtung der Spezialkräfte und Spezialisierten Kräfte des Heeres dar.

    Vor dem Hintergrund der besonderen taktischen Rahmenbedingungen in speziellen Operationen ist eine Befähigung der eingesetzten Soldaten in erweiterter Selbst- und Kameradenhilfe auf hochspezifischem Niveau unabdingbar. Deshalb werden die Spezialkräfte und spezialisierten Kräfte des Heeres und der Marine zu „Combat First Respondern (CFR)“ der Qualifikationshöhen A bis C aus- und fortgebildet. Das bestimmende Merkmal dieser besonderen Ausbildung stellt die Einbettung notfallmedizinischer Anteile in die Einsatzgrundsätze und -verfahren der Spezialkräfte und Spezialisierten Kräfte dar.

    Die sanitätsdienstlichen Ausbilder (zwei SanStOffz Arzt, zwei Fachdienstoffiziere (San), drei SanFw RettAss) sind Soldaten des Heeressanitätsdienstes und CFR-C, die notfallmedizinisch besonders qualifiziert sind.

    Gefechtsübungszentrum des Heeres

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    Abb. 6: Zahnextraktion am sedierten Maultier im Eins/AusbZTrgTWes 230. (Bundeswehr/Bartmann)

    Das Gefechtsübungszentrum des Heeres plant, bereitet vor und führt durch Ausbildungen und Übungen nach Vorgaben der Truppenführer des Heeres, sowohl in Operationen verbundener Kräfte als auch im Rahmen der einsatzvorbereitenden Ausbildung.

    Hierbei wird ein wesentlicher Beitrag für die Kohäsion mit den Kampf- und Einsatzunterstützungskräften, auch anderer Teilstreitkräfte und Militärischer Organisationsbereiche, geleistet.

    Für den Sanitätsdienst bedeutet dies ein Beüben von Führungsvorgängen und taktischen Einsatzgrundsätzen eines Gefechts/-Einsatzverbandes einschließlich der beweglichen sanitätsdienstlichen Elemente, der Rettungsstation und der Zelle Sanitätsdienst einer Sanitätsstaffel Einsatz oder Sanitätskompanie. Die Truppe wird dabei in allen Phasen der taktischen Verwundetenversorgung ausgebildet und beübt.

    Um die sanitätsdienstlichen Ziele in der Anlage der Übung, der Ausbildung und der Auswertung fachgerecht realisieren zu können, wird das bisher im Gefechtsübungszentrum vorhandene sanitätsdienstliche Ausbildungs- und Auswertepersonal (ein Fachdienstoffizier (San), zwei SanFw RettAss) zukünftig um einen Sanitätsstabsoffizier Arzt erweitert.

    VN-Ausbildungszentrum der Bundeswehr, Ausbildungszentrum Munster, Gefechtssimula­tionszentrum des Heeres, Übungszentrum Infanterie

    Auch an weiteren Ausbildungseinrichtungen ist sanitätsdienstliche Ausbildung integriert: Am VN-Ausbildungszentrum der Bundeswehr werden durch einen Fachdienstoffizier (San) und zwei Rettungsassistenten Military Experts on Mission, OSZE-Beobachter und UN-Beobachter, aber auch zivile Kräfte wie Journalisten oder Chemiewaffeninspektoren sanitätsdienstlich geschult. Weiterhin ist am Ausbildungszentrum Munster für die gepanzerten Truppen, am Übungszentrum Infanterie und am Gefechtssimulationszentrum des Heeres der Sanitätsdienst durch je einen Fachdienstoffizier (San) in die Ausbildung eingebunden.

    Einsatz- und Ausbildungszentrum für Tragtierwesen 230

    Das Einsatz- und Ausbildungszentrum für Tragtierwesen 230 gehört zur Gebirgsjägerbrigade 23 und wird von einem Sanitätsstabsoffizier Veterinär geführt. Es unterstützt im schwierigen bis extremen oder schwer zugänglichem Gelände, einschließlich großer Höhen und unter extremen Klima- und Wetterbedingungen, Teile einer Brigade/Gebirgsjägerbrigade 23, eines Gefechtsverbandes oder andere Truppenteile in allen Konfliktszenaren mit seinen zu Transport- und Verbringungsaufgaben befähigten Gebirgstrag- und -reittieren (Equiden). Sowohl im Einsatz als auch im Grundbetrieb stellt es die veterinärmedizinische Versorgung der Equiden sowie deren Hufbeschlag sicher. Der Sanitätsstabsoffizier Veterinär der Veterinärgruppe führt die tierärztliche Versorgung erkrankter und ver­letzter Equiden durch und überwacht die tierschutzgerechte Haltung und Fütterung der Tiere des Einsatz- und Ausbildungszentrums für Tragtierwesen 230.

    Weiterentwicklung des Sanitätsdienstes des Heeres

    Der Generalarzt des Heeres ist verantwortlich für die Weiterentwicklung des Sanitätsdienstes im Heer. Dies umfasst alle Bereiche der Weiterentwicklung: Konzeption, Führungs- und Einsatzgrundsätze, Organisation, Ausbildung, Rüstung, Infrastruktur und Traditionsbildung/ -pfle­ge. Darüber hinaus bringt der Generalarzt des Heeres bei der Weiterentwicklung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr die Heeresinteressen ein und vertritt diese. Dabei arbeitet er ablauforganisatorisch querschnittlich mit allen Abteilungen im Kommando Heer sowie dem Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr zusammen.

    Für diese Aufgaben steht ihm im Amt für Heeresentwicklung das Dezernat III 6 SanDstH mit den Teams Konzeption und Führung, Ausbildung, Organisation und Materielle Weiterentwicklung des Sanitätsdienstes des Heeres zur Verfügung. Beide Bereiche werden in Zukunft mit dem Ziel einer Effizienzsteigerung im Kommando Heer in Strausberg zusammengeführt.

    Zusammenfassung und Ausblick

    Die Konzentration der Sanitätsdienste in einem Zentralen Sanitätsdient der Bundeswehr hat eine deutliche qualitative Steigerung in der sanitätsdienstlichen Versorgung mit sich gebracht und die Sicherstellung der sanitätsdienstlichen Versorgung in den Einsätzen der vergangenen Jahre ermöglicht. Gleichzeitig hat sie dem Heer Raum gegeben, um einen hoch spezialisierten Sanitätsdienst für die Spezial- und spezialisierten Kräfte zu entwickeln.

    Die Ausplanung des Sanitätsdienstes des Heeres folgte stringent der Neuausrichtung des Heeres und ist mit dem weit überwiegenden Teil der sanitätsdienstlichen Kräfte und Mittel strukturell in der Division Schnelle Kräfte abgebildet.

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    Abb. 7: Einsatzsanitäter der Luftlande-Sanitätskompanie. (Bundeswehr/Bannert)

    Die sanitätsdienstlichen Fähigkeiten der Versorgungsebene 1 in den Fallschirmjägerregimentern werden unter einheitlicher truppen- und fachdienstlicher Führung eines SanStOffz Arzt zusammengefasst.

    Mit dem Sanitätsdienst im Kommando Spezialkräfte und dem fliegerärztlichen Dienst, einschließlich der strukturell vorhandenen Flugunfallbereitschaften in den drei Heeresfliegerverbänden, verfügt die Division organisch über alle erforderlichen sanitätsdienstlichen Fähigkeiten der Ebene 1 zur Versorgung der Spezial- und der Spezialisierten Kräfte des Heeres einschließlich der Heeresfliegerkräfte.

    Eine im Einsatz erforderliche Unterstützung der Versorgungsebene 2 der Division Schnelle Kräfte und die weitere Anschlussversorgung erfolgt – wie für alle anderen Einheiten und Verbände des Heeres – durch Kräfte und Mittel des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr.

    Die sanitätsdienstliche Versorgung des Heeres im Grundbetrieb und im Einsatz hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten zu einer außerordentlichen Qualität entwickelt. Dieser Schwung ist im Schulterschluss zwischen Heer, Sanitätsdienst Heer und Zentralem Sanitätsdienst aufrecht zu halten und im Sinne einer Weiterentwicklung zu nutzen.

    Landes- und Bündnisverteidigung nehmen vor dem Hintergrund des militärpolitischen Wandels wieder an Bedeutung zu. Deshalb gewinnen auch die sanitätsdienstlichen Führungs- und Beratungselemente in den Korps-, Divisions- und Brigadestäben sowie im Ausbildungskommando an Bedeutung, da die genannten Stäbe mit tatsächlichen Führungsaufgaben im Einsatz versehen sind und ihnen Sanitätskräfte in hochintensiven Bedrohungs- und Gefechtslagen unterstellt werden.

    Neben der Weiterentwicklung der Versorgungsqualität steht in der Zukunft jedoch insbesondere die Optimierung der Verwundetentransportmittel im Fokus.

    Den in den Einsätzen größer werdenden Anforderungen an Mobilität bei gleichzeitigem Schutz muss auf diese Weise Rechnung getragen werden, um auch weiterhin die qualitativ hochwertige sanitätsdienstliche Versorgung der Spezial- und Spezialisierten Kräfte dort sicherzustellen, wo sie ihr Auftrag hinführt. 

     

    Anschrift des Verfassers:
    Oberstarzt Dr. med. Dirk-Friedrich Klagges
    Kommando Heer
    Generalarzt des Heeres
    Prötzeler Chaussee 25
    15344 Strausberg

    E-Mail: DirkFriedrichKlagges@bundeswehr.org

    Datum: 18.01.2017

    Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2016/4

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