Straumann – auf dem Weg zur Digitalisierung des ­Behandlungsablaufes

Produktion Stammwerk Implantate & Prothetik in Villeret/Schweiz
Straumann GmbH

Die Wehrmedizin & Wehrpharmazie führte ein Interview mit Vertretern der Straumann Group Deutschland an deren Stammsitz in Freiburg i. Br. Wir unterhielten uns mit Andreas Utz (Geschäftsführer), Armin Vollmer (Head Sales Clinics & Professional Relationship & Science Management) und Torsten Thelen (Key Account Manager Kliniken). Das Gespräch führten Dr. Dr. André ­Müllerschön (Chefredakteur) und Peter Geschwill (Objektleitung).

WM: Der Name Straumann steht seit Jahrzehnten für einen wichtigen Hersteller von zahnmedizinischen Lösungen. Was können Sie uns zur Geschichte der Straumann Group erzählen, wie hat alles angefangen? 

Straumann Group: Ursprünglich war Straumann ein Materialforschungsinstitut für die Uhrenindustrie. Der Gründer, Reinhard Straumann, hat sich in den 1950er Jahren viel mit industriellen Aspekten aus dem Bereich der Metallurgie beschäftigt. Nachdem er einen Skisprungunfall erlitten hatte, interessierte sich Reinhard Straumann für die Knochenheilung und ging der Frage nach, ob der Einsatz von Metall die Heilung von Knochen unterstützen könnte. Dabei rückten beispielsweise die Themen Osseointegration und Biokompatibilität in seinen Fokus. Die erste Entwicklung aus dem Hause Straumann waren daher auch Osteosyntheseplatten, die möglicherweise viele Chirurgen noch kennen. Dieser Unternehmenszweig, der hauptsächlich auf dem Gebiet der Orthopädie und Unfallchirurgie tätig ist, ist nach einer Abspaltung mittlerweile eigenständig und unter der Marke Synthes bekannt. Erst ab den 1970er Jahren begann die Firma Straumann sich mit zahnärztlichen Fragestellungen, vor allem der Implantologie, zu beschäftigen.

Zu Besuch bei der Straumann Group Deutschalnd in Freiburg (v.l.nr. Armin...
Zu Besuch bei der Straumann Group Deutschalnd in Freiburg (v.l.nr. Armin
Vollmer, Andreas Utz, Dr. Dr. André Müllerschön, Peter Geschwill,
Torsten Thelen)
Quelle: Straumann GmbH

WM: Wenn Zahnärzte an Straumann denken, fallen Ihnen mit großer Wahrscheinlichkeit zunächst Implantate ein. Wo liegen heutzutage die Schwerpunkte Ihres Unternehmens? 

Straumann Group: Natürlich haben wir uns in den letzten Jahren weiterentwickelt, so wie sich die Zahnmedizin als Ganzes ebenfalls spürbar verändert hat. Früher war eine Zahnarztpraxis in gewisser Weise eine „Reparaturwerkstatt“ für kaputte Zähne – rein funktional gesehen: Ich habe Schmerzen, die behoben werden müssen. Möglicherweise habe ich dann eine Lücke, da muss jetzt ein Implantat rein – die Lücke ist wieder geschlossen, wunderbar! 

Heute steht das Thema Ästhetik viel mehr im Vordergrund. Die Patienten wünschen sich Zahnbegradigungen. Zahnaufhellungen und sogar Botoxbehandlungen, um nur einige Trends zu nennen. Da gibt es unzählige mehr, wir möchten da keine Wertung vornehmen! Vielleicht trifft es der Begriff „Selbstoptimierung“ am besten. Auch in der Implantologie haben wir festgestellt, dass ästhetische Fragen immer wichtiger geworden sind. Nachdem Studien zeigten und Zahnärzten sowie Patienten klar war, dass die Implantate funktionieren – also einheilen und langzeitstabil sind – drängten sich schnell Fragen auf, wie die Versorgung optisch ansprechender gestaltet werden kann. Deswegen haben wir uns entschieden, möglichst viele Lösungen für ein ästhetisches Gesamtergebnis anzubieten.

Zusätzlich sind wir in vielen Themenfelder aufgestellt, die für Zahnärzte heute einfach wichtig sind, wenn es um ästhetische Zahnmedizin geht. Dazu gehört zum Beispiel auch das Thema Alignertherapie. Wir haben daher mit „ClearCorrect“ auch ein Alignersystem im Portfolio, um ebenfalls auf diesem Gebiet ein Angebot machen zu können.

Aber um wieder eine Brücke zur Geschichte des Materialforschungsinstituts zurückzuschlagen: Die Straumann Group besitzt heute auch die Patente ihrer eigenen Materialien, beispielsweise Roxolid oder SLActive®, und so haben wir uns dann konsequenterweise auch entschieden, nicht nur Aligneranbieter zu sein, der Folien und anderes Material einkauft, um daraus Schienen herzustellen. Stattdessen ist die Straumann Group durch den Erwerb eines Folienherstellers in der Lage, unmittelbar auf diesem Gebiet zu forschen. Aktuell führen wir in Deutschland eine Multicenterstudie zu dreischichtigem Alignermaterial durch. Wir von Straumann sind fest davon überzeugt, dass man einen direkten Zugang zum Werkstoff und zum Material haben muss, um am Puls der Zeit zu bleiben und Innovationen voranbringen will.

WM: Wie Sie bereits angedeutet haben, umfasst die Straumann Group mittlerweile deutlich mehr Marken und Geschäftsfelder als die klassische Implantologie. Was haben Sie noch im Portfolio? 

Straumann Group: Da ist natürlich zuerst die Marke Straumann zu nennen, unser Implantatsystem, dass vermutlich alle kennen. Es ist nach wie vor, wie soll ich sagen, dass wahrscheinlich innovativste und weitverbreitetste Implantatsystem, dass dadurch natürlich auch eher im Premiumsegment angesiedelt ist. Allerdings hat sich der Implantatmarkt in den vergangenen Jahren stark verändert. Durch Mitbewerber kam es zu einer spürbaren Segmentierung und wir mussten uns am Ende fragen, wer wir im Bereich der Implantologie sein wollen: ein reiner (Premium-)Nischenanbieter, eine Firma, die im Premiumbereich alles anbietet oder wollen wir auch außerhalb dieses Segmentes Angebote an Patienten und Anwender schaffen? Die Straumann Group hat sich für letzteres entschieden und ihr Portfolio mit anderen Marken ergänzt. Dazu gehören zum Beispiel Neodent, Anthogyr und Medentika. Unternehmen, die üblicherweise in bestimmten Ländern sehr weit verbreitet oder spezialisiert sind. Neodent beispielsweise ist in Brasilien mit Abstand die Nummer 1, während wiederum Anthogyr – vor etwa 80 Jahren in Frankreich gegründet – in Europa und China sehr stark ist. Medentika war aufgrund seiner innovativen Entwicklungen im Bereich der Prothetik ebenfalls eine wichtige Ergänzung für uns.

Wir haben uns entschieden, die Firmengruppe breiter aufzustellen. Natürlich werden wir oft gefragt, ob wir nicht ein bisschen den Fokus auf die Marke Straumann und das Kerngeschäft verlieren. Beides würden wir klar verneinen. Wir sehen die einzelnen Komponenten eher als zusätzliches Angebot an Zahnärzte, Kliniken und natürlich auch Patienten.

Der Großteil des Produktionsablauf beschäftigt sich mit der...
Der Großteil des Produktionsablauf beschäftigt sich mit der Qualitätssicherung und Präzision der gefertigten Produkte
Quelle: Straumann GmbH

WM: Mit den „ClearCorrect“- Aligner und den verschiedenen Implantatsystemen haben Sie ja bereits einige zusätzliche Standbeine genannt. Die Straumann Group ist aber auch auf den Gebieten der Biomaterialien und im Bereich der digitalen Lösungen unterwegs. Was können Sie uns dazu berichten?

Straumann Group: Vor etwa fünf Jahren sind wir bei der Firma botiss Medical AG, die ein wichtiger Player auf dem Gebiet der Allograft-Biomaterialien ist, eingestiegen. Aus unserer Sicht wird die Bedeutung allogener Knochenersatzmaterialien aus humanem Spenderknochen in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Grundsätzlich ist es aber unser Ansatz, eine möglichst breite Palette an Biomaterialien mit unterschiedlichen Eigenschaften anzubieten, aus der die Anwender für jede Indikation frei wählen können.

Die Digitalisierung ist und bleibt weiterhin ein wesentlicher Schwerpunkt. Straumann hat mittlerweile eine eigene Softwarefirma, die sowohl auf dem Gebiet der Scanner- als auch der Designsoftware aktiv ist. Zu letzterer gehört zum Beispiel unsere präoperative Planungssoftware coDiagnostiX®, die wahrscheinlich viele Ihrer Kolleginnen und Kollegen kennen. Auch die Möglichkeiten der CADCAM-Prothetik wachsen seit Jahren.

Eines unserer Ziele ist, wenn man so sagen darf, die Digitalisierung des kompletten Behandlungsprozesses. Gerade in der Implantologie verschwimmen die Grenzen zwischen analog und digital eigentlich fast bei jedem Schritt. Das beginnt im Prinzip schon bei der Befundung, bei der Diagnostik, also der präoperativen Planung mit Hilfe von coDiagnostiX®. Mache ich eine Implantatplanung? Wie überführe ich die ins operative Feld? Nutze ich Guided Surgery? Um nur einige Punkte anzusprechen. Auch die eigentliche Prothetik ist viel digitaler geworden. Heutzutage bieten wir Zahnmedizinern und Zahntechnikern an, Fräs(dienst-)leistungen zu übernehmen, wenn komplexen Arbeiten (unter anderem Versorgungen auf vielen Pfeilern mit besonderen Steg- oder Brückenkonstruktionen) in einigen zahntechnischen Laboren nicht gefräst werden können. Wobei wir nochmals betonen möchte, dass bei uns nicht die CADCAM-Prothetik im Vordergrund steht, sondern die Digitalisierung des kompletten zahnärztlichen Workflows. Unsere Stärke liegt dabei sicherlich im Backward Planning mit unserem Angebot „Smile Cloud“, bei dem das Endergebnis quasi vorweggenommen und visualisiert wird. Damit ist es möglich, dem Patienten digital das zukünftige ästhetisches Behandlungsoutcome zu zeigen und anschließend weiterhin digital zur eigentlichen Prothetik und der Implantatplanung zurückzugehen. Das heißt, dass die physische Implantologie eigentlich ganz am Schluss des Prozesses steht. Dabei kommt auch unser Angebot „Smile in a Box“ zum Tragen. Wenn einmal alle Daten erfasst sind, kann sich der Zahnarzt darauf aufbauend als Gesamtpakte von der Bohrschablone über Implantate bis hin zu individuellen Abutments alles automatisch schicken lassen. Natürlich kann jeder auch nur auf einzelne Komponenten im Sinne einer Unterstützung zugreifen. Gerade vor dem sicherlich weiter zunehmenden Fachkräftemangel ist dies ein interessantes Tool.

Gleichzeitig reduziert sich die Anzahl der Behandlungssitzungen. In Deutschland beträgt der Anteil der Sofortversorgung (mit Provisorien, nicht mit definitiven Suprakonstruktionen!) von Implantaten derzeit etwa 20 %, was in etwa einer Verdoppelung innerhalb der letzten fünf bis acht Jahren entspricht. Im Gegensatz dazu werden in Spanien, Portugal und Italien bereits jetzt deutlich über 50 % der Patienten sofort versorgt. Die „Treiber“ sind die Patienten, die möglichst schnell ihre Behandlungen abschließen wollen. Die wissenschaftliche Datenlage zeigt ganz klar, dass provisorische Sofortversorgungen zuverlässig funktionieren. Gleichwohl ist dafür Erfahrung und Training notwendig.

Um für die Anwender alles so einfach wie möglich zu machen, bauen wir aktuell eine spezifische und natürlich gesicherte Plattform auf, wo der Nutzer Zugang zu allen Serviceangeboten (beispielsweise coDiagnistiX®, Aligner- und Prothetikplanung, „Smile in a Box“ sowie Fortbildungsmöglichkeiten) findet. Gleichzeitig soll damit eine Vernetzung der Behandlungspartner – also Zahnarzt, Chirurg und Zahntechniker – erfolgen.

Eine abschließende Anmerkung zur Offenheit unserer Systeme im Bereich der digitalen Lösungen ist uns sehr wichtig. Im Gegensatz zu einigen Mitbewerbern sind unsere Systeme nicht geschlossen, Anwender sind also nicht gezwungen, nur auf Equipment der Firma Straumann zurückzugreifen. Unsere digitalen Angebote sind mit unterschiedlichen Komponenten von verschiedenen Herstellern, zum Beispiel im Bereich der Intraoralscanner, kompatibel.

Moderne konische Implantat- und Prothetikvarianten mit dem Schwerpunkt der...
Moderne konische Implantat- und Prothetikvarianten mit dem Schwerpunkt der Sofortversorgung
Quelle: Straumann GmbH

WM: Neben der voranschreitenden Digitalisierung wird die Künstliche Intelligenz in der (Zahn-)Medizin zukünftig eine immer größere Rolle spielen. Welche Entwicklungen dürfen wir dabei von der Straumann Group erwarten? 

Straumann Group: Wir beschäftigen uns derzeit mit dem Thema der dynamischen Navigation. Sicherlich wird es nicht so sein, dass alle Implantologen innerhalb der kommenden zwei oder drei Jahre dynamisch navigieren werden. Aber wir glauben, dass die Technologie praxisreif ist und wir wollen versuchen, sie mittelfristig mit erfahrenen Praktikern, die bereits seit vielen Jahren mit coDiagnostiX® planen aber bisher statisch navigiert haben, zu testen.

Klassischerweise läuft der Vorgang wie folgt ab: Zunächst wird ein DVT angefertigt und dieses danach in coDiagnostiX® eingelesen. Im Anschluss verbringt ein Zahnarzt ungefähr 30 bis 40 Minuten damit, das Bild zu segmentieren und Nervenstrukturen, Zähne sowie Knochen zu markieren. Zukünftig soll diese Aufgabe eine KI übernehmen, die dafür sicherlich nur einen Bruchteil der Zeit benötigt. Die Identifizierung der anatomischen Strukturen müssen danach noch durch einen Zahnmediziner bestätigt und freigegeben werden.

Sicherlich werden wir irgendwann an dem Punkt ankommen, wo die KI zusätzlich einen Vorschlag zur Planung der Implantate macht. Interessanterweise wünschen sich viele Implantologen, die der Meinung sind, dass die KI das viel besser macht als sie, das heute schon. Aber das wollen und dürfen wir nicht! Die Vorschläge der KI zur Positionierung von Implantaten aus prothetischer Sicht müssen am Schluss immer von einem Zahnmediziner, einem Menschen, freigegeben werden, sonst steht der gesamte Planungsprozess und geht nicht weiter. Natürlich übernimmt diese Person auch die gesamte Verantwortung.

Bereits heute nutzen wir KI in unserer Planungssoftware coDiagnostiX®. Mit ihr ist es möglich, den nicht erhaltungswürdigen Zahn virtuell zu entfernen und die Alveole zu beurteilen. Gleichzeit kann der Zahn virtuell an den Zahntechniker übermittelt werden, der sich für die Prothetik an der Form des ursprünglichen individuellen Zahnes orientieren kann.

Der Operateur kann im Anschluss entscheiden, ob er sich nach Abschluss der Planung mittels „Smile in a Box“ eine auf üblichem Weg hergestellte statische Bohrschablone schicken lässt oder die gewonnenen und ermittelten Daten in das dynamische Navigationssystem hochlädt. Dieses führt – vergleichbar mit den aus der Urologie und Neurochirurgie bekannten Operationsrobotern Da Vinci – mittels eines Sensors das Handstück und überwacht bzw. korrigiert den richtigen Eintrittspunkt und den korrekten Winkel. Im Vergleich zu den Da Vinci-Geräten wiegen die Handstücke natürlich keine 6 Kg. Wir konnten das Gewicht auf etwa 500 g reduzieren, womit es auch im Bereich der Zahnmedizin eingesetzt werde kann.

Ganz entschieden ist aber: Egal, welche digitale Technologie ich benutze – wenn ich die Grundlagen meines Handwerks nicht beherrsche oder nicht gelernt habe, dann werde ich digital immer scheitern. Und gerade in der Implantologie muss man die Basischirurgie beherrschen. Es kann immer wieder vorkommen, dass es technische Probleme gibt. Letztlich müssen KI und alle anderen unterstützen und helfen, aber nicht ersetzen. 

WM: Richten wir den Blick noch einmal verstärkt auf die Implantate. Keramikimplantate werden in Deutschland zwar bereits seit Jahrzehnten inseriert, konnten sich aber aufgrund ihrer Materialeigenschaften und der dadurch erhöhten Bruchgefahr zunächst nur schwer durchsetzen. Seit einigen Jahren allerdings setzen sich derartige Implantatsysteme immer mehr durch. Welche aus keramischen Massen hergestellte Dentalimplantate hat Straumann im Angebot? 

Straumann Group: Da ist zum Beispiel neben dem bekannten Straumann® PURE Keramikimplantat das „Neodent Zi“, ein neues Keramikimplantat, das dank der Herstellung im Spritzgussverfahren kostengünstig angeboten werden kann, zu nennen. Dabei handelt es sich um eine zusätzliche Alternative zu Titanimplantaten. Somit stärkt „Neodent Zi“ unsere Position im Wachstumssegment der ästhetischen Zahnmedizin.

Um solide Lösungen zu gewährleisten, die von nachhaltig hoher Qualität sind und einen Mehrwert schaffen, haben wir bei der Durchführung präklinischer und klinischer Studien zu innovativen Produkten erneut mit weltweit führenden wissenschaftlichen Expertinnen und Experten zusammengearbeitet. 

WM: Hersteller investieren viel, um ihre Produkte technologisch weiterzuentwickeln. Bei Implantaten wird üblicherweise dabei auf die Oberfläche sowie die allgemeinen Werkstoffe fokussiert. Wie ist Straumann auf diesem Gebiet aufgestellt? 

Straumann Group: Produkte von Straumann bestehen aus hochwertigen Materialien mit innovativen Oberflächentechnologien und weisen im Vergleich zum Wettbewerb überlegene Materialeigenschaften auf. Eine Vergleichsstudie vom letzten Jahr zeigt anhand neuster Daten nochmals die hervorragende Leistung unseres „Roxolid SLActive“-Materials hinsichtlich Osseointegration. Hierzu wurde ein Wettbewerbsimplantat mit dem Straumann „Roxolid“-Material und der „SLActive“-Oberfläche für einen direkten Vergleich baugleich kopiert und die Osseointegrationseigenschaften in einer präklinischen Studie nach acht Wochen untersucht. In allen sechs Osseointegrationsparametern hat das baugleiche Implantat mit „Roxolid SLActive“ besser als das originäre Wettbewerbsimplantat abgeschnitten. 

WM: Was ist das Geheimnis des „Roxolid“-Materials und der „SLActive“-Oberfläche? Welche Werkstoffe kommen zum Einsatz? 

Straumann Group: Bei Roxolid handelt es sich um eine von Straumann entwickelte proprietäre Legierung, die gleichzeitig auch eine Mischung aus zwei biokompatiblen Materialien darstellt. Aufgrund der deutlich höheren Festigkeit konnten wir kleine Implantate entwickeln, die in ihrer Stabilität größeren in nichts nachstehen. Mittlerweile haben sich die Indikationen für unsere Implantate deutlich erweitert. Anwender können sich nun entscheiden, ob sie eine aufwendige Augmentation durchführen und im Anschluss ein 4.1 Implantat inserieren oder auf den Knochenaufbau verzichten und auf ein 3.3 Implantat zurückgreifen. Auch im Hinblick auf vertikale Augmentationen sind die Implantologen nun freier. Sie können zwischen einem 12 mm Implantat in Kombination mit einer vertikalen Augmentation aber auch einem 4 oder 6 mm Implantat ohne zusätzliche chirurgische Maßnahmen wählen. Jeder Zahnmediziner bekommt von uns verschiedene Optionsmöglichkeiten an die Hand und kann entscheiden, was für den Patienten das Beste ist.

WM: Die Firma Straumann prägt seit vielen Jahren den Markt der Dentalimplantate. Wie sieht nach Ihrer Einschätzung ein Zahnimplantat im Jahre 2030 aus? 

Straumann Group: Wir forschen da sehr breit und beschäftigen uns überwiegend mit Grundlagenforschung. Dabei gehen wir auch der Frage nach, was nach den Implantaten kommt. Viele Dinge sind noch optimierbar, beispielsweise Keramikimplantate. Bereits heute zeigen sich die Vorteile von Keramik im Bereich der Weichgewebsreaktion und der Ästhetik. Gleichzeitig sind sie noch mit zu vielen prothetischen und chirurgischen Kompromissen verbunden. Letztlich wollen wir, dass Keramik zukünftig ein echter Alternativwerkstoff sein kann.

Zusätzlich sind wir der Meinung, dass sich auch die Forschung verschieben wird. Klassische Fragen zu enossalen Aspekten sind fast alle beantwortet. In Zukunft werden sicherlich viele Studien zum Thema des Übergangs vom Knochen ins Weichgewebe, also der Weichgewebsanbindungen an der Abutmentoberfläche durchgeführt werden. Da geht es auch im periimplantäre Prophylaxe. Je besser der Weichgewebsverbund funktioniert, auch oberflächentechnisch, desto besser ist die Prognose des Implantats. Als traditionelles Materialforschungsinstitut betreiben wir natürlich Oberflächenforschung für eine optimale Anbindung des Weichgewebes im Bereich des Abutmentinterfaces.

Gleichzeitig betrachten wir auch die Zukunft der gesamten Zahnmedizin. Aus unserer Sicht wird das Ende der „Karieszahnmedizin“ kommen. Wir müssen uns natürlich fragen: Welche Rolle spielt Zahnersatz mittelfristig noch? Unfälle und Zahnverluste wird es weiterhin geben und Zähne sind nicht für 100 Jahre gemacht. Aber die rein funktionale Reparatur wird eher – wie bereits erwähnt – in den Hintergrund treten und von Fragen der Ästhetik verdrängt werden. Bereits während der Coronapandemie kam es durch Nutzung von Videokonferenzen zu einer spürbaren Fokussierung auf den Mund-Gesichts-Bereich. Dieses Phänomen verstärkt sich durch eine gewisse „Selfie-Kultur“ und Social Media weiter. 

WM: Mit dem Sanitätsdienst der Bundeswehr verbindet Sie seit Jahrzehnten eine vertrauensvolle Partnerschaft. Worin liegen die Stärken der Straumann Group und ihrer Produkte für die zahnmedizinische Versorgung von Soldatinnen und Soldaten? 

Straumann Group: Seit über 30 Jahren sind Straumann und die Bundeswehr Partner, und das aus vielerlei Gründen. An erster Stelle sind da die Qualität und die Verlässlichkeit unserer Produkte zu nennen. Unsere Stärken liegen zusätzlich nicht nur in der kompetenten Betreuung und Beratung von Sanitätsoffizieren, sondern aufgrund unserer Internationalität sind unsere Implantate und therapeutischen Hilfsmittel weltweit verfügbar und wir können die Bundeswehr nahezu unabhängig von ihrem Einsatzgebiet versorgen. Mit unseren innovativen Entwicklungen und Behandlungsmethoden unterstützen wir die Aufrechterhaltung und die Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft der Soldatinnen und Soldaten weltweit. Unsere Vertriebsteams, insbesondere die Key Account Manager für die Kliniken in Deutschland, stehen regional als kompetente und erfahrene Berater zur Verfügung. Mit unserem Projektmanager für die Bundeswehr, der die Abläufe und Bedürfnisse des Sanitätsdienstes seit über 15 Jahren kennt, unterstützen wir Anwender zusätzlich. 

WM: Wir wünschen Ihnen für zukünftige Herausforderungen alles Gute und bedanken uns für das sehr aufschlussreiche und informative Gespräch! 


Logo: Straumann GmbH

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Heinrich-von-Stephan-Str. 21
79100 Freiburg
Deutschland

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