11.03.2010 •

DIE ARBEIT DES NATO COMEDS DENTAL SERVICE EXPERT PANEL

Das “Committee of the Chiefs of Military Medical Services in NATO” (COMEDS) befasst sich als höchstes sanitätsdienstliches Beratergremium mit der Entwicklung und Koordination von wehrmedizinischen Themen und berät das NATO Military Committee in diesen Angelegenheiten. Im Auftrag der jeweiligen Inspekteure der Sanitätsdienste, die sich zwei Mal jährlich im „Plenary“ treffen, erarbeiten Delegierte in den unterschiedlichen multinational besetzten Arbeits- und Expertengruppen Lösungen zu erkannten Defiziten und verfassen Standardisierungsübereinkommen (STANAG – Standardisation Agreement) zur Förderung der multinationalen Zusammenarbeit.

Eine dieser Expertengruppen ist das „Dental Service Expert Panel“ (EP-DS), das unter der Schirmherrschaft der „Health Care Working Group“ STANAGs mit zahnärztlichem Inhalt publiziert. Im Folgenden wird eine kurze Übersicht über die dort bearbeiteten Dokumente gezeigt sowie ein Ausblick auf die weiteren Entwicklungen gegeben. (Abb 1).

Das EP-DS mit seinen aktiven Vertretern aus zurzeit 17 NATO und PfP (Partnership for Peace) Nationen hat die Federführung für vier STANAGs.
Das den SanStOffz Zahnarzt wohl bekannteste ist das STANAG 2466 „Dental Fitness Standards and a Dental Fitness Classification System“, das auch weitreichende Auswirkungen in den täglichen Dienst in den zahnärztlichen Behandlungseinrichtungen hat. Mit der Ratifizierung durch Deutschland und der Implementierung in die Streitkräfte im Februar 2008 hat sich die Bundeswehr verpflichtet, nur Soldaten in Einsätze zu entsenden, die den Anforderungen der Dental-Fitness-Class (DFC) 1 oder 2 entsprechen. Somit existiert entweder kein Behandlungsbedarf (DFC 1) oder nach eingehender zahnärztlicher Untersuchung wird festgestellt, dass innerhalb von 12 Monaten kein zahnärztlicher Notfall zu erwarten ist (DFC 2). Durch das Gremium des EP-DS wurden hierzu fachliche Definitionen des Begriffes „Dental Fit“ in das STANAG eingearbeitet, die dem Behandler als Richtschnur für die Einstufung in die verschiedenen DFCs dienen (Abb. 2).
Erfahrungen aus den Einsätzen zeigen jedoch, dass der Umsetzungsgrad bei der Implementierung des STANAG 2466 zwischen den einzelnen Nationen weit differiert und der behandlungsbedürftige Anteil von Soldaten anderer Nationen (Patienten mit DFC 3) z. B. bei KFOR mittlerweile bei über 50 % angelangt ist (Abb. 3).

Eine verfeinerte Version des in den Einsätzen gebräuchlichen Datenerfassungsbogens für zahnmedizinische Diagnosen und Therapiemaßnahmen (Erlass BMVg Fü San I 3, Gz Fü San I 3 – 42-65-49/EINS vom 9. Januar 2004) wird ein Tool bieten, um sowohl auf epidemiologischen als auch auf strategischen Daten aufbauend Aussagen zu den zu erwartenden Behandlungsumfängen (Force Planning) als auch zur Wirksamkeit der zahnärztlichen Vorbehandlung in den entsendenden Nationen treffen zu können. Dieser neue Datenerfassungsbogen soll als Annex an das STANAG 2466 für alle Nationen verbindlich Anwendung finden.
Das zweite STANAG „Military Forensic Dental Identification“ (2464) hat in seiner während der letzten 3 Jahre stattgefundenen Überarbeitung unmittelbar aus den Erfahrungen diverser internationaler Einsätze im Bereich der zahnärztlichen Identifizierung profitiert. Die Zusammenarbeit ziviler, polizeilicher und militärischer Mitarbeiter im multinationalen Umfeld unter anderem während der Tsunami- Katastrophe und anderen Großschadensereignissen und die daraus gewonnen Erfahrungen haben dazu geführt, die NATO Standardisierung auf diesem Gebiet an SOPs (Standard Operating Procedures) der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (IKPO - Interpol) anzulehnen. Eine Anpassung der Terminologie, der verwendeten Formulare für Datenerfassung und -vergleich AM / PM (ante mortem / post mortem) sowie der materiellen und personellen Ausstattung werden zu einer höheren Effektivität und größeren Kompatibilität im Identifizierungseinsatz führen.

Dieses Standardisierungsübereinkommen wird derzeit in den Ratifizierungsprozess eingesteuert und soll danach als Originaldokument implementiert werden (Abb. 4+5).

Die beiden letzten Dokumente – STANAGs zu „The Extent of Dental and Maxillofacial Treatment at Role 1 – 3 Medical Support“(2453) und zu „Tasks for the Appropriate Staffing and Training of Dental Officers and Dental Ancillary Personnel for Wartime Operations and Operational Deployments” (2465) haben durch übergeordnete NATO-Dokumente neueren Datums (AJP-4.10[A] und MC 326/2) eine thematische Verknüpfung erfahren, die sich in Fähigkeitskategorien und ebenengerechter Versorgung widerspiegelt.

Eine grundlegende Überarbeitung der beiden Standardisierungsübereinkommen, die ursprünglich darauf ausgelegt waren, durch eine reine Standardisierung von Material und Ausrüstung und durch enge Vorgaben in Bezug auf durchzuführende Behandlungsmaßnahmen Einheitlichkeit zu produzieren, wurde durch Änderungen der oben genannten Bezugsdokumente erforderlich.

Der jetzt – wie auch im Bereich der Bundeswehr bei der Bearbeitung von Initiativen – gewählte Ansatz, durch die Definition von erkannten Fähigkeitslücken, geforderten Fähigkeiten und klinischen Ergebnissen sowie der Vorgabe des zu erreichenden Zieles, wird den vielen beteiligten NATO-Nationen die Möglichkeit geben, jeweils innerhalb dieses Korsetts individuelle, auf die eigenen nationalen Ressourcen abgestimmte Lösungswege zu finden. Der Grad an Ratifizierungen sowie der Anteil von Nationen, die die STANAGs dann für ihre jeweiligen Streitkräfte implementieren, werden sich deutlich steigern. Neben oben beschriebener Arbeit an den Standardisierungsübereinkommen werden stets auch neue Themen diskutiert, die sich aus geänderten NATO-Vorgaben oder aus Einsatzerfahrungen der einzelnen Nationen ergeben.
Mit der Gesamtheit seiner Aufgaben leistet das Dental Service Expert Panel als kleines Zahnrad im Getriebe des NATO COMEDS seinen wesentlichen Beitrag zur Förderung der multinationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Zahnmedizin in den Streitkräften.

Datum: 11.03.2010

Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2010/2

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