02.07.2024 •

Studie zu Post-Covid mit ermutigenden Ergebnissen Stationäre Rehabilitation: Ein Schritt zurück ins Leben

Berlin – Starke Erschöpfung, Atembeschwerden, Schmerzen und kognitive Leistungseinschränkungen – diese Symptome machen Menschen mit Post-Covid-Syndrom das Leben schwer. Zum Teil sind die Beschwerden so ausgeprägt, dass sie einer Berufsausübung im Wege stehen oder die Teilhabe am sozialen Leben unmöglich machen. Doch eine stationäre Rehabilitation kann den Betroffenen helfen, körperlich und seelisch wieder auf die Beine zu kommen, wie eine erste Auswertung der kürzlich abgeschlossenen PoCoRe-Studie zeigt. Um den Wiedereinstieg in den Beruf zu erleichtern, sei jedoch bei vielen Betroffenen eine ambulante Nachsorge und Wiedereingliederung notwendig, so die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie e.V. (DGPM).

In der PoCoRe-(Post-Covid-Rehabilitation-)Studie wurden in sechs stationären Einrichtungen insgesamt knapp 1.100 Menschen mit Post-Covid-Syndrom behandelt. Die Betroffenen litten meist unter einer Kombination mehrerer Symptome, insbesondere unter einer ausgeprägten Fatigue, unter Atemproblemen und kognitiven Defiziten. „Sie entsprachen damit dem, was wir heute als mittelschweres Post-Covid-Syndrom bezeichnen würden“, sagt Studienleiter Professor Dr. med. Thomas Loew, Chefarzt der Abteilung für Psychosomatische Medizin am Universitätsklinikum Regensburg.

Besonders die schnelle körperliche Erschöpfung und die Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen machten den Betroffenen zu schaffen. Die Studienteilnehmenden waren im Durchschnitt 50 Jahre alt, der Frauenanteil lag bei 72 Prozent. Rund 60 Prozent waren zum Zeitpunkt der Aufnahme arbeitsunfähig – davon bestand bei 80 Prozent die Arbeitsunfähigkeit seit mehr als sechs Monaten. 

Während des meist fünfwöchigen Reha-Aufenthalts nahmen die Post-Covid-Patientinnen und -Patienten an interdisziplinären Therapiemodulen teil, die sowohl die körperlichen als auch die psychischen und kognitiven Probleme adressierten. Flankiert wurde die Therapie von Informations- und Aufklärungsveranstaltungen. Zu den therapeutischen Modulen zählten kognitives Training, Atemtherapie, Achtsamkeitsübungen, psychotherapeutische Einzel- und Gruppengespräche, Yoga oder Qi Gong sowie ein individuell angepasstes Bewegungstraining.

„Besonders letzteres wurde im Vorfeld zuweilen kritisch gesehen“, sagt Professor Dr. med. Volker Köllner, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Abteilung Psychosomatik am Reha-Zentrum Seehof, einem der teilnehmenden Zentren. Die Befürchtung, ein Bewegungstraining würde die Betroffenen überfordern, die Fatigue verstärken und letztlich einen völligen Zusammenbruch herbeiführen, habe sich jedoch nicht bestätigt.

„Vielmehr haben sich objektiv messbare Parameter wie die Gehstrecke, die in sechs Minuten zurückgelegt werden konnte, im Verlauf der Reha signifikant von 493 auf 534 Meter verbessert“, berichtet Köllner, der auch die Forschungsgruppe Psychosomatische Rehabilitation an der Charité leitet.

Vorraussetzung dafür sei allerdings, dass die Intensität des Trainings der individuellen Belastbarkeit angepasst wird.

„Am Ende lagen die Durchschnittswerte nahe an der normalen körperlichen Belastbarkeit“, so Loew. Auch die Lungenfunktion und andere Messwerte wie Laktat, pCO2 und pO2 als Indikatoren für Kondition und Atmung verbesserten sich deutlich, ebenso wie psychische Symptome. Die Effekte bei Fatigue und kognitiven Einschränkungen hingegen waren geringer. Aus Sicht der Studienautoren besonders erfreulich ist die Tatsache, dass die subjektive Behandlungszufriedenheit sehr hoch war.

„Rund 90 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer bewerteten die Qualität der Behandlung als gut bis ausgezeichnet, würden selbst wiederkommen und die Reha auch weiterempfehlen“, bilanziert DGPM-Experte Loew.

Von zentraler Bedeutung für die Betroffenen ist die Frage, wann sie wieder in ihren Beruf einsteigen können. „Wann wie viele der Teilnehmenden ihre Arbeit schlussendlich wieder voll oder teilweise aufnehmen können, wissen wir noch nicht, weil die Nachbeobachtungsphase noch läuft“, sagt Köllner. Doch bereits jetzt lassen sich aus den Daten Prädiktoren ableiten, die eine erste Einschätzung erlauben, wie sich die Arbeitsfähigkeit entwickelt. So war die Chance, dass sich Patientinnen und Patienten sechs Monate nach Ende der Reha selbst wieder als arbeitsfähig einstuften, um so größer, je höher zu Beginn der Maßnahme die Fähigkeit war, Aufmerksamkeit („Alertness“) zu aktivieren und je stärker sich dieses Vermögen während des Aufenthalts verbesserte. Keine Rolle spielten dagegen Alter und Geschlecht.

„Das größte Problem für die sozialmedizinische Prognose sind die Fatigue und die kognitiven Einschränkungen, die trotz aller Verbesserungen noch bestehen“, resümiert DGPM-Experte Köllner.

Sie müssten durch eine gezielte Reha-Nachsorge und eine langfristig angelegte Begleitung bei der beruflichen Wiedereingliederung adressiert werden.


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