11.03.2025 •

Klinik, Pathophysiologie und wehrmedizinische Bedeutung des pulmonalen postCOVID-Syndroms

Daniel Gagiannis, Konrad Steinestel

Zusammenfassung

Bei einem Teil von Patientinnen und Patienten kommt es nach einer COVID-19-Erkrankung infolge einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2) zu anhaltenden Beschwerden, die sich auch in Form von Lungenfunktionseinschränkungen äußern können. Hierzu gehören beispielsweise anhaltender Husten, thorakales Druck-/Engegefühl und Atemnot, insbesondere unter Belastung. Diese Beschwerden werden unter dem Sammelbegriff postCOVID zusammengefasst und können auch nach milden Erkrankungsverläufen auftreten. Nach Zahlen des Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr (KdoSanDstBw) sowie der postCOVID-Ambulanz am Bundeswehrkrankenhaus (BwKrhs) Ulm waren innerhalb der Bundeswehr – je nach Pandemiephase – bis zu 4% der an COVID-19 erkrankten Soldatinnen und Soldaten von postCOVID betroffen. Diese Häufigkeit deckt sich mit anderen Veröffentlichungen in zivilen Vergleichskohorten desselben Altersspektrums.

Da der Pathomechanismus von pulmonalem postCOVID nach wie vor unzureichend verstanden ist und bislang kaum gewebebasierte Untersuchungen zu dieser Erkrankung vorlagen, war es Ziel des hier vorgestellten interdisziplinären Forschungsvorhabens am BwKrhs Ulm, die klinischen, radiologischen und histopathologischen Merkmale von pulmonalem postCOVID zu erheben, zu analysieren und miteinander zu korrelieren. Hierbei zeigte sich, dass es bei postCOVID zu einer chronischen Entzündung und Verengung (Bronchiolitis und Obstruktion) der kleinen Atemwege kommt. Diese Verengung führt zu einer peripheren Überblähung der Lunge, in deren Folge Belastungsdyspnoe auftritt. Persistierendes Virus oder Virusbestandteile konnten im Lungengewebe nicht nachgewiesen werden, weshalb wir die postCOVID-Bronchiolitis in erster Linie als unspezifisches postinfektiöses Phänomen bewerten. Während Hinweise darauf bestehen, dass diese Entzündung der kleinen Atemwege selbstlimitierend ist, konnten im Lungengewebe und in der broncho-alveolären Spülflüssigkeit Anzeichen für eine überschießende Vernarbung des Lungengewebes nachgewiesen werden. Das hier vorgestellte Forschungsprojekt ist die erste gewebebasierte und objektivierbare Charakterisierung des pulmonalen postCOVID-Syndroms, was durch die Publikation der Ergebnisse in 2023 im hochrangigen „American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine“ und dem begleitenden Editorial in derselben Zeitschrift belegt wurde [18][38].

Während unsere Ergebnisse auf eine begrenzte Schwere und Dauer der entzündlich bedingten Belastungsdyspnoe hindeuten, sollte aufgrund der Hinweise auf narbigen Umbau des Lungengewebes eine engmaschige Kontrolle der Lungenfunktion bei Betroffenen, insbesondere bei Weiterverpflichtungen und Statuswechseln, erwogen werden. Folgearbeiten unserer Arbeitsgruppe werden sich mit der Zusammensetzung des entzündlichen Atemwegsinfiltrats, einer möglichen Assoziation mit dem seltenen, aber schwerwiegenden myalgischen Enzephalomyelitis/Chronischen Fatigue-Syndrom (ME/CFS) und einer möglichen Bedeutung der mRNA-Impfstoffe im Hinblick auf die Entstehung und/oder den Schweregrad von postCOVID befassen.

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