16.05.2022 •

Resilienz gegen Traumafolgestörungen

Blended Learning Trainingsplattform zur primären Prävention und Steigerung der psychischen Fitness

Dirk Hellbach

Angehörige von Streit- und Einsatzkräften sind im Einsatzgeschehen immer wieder starken körperlichen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Dadurch können langfristige Beeinträchtigungen entstehen, die sich negativ auf die Gesundheit auswirken und über das Berufliche hinaus auch in das Privatleben hineinwirken.

Die ESG Elektroniksystem- und Logistik-GmbH, als Dienstleister für die Bundeswehr und Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, unterstützt seine Kunden durch verschiedene Lösungen im Bereich der physischen und psychischen Fitness. Die primäre Prävention und Steigerung der psychischen Fitness zur Vermeidung von Stressfolgeerkrankungen und Traumafolgestörungen aus Einsatzbelastungen für Soldatinnen und Soldaten bildet hier den Ansatz.

Mehrwert durch primäre Prävention und Steigerung der psychischen Fitness Einsatzkräfte haben nach „critical incidents“ die Möglichkeit, sich im Rahmen der Einsatznachsorge psychische Betreuung zu holen, in denen die erlebten emotionalen Belastungen bearbeitet werden. Diese Maßnahme der sekundären Prävention ist heute Standard der psychosozialen Unterstützung.

Neuere Erfahrungen zeigen, dass auch die psychologische Einsatzvorbereitung – also die primäre Prävention – einen messbaren Effekt auf die psychische Gesundheitserhaltung der Einsatzkräfte hat. Hierzu ist in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr eine innovative Methode entwickelt worden, die psychologische Einsatzvorbereitung mit einem hohen Wirkungsgrad umsetzt. Diese ist den bisherigen Maßnahmen in Form von Stressverarbeitungsseminaren nachweislich überlegen– in einer Studie durch das Psychotraumazentrum der Bundeswehr wurde die Wirksamkeit der CHARLYMethode mit bekannten Verfahren verglichen (vgl. MILITARY MEDICINE, Vol. 181, August 2016). Hier zeigten sich bei den Teilnehmern des CHARLY-Trainings nach einem Auslandseinsatz in Afghanistan signifikant weniger traumaspezifische Symptome.

Diese Entwicklung wurde im Rahmen eines Forschungsprojekt mit der Berliner Feuerwehr auch für die zivile Einsatzkräfte der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) umgesetzt.

Die Modernisierung der Trainingsplattform, Anwendungsfälle und Sprachgebrauch standen hierbei im Fokus, um realistisch simulierte Belastungsszenarien für Feuerwehr und Polizei zu entwickeln und nutzbar zu machen.

Das Besondere und Wirkmächtige an der neuen Methode – CHARLY – ist die Verknüpfung einer digitalen Trainingsplattform mit moderierten Gesprächen in der Gruppe zwischen den Teilnehmenden. Es handelt sich also nicht um E-Learning, sondern als „Blended Learning“ um ein stationäres Training. In 13 unterschiedlichen Trainingseinheiten geht es um Psychoedukation (Wissen), um zweckdienliche innere Einstellungen (Schutzhaltung), um Selbstwahrnehmung (Zusammenhang zwischen Gedanken und Gefühlen) um Kommunikation (über die eigene Befindlichkeit sprechen) und um Selbstwirksamkeit.

Selbstwirksamkeit ist ein wesentlicher Resilienzfaktor – in CHARLY simulieren wir für die Teilnehmenden das Erleben von Selbstwirksamkeit. Dies geschieht systematisch durch die Konfrontation mit einem Stressspiel (Gamification) und der Exposition mit realistisch gestalteten Einsatzszenarien. Die erlebte Belastung wird dann aufgelöst mit der Anwendung von Selbstberuhigungsmethoden, die die Teilnehmenden zuvor erprobt haben.

Dieser Prozess wird über Biofeedback (Messung der Herzratenvariabilität) objektiv gemessen, so dass jeder Teilnehmende intensiv erlebt, wie das vegetative Nervensystem innerviert wird und durch eigene Kontrolle die vegetative Erregung wieder heruntergefahren werden kann. CHARLY vermittelt also nicht nur Wissen (wie in einem Seminar), sondern durch Selbsterfahrung (Übungen) intensives Erleben.

Die Wirkung von CHARLY kann man sich als „Schutzschild“ vorstellen: Die Teilnehmenden erwerben Selbstmanagementkompetenz, die ihnen nach psychisch belastenden Einsätzen – also in der „Akuten Belastungsreaktion“ – just in time verstehbar macht, was gerade ihre Befindlichkeit beeinträchtigt und wie sie damit selbstfürsorgend umgehen können. Es geht nicht nur um die Verhinderung einer Chronifizierung von Stressfolgen zu einer PTBS (was aus Erfahrung nur einen geringen Teil der Fälle betrifft), sondern um die vielfältig auftretenden psychovegetativen Beschwerden, die nach Stresserleben auftreten (z. B. Schlafstörungen, depressive Verstimmungen, psychosomatische Symptome) und Krankheitstage verursachen.

CHARLY hilft dabei, diese zu mindern und sorgt für eine Destigmatisierung psychischer Belastung. Durch die intensive Beschäftigung mit dem Thema respektieren die Teilnehmenden, dass ihr Beruf mit einem hohen Risiko an psychischer Belastung verbunden ist und es gesundheitsförderlich ist, darüber zu sprechen. Außerdem hat die Erfahrung gezeigt, dass die Digitalisierung insbesondere für jüngere Einsatzkräfte eine große Motivation ist, sich intensiv mit der PSYCHISCHEN FITNESS zu beschäftigen.

Bildquelle: ESG


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