Ganz vorn bei gesellschaftlichen Entwicklungen
Schneller, höher, weiter!
Leistungssteigernde Substanzen nicht nur im Spitzensport
Deutsche Sporthochschule Köln
Hintergrund
Um Spitzenleistungen im Wettkampf zu erreichen, greifen Hochleistungssportler häufiger zu leistungssteigernden Substanzen mit dem Ziel, schneller, höher oder weiter zu laufen, zu springen oder zu werfen. Dabei werden oft auch Substanzen verwendet, die nicht erlaubt sind und als Doping eingestuft werden. Eine neue Studie, die auf einer anonymen Befragung bei zwei großen internationalen Wettbewerben basiert, lässt annehmen, dass etwa 50 % aller Athleten bei diesen Wettkämpfen verbotene leistungssteigernde Mittel im Jahr vor dem Wettkampf zu sich genommen haben. Der Gebrauch von solchen Substanzen beschränkt sich jedoch nicht nur auf den Leistungssport, auch im Breitensport ist eine Nutzung leistungssteigernder Substanzen verbreitet (bis zu 25 % von Fitnessstudiobesuchern).
Ziel: Mobilisation körpereigener Reserven
Leistungssteigernde Substanzen haben zum Ziel, akute Leistungssteigerung durch Mobilisation körpereigener Reserven, die ohne „Substanzgabe“ nur bedingt oder nicht abrufbar sind, zu erreichen oder/und Steigerung der leistungsrelevanten Systeme durch strukturelle und funktionelle Anpassung leistungsrelevanter Organe und Gewebe zu erzeugen. Entsprechend vielfältig sind die verwendeten Substanzen, die entsprechend den Dopingregeln der Weltdopingagentur (WADA) zum großen Teil auf der Verbotsliste stehen. Die verwendeten Substanzen kommen einerseits aus den Gruppen
- Stimulanzien,
- psychogene Substanzen,
- metabolische Verstärker,
- kardiopulmonal wirksame Substanzen,
- Gefäßregulatoren,
- Narkotika,
- Nicht-steroidale Antiphlogistika
und andererseits aus den Gruppen der Hormone und Wachstumsfaktoren/Zytokine. Darüber hinaus werden Blutdoping und physikalisch-chemische Methoden verwendet.
Neue Substanzen und Techniken im Vormarsch
Hinzu kommen zunehmend neue und teilweise noch in der klinischen Erprobung und vorklinischen Entwicklung befindliche Substanzen und Methoden, die z. B. die Kalziumregulation, die metabolische Kapazität und Regulation, die Blutbildung und das Muskelwachstum beeinflussen können. Ein Beispiel für solche neuen Substanzen sind die metabolischen Verstärker -AICAR und GW1516, die Leistungssteigerung über Verbesserung der oxidativen Kapazität und des Glukosestoffwechsels erzeugen.Ein anderes Beispiel sind sogenannte Ryanodin-Kanalkoppler (JTV519, S107), die dafür sorgen, dass die Funktion des Ryanodinkanals und damit der schnelle intrazelluläre Kalziumshift in der Muskulatur unter Belastung erhalten bleibt.
Insgesamt stoßen neue potenziell leistungssteigernde Substanzen und Methoden auf Interesse, gerade im Hochleistungssport. Auch wenn derzeit noch schwer beurteilbar ist, in wieweit die Nutzung im Hochleistungssport noch Fiktion oder bereits Realität ist, müssen diese neuen Ansätze zur Leistungssteigerung, wie direktes oder indirektes Doping durch Genmanipulation und/oder Zellmanipulationen, in Betracht gezogen werden. Die Techniken sind verfügbar und möglicherweise auch schon im Einsatz.
Bereits in Anwendung befinden sich Blutdoping und auch die anabolen Steroide. Letztere wirken noch Jahre nach ihrem Absetzen, was auch auf Änderungen des funktionellen Genoms hindeuten könnte (siehe Abbildung 1).
Grauzonen und Grenzbereiche
Neben den verbotenen Verfahren gibt es eine Reihe von potenziell leistungssteigernden Substanzen, die nicht als Dopingsubstanzen gelistet sind, leicht zugänglich sind und der Erreichung des Ziels schneller, höher und weiter dienlich sein können. Hierzu gehören z. B. das Weinlaubextrakt Resveratrol oder die in der Nahrung zu findenden Nitrate (Rote Beete). Hier besteht ein Grenzbereich – ähnlich wie bei den nicht steroidalen Antiphlogistika zwischen erlaubten und verbotenen leistungssteigernden Substanzen.
Fazit
Dem Ziel „schneller, höher, weiter“ wird im Hochleistungssport häufig die Gesundheit nachgestellt. Es ist auch davon auszugehen, dass gemacht wird, was möglich ist.
Professor Dr. med. Wilhelm Bloch
E-Mail: w.bloch@dshs-koeln.de
Datum: 16.10.2018