ATEMWEGSSICHERUNG IM MILITÄRISCHEN UMFELD – EINE ÜBERSICHT
Airway Management in the Military Environment – A Review
Aus der Abteilung X – Anästhesie und Intensivmedizin¹ (Leitender Arzt: Oberstarzt Dr. H. Lischke) am Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz (Chefarzt: Generalarzt Dr. M. Zallet) und dem Deutschen Roten Kreuz, OV Friolzheim-Wimsheim e. V.² (Vorsitzender: P. Supan)
Christoph Jänig¹, Thomas Dietze¹ und Tanja Nitsche²
Die Sicherung des Atemweges stellt eine Kernaufgabe der Notfallmedizin sowohl im klinischen als auch im präklinischen Kontext dar. Militärische Einsätze weisen zudem äußere Einflussfaktoren auf, die im Vergleich zum zivilen Umfeld eine differenzierte Herangehensweise, insbesondere im Rahmen der „Tactical combat casualty care“ (TCCC), erfordern.
Im Bereich der Atemwegssicherung gab es in den vergangenen Jahren zahlreiche Publikationen, die sich mit Alternativen zur endotrachealen Intubation beschäftigten. Der vorliegende Artikel erwähnt die Empfehlungen und soll einen Einblick in den gegenwärtigen Stand der Wissenschaft geben.
Weiterhin beleuchtet er die Möglichkeiten und Besonderheiten der Atemwegssicherung im militärischen Umfeld unter spezieller Berücksichtigung der supraglottischen Atemwegshilfen und soll letztlich einen Diskussionsbeitrag zur Ausstattung und Ausbildung des Sanitätspersonals liefern.
Summary
Airway management is one of the key tasks of clinical and prehospital emergency medicine. Military missions present some additional factors, which account for a different approach to secure the airway compared with the civilian context.
During the last years many publications put an emphasis on airway management and alternatives to endotracheal intubation.
This article mentions the recommendations of national and international professional associations and presents an insight into the current state of science.
Furthermore, this article describes the possibilities and specifics of airway management during military action and emphasizes the use ofsupraglottic airway devices. It is meant to give a small contribution to the discussion about future equipment and training of medical personnel.
Einleitung
Das Ziel der Bemühungen aller Angehörigen des Sanitätsdienstes ist es, die ihnen anvertrauten Soldaten im Falle einer Verletzung oder Verwundung bestmöglich zu versorgen und ihr Leben zu erhalten.
Die medizinische Versorgung im Einsatzland soll dabei im Ergebnis qualitativ der Versorgung in der Heimat entsprechen. Die Atemwegssicherung ist eine der Kernaufgaben der Notfallmedizin. Im Rahmen der notwendigen Priorisierung („treat first, what kills first“) ist das Atemwegmanagement bei Vorliegen eines sogenannten „A-Problems“ [1] somit die obligat zu beherrschende Kernkompetenz, um das Leben des Patienten zu retten.
Welche Vorgaben an die Qualität der Atemwegssicherung und an die Ausbildung der Durchführenden von den Fachgesellschaften gemacht werden, wird der vorliegende Artikel aufgreifen. Weiterhin werden nachfolgend Besonderheiten der Atemwegssicherung im militärischen Umfeld besprochen und letztlich der Einsatz supraglottischer Atemwegshilfsmittel (SAH) diskutiert.
Grundlagen der Atemwegssicherung
Die endotracheale Intubation galt über Jahrzehnte hinweg als „Goldstandard“ der Atemwegssicherung. Bezogen auf den Aspirationsschutz und die Möglichkeiten der invasiven Beatmung, trifft diese Aussage auch heute noch uneingeschränkt zu. Im Rahmen der endotrachealen Intubation kann es – erwartet oder unerwartet – zu vielfältigen Problemen kommen, welche letztlich eine erfolgreiche Durchführung der Maßnahme verzögern oder gar unmöglich machen können. Man unterscheidet hierbei zwischen der „schwierigen Laryngoskopie“ und der „schwierigen Intubation“. Die Gründe hierfür sind mannigfaltig. Neben ungünstigen Umgebungsbedingungen, zum Beispiel Lichtverhältnisse, können ein eingeschränkter Zugang zum Patienten, eine unzureichende Lagerung des Patienten, eine veränderte Anatomie, aber auch Schleim im Mundraum oder schlicht Ausrüstungsprobleme, wie zum Beispiel der Einsatz eines falsch bemessenen Spatels, angeführt werden. Letztlich ist die Intubation selbst als psychomotorische Aufgabe ein Handlungsablauf, der vielfach zu wiederholen ist, um eine annehmbare Erfolgsquote zu erreichen [2].
Abb. 1: Algorithmus zur präklinischen Atemwegssicherung; aus [7].
Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass in mehreren Studien zur Atemwegssicherung im präklinischen Umfeld auch ohne Vorliegen eines sogenannten „schwierigen Atemweges“ in vielen Fällen unerwünschte Ereignisse aufgetreten sind. So kam es in bis zu 57 % zu einer temporären Hypoxämie [3], zu unerkannten Tubusfehllagen in 3–17 % [4] oder allgemeinen Problemen in bis zu 50 % [5]. Auch kommt ein schwieriger Atemweg präklinisch im Vergleich zu innerklinischen Bedingungen um ein Vielfaches häufiger vor [6]. Eine erhöhte Gefahr der Patientenschädigung besteht also potenziell bereits durch das entsprechende Verfahren.
Aus diesem Grund empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin (DGAI) in einem aktuellen Statement zur präklinischen Atemwegssicherung vom 18.04.2012, dass die endotracheale Intubation erfahrenen Anwendern vorbehalten sein sollte [7]. Damit stimmt sie mit den Empfehlungen anderer Fachgesellschaften, wie zum Beispiel dem European Resuscitation Council (ERC), überein [8]. Die DGAI präzisiert zudem die Anforderungen an Ausbildung und Fertigkeitserhalt, indem sie im Rahmen der Lernphase 100 Intubationen unter Aufsicht fordert und zum Fertigkeitserhalt eine Minimalzahl von 10 Intubationen pro Jahr verlangt.
Um das Problem eines „schwierigen Atemweges“ strukturiert zu lösen, wurde seitens der DGAI der nachfolgende Algorithmus entwickelt (Abb 1). Dabei gilt es, drei Fragen auf dem Weg zur invasiven Atemwegssicherung zu beantworten [7]:
1. Ist eine invasive Atemwegssicherung nötig?
Hier gilt es zu berücksichtigen, ob einsatztaktisches Umfeld, Transportweg und -zeit sowie der Zustand des Patienten eine entsprechende Atemwegssicherung zulassen oder erfordern.
2. Ist eine Narkose notwendig?
Diese Frage betrachtet hauptsächlich den neurologischen Status des Patienten zum Zeitpunkt der Atemwegssicherung. Ist eine Narkose erforderlich, um die Intubationsbedingungen zu schaffen oder zu optimieren?
3. Ist eine endotracheale Intubation erfolgversprechend?
Die kritische Beantwortung dieser Frage soll es erleichtern zu entscheiden, gegebenenfalls primär auf die endotracheale Intubation zugunsten des Einsatzes supraglottischer Atemwegshilfen zu verzichten. Hierbei spielt neben äußeren Faktoren (Zugang zum Patienten, Lichtverhältnisse, etc.) auch die persönliche Erfahrung der Mitglieder des Rettungsteams eine entscheidende Rolle.
Darüber hinaus sollten vor jeder Atemwegssicherung Maßnahmen getroffen werden, um die Intubationsbedingungen zu optimieren und die Sauerstoffreserven des Patienten zu erhöhen. Letzteres ist, sofern zeitlich möglich, durch eine ausreichende Oxygenierung mittels dichtsitzender Maske möglich. Die übrigen Maßnahmen sind im Kasten zusammengefasst.
3. Besonderheiten der Atemwegssicherung im militärischen Umfeld
Die Bedingungen, unter welchen das Sanitätspersonal sich um seine Schutzbefohlenen kümmern muss, sind vielfältiger, als man dies aus der zivilen Versorgung her kennt.
Das Spektrum reicht von der definitiven Versorgung in festen und geschützten Einrichtungen der Role 3 (Einsatzlazarett) über die notfallmedizinische Versorgung einer Role 1, zum Beispiel durch ein Forward Surgical Team (FST), bis hin zur präklinischen Versorgung unter taktischen Bedingungen im Gefecht (Tactical combat casualty care; TCCC).
Allein die unterschiedlichen Situationen verlangen ein differenziertes Herangehen an die Problematik der Atemwegssicherung. Daher sollen nachfolgend die Besonderheiten der jeweiligen Versorgungsebenen aufgezeigt werden, wobei kein Anspruch auf Vollständigkeit besteht [9].
3.1 Atemwegssicherung im klinischen Umfeld
Die medizinische Versorgungssituation, speziell die personelle und materielle Ausstattung ortsfester Sanitätseinrichtungen höherer Versorgungsebenen (Role 2+3), entspricht am ehesten der zivilen Situation im Inland. In der Atemwegssicherung erfahrenes Anästhesiepersonal steht zur Verfügung, weiterhin können in den Einsatzlazaretten gegebenenfalls Kollegen der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie oder Hals-Nasen-Ohrenheilkunde zur Unterstützung hinzugezogen werden. Weiterhin sind geschultes Assistenzpersonal und ein gut ausgeleuchtetes Arbeitsumfeld verfügbar. Ebenso werden Hilfsmittel wie Videolaryngoskope und flexible Bronchoskope sowie weiteres Material zum Beherrschen des „schwierigen Atemwegs“ vorgehalten.
Es existieren demnach in den ortsfesten Behandlungseinrichtungen höherer Versorgungsstufen bezüglich der Atemwegssicherung keine gravierenden Unterschiede zur Situation im Heimatland. Daher soll der Aspekt der klinischen Atemwegssicherung nachfolgend nicht vertiefend besprochen werden.
3.2 präklinische Atemwegssicherung
Die Einsatzoptionen des Militärs bedingen, dass Patienten, die eine Atemwegssicherung benötigen, nicht nur durch Unfälle in diese Lage geraten, sondern auch einsatzspezifisch durch direkte oder indirekte Folgen von Kampfhandlungen. Je nach Gefechtssituation unterliegt demnach auch die sanitätsdienstliche Versorgung äußeren Zwängen, die zwingend zu berücksichtigen sind. Diesem Umstand wird zum Beispiel das Konzept der taktischen Verwundetenversorgung („Tactical combat casualty care“, TCCC) gerecht, das Mitte der 1990er Jahre aus den Versorgungsprinzipien des Advanced Trauma Life Support (ATLS) entstanden ist [10].
Gegenwärtig ist TCCC ein fester Bestandteil auch der Versorgungsprinzipien des deutschen Sanitätsdienstes, weshalb nachfolgend die Besonderheiten der präklinischen Atemwegssicherung exemplarisch an den Phasen der TCCC erläutert werden sollen.
Die taktische Verwundetenversorgung zeichnet sich durch einen großen Einfluss der vorherrschenden militärischen Situation auf die möglichen notfallmedizinischen Maßnahmen aus. Dies zeigt bereits die Unterteilung des Versorgungskonzeptes in verschiedene Phasen des TCCC, wie es bereits 1996 durch Butler geprägt worden ist [10].
In der Phase der „Care Under Fire“ steht die militärische Bedrohung im Vordergrund. Gerade in den kleinen Kampfgemeinschaften der Spezialkräfte ist hier der Sanitäter in seiner Eigenschaft als Soldat gefragt. Feuerüberlegenheit muss zunächst die Bedingungen für eine sichere medizinische Versorgung schaffen, Eigenschutz und Verteidigung des Verwundeten stehen im Vordergrund. Die medizinische Versorgung beschränkt sich im weitesten Sinne auf die Selbst- und Kameradenhilfe, eine aufwendige Atemwegssicherung muss unterbleiben.
In der Phase der „Tactical Field Care“ kann die erste gezielte Versorgung durch das Sanitätspersonal erfolgen. Helfer und Verwundeter sind nicht mehr einer direkten Waffenwirkung ausgesetzt und zudem nicht mehr unmittelbar in die Verteidigung der Kampfgemeinschaft eingebunden. Nichtsdestotrotz ist die umgebende militärische Situation oft sehr dynamisch, sodass zeitaufwendige Maßnahmen oft zugunsten einer schnellen Evakuierung des Verwundeten unterbleiben müssen. Des Weiteren ist nachts häufig Lichtdisziplin zu wahren, um die eigene Position nicht zu verraten, was den Einsatz von Weißlicht, zum Beispiel im Laryngoskop, verbietet.
Bezogen auf die Atemwegssicherung bedeutet dies, dass der Verwundete also schnell und einfach versorgt werden muss und medizinisches Equipment nur in sehr begrenztem Umfang zum Einsatz kommen kann beziehungsweise verfügbar ist.
Im Rahmen der TCCC folgt nun die Phase der Verwundetenevakuierung, wobei hier der Begriff der „Casualty Evacuation Care“ (CASEVAC) geprägt worden ist. Im Vergleich zu den vorgenannten Phasen sind mehr medizinisches Personal und Material verfügbar, jedoch herrscht weiterhin der durch die militärische Situation verursachte Handlungs- und damit Zeitdruck vor. Eine ausgiebige Versorgung im Sinne eines „stay and play“ muss regelhaft zugunsten einer strukturierten Minimalversorgung mit anschließendem zügigem Transport unterbleiben. In diesem Zusammenhang hat sich aufgrund der großen Reichweite und vergleichsweise kurzen Transportzeiten der luftgebundene Verwundetentransport international durchgesetzt.
Bei den derzeit vorherrschenden asymmetrischen Bedrohungen folgt nach der heißen Gefechtsphase oftmals eine Phase der Ruhe ohne direkten Feindkontakt. In dieser Phase kann die medizinische Versorgung ausgedehnt werden. In manchen Fällen ergibt sich bereits aus der Wartezeit bis zum Eintreffen des taktischen MedEvac die Notwendigkeit einer umfangreichen medizinischen Versorgung. In dieser Phase ist auch eine entsprechende Atemwegssicherung zeitlich problemlos möglich.
Sollte die militärische Lage sicher sein und können umfangreichere notfallmedizinische Maßnahmen im Feld gefahrlos erfolgen, kann entsprechend der Umfang der ergriffenen medizinischen Maßnahmen ausgedehnt werden. Letzteres wirkt sich ebenfalls auf die Möglichkeiten der Atemwegssicherung aus. In dieser Situation unterliegt man denselben Limitierungen, wie sie auch in der präklinischen Versorgung im Inland bestehen, so zum Beispiel den vorherrschenden Platz, Lärm- und Lichtverhältnissen sowie den limitierten Ressourcen, da der materielle Ausstattungsumfang schon aus praktischen Erwägungen eingeschränkt werden muss. Als Optionen bleiben im Feld daher folgende Möglichkeiten der Atemwegssicherung bestehen:
- Oro-/Nasopharyngealtuben (Guedel-/Wendeltubus),
- supraglottische Atemwegshilfsmittel wie der Combitube (CT), Larynxtubus (LT) oder die Larynxmaske (LMA),
- Endotrachealtubus.
4. Hilfsmittel zur Atemwegssicherung
4.1 Oro-/Nasopharyngealtuben
Die Anwendung oro- und nasopharyngealer Tuben gilt als nicht-invasives Intubationsverfahren, da keiner der verwendeten Tubustypen die Glottisebene passiert. Beide Typen verhindern die vollständige Atemwegsobstruktion durch den Zungengrund. Sie können eine Maskenbeatmung erleichtern und beim bewusstseinsgetrübten Patienten die Spontanatmung ermöglichen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass der Oropharyngealtubus einen starken Würgereiz auslösen kann, wohingegen die Einschränkung der Nutzung des Nasopharyngealtubus bei Mittelgesichtsverletzungen mit Schädelbasisbeteiligung gegeben ist. Der Vorteil liegt im schnellen Einsatz und der geringen Größe der Hilfsmittel, sodass sie problemlos mitgeführt werden können. Ein Aspirationsschutz wird weder durch Oropharyngeal- noch durch Nasopharyngealtuben gewährleistet.
4.2 Endotrachealtubus
Die endotracheale Intubation bietet den höchsten Aspirationsschutz der in diesem Beitrag vorgestellten Hilfsmittel. Sie ermöglicht zudem differenzierte Beatmungsmuster auch unter Verwendung hoher positiver endexspiratorischer Druckwerte (PEEP). Weiterhin ist nachfolgend während der intensivmedizinischen Betreuung die Nutzung von Bronchoskopen zur Durchführung weiterer Diagnostik möglich.
Bereits zu Beginn des Artikels wurde beschrieben, dass der Einsatz von Endotrachealtuben einiger Erfahrung bedarf und dass auch der geübte Anwender speziell im präklinischen Bereich mit unerwünschten Ereignissen im Rahmen der Intubation zu rechnen hat (unerwartet schwieriger Atemweg, transiente Hypoxämie, etc.) [3, 4, 5].
Um einen Endotrachealtubus erfolgreich anzuwenden, ist zudem auch eine umfangreiche materielle Ausstattung notwendig. Dies beginnt mit dem entsprechenden Laryngoskop samt Spateln und reicht über Ersatzbatterien für die Lichtquelle, Absaugvorrichtung und Führungsstab bis hin zum Fixierungsmaterial und weiteren Materialien. Letztlich dürfen auch der notwendige Zeitbedarf und die Bindung knapper personeller Ressourcen nicht vernachlässigt werden.
Insgesamt ist die endotracheale Intubation also eine Option, die höchsten Aspirationsschutz und beste Beatmungsmöglichkeit bietet, jedoch aufgrund der hohen psychomotorischen Anforderungen und des hohen Materialaufwands zum einen im militärischen Umfeld nur begrenzt präklinisch einsetzbar ist und zum Anderen nur durch sehr geübte Anwender auch sicher durchgeführt werden kann. Des Weiteren ist dieses Verfahren aufgrund der vergleichsweise langen Vorbereitungs- und Durchführungszeit nicht für hoch dynamische militärische Lagen geeignet.
4.3 Supraglottische Atemwegshilfsmittel
Auf dem internationalen Markt existiert eine Vielzahl dieser sogenannten supraglottischen Atemwegshilfsmittel (SAH). Sie wurden ursprünglich als Alternative zur endotrachealen Intubation entwickelt, um einerseits eine weniger invasive Technik zur Atemwegssicherung und andererseits eine Alternative bei schwieriger Intubation verfügbar zu haben, die bis zur definitiven Atemwegsicherung die Oxygenierung sicherstellt.
Im Laufe der Jahre wurden verschiedenste Varianten dieser Hilfsmittel entwickelt. Beginnend mit der Larynxmaske (LMA) folgten verschiedene Abwandlungen derselben mit und ohne Absaugkanal sowie für den Einmal- oder mehrmaligen Gebrauch. Es folgten der Easytube®, der Larynxtubus® (LT) und in jüngster Zeit der iGel®.
Der Übersicht halber beschränkt sich dieser Artikel auf die Vorstellung des Larynxtubus, da er dem Autor aus der Praxis und eigenen Studien gut bekannt ist.
Die Handhabung der oben genannten SAH ist jedoch grundlegend identisch, sodass sie der Vollständigkeit wegen angeführt worden sind.
Der Larynxtubus (LT, Abb 2) existiert zwischenzeitlich in verschiedenen Ausführungen. Diese unterscheiden sich zum einen in der Größe, sodass der LT für nahezu alle Altersklassen einsetzbar ist. Zum anderen gibt es Ausführungen, die neben dem Lumen zum Beatmen einen weiteren Kanal zum Platzieren einer Magensonde besitzen. Gemäß der Empfehlung der DGAI sollten gegenwärtig nur noch solche SAH zum Einsatz kommen, welche eine Entlastung des Magens ermöglichen [7].
Die Anwendung des LT ist schnell zu erlernen und erfolgt nahezu intuitiv, sodass sie durch die Anwender größtenteils als leicht bis sehr leicht beschrieben wird [11].
Nach Öffnen des Mundes wird der Larynxtubus bis zur Zahnreihenmarkierung oral in den Hypopharynx vorgeschoben. Hierbei erleichtert eine leichte Überstreckung des Halses die Platzierung, sie ist jedoch nicht zwingend notwendig. Zum Platzieren muss der Helfer zudem nicht unbedingt oberhalb des Kopfes positioniert sein. Es liegen Fallberichte über erfolgreiche Platzierungen des LT bei eingeklemmten Kraftfahrzeuginsassen vor [12]. Die sichere Platzierung unter schwierigen räumlichen Verhältnissen wurde zudem unter Studienbedingungen nachgewiesen [13].
Im Vergleich zur endotrachealen Intubation fordert die DGAI zum Erlangen der Kompetenz lediglich 10 Anwendungen unter Aufsicht und drei Anwendungen pro Jahr zum Kompetenzerhalt [7].
Schmidbauer et al. konnten zeigen, dass der Aspirationsschutz des Larynxtubus deutlich über der des ungesicherten Atemweges bei Maskenbeatmung liegt [14].
Entsprechend den Empfehlungen der Fachgesellschaften hat auch beim Einsatz von SAH die Überwachung des Atemweges und der suffizienten Beatmung obligat mittels Pulsoxymetrie und Kapnographie zu erfolgen [7, 15].
Schlussfolgerungen
Die Atemwegssicherung ist eine der vordringlichsten Aufgaben der Notfallmedizin, um ein A-Problem zu beheben. Gerade in den verschiedenen präklinischen Situationen der militärischen Verwundetenversorgung ist ihr Umfang jedoch stets individuell abzuwägen. In den hoch dynamischen, heißen Phasen eines Gefechts kann es notwendig sein, auf Kosten des Aspirationsschutzes lediglich mit einfachen Hilfsmitteln den Atemweg frei zu halten.
Sollte der Entschluss gefallen sein, weitergehende Maßnahmen zu ergreifen, ist unserer Ansicht nach für die meisten Anwender eine supraglottische Atemwegshilfe das Mittel der Wahl, da die meisten Anwender nicht zur Gruppe der in der Atemwegssicherung sehr erfahrenen Personen gezählt werden können. Weiterhin ist der notwendige Materialbedarf überschaubar, sodass die SAH im Rettungsrucksack auch im abgesessenen Einsatz verwendet werden können. Da der Einsatz von SAH blind, das heißt, ohne zusätzliche Lichtquelle möglich ist, eignen sie sich auch in taktischen Situationen. In der Regel sind die SAH als Einwegartikel verfügbar und insgesamt recht kostengünstig zu erwerben. Aus der Gruppe der verfügbaren SAH bietet sich unserer Ansicht nach der „Larynxtubus Suction®“ an. Seine Handhabung ist leicht zu erlernen und das Platzieren gelingt in mehr als 90 % im ersten Versuch [11, 13]. Eine Platzierung ist vor allem unter räumlich beengten Verhältnissen möglich. Zur gastralen Druckentlastung kann über das separate Lumen eine Magensonde platziert werden.
Sicherlich müssen im Bereich der SAH gewisse Abstriche beim Aspirationsschutz in Kauf genommen werden. Dieser Nachteil wird jedoch durch die Anwendungssicherheit deutlich kompensiert.
Der Larynxtubus eignet sich somit sowohl für den militärischen Einsatz im Feld, als auch als alternativer Atemweg im Rahmen der schwierigen Intubation im Bereich der Role 2–3-Einrichtungen.
Davon unabhängig muss die derzeitige Ausbildung von Rettungsfachpersonal und Notärzten überdacht werden, da die von der Fachgesellschaft geforderten Ausbildungszahlen weder bei der endotrachealen Intubation, noch bei den supraglottischen Atemwegshilfsmitteln erreicht werden. Gleiches gilt für den Fertigkeitserhalt nach Abschluss des jeweiligen ATN-Erwerbs.
Unabhängig vom primär gewählten Verfahren zur Atemwegssicherung muss als Minimalanforderung immer eine pulsoxymetrische und kapnographische Überwachung des Patienten gewährleistet sein. In wieweit dies unter taktischen Bedingungen unter Nutzung der Bildverstärkerbrille bei Lichtdisziplin praktikabel zu realisieren ist, zum Beispiel Einsatz des EasyCap II, bleibt zu prüfen. Weiterhin muss der Durchführende sowohl das verwendete Hilfsmittel als auch ein alternatives Verfahren als Rückfallebene bei Komplikationen beherrschen.
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Bildnachweis:
Abb 1 und Kasten: Deutsche Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin, Handlungsempfehlung für das präklinische Atemwegsmanagement. Anästh Intensivmed 2012; 53: 294-303. (Mit freundlicher Genehmigung: Aktiv Druck & Verlag GmbH).
Abb 2: Oberstabsarzt Dr. Christoph Jänig, Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz.
Datum: 07.12.2012
Quelle: Wehrmedizinische Monatsschrift 2012/10