Analytik unbekannter Substanzen
Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr, Koblenz
Hintergrund
Der Nachweis von Spurenstoffen und als „unbekannt“ zu bezeichnenden Substanzen stellt trotz des Einsatzes moderner Analysensysteme eine Herausforderung für die Lebensmittel-, Trinkwasser- und Arzneimittelanalytik dar. Die klassische Analytik und Quantifizierung von Rückständen und Kontaminanten in Trinkwasser und Lebensmitteln sowie von Abbauprodukten in Arzneimitteln erfolgt auf der Basis rechtlich definierter Vorgaben und der Nutzung bekannter Vergleichssubstanzen mit definierten Konzentrationen, wie z. B. bei Pestiziden. Dieser zielgerichtete und als sogenannte „Target-Analytik“ bezeichnete Ansatz stößt jedoch im Laboralltag an seine Grenzen, da nicht immer alle möglichen Standardsubstanzen vorhanden sein können [1]. Insbesondere für die weltweit operierenden Streitkräfte ist diese rein zielgerichtete Analytik nicht immer Mittel der Wahl, da in den Einsatzländern oft abweichende oder in Europa längst nicht mehr genutzte Substanzen zur Anwendung gelangen. Der Nachweis und die Analytik von unbekannten Substanzen ist deshalb eine wichtige Fähigkeit in den Untersuchungseinrichtungen der Streitkräfte. Nur durch die Kenntnis der exakten Struktur einer Substanz kann eine toxikologische Bewertung erfolgen und das Risiko für den Verbraucher oder den Patienten abgeschätzt werden.
Non-Target-Analytik
In den letzten Jahren hat sich dabei die als „Non-Target-Analytik“ bezeichnete Methode als ein zielführender Ansatz erwiesen [1]. Durch die Kombination der Gaschromatographie bzw. der Flüssigchromatographie mit der hochauflösenden Massenspektrometrie und einer gezielten Datenbankauswertung, gelingt es, trotz fehlender Vergleichsstandards „unbekannte Substanzen“ zu identifizieren. Diese Technik wurde in der Lebensmittelanalytik am Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr (ZInstSanBw) München erfolgreich zur Untersuchung von Eiern im Rahmen der Fipronilkrise eingesetzt [2]. Abbildung 1 zeigt das Isotopenmuster eines hochaufgelösten Massenspek-trums von Fipronil, das zur eindeutigen Identifikation des Biozids führte. Die Technik wird derzeit vor allem in der Rück-standsanalytik eingesetzt, um nicht erlaubte bzw. nicht vermutete Rückstände in Lebensmitteln nachzuweisen, ist aber auch in der Analytik humaner Proben zum Nachweis von Designer-drogen unerlässlich [3].Möglichkeiten der Methode
Die Technik der „Non-Target-Analytik“ befindet sich in der Laborgruppe Zentrale Apparative Analytik am ZInstSanBw München in Erprobung und wurde dort bereits zum Nachweis von Fipronil und Chloramphenicol eingesetzt. Für die Untersuchung von Urin wurde die Technik auch zur Detektion von Arzneistoffen wie z. B. Ketamin erfolgreich eingesetzt [3]. Für die Suche nach nicht erwarteten bzw. nicht im Fokus stehenden Substanzen wird die Technik zukünftig eine wichtige Rolle in der Rückstandsanalytik spielen. Hierbei ist insbesondere die Untersuchung von Oberflächenwasser zur Trinkwassergewinnung eine Herausforderung [1], da die Belastung mit Arznei-stoffen und deren Metaboliten steigt. Dies gilt z. B. aktuell auch für die Untersuchung von zu Brauchwasser aufbereitetem Abwasser im Camp Castor in Gao (MINUSMA) im Hinblick auf den Eintrag von Arzneimitteln (Klinik, Malariaprophylaxe).
Fazit
Die „Non-Target-Analytik“ eröffnet neue Möglichkeiten in der Lebensmittelchemie und gewinnt an Bedeutung für die Lebensmittel-, Trinkwasser und Arzneimittelanalytik. Für die Lebensmittelchemie der Bundeswehr ist die Reachback-Möglichkeit zum ZInstSanBw München unverzichtbar für die Untersuchung von Lebensmitteln und Trinkwasser aus weltweiten Einsätzen.
Literatur
- Emma L et al.: Non-target screening with high-resolution mass spectrometry: critical review using a collaborative trial on water analysis., Anal Bioanal Chem 2015; 407: 6237 - 6255.
- Lippke H: Zentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr München 2017: persönliche MS-Daten zu Fipronil.
- Paul M et al.: Analysis of new designer drugs and common drugs of abuse in urine by a combined targeted and untargeted LC--HR-QTOFMS approach. Anal Bioanal Chem 2014; 406: 4425 - 4441.
Oberstapotheker Dr. Bernd Klaubert
E-Mail: berndklaubert@bundeswehr.org
Datum: 31.10.2018