Verleihungen von Orden und Ehrenzeichen im Königreich Preußen haben eine lange Tradition. Der Begriff „Verleihung“ muss etwas näher betrachtet werden. Beispielsweise wurden der Rote Adlerorden und der Königliche Kronen-Orden zwar verliehen, waren aber nach dem Tode des Trägers rückgabepflichtig. Kriegsdenkmünzen für die Teilnahme an größeren militärischen Auseinandersetzungen (beispielsweise dem Deutsch-Dänischen Krieg 1864, dem Deutschen Krieg 1866, dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71, dem deutschen Expeditionskorps während des Boxeraufstandes 1900/01 und dem Kolonialkrieg in Deutsch- Südwestafrika von 1904–07) verbliebem im Besitz der Familie des Ausgezeichneten. Die vorliegende Arbeit stellt einige dieser Auszeichnungen vor und berücksichtigt die jeweiligen Zeiträume sowie die Vergabe an Sanitätsoffiziere.
Am 12.06.1792 bestätigte Friedrich Wilhelm II. (1744–1797) den bereits seit 1705 verliehenen Ordre de la sincérité (Orden der Aufrichtigkeit) unter dem Namen Hochfürstlicher Brandenburgischer Rother-Adler-Orden (später meist nur Roter Adlerorden genannt) als preußischen Orden. Sein Sohn Friedrich Wilhelm III. (1770–1840) erweiterte am 18.01.1810 den bis dahin einklassigen Orden auf drei Klassen. Am 16.09.1848 stiftete Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861) die Schwerter als zusätzliche Auszeichnung für Verdienste während des ersten Schleswig-Holsteinischen Krieges für alle Ordensklassen. Als Band für die Ordenszeichen mit Schwertern war das Band des Eisernen Kreuzes von 1813 festgelegt – schwarz mit weißen Seitenstreifen (sogenanntes Kämpferband).
Der Königliche Kronen-Orden wurde von Wilhelm I. (1797–1888) am 18.10.1861, dem Tag seiner Krönung zum König von Preußen, gestiftet. Auch hier waren die Ordenszeichen mit Schwertern, gestiftet mit Allerhöchster Kabinettorder vom 27.2.1864, am Kämpferband zu tragen. Wilhelm I. verfügte am 22.4.1864, vier Tage nach dem Sturm auf die Düppeler Schanzen, mit einem Allerhöchsten Erlass im Hinblick auf „das Tragen der für Verdienst vor dem Feinde verleihenen Auszeichnungen“ unter anderem:
„Ad I a) Inländer tragen den Rothen Adler-Orden, den Königlichen Kronen-Orden und den Königlichen Haus-Orden von Hohenzollern mit Schwertern bei der ersten Verleihung, oder, wenn ihnen die Schwerter zu der bereits innehabenden Friedensklasse verliehen werden, an einem schwarzen Bande mit weisser Einfassung [...]
e) Militär Ober-Beamte, welchen für ausgezeichnete Dienst im feindlichen Feuer von Mir Orden mit Schwertern verliehen werden, tragen das Ordenskreuz am weissen Band mit schwarzer Einfassung. [...] Ich bestimme ferner: Militär Ober-Beamte, welchen ich für Dienste, die sie im Kriege, aber nicht im feindlichen Feuer, geleistet haben den Rothen Adler Orden, den Königlichen Kronen-Orden, den Königlichen Hausorden von Hohenzollern, verleihe, tragen diese Decorationen an einem weissen Band mit schwarzer Einfassung.“
Die Klärung der Umstände der Verleihungen von preußischen Auszeichnungen an Sanitätsoffiziere ist nur in Ausnahmefällen und dann oft auch nur über Umwege annäherungsweise möglich, da die später im Heeresarchiv Potsdam aufbewahrten Personalunterlagen am 14.04.1945 durch einen Luftangriff vernichtet wurden.
Im Allgemeinen erfolgten die Verleihungen gemäß des Dienstgrades der Sanitätsoffiziere: Stabsärzte erhielten den Roten Adlerorden IV. Klasse, Assistenz- und Ober-Assistenzärzte den Königlichen Kronen-Orden IV. Klasse. In den Jahren 1864/65 wurden 98 der etwa 300 im Einsatz befindlichen preußischen Sanitätsoffiziere (ohne die Ärzte des Johanniter-Ordens) ausgezeichnet.
Während und nach dem Deutsch-Dänischen Krieg wurde die klare Vorgabe der Verleihungspraxis bezüglich der Bänder zu den entsprechenden Orden noch nicht konsequent durchgesetzt. Dies änderte sich nach dem Krieg gegen Österreich.
Die Verteilung einiger Orden mit ihren verschiedenen Stufen ist in den Tabellen 1 und 2 ersichtlich.
Zusätzlich zu den hier aufgeführten Orden erhielten 63 Soldaten Allerhöchste Belobigungen. Daneben wurde am 20.09.1866 das Erinnerungs-Kreuz für den Feldzug von 1866 (Erinnerungskreuz 1866) in zwei Ausführungen (jeweils für Kombattanten oder Nichtkombattanten) gestiftet. Das Kombattanten Kriegserinnerungskreuz vergab man in darüber hinaus in drei Fassungen: für die Teilnahme an der Schlacht von Königgrätz am 03.07.1866, für Angehörige der Main Armee und für „Treue Krieger“, die weder in Königgrätz oder in der Main Armee kämpften.
Nach dem Krieg gegen Österreich wurden an Sanitätsoffiziere auch Orden am Kämpferband verliehen. Dies symbolisierte das Führen von Truppen. Da dies dem Grundgedanken der Tätigkeit des Sanitätsoffiziers (also dem Nichtkombattantenstatus) widersprach, liegen keine offiziellen Verfahrensvorgaben vor. Es existiert nur ein einziger inoffizieller Bericht eines Sanitätsoffiziers über seine Tätigkeit in Südwestafrika während des Herero-Aufstandes, in der das Führen von Truppen durch Sanitätsoffiziere erwähnt wird.
Im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 wurde statt des Roten Adlerordens und des Königlichen Kronen-Ordens dass von Wilhelm I. am 19.07.1870 (dem Todestag seiner Mutter Luise) gestiftete Eiserne Kreuz (EK) verliehen.
Verleihungen in den deutschen Kolonien und den Expeditionskorps
Neben den bereits vorgestellten Orden erfolgte die Auszeichnung von Personen mit der am 13.06.1912 durch Wilhelm II. (1859–1941) gestifteten Kolonial-Denkmünze. Voraussetzung war die Teilnahme an Gefechten, „Strafexpeditionen“ und Feldzügen in den Kolonien Deutsch-Ostafrika, Togo (deren Schutztruppe über keine eigenen Sanitätsoffiziere verfügte), Kamerun und Südwestafrika bis zum Ausbruch des Herero-Aufstandes. Während des Krieges gegen die Herero und Nama sowie des Boxeraufstandes wurden keine Kolonial-Denkmünzen verliehen. Hierfür wurden mit der Denkmünze an den südwestafrikanischen Aufstand 1904–06 (Südwestafrika-Denkmünze) eigens für diesen Anlass gestiftete Denkmünzen ausgegeben.
Sowohl der Rote Adlerorden IV. Klasse mit Schwertern am Nichtkämpferband und der Königliche Kronen-Orden IV. Klasse mit Schwertern am Nichtkämpferband wurden an zehn Sanitätsoffiziere vergeben. Zusätzlich erfolgte am 19.03.1907 die Stiftung der Denkmünze an den südwestafrikanischen Aufstand 1904–06 (Südwestafrika-Denkmünze) in Bronze für Kämpfer und aus Stahl für Nichtkämpfer. Sanitätsoffiziere erhielten üblicherweise die Auszeichnung in Bronze, da sie häufig militärische Führungsaufgaben übernahmen. Dazu berichtete Oberarzt Dr. Reinhard Ruckert, der während der Kämpfe gegen die Herero und Nama als Truppenarzt in der Ersatzkompanie 3a diente:
„[...] auch auf Patrouillen, die wir Ärzte sehr häufig begleiten oder selber führen mußten [...] waren die Ärzte häufig Führer von Patrouillen und hatten dann Arzt- und Offiziersdienste zu versehen, so daß sie nicht allein alle Anordnungen, wie Marschzeiten usw., zu treffen hatten, sondern auch den Sicherheitsdienst für die Nacht regeln mußten; manche Nacht haben wir so wie die Reiter, das Gewehr im Arm, Posten gestanden.“
Das Führen von Truppen wurde zusätzlich durch die Verleihung des schwarzen Bandes mit weißen Seitenstreifen (dem Kämpferband) zum Roten Adlerordern und Königlichen Kronen-Orden (mit Schwertern) gewürdigt. Während der Adlerorden achtmal vergeben wurde, erfolgte die Vergabe des Kronen-Ordens 32-mal. Aufgrund der Abgrenzung von Kombattanten und Nichtkombattanten (zu denen Sanitätsoffiziere, Sanitätspersonal, Geistliche und Verwaltungsbeamte zählten) liegen keine Angaben über die Auszeichnung von Sanitätsoffizieren vor. Das Führen von Truppen durch diese fand verständlicherweise keinen Eingang in die offiziellen militärischen Berichte. Gleichwohl wird ein aktives Eingreifen von Sanitätsoffizieren und Sanitätspersonal mit der Waffe in ein laufendes Gefecht im 1909 erschienenen „Sanitätsbericht über die Kaiserliche Schutztruppe für Südwestafrika während des Herero- und Hottentottenaufstandes für die Zeit vom
1.1.1904–31.3.1907“ beschrieben. Dort heißt es lapidar:
„Auch mit der Waffe sich am Gefecht zu beteiligen, war das Sanitätspersonal häufig gezwungen.“
Verleihungen 1914–1918
Das EK wurde von Wilhelm II. am 08.08.1914 neu gestiftet. Dabei war das schwarz-weiße Band (Kämpferband) für Verdienste auf dem Kriegsschauplatz vorgesehen. Zu den insgesamt 5 196 000 mit der II. Klasse Ausgezeichneten zählten auch Sanitätsoffiziere. Für Verdienste in der Heimat erfolgte die Ehrung mit dem weiß-schwarzen Band (Nichtkämpferband). Etwa 13 000 der II. Klasse des EK wurden verliehen.
Mit der Abdankung des deutschen Kaisers am 09.11.1918 und dem Ende des Ersten Weltkrieges nur zweit Tage später verloren gestiftete königliche oder kaiserliche Auszeichnungen ihre hohe gesellschaftliche Wertigkeit. Dabei wird oft vergessen, dass Orden und Ehrenzeichen nahezu immer Geleistetes aber auch Erlebtes würdigen. Das moderne Auszeichnungswesen der Bundeswehr führt diese Tradition, wenn auch in einem anderen Kontext, weiter.
Wehrmedizin und Wehrpharmazie 1/2021
Verfasser:
Dr. M. Husen
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