11.11.2019 •

    Oberstarzt Prof. Dr. Lothar Zöller tritt in den Ruhestand

    Am 30. September 2019 tritt der langjährige Leiter des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr, Oberstarzt Prof. Dr. Lothar Zöller, in den Ruhestand. Damit verlässt eine Persönlichkeit, die über Jahrzehnte die Bereiche Medizinischer B-Schutz, Mikrobiologie, Infektiologie, Tropenmedizin und Public Health im Sanitätsdienst der Bundeswehr entscheidend mitgeprägt hat, die Bühne des aktiven Dienstes.

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    Oberstarzt Prof. Dr. Lothar Zöller, Leiter des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr
    Zöller war am 1. Oktober 1974 als Wehrpflichtiger in die Bundeswehr eingetreten, war dann in die Laufbahn der Sanitätsoffizier Anwärter übernommen worden und hatte in Heidelberg Medizin studiert. Bereits im Studium hatte er begonnen sich für die Mikrobiologie zu interessieren und sich neben seiner Doktorarbeit über Mycoplasmen bereits an mehreren Forschungsarbeiten in der Virologie beteiligt. Nach Abschluss des Studiums im Jahr 1981 folgten mehrere Verwendungen am Standort Koblenz. Nach klinischer Einweisung am Bundeswehrzentralkrankenhaus und einer Verwendung als Truppenarzt beim III. Korps führte Zöllers Weg 1984 ins Zentrale Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, wo er als Laborleiter in der Virologie wieder an seine frühere Forschung anknüpfen konnte.

    Es war eine Zeit, in der mit Hantaviren, Borrelia burgdorferi und HIV gleich mehrere bedeutende Erreger von Infek­tions­krankheiten beim Menschen entdeckt worden waren und ein weites wissenschaftliches Betätigungsfeld boten. Noch bevor kommerzielle Westernblots für HIV verfügbar wurden, begann Zöller, damals Oberstabsarzt, damit, in Koblenz HI-Viren im Liter-Maßstab anzuzüchten und HIV-­Westernblots für die eigene Diagnostik herzustellen. Die Technik dafür hatte er bei dem Berliner Virologen K. O. Habermehl gelernt. Aber auch mit Hantaviren beschäftigte er sich und gehörte zu den Ersten, die nachweisen konnten, dass diese Erreger, die in Südkorea entdeckt worden waren, auch in Deutschland eine Rolle spielten.

    Nach Übernahme zum Berufssoldaten absolvierte er ab 1987 seine Facharztweiterbildung zum Mikrobiologen in Heidelberg. Bereits im Vorfeld hatte er mit dem Heidelberger Virologen Darai und dem Molekulargenetiker Bautz einen Drittmittel-Antrag für die Erforschung der Hantaviren gestellt, die bei seiner Ankunft in Heidelberg bereits verfügbar waren. Während seiner fast vierjährigen Weiterbildungszeit an der Universität Heidelberg ent­wickelte er unter anderem die ersten Nachweissysteme für Hanta­viren auf Basis gentechnisch hergestellter Proteinantigene und wies auf Basis umfassender seroepidemiologischer Studien die bis dahin unterschätzte Bedeutung der Hantavirus-Infektionen in Deutschland nach. Jahre später gaben ihm Fallzahlen von mehreren Tausend pro Jahr in seinen bereits 1995 veröffentlichten Prognosen und Einschätzungen Recht. Auch auf den Gebieten der Lyme-Borreliose und der invasiven Candida-Infektionen machte sich Zöller einen Namen.

    Nach der Weiterbildung wurde Zöller im Jahr 1991, damals frisch habilitiert, Leiter des Fachbereichs Mikrobiologie, später Leiter der Laborabteilung I am ZInstSanBw Koblenz. In diese Zeit fiel der Aufbau der mikrobiologischen Feldlabore, die heute fester Bestandteil der Role-3-Feldlazarette sind. Er standardisierte die dort angewendeten Verfahren, schrieb ein Taschenbuch in deutscher und englischer Sprache für die klinisch-mikrobiologische Diagnostik im Einsatz, führte einen einsatzvorbereitenden Fachlehrgang ein und implementierte die Telemikrobiologie als neue Subdisziplin der Telemedizin in mikrobiologischen Feldlaboren. Er erkannte überdies die Bedeutung der medizinischen Parasitologie in der Zeit der Auslandseinsätze und tat alles um dieses wichtige Teilgebiet der Mikrobiologie zu fördern. Sein wissenschaftliches Standbein fand dieser Bereich in den von Michel begonnenen und von Scheid fortgeführten Untersuchungen zu freilebenden ­Amöben.

    Heute kann man die medizinische Parasitologie am Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz (früher ZInstSanBw Koblenz) zu den führenden medizinisch-parasitologischen Einrichtungen in Deutschland zählen. Als Zöller, inzwischen außerplanmäßiger Professor für Medizinische Mikrobiologie an der Universität Heidelberg, im Jahr 2007 das ZInstSanBw Koblenz verließ, um die Leitung des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr in München zu übernehmen, hinterließ er eine moderne und gefestigte medizinische Mikrobiologie, die inzwischen den Status eines mikrobiologischen Leitlabors für die Auslandseinsätze der Bundeswehr erreicht hatte. Den letzten und zugleich bedeutendsten Abschnitt seines Berufslebens widmete Oberstarzt Prof. Dr. Zöller dann dem medizinischen B Schutz. Seine Zeit am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr war geprägt von dessen geradezu kometenhaftem Aufstieg zu einer der führenden Forschungseinrichtungen auf dem Gebiet. 2012 wurde das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr als erste Einrichtung in Deutschland vollumfänglich für das gesamte Spektrum der speziellen diagnostischen Leistungen zum Nachweis von Erkrankungen durch gefährliche Krankheitserreger akkreditiert. 

    In der mobilen B Aufklärung machte es sich einen Namen mit der Entwicklung eines hochtechnisierten mobilen Labors, das während der Ebola-Krise 2014 - 2016 in mehreren zivilen Kopien als sogenanntes European Mobile Lab in Afrika zum Einsatz kam und seitdem den Status eines Goldstandards in der mobilen Labortechnologie genießt. Das Institut engagierte sich unter Zöllers Leitung zunehmend in Drittmittel-finanzierten Projekten und wurde unter den Ressortforschungseinrichtungen im gesamten Geschäftsbereich BMVg zum erfolgreichsten Drittmittel-Einwerber. Zahlreiche Kooperationsverträge mit nationalen und internationalen Einrichtungen schufen ein Netzwerk, in dem das Institut hochwertige Forschungsergebnisse generieren und auf vielen Forschungsfeldern hohe Anerkennung in der Scientific Community erwerben konnte. Im Jahr 2012 wurde das InstMikroBioBw zusammen mit den Münchner Exzellenzuniversitäten Partnerinstitut des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung. 

    Im Jahr 2014 implementierte Oberstarzt Prof. Dr. Zöller am Institut eine neue ablauforganisatorische Struktur, die den wissenschaftlichen Aufschwung noch beschleunigte. Mit der Begründung einer Fachgruppe für Molekulare Genomik und Bioinformatik gelang es dem Institut innerhalb weniger Jahre auch an die Weltspitze im Bereich der Bio­forensik anzuknüpfen. Das Institut ist heute Roster-Labor für den UN-Generalsekretär-Mechanismus (UNSGM) und ein internationaler Top-Performer bei den hochspezialisierten UNSGM-Ringversuchen, bei denen es um die bioinformatische Analyse von Genomsequenzen geht, um z. B. genetische Manipulationen festzustellen. Unter der Leitung von Oberstarzt Prof. Dr. Zöller erhielt das Institut vom Präsidenten des Robert-Koch-Instituts drei nationale Konsiliarlabore zuerkannt, die Konsiliarlabore für Brucellen, Pest und FSME. Es betreibt eine eigene mikrobiologische Hauptvorlesung an der Technischen Universität München und verfügt mittlerweile über acht habilitierte Wissenschaftler.

    Eng verknüpft ist der Name von Oberstarzt Prof. Dr. Zöller mit der Medical Biodefense Conference, die er in Weiterentwicklung der früheren B-Schutz-Tagungen seit 2009 in zweijährigem Turnus als internationale englischsprachige Fachtagungen durchführte. Die Tagung entwickelte sich unter seiner Leitung zu einer international führenden Veranstaltung im Medizinischen B-Schutz, die zuletzt mehr als 500 Teilnehmer aus 58 Nationen anzog.

    Oberstarzt Prof. Dr. Zöller kann am 30. September 2019 seinem Nachfolger, Oberstarzt PD Dr. Wölfel, ein wissenschaftlich hervorragend aufgestelltes und perfekt organisiertes Ressortforschungsinstitut übergeben, das herausragende Zukunftschancen besitzt. 

    SanAkBw

    Datum: 11.11.2019

    Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 3/2019

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