22.12.2014 •

    CURSORSTEUERUNG AN BORD

    MIT MAGNETMAUS ODER TRACKBALL?

    Für Computerarbeitsplätze an Land hat sich die Maus als Standard-Eingabegerät zur Cursorsteuerung etabliert, da sie intuitiv und leicht zu bedienen ist:

    Sie fungiert gewisser Maßen als Vertreter des Cursors auf der Arbeitsfläche und erlaubt es, den Cursor indirekt anzufassen, zu verschieben, an ihm zu ziehen oder ihn zu drücken. Obwohl die Maus häufig dafür kritisiert wurde, dass ihre Nutzung zu einer unphysiologischen Haltung und Überbeanspruchung von Hand, Handgelenk und Unterarm führt, konnte sich der Trackball als alternatives Eingabegerät auch in seinen ergonomisch optimierten Bauformen an Land nicht durchsetzen. Ein Grund hierfür könnte sein, dass der Cursor eben nicht mehr angefasst und verschoben werden kann, sondern durch drehen einer stationären Kugel viel indirekter gesteuert werden muss. Die Bewegungen des in Realiter manipulierten Objektes stimmen dabei nicht mehr mit den Bewegungen des Cursors überein, und durch das beim Bewegen der Trackballkugel oft erforderliche Umgreifen entsteht im Vergleich zur Maus ein größerer Bewegungsaufwand.

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    Abbildung 1: Typische Arbeitsplätze in der Operationszentrale einer deutschen Fregatte. Unten im Bild ist ein eingelassener Trackball erkennbar. © Bundeswehr

    Ein anderes Bild ergibt sich auf beweglichen Plattformen und insbesondere auf Schiffen: Hier werden für gewöhnlich Trackballs für die Cursorsteuerung eingesetzt. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen steht auf vielen beweglichen Plattformen nur begrenzt Raum für die Integration der Benutzerschnittstelle zur Verfügung, und für die Bedienung eines Trackballs ist weniger Platz erforderlich als für das Verschieben einer Maus. Zum anderen können Trackballs fest am Arbeitsplatz installiert werden, wodurch ungewollte, durch Bewegungen der Plattform verursachte Verschiebungen des Eingabegeräts, und damit des Cursors auf dem Bildschirm, verhindert werden können. Die Hersteller der Benutzerschnittstellen für die Arbeit an Bord gehen also davon aus, dass sich Trackballs an Bord problemloser als Mäuse bedienen lassen.
    Laborstudien im Bereich der Ergonomie von Eingabegeräten haben jedoch gezeigt, dass mit Mäusen eine schnellere und präzisere Cursorsteuerung als mit Trackballs möglich ist, und zwar sowohl unter stationären Bedingungen als auch dann, wenn die Probanden simulierten Schiffsbewegungen ausgesetzt sind. Der Zeitverlust zum Aufsuchen eines einzelnen Objektes auf dem Bildschirm mit dem Trackball betrug dabei durchschnittlich eine halbe Sekunde.
    Der Stand der Forschung lässt also einerseits vermuten, dass die Computermaus entgegen der gängigen Annahme auch an Bord von Schiffen das geeignetere Eingabegerät sein könnte. Andererseits wurden bisherige Studien nur unter Laborbedingungen sowie mit kurzen Arbeitszeiten und künstlichen Aufgaben durchgeführt. Die Hypothese der höheren Leistungsfähigkeit durch die Nutzung von Computermäusen bei der Bildschirmarbeit an Bord hat das Schifffahrtmedizinische Institut der Marine daher in Zusammenarbeit mit dem Marinearsenal in einer Studie an Bord einer Fregatte unter realen Arbeitsbedingungen geprüft. Die in dieser Studie verwendeten Mäuse wurden magnetisch auf dem Mauspad gehalten, um durch Schiffsbewegungen verursachte Mausverschiebungen zu vermeiden. Hierdurch war bei der ersten Mausbewegung ein schwacher, aber merklicher Widerstand zu überwinden. Ein weiteres Ziel der Studie war es daher, herauszufinden, ob die derart modifizierten Mäuse gegenüber Trackballs die gleichen Vorteile aufweisen würden, wie die in früheren Studien verwendeten Standardmäuse, oder ob dies zu einer muskulären Überbeanspruchung führen würde.
    Die Studienteilnehmer gingen ihren regulären Aufgaben an einem Computerarbeitsplatz in der Operationszentrale (OpZ) einer deutschen Fregatte nach (Beispiel eines typischen Arbeitsplatzes in einer OpZ siehe Abbildung 1).

    Zu diesen Aufgaben gehörte die radargestützte Erfassung und Klassifizierung von Flugzeugen und Schiffen, die Erfassung von potentiellen Bedrohungen und deren Bekämpfung sowie der Waffeneinsatz. Die Teilnehmer testeten ihr jeweiliges Eingabegerät über einen Zeitraum von 26 Tagen auf Transitfahrten und während eines Übungsschießens. Im Durchschnitt betrug die ununterbrochene Arbeitszeit am Computer zwischen vier und sechs Stunden pro Tag. Die Wellenhöhe betrug während des Versuchszeitraums zwischen 0,5 und 4 Metern.
    Die systematische Bewertung ihres Eingabegerätes nahmen die Nutzer mit dem in der Norm ISO 9241-420 „Auswahlverfahren für physikalische Eingabegeräte“ vorgegebenen Verfahren vor. Die Analyse dieser Daten ergab, dass die Cursorsteuerung mit der Magnetmaus als deutlich schneller, genauer und gleichmäßiger eingeschätzt wurde als die Cursorsteuerung mit dem Trackball (siehe Abbildung 2). Gleichzeitig gaben die Magnetmausnutzer den zur Cur-sorsteuerung nötigen Kraftaufwand als viel geringer an als die Trackballnutzer.

    In Abbildung 3 ist die Ermüdung von an der Cursorsteuerung beteiligten Körperteilen bei Magnetmaus- und Trackballnutzern im Versuchszeitraum dargestellt. Entsprechend der geringeren Kraft, die zur Bedienung der Magnetmaus aufgewendet werden musste, liegen die Ermüdungswerte der Magnetmausnutzer unter den Werten der Trackballnutzer. Interessant ist, dass die Unterschiede zwischen den beiden Nutzergruppen umso größer werden, je näher die betreffenden Körperteile dem Eingabegerät sind. Besonders ausgeprägte Unterschiede fanden sich daher bezüglich der Ermüdung von Fingern, Handgelenk und Arm.

    Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich die Nutzung von Mäusen anstelle von Trackballs auch bei der Arbeit an Bord, über einen längeren Zeitraum und in einem einsatznahen Szenario positiv auf Leistung und Beanspruchung der Bediener auswirkt. Der aus Laboruntersuchungen bekannte Vorteil der handelsüblichen Computermaus konnte sogar mit einer magnetisch gegen Verrutschen gesicherten und damit etwas schwerer zu verschiebenden Magnetmaus bestätigt werden. Vor allem bei den komplexen Arbeitsabläufen in der Operati-onszentrale einer Fregatte kann eine Zeiteinsparung von einer halben Sekunde pro anzuklickendem Objekt in der Summe zu einer deutlich früheren Identifizierung von Kontakten und sichereren Abwehr von Gefahren führen. Die geringere Beanspruchung von Fingern, Hand und Arm hat zudem zur Folge, dass die Leistungsfähigkeit der Bediener länger erhalten bleibt und ein geringeres Risiko für Beschwerden oder Erkrankungen dieser Körperteile besteht. Entwickler von Computerarbeitsplätzen für bewegliche Plattformen sollten magnetische Mäuse daher als Standard-Eingabegeräte für die Cursorsteuerung in Betracht ziehen und beachten, dass der Vorteil des geringeren Platzbedarfs eines Trackballs durch eine erhöhte Belastung der Bediener und eine Verringerung der Leistung des Mensch-Maschine-Systems erkauft wird.

    Datum: 22.12.2014

    Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2014/3

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