31.01.2014 •

    BELGISCHE DINGO II-AMBULANZ – BETRACHTET AUS DER SICHT EINES MEDIZINISCHEN NUTZERS

    Die Ambulanzausführung des DINGO II von Krauss-Maffei Wegmann (KMW) ist seit 2009 beim belgischen medizinischen Korps im Einsatz. Dieser Artikel gibt einen kurzen Überblick über die Hauptfähigkeiten und -möglichkeiten des Fahrzeugs, seine Verwendung im Einsatz sowie einige wichtige Erkenntnisse, die aus den Einsätzen aus Sicht eines medizinischen Nutzers gezogen werden konnten.

    Früher waren gepanzerte Ambulanzfahrzeuge eher auf eine hohe Evakuierungskapazität als auf medizinische Fähigkeiten ausgelegt. Dies beruhte vor allem auf hohen Opferzahlen und im Vergleich kurzen Evakuierungsdistanzen. Daher wurden gepanzerte Ambulanzen üblicherweise so konzipiert, dass 4 Patienten gleichzeitig evakuiert werden konnten. Eine medizinische Behandlung unterwegs war kaum möglich.
    Bei der Entwicklung des DINGO II wurde eine bessere Balance zwischen Evakuierungskapazität und medizinischen Fähigkeiten gefunden.
    Das ursprüngliche Konzept beruhte auf einer Besatzung von drei Personen (Fahrer, Beifahrer und medizinische Fachkraft im medizinischen Bereich der Sicherheitszelle).
    Die erforderliche Evakuierungskapazität wurde auf drei liegende Patienten bzw. vier sitzende Verwundete oder zwei liegende Patienten und gleichzeitig zwei sitzende Verwundete festgelegt. Auf der rechten Seite der Sicherheitszelle ist Platz für zwei übereinander angeordnete Liegen. Auf der linken Seiten ist Platz für eine weitere Liege. Neben dem fest montierten „Ärztesitz“ von RECARO für die medizinische Fachkraft gibt es vier abnehmbare Leinengurtsitze, die sowohl von medizinischem Personal als auch von Patienten genutzt werden können.
    Von Beginn an wurde die Möglichkeit vorgesehen, zusätzliche Ausrüstung einzubauen, sodass im Vergleich zu früheren gepanzerten Ambulanzen eine deutlich bessere medizinische Versorgung ermöglicht wird. Seit der Auslieferung wurden einige neue bzw. zusätzliche medizinische Geräte montiert.

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    Das medizinische Personal schätzt die flexible Konfiguration im Feld und das hohe Schutzniveau, das der DINGO II bietet. (Foto: belgisches medizinisches Korps)

    Wichtigste medizinische Standardausrüstung:
    - drei NATO-Liegen
    - Vakuummatratze
    - Spineboard
    - Schaufeltrage
    - Vakuumschienenmaterial
    - Sauerstoffflaschen mit wandmontierten Sauerstoffreglern
    - Pulsoximeter
    - Wiederbelebungstasche
    - Notfallrucksäcke
    - KED-System (Rettungskorsett) und
    - Absauggerät

    Wichtigste optionale medizinische Ausrüstung:
    - Beatmungsgerät
    - Propaq-Monitor
    - Defibrillator
    - Spritzenpumpe und
    - tragbares Kühlgerät

    Verwendung des Fahrzeugs im Einsatz

    Das belgische DINGO II-Ambulanzfahrzeug war im Libanon sowie an verschiedenen Schauplätzen in Afghanistan im Einsatz.
    Im Rahmen der ISAF wurde die Ambulanz hauptsächlich zur Unterstützung des Belgian Operational Mentor and Liaison Teams (OMLT) und später der Missionen des Military Assistance Teams (MAT) in Kundus eingesetzt. Bei diesen Missionen dauerten die Einsätze mit unseren ANSF-Partnern (Afghan National Security Forces) in der Regel mehrere Tage und wurden in erheblicher Entfernung vom Basislager durchgeführt. Aus diesem Grund wurde das medizinische Team im Fahrzeug häufig auf vier Mitglieder aufgestockt, darunter ein Feldarzt und ein Unfallpfleger. In diesen Szenarien wurde das Fahrzeug tatsächlich als mobile Role-1-Fähigkeit verwendet.
    Im Rahmen von UNIFIL (United Nations Interim Force in Lebanon) wird die DINGO II-Ambulanz für die medizinische Unterstützung der belgischen Minenräumkräfte an der Blauen Linie zwischen dem Libanon und Israel eingesetzt. Aufgrund der Art der Aktivitäten verfügt das Fahrzeug über eine Ein-Liegen-Konfiguration, damit an Bord des Fahrzeugs Raum für zusätzliche medizinische Ausrüstung und ein fünfköpfiges medizinisches Personal geschaffen wird. Das Fahrzeug wird auch als Konvoi-Unterstützung in einer klassischeren Konfiguration mit einem dreiköpfigen medizinischen Team verwendet.

    Wichtigste Erkenntnisse aus den Einsätzen

    Im Allgemeinen erfüllt der DINGO II die gestellten Anforderungen.
    Die allgemeine Nutzerzufriedenheit ist hoch und die meisten Anmerkungen beziehen sich auf das Fahrzeugkonzept (kopflastig, wenig verfügbarer Raum, hohe Ladekante). Die medizinische Besatzung schätzt die flexible Konfiguration im Einsatz und das hohe Schutzniveau, das der DINGO II bietet. Der Komfortgrad sowohl für Besatzung als auch Patienten ist hoch. Die medizinische Ausrüstung wird im Allgemeinen gut bewertet.

    Ein-Liegen-Konfiguration

    Da die geschätzten Opferzahlen meist recht niedrig sind, bevorzugen die Ambulanzbesatzungen im Einsatz in der Regel die „Ein-Liegen-Konfiguration“. Mit dieser Konfiguration kann das Fahrzeug mit einem Arzt und einem Unfallpfleger besetzt sowie mit allen verfügbaren medizinischen Ausrüstungsgegenständen ausgestattet werden. Meist wird die untere rechte Liege verwendet, da diese am einfachsten zu handhaben ist. In dieser Konfiguration kann die Ambulanz einen intubierten und beatmeten Patienten aufnehmen.

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    Bei längeren Einsätzen und einer größeren medizinischen Besatzung werden die Einschränkungen im Bereich Stauraum offensichtlich. (Foto: belgisches medizinisches Korps)

    Stauraum

    Bei längeren Einsätzen und einer größeren medizinischen Besatzung (die im ursprünglichen Verwendungskonzept nicht vorgesehen war) werden die Einschränkungen im Bereich Stauraum offensichtlich. Dies führt dazu, dass weitere Feldausrüstung in der Sicherheitszelle ohne geeignete Befestigung verstaut wird, was bei einem Überschlag des Fahrzeugs oder im Fall eines Treffers durch eine Explosion gefährlich sein kann. Während der Einsätze werden von der Besatzung am Fahrzeug gelegentlich improvisierte Dachboxen angebracht, um zusätzlichen Stauraum zu schaffen. Dies ist jedoch aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt, da das Fahrzeug so kopflastiger wird.

    Liegenhalterungssystem

    Aufgrund des komplizierten Aufbaus und der Gewichtsbeschränkungen kann das Liegenhalterungssystem bruchanfällig sein. Besonders das Liegenfixierungssystem neigt zu Fehlfunktionen, wenn es nicht ordnungsgemäß gewartet und bedient wird. Dies führte zu einem Vorfall während eines Einsatztrainings, bei dem eine Liege nicht in das Fahrzeug geladen werden konnte und die Ambulanz mit einer geöffneten Tür zur Basis zurückfahren musste. Als Folge wurden verbesserte Verfahren für die vorbeugende Wartung umgesetzt. Seitdem wurden keine Vorfälle mehr berichtet.

    Stromversorgung von medizinischer Ausrüstung

    Der Großteil der medizinischen Ausrüstung wird über Batterien betrieben, die während des Fahrzeugbetriebs in 12/24-V-Steckdosen eingesteckt und geladen werden können. Bei stehender Ambulanz konnten die Batterien im Fahrzeug nicht geladen werden. Die medizinische Ausrüstung musste herausgenommen und mit einer regulären 220-V-Stromversorgung verbunden werden. Um die Anforderungen der Nutzer zu erfüllen, wurde ein Verfahren entwickelt, das den Anschluss eines Stromkabels an das Fahrzeug auch dann erlaubt, wenn dieses steht.

    Ärztesitz

    Der RECARO-Ärztesitz ist entgegen der Fahrtrichtung montiert. Zusammen mit dem Fehlen von Fenstern in der medizinischen Zelle führt dies bei längeren Fahrten über schlechte Wege zu Übelkeit. Es ist bekannt, dass medizinisches Personal die Sicherheitsgurte geöffnet hat, um sich mehr in Fahrtrichtung zu drehen und aus der Frontscheibe zu schauen. Die beste Lösung für den Arzt ist in diesem Fall, den Sitzplatz zu wechseln und einen der Leinengurtsitze zu nutzen.

    Kommunikation

    Während der Einsätze wurde die Notwendigkeit eines zusätzlichen tragbaren Satellitentelefonsystems für die medizinische Besatzung deutlich. Daher wurde ein Iridium-Satellitentelefon angeschafft. Das Personal musste zur Herstellung der Satellitenverbindung jedoch das Fahrzeug verlassen oder die Tür öffnen. Um dies zu vermeiden, wurde eine Dachantenne montiert.

    Schlussfolgerung

    Die belgische DINGO II-Ambulanz ermöglicht eine flexible Konfiguration und kann sowohl als klassische Ambulanz als auch in einer angepassten Konfiguration mit einem Arzt und einem Unfallpfleger im medizinischen Team genutzt werden. Während der Einsätze konnten neue Erkenntnisse in Bezug auf das Verwendungskonzept des Fahrzeugs gewonnen werden und es wurde neue medizinische Ausrüstung montiert. Die sich hieraus ergebenden Probleme wurden von unseren Sachmittelmitarbeitern behoben.

    Major Wouter Weuts OF-4 (GS) ist Einsatzleiter des belgischen medizinischen Korps.

    Weitere Informationen:
    Krauss-Maffei Wegmann GmbH & Co. KG
    Krauss-Maffei-Straße 11, 80887 München
    www.kmweg.de

    Datum: 31.01.2014

    Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2013/4

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