25.06.2020 •

    Die „Big Five“ der relevantesten nichtübertragbaren Erkrankungen

    In Deutschland bestimmen nichtübertragbare Erkrankungen (Non Communicable Diseases, NCD) und ihre Folgen die Sterblichkeit. Auch für einen großen Teil der Krankheitslast (Burden of Disease, berechnet nach DALYs – Disability-Adjusted Life Years) sind einige wenige chronische nichtübertragbare Erkrankungen verantwortlich. Tabelle 1 zeigt die zehn häufigsten Todesursachen und Abbildung 1 die fünf Erkrankungen mit der größten Krankheitslast bei Frauen und Männern in Deutschland.

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    Erkrankungen spielen eine unterschiedliche Rolle je nach Alter und Geschlecht, beispielsweise versterben Frauen häufiger als Männer an Demenzerkrankungen. Zudem gehen Erkrankungen mit einer großen Krankheitslast nicht immer mit einer hohen Sterblichkeit einher, wie das Beispiel der Rückenschmerzen zeigt. Die „Big Five“ der relevantesten NCD sind insofern nicht einfach zu definieren, auch wenn sowohl Todesursachen als auch Krankheitslast berücksichtigt werden. Für diesen Beitrag wurden Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen, Diabetes mellitus, muskuloskelettale und psychische Erkrankungen ausgewählt, um einen kurzen Überblick über den Sachstand in Deutschland zu geben. Gleichzeitig sei darauf hingewiesen, dass weitere NCD wie beispielsweise Demenzerkrankungen und chronisch obstruktive Lungenkrankheiten ebenfalls zu den nichtübertragbaren Erkrankungen mit hoher Relevanz in der Bevölkerung gehören.

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    Abb. 1: Die fünf Erkrankungen mit der größten Krankheitslast in Deutschland (Global Burden of Disease Collaborative Network, DALYs 2017)
    Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind weiterhin die häufigste Todesursache. Die Sterblichkeit sinkt aber seit einigen Jahrzehnten kontinuierlich dank Fortschritten in Prävention und Therapie. Zu den weit verbreiteten Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählt die koronare Herzkrankheit. Die 12-Monats-Prävalenz liegt bei knapp 4 % bei Frauen und 6 % bei Männern, ab 45 Jahren steigen die Prävalenzen deutlich an.

    Für den Anstieg der Neuerkrankungen an Krebs seit der Jahrtausendwende ist maßgeblich die demografische Alterung verantwortlich. Die Sterblichkeit ist, nach Bereinigung um Alterseffekte (Altersstandardisierung), bei den meisten Krebserkrankungen seit Anfang der 1990-er Jahre deutlich zurückgegangen. Für Lungenkrebs bei Frauen zeigt sich hingegen in diesem Zeitraum ein nahezu kontinuierlicher Anstieg, der auf das veränderte Rauchverhalten zurückgeführt werden kann. Abbildung 2 zeigt die zeitliche Entwicklung altersstandardisierter Sterberaten der häufigsten Krebsarten bei Frauen und Männern.

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    Abb. 2: Altersstandardisierte Sterberaten für Lungen-, Darm-, Brust- und Prostatakrebs in Deutschland (Todesursachenstatistik 1980 - 2017)
    In Deutschland leben circa 7 Millionen Menschen mit Diabetes mellitus. Die 12-Monats-Prävalenz liegt bei rund 7 % bei Frauen (ohne Schwangerschaftsdiabetes) und 9 % bei Männern. Die Erkrankungshäufigkeit ist höher bei niedrigem Bildungsniveau und nimmt insgesamt ab 45 Jahren deutlich zu. In den letzten zwanzig Jahren ist die Prävalenz von Diabetes gestiegen. Dazu hat neben dem Altern der Bevölkerung auch eine Abnahme des unerkannten Diabetes beigetragen.

    Im Bereich der muskuloskelettalen Erkrankungen sind chronische Rückenschmerzen besonders häufig. Die 12-Monats-Prävalenz liegt bei Frauen um 25 % und bei Männern um 17 %. Sie betreffen, im Gegensatz zu Arthrose und Osteoporose, bereits junge Erwachsene. Am Arbeitsplatz kann, neben gesundheitsfördernden Maßnahmen, Information und Schulung, durch rückenschonende Arbeitsplatzgestaltung zur Prävention beigetragen werden.

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    Psychische Erkrankungen stellen, neben der Belastung für die Betroffenen, durch eine zunehmende Bedeutung bei Fehltagen und Frühberentungen eine große Herausforderung für die öffentliche Gesundheit dar. Depression zählt zu den häufigen psychischen Erkrankungen mit einer 12-Monats-Prävalenz von rund 10 % bei Frauen und 6 % bei Männern.

    Ein großer Teil der nichtübertragbaren Krankheiten geht auf einige wenige Risikofaktoren zurück und bietet damit gute Ansätze für Gesundheitsförderung und Prävention. Laut Weltgesundheitsorganisation sind Rauchen, Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung und schädlicher Alkoholkonsum die vier führenden vermeidbaren Risikofaktoren. Auch psychische Belastungen und schädliche Umwelteinflüsse tragen im Lebensverlauf zur Entstehung von Krankheiten bei (Abb. 3).  

    Für die Verfasser:
    Dr. Thomas Ziese
    Robert Koch-Institut
    Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring
    Fachgebiet Gesundheitsberichterstattung
    General-Pape-Str. 62 - 66, 12101 Berlin
    E-Mail: ZieseT@rki.de 


    ¹ Robert Koch-Institut (Präsident: Prof. Dr. L. H. Wieler)

    Datum: 25.06.2020

    Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 1/2020

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