Fünf Jahre Basis-Fitness-Test: Erkenntnisse und Optimierungsmöglichkeiten
Five years of Basis-Fitness-Test: Scientific findings and options of optimization
Aus dem Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Koblenz¹ (Leiter: Oberstarzt Dr. T. Harbaum), der Forschungsgruppe Leistungsepidemiologie an der Deutschen Sporthochschule Köln² (Leiter: Prof. Dr. Dr. D. Leyk), der Abteilung Ausbildung Streitkräfte im Kommando Streitkräftebasis Bonn³ (Leiter: Brigadegeneral M. Traut) und der Abteilung Führung Streitkräfte III im Bundesministerium der Verteidigung (Leiter: Generalarzt Dr. U. Baumgärtner)⁴
Willi Gorges¹, Thomas Rüther², Marco Haupert³, Hans-Ulrich Holtherm⁴, Dieter Leyk¹, ²
WMM 59. Jahrgang (Ausgabe 12/2015; S. 390-395)
ORIGINALARBEIT
Zusammenfassung Der Basis-Fitness-Test (BFT) ist ein standardisiertes Testsystem zur Erfassung und Bewertung fähigkeitsorientierter Leistungsmerkmale im Kontext der körperlichen Anforderungen in der Bundeswehr. Mit seiner Einführung im Jahr 2010 wurde verfügt, die BFT-Methodik bei Vorliegen einer ausreichenden Datenbasis zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Diese Systemevaluierung ist nunmehr im Rahmen einer nichttechnischen Studie erfolgt.
Im Ergebnis zeigt sich das große Potential des BFT als übergreifendes Instrument zur Kontrolle, Dokumentation und Bewertung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Allerdings wird auch Nachbesserungsbedarf identifiziert. Dieser Beitrag fasst einige wesentliche Erkenntnisse der nichttechnischen Studie zusammen und stellt Optimierungsmöglichkeiten am Beispiel der Bewertung der Sprintleistungen sowie der Alters- und Geschlechtszuschläge dar. Darüber hinaus wird auf die Notwendigkeit einer systematischen BFT-Erweiterung hingewiesen. Durch die zusätzliche Erhebung von Körpergröße, Körpergewicht und Taillenumfang können gesundheits- und leistungsfördernde Maßnahmen effektiver unterstützt und besser kontrolliert werden.
Schlagworte: Körperliche Leistungsfähigkeit, Militärische Fitness, Alter, Geschlecht, Leistungsbewertung
Summary
BFT is a standardized assessment tool for physical performance required by the Bundeswehr. It was introduced in 2010 and scheduled for evaluation as a sufficient data base was collected. This paper summarizes the essential findings of a study conducted to evaluate the BFT. The results demonstrate the enormous potential of the BFT as a tool to assess, document, and control physical performance. In addition, potential improvements are identified. Examples of recommended changes in this area are presented for the scoring of the sprint sub-test and for adjustments of age and gender differences. Finally, the requirement for an extension of the BFT is emphasized. Simply by supplementing the individual BFT-results with measures of body height, weight, and waist circumference, the BFT can be converted into a unique tool to support and control the effectiveness of health and fitness promotion programs.
Keywords: physical performance, military fitness, age, gender, performance assessment
Einleitung
Gesundheit und adäquate körperliche Leistungsfähigkeit sind grundlegende Voraussetzungen für die Wahrnehmung militärischer Dienst- und Einsatzaufgaben. Um den allgemeinen Fitnesszustand der Soldatinnen und Soldaten erfassen und überwachen zu können, wurde zum 01.01.2010 der Basis-Fitness-Test (BFT) als einmal jährlich zu absolvierender Pflichttest eingeführt [1]. Der BFT erfasst individuelle Ausprägungen relevanter körperlicher und sportmotorischer Leistungskomponenten, wie Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Koordination, und ermöglicht die bundeswehrweite Zusammenführung der Ergebnisse zur übergreifenden Bewertung wichtiger soldatischer Leistungskriterien.
Der BFT repräsentiert das zentrale Testmodul für die Basis-Fitness nach der Definition der „Systematik Körperliche Leistungsfähigkeit in der Bundeswehr“ [2] (Abbildung 1). Hierbei stehen zwei Funktionen im Vordergrund: Zum einen ist eine absolute Mindestleistung definiert, die alters-, geschlechts- und status-unabhängig von allen Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr erbracht werden muss. Zum anderen sollen physiologisch bedingte Leistungsunterschiede ausgeglichen und eine chancengleiche Bewertung ermöglicht werden.
Mit der Einführung des BFT wurde verfügt, die Testmethodik nach der Initialphase zu evaluieren und ggf. anzupassen [1]. Um diese Vorgabe umzusetzen, hat das zuständige Referat im Kommando Streitkräftebasis[1] die nichttechnische Studie „Leistungsphysiologische Evaluation des BFT-Bewertungssystems und Aufbau des Qualitätsmanagements“ beim Planungsamt der Bundeswehr[2] initiiert, die als Verbundforschungsprojekt zwischen der Forschungsgruppe Leistungsepidemiologie der Deutschen Sport-hochschule Köln (DSHS) und der Laborabteilung IV des Zentralen Instituts des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Koblenz (ZInstSanBw KOB) durchgeführt wurde.
Im Rahmen dieser Studie wurde eine Vielzahl von Problemen bei der Datenerhebung sowie Optimierungsbedarf bei den Bewertungsalgorithmen identifiziert. Alle Details sind ausführlich im Abschlussbericht [3] beschrieben und mit Korrektur- bzw. Nachsteuerungsempfehlungen hinterlegt. Im Folgenden werden einige Teilergebnisse zur Überprüfung der Bewertungsverfahren und zur Erweiterung der Datenerfassung exemplarisch dargestellt.
Analyse der BFT-Daten und Bewertungsmöglichkeiten
Die Zusammenführung aller bundeswehrweit erhobenen BFT-Daten bildet eine einzigartige Grundlage für statistisch-beschreibende Übersichten zum physischen Leistungszustand der Soldatinnen und Soldaten. Hierbei können vielfältige Filter gesetzt werden, die Differenzierungen nach bestimmten Kollektiven oder nach verfügbaren Kriterien erlauben (Abbildung 2). Mit Hilfe solcher Analysen ist es möglich, Personengruppen miteinander zu vergleichen oder in Bezug zu einem vorgegebenen Leistungsniveau zu setzen. Auf diese Weise können Schwachstellen erkannt, bedarfsbezogen nachgesteuert und über den Zeitverlauf (Längsschnitt) kontrolliert werden. So wäre es zum Beispiel möglich, Unterschiede in den Aus-dauer-leistungen zwischen Unteroffizieren des Heeres und der Marine zu ermitteln oder die Kraftleistungen 20 - 25-jähriger Männer mit denen der gleichen Altersgruppe Frauen zu vergleichen.
Nachfolgend werden übersichtsweise zwei Beispiele mit Daten aus dem Erhebungsjahr 2013 dargestellt, die das Spektrum der Analysemöglichkeiten aufzeigen sollen. Die Stichprobe enthält 74 367 vollständige und regelgerechte Datensätze (Tabelle 1). Die BFT-Ergebnisse aus den Erhebungsjahren 2010 bis 2012 waren nahezu identisch. Aufgrund der Datenanonymisierung ist die Identifikation von Messwiederholungen eingeschränkt, so dass auf jahresübergreifende Zusammenfassungen verzichtet wurde.
Tab. 1: Verteilung der BFT- Datensätze 2013 nach Altersgruppen und Geschlecht
Altersgruppe (Jahre) |
Anzahl |
|
Männer |
Frauen |
|
< 20 |
2.106 |
230 |
20 - 29 |
41.227 |
3.768 |
30 - 39 |
15.659 |
1.158 |
40 - 49 |
8.012 |
82 |
>= 50 |
2.125 |
- |
Gesamt |
69.129 |
5.238 |
Disziplinleistungen differenziert nach Alter und Geschlecht
Sprinttest
Abbildung 3 zeigt die Laufzeiten im Sprinttest in Abhängigkeit vom Alter. Soldaten und Soldatinnen, die jünger als 36 Jahre sind und daher keinen Alterszuschlag erhalten, absolvierten den Test in durchschnittlich 42,5 ± 3,7 s (Männer; MW ± SD) bzw. 48,1 ± 4,3 s (Frauen). Daraus resultiert eine Laufzeitdifferenz von etwa 13,2 % (bezogen auf die Zeit der Männer = 100 %). Über-50-Jährige benötigen etwa 5,8 s länger für die Sprintstrecke als Unter-30-Jährige. Der Anteil gemeldeter Sprinttests, in denen die Mindestleistung von 60 s nicht erfüllt wird, liegt bei 0,1 %.
Klimmhang
Die altersabhängigen Haltezeiten von Männern und Frauen im Klimmhang sind in Abbildung 4 dargestellt. Im Mittelwert liegt das Ergebnis der Unter-36-jährigen Männer bei 46,6 ± 20,2 s (MW ± SD) und das der Frauen bei 34,3 ± 19,3 s, daraus ergibt sich eine Gesamtdifferenz von etwa 26,4 % (bezogen auf die Zeit der Männer = 100 %). Die altersabhängigen Unterschiede zwischen Unter-30-Jährigen und Über-50-Jährigen liegen bei 9,1 s. Die Klimmhang-Mindestleistung von 5 s ist in 0,2 % der gemeldeten Fälle nicht erbracht worden.
1 000 m-Lauf
Abbildung 5 zeigt die erfassten Laufzeiten für die 1 000 m--Strecke. Im Durchschnitt benötigen die Männer (< 36 Jahre) hierfür 261,4 ± 38,2 s (MW ± SD) und die Frauen (< 36 Jahre) 308,9 ± 37,3 s, somit beträgt der geschlechtsspezifische Unterschied etwa 18,2 % (bezogen auf die Zeit der Männer = 100 %). Die Laufzeiten der Über-50-Jährigen liegen im Mittel um 22,4 s höher als die der Unter-30-Jährigen. Die 1 000 m-Mindestleistung von 390 s wird in 0,4 % der gemeldeten Fälle nicht erreicht.
Die Disziplinergebnisse der Frauen über 40 Jahre bilden tendenziell bessere Leistungen ab als die der jüngeren Altersgruppen und liegen zum Teil auch im Vergleich zu gleichaltrigen Männern besser. Aufgrund der sehr kleinen Stichprobe (siehe Tabelle 1) ist allerdings davon auszugehen, dass hier Selektionseffekte vorliegen und somit die Repräsentativität der Daten eingeschränkt ist.
BFT-Notenverteilung
Die BFT-Gesamtnote setzt sich zu gleichen Teilen aus den Ergebnissen der drei Disziplinen zusammen. Die Berechnung erfolgt über die Transformation der erreichten Zeiten in ein einheitliches Punkteraster, der Addition von gegebenenfalls zutreffenden Alters- und Geschlechtszuschlägen und der Zuordnung der Punktebereiche zu Disziplinnoten (der Punktebereich 100-199 entspricht Note 4, der Punktebereich 200 - 299 entspricht Note 3 und so weiter). Vorausgesetzt wird das Erreichen der Mindestleistung in allen drei Disziplinen, ansonsten gilt der BFT als „nicht bestanden“.
Im Mittelwert liegt die BFT-Note aller auswertbaren Datensätze des Erhebungsjahres 2013 bei 2,14 ± 0,63 (MW ± SD). Männer erreichen gegenüber Frauen eine um einen Notenanteil von etwa 0,2 bessere Gesamtbewertung. Insgesamt verschlechtert sich die BFT-Note von den jüngeren Altersgruppen bis zur Mitte der sechsten Lebensdekade. Dieser altersbezogene Notenanstieg beträgt durchschnittlich etwa 0,02 Notenanteile pro Jahr (Abbildung 6).
Bei der Interpretation dieser Zahlen ist zu berücksichtigen, dass die BFT-Note ausschließlich bestandene BFT-Tests in dem Notenspektrum zwischen 1,00 (= sehr gut) und 4,49 (= ausreichend) darstellt. Somit liegt die rechnerische Durchschnittsnote bei 2,745 und nicht, wie im klassischen Schulnotensystem, bei 3,5.
BFT-Bewertungsverfahren
Die BFT-Bewertung erfolgt entlang eines kontinuierlich aufgelösten, linearen Leistungsspektrums von der Mindestleistung (Bestehensgrenzen, Tabelle 2) bis hin zu sehr guten Leistungen. Bezugspunkt für die Einstufung „sehr gut“ sind die 20 %-Grenzen der besten BFT-Disziplinzeiten, die im Rahmen der BFT-Entwicklung empirisch mit etwa 6 000 Probanden (18 - 29-jährige Männer, kein Alters- und Geschlechtszuschlag) ermittelt wurden [4, 5]. Diese Leistungswerte liegen im Sprinttest bei 42 s (20. Perzentil), im Klimmhang bei 65 s (80. Perzentil) und im 1 000 m-Lauf bei 225 s (20. Perzentil).
Die vorliegenden BFT-Daten (Erhebungsjahr 2013) zeigen im Klimmhang und beim 1 000 m-Lauf die erwartete Häu-fig-keitsverteilung sehr guter Leistungen. Dies gilt allerdings nicht für den Sprinttest. Hier liegt die Anzahl der vergleichbaren Teilnehmer, die Zeiten von 42 s oder darunter erreichen, bei über 53 % (Tabelle 2). In der Folge führt die überproportional gute Sprintbewertung zu einer Verzerrung der aus den drei Disziplinergebnissen gemittelten BFT-Gesamtnote und somit zu einer Überbetonung des Sprintanteils.
Die Ursache für die Diskrepanz zwischen den aktuell ermittelten Sprintzeiten und denen aus der BFT-Entwicklungsphase liegt möglicherweise in der nachträglichen Modifikation der Startposition von der Rücken- in die Bauchlage. Dadurch kam es zu Laufzeitverbesserungen in der Größenordnung von 2 bis 2,5 s. Um eine proportionale Niveauangleichung der Disziplinleistungen zu erreichen, wird angeregt, die Bezugszeit für die Bewertung „sehr gut“ im Sprinttest von bislang 42 auf 40 s zu justieren.
Alters- und Geschlechtszuschläge
Eine chancengleiche Leistungsbewertung mit Hilfe des BFT setzt voraus, dass physiologisch bedingte Leistungsunterschiede adäquat ausgeglichen werden. Hierbei muss jedoch eine Abgrenzung gegenüber exogenen verhaltensabhängigen Faktoren erfolgen (körperliche Inaktivität, Übergewicht, Rauchen, Alkohol und so weiter), die den originären biologischen Alterungsprozess überlagern und Leistungsverluste verstärken können.
Die in der Literatur beschriebenen rein altersabhängigen Leistungsveränderungen sind in Hinblick auf die motorischen Hauptbeanspruchungsformen für Männer und Frauen annähernd gleich ausgeprägt [6]. Biologisch determinierte Alterungsprozesse beginnen etwa mit dem 36. Lebensjahr und zeigen altersassoziierte Leistungseinbußen in der Größenordnung von 5 % pro Lebensdekade [7 - 11]. Daher wurde die Fest-legung des Altersfaktors für die Bewertung der BFT-Resultate ab dem 36. Lebensjahr mit 0,5 % pro Lebensjahr definiert.
Bestimmendes Merkmal des Geschlechtszuschlages ist die enge Kopplung des jeweiligen Ausgleichsfaktors mit der motorischen Hauptbeanspruchungsform (Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer). Auf der Grundlage einschlägiger Studien wurde die biologisch bedingte Leistungsdifferenz zwischen Männern und Frauen beim Klimmhang auf 40 % festgelegt [8, 12]. Abweichend hiervon wurden geschlechtsspezifische Differenzen bei zyklischen und azyklischen Laufleistungen von 15 % ermittelt und in die Bewertung der beiden BFT-Laufdisziplinen integriert.
Diese bisher verwendeten Zuschlagfaktoren wurden anhand der nunmehr vorliegenden umfangreichen BFT-Datenbasis überprüft und in Hinblick auf mögliche Optimierungen bewertet. Um eine Abgrenzung gegenüber verhaltensabhängigen Einflüssen zu erreichen, wurden leistungsnormierte Referenzkollektive gebildet. Kriterien waren die jeweils 15 % besten Disziplinleistungen (1) aller 18 - 29-jährigen Männer und Frauen für die Berechnung der Geschlechtszuschläge sowie (2) aller 36 - 55-jährigen Männer für die Berechnung des Alterszuschlags [3]. Im Ergebnis zeigte sich, dass die prozentualen Zuschläge für Alter und Geschlecht die tatsächlichen Leistungsdifferenzen im Durchschnitt im erwarteten Umfang kompensieren.
Allerdings wurde eine Inkonsistenz bei der Zuschlagmethode deutlich. Die Berechnung der Alters- und Geschlechtszuschläge erfolgt über Multiplikation der Prozentfaktoren mit den erreichten Basispunkten. Dies hat zur Folge, dass leistungsstarke Frauen höhere Zuschläge erhalten als leistungsschwache. Ebenso sind leistungsstarke ältere Personen gegenüber gleichaltrigen leistungsschwachen erheblich im Vorteil. Im Extremfall können die altersbedingten Unterschiede um den Faktor 5 auseinander liegen (Beispiel: Ein 46-jähriger Soldat erreicht 100 Punkte und erhält somit einen Alterszuschlag von +5 Punkten; ein gleichaltriger Soldat erreicht 500 Punkte und bekommt hierfür einen Zuschlag von +25 Punkten). Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei der Berechnung des Geschlechtszuschlags ab (Beispiel: Eine Klimmhangleistung von 100 Punkten ergibt einen Zuschlag von +40 Punkte; bei 500 Punkten beträgt der Zuschlag +200 Punkte).
Die ursprüngliche Intention des BFT, physiologisch bedingte Leistungseinschränkungen im Rahmen der Benotung zu kompensieren, lässt sich mit dem multiplikativen Zuschlagverfahren nicht in Einklang bringen. Deshalb wird angeregt, sowohl den Alters- als auch den Geschlechtszuschlag als konstanten Wert zu definieren (Tabelle 3) und diesen wie bisher auf die erreichten Basispunkte aufzuaddieren.
Betriebliche Gesundheitsförderung
'Mit dem BFT konnte ein effektives Instrument zur Bewertung, Kontrolle und fortlaufenden Überwachung militärisch orientierter Leistungsmerkmale etabliert werden. Insbesondere die Zusammenführung der jährlich bundeswehrweit erhobenen Daten in eine zentrale Datenbank ermöglicht Betrachtungen in einem epidemiologischen Umfang, der bisher nicht möglich war. Diese Datenfunktionalität bietet zugleich aber auch ein großes Potential für die Unterstützung der betrieblichen Gesundheitsförderung.
Für den Erfolg von gesundheitsfördernden Maßnahmen ist es von entscheidender Bedeutung, obligate Gesundheitsprädiktoren umfänglich erfassen und analysieren zu können. Die Ergebnisse aus den BFT-Disziplinen in Verbindung mit Angaben zu Alter und Geschlecht bieten hierzu bereits wichtige Ansatzpunkte. Sie sind jedoch eine „Black Box“, da eine Ursachendifferenzierung bei schlechten Leistungswerten im Allgemeinen kaum möglich ist. Eine Erweiterung der BFT-Systematik mit einfach zu erhebenden anthropometrischen Daten könnte dieses Defizit reduzieren. Schon elementare Kenndaten wie Körpergröße, Körpergewicht und Taillenumfang würden erweiterte Zusammenhangsanalysen und unterstützende Aussagen zur Gesundheitssituation der Soldatinnen und Soldaten ermöglichen [5, 13 - 15]. Beispielsweise könnten bestimmte Risikofaktoren (Übergewicht, Bewegungsmangel) leichter identifiziert und hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit und die körperliche Leistungsfähigkeit besser bewertet werden. Der wesentliche Vorteil besteht jedoch in der adressatengerechten Optimierung von gesundheits- und leistungsfördernden Maßnahmen und deren beständigen Erfolgskontrolle.
Fazit und Ausblick
Ein wesentliches Teilziel der durchgeführten Verbundstudie war die Überprüfung des BFT-Bewertungssystems und die Herleitung von Optimierungsmöglichkeiten auf der soliden Datengrundlage aus vier BFT-Erhebungsjahren. Im Rahmen dieser Systemevaluation wurden vielfältige Probleme und Defizite identifiziert, bewertet und mit Anpassungsempfehlungen hinterlegt [3]. Hierzu zählen insbesondere die Leistungsbewertung im Sprinttest und die Umstellung auf konstante Geschlechts- und Alterszuschläge.
Die chancengleiche Justierung der erzielten Ergebnisse soll körperliche Leistungsnachteile ausgleichen, die dem physiologisch bedingten Einfluss zuzuschreiben sind. Ein solcher Bonus kompensiert jedoch keine Leistungsdefizite aufgrund abträglicher Lebensstilbedingungen. Oftmals werden körperliche Probleme generell als „altersbedingt“ interpretiert. Aus vielen Untersuchungen ist jedoch bekannt, dass originäre biologische Alterungsprozesse sich erst ab Mitte der 4. Lebensdekade auf die physische Leistungsfähigkeit auswirken [6, 16 - 20]. Mehr noch: Tendenziell hat sich bereits bei Heranwachsenden und jungen Erwachsenen ein leistungsmindernder Einfluss ungünstiger Lebens- und Verhaltensweisen herangebildet [13, 14, 21, 22].
Es ist vielfach belegt, dass der Zusammenhang zwischen Leistungs- und Gesundheitsfaktoren deutlich über eine „nur statistische Korrelation“ hinausgeht [23 - 26]. Körperliche Leis-tungs-fähigkeit ist ein starker Indikator und Prognosefaktor für Gesundheit. Der jetzige BFT-Datenumfang bietet zwar eine stabile Grundlage für Kontroll- und Steuerungsmöglichkeiten, besitzt aber nur wenige Zugangspunkte für kausal-orientierte Analysen in diesem Kontext. Hier könnte die zusätzliche Erfassung anthropometrischer Kenngrößen, wie Körpergröße, Gewicht und Taillenumfang, neue Wege öffnen und vielfältige prognostische Betrachtungen ermöglichen. Die analytische Verknüpfung dieser Merkmale mit Leistungsdaten würde den BFT zu einem herausragenden Screening--Instrument für die Fitness- und Gesundheitsförderung der Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr erweitern.
Kernaussagen
- Die militärische Auftragserfüllung ist häufig mit hohen Anforderungen an die körperliche Leistungsfähigkeit verbunden. Mit dem Basis-Fitness-Test (BFT) steht ein bundeswehrweites Instrument zur Verfügung, das die Erfassung und Bewertung elementarer Leistungskomponenten mit geringem Aufwand ermöglicht.
- Die Zusammenführung aller bundeswehrweit erhobenen BFT-Daten in einem Datenmanagementsystem ermöglicht statistisch-beschreibende Übersichten zum physischen Leistungszustand der Soldatinnen und Soldaten.
- Die Evaluierung des BFT-Bewertungsverfahrens zeigt Optimierungsmöglichkeiten bei der Punkteberechnung für die Sprintleistungen sowie bei den Alters- und Geschlechtszuschlägen auf. Die empfohlenen Anpassungen führen zu einer objektiveren Angleichung physiologisch bedingter Leistungsunterschiede.
- Körperliche Leistungsfähigkeit ist ein starker Indikator und Prognosefaktor für Gesundheit. Die zusätzliche Erfassung von Körpergröße, Gewicht und Taillenumfang würde den BFT zu einem hervorragenden Screening-Instrument für die Gesundheitsförderung in der Bundeswehr erweitern.
Literatur
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Interessenkonflikt:
Holtherm und Leyk sind aktive Sanitätsoffiziere. Gorges und Haupert sind als wissenschaftliche Arbeitnehmer bzw. Beamte im Ressortbereich des BMVg tätig. Rüther erhielt Forschungsmittel aus dem BMVg.
Originalarbeit
Manuskriptdaten:
Eingereicht: 9. August 2015
Revidierte Fassung angenommen: 3. November 2015
Zitierweise:
Gorges W, Rüther T, Haupert M, Holtherm HU, Leyk D: Fünf Jahre Basis-Fitness-Test: Erkenntnisse und Optimierungsmöglichkeiten. Wehrmedizinische Monatsschrift 2015; 59(11): 390-395.
[1] AusbSK TrSK Sport/KLF/CISM/Spitzensport
[2] Abt IV / Grp Grdl/KonzEntw/wiss.Ustg, Dezernat Studienmanagement Bundeswehr
Datum: 23.12.2015
Quelle: Wehrmedizinische Monatsschrift 2015/12