HUBSCHRAUBER IN VERWUNDETENRETTUNG UND -TRANSPORT

Hubschrauber gehören unbestritten zu den besten Rettungsmitteln überhaupt. Die Fähigkeiten, auch in kleinsten Landezonen zu starten und zu landen, im Schwebeflug mit Winden zu retten, Personal und Material an die unwegsamsten Punkte schnell zu verbringen brachten Hubschrauber vom Anbeginn der Entwicklungsgeschichte der Drehflügler an in bis dahin weitestgehend bodengebundene Rettungs- und Versorgungssysteme der militärischen Sanitätsdienste.

Die ersten größeren Hubschraubereinsätze erfolgten durch die US-Streitkräfte zur Rettung von Verwundeten aus dem Dschungelgebiet Burmas bereits gegen Ende des 2. Weltkrieges; weithin bekannt als Rettungsmittel wurden Hubschrauber in den Konflikten in Korea und Indochina in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts.

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Abb. 1: Mehrrollenfähigkeit – Verwundetentransport in einer Alouette II.

Ein entscheidender Schritt, der die weitere Entwicklung bis heute prägte, erfolgte mit der Einführung der Bell UH 1 in die US-Army. Schon in der Entwicklung der Hubschrauberkonstruktion wurde der Sanitätsdienst eng eingebunden, die erste reinrassige MEDEVAC Staffel mit UH 1 B verlegte bereits 1964 nach Südvietnam. Im Zuge der folgenden Kriegsjahre ermöglichte der massierte Einsatz einer großen Zahl von Hubschraubern die Rettung zahlloser Verwundeter, trug erheblich zur Verbesserung der Überlebensraten bei und ermöglichte so eine bis dahin nie erreichte Qualität der sanitätsdienstlichen Versorgung. Die damals erprobten und eingeführten Standards – wie beispielsweise Zusammensetzung der Besatzungen aus fliegendem und sanitätsdienstlichem Personal, eigene Funkverbindungen, organische Sanitätshubschrauberstaffeln – haben sich bis heute , nunmehr mit dem Nachfolgemuster, der UH 60, bestens bewährt.

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Abb. 2: Hoffnungsträger – der NH-90.

In den europäischen Nationen ließ der chronische Mangel an Hubschraubern bislang ein konsequentes Umsetzen dieses Konzeptes nicht zu. Die geringe Anzahl verfügbarer Transporthubschrauber und die große Zahl an möglichen Bedarfsträgern führte zur Entwicklung und Einführung mehrrollenfähiger Transporthubschrauber, die nicht speziell für, oder zumindest nicht unter so intensiver Berücksichtigung der sanitätsdienstlichen Anforderungen konstruiert wurden.

Im Bereich der Bundeswehr waren bislang weder in der Luftwaffe noch in der Heeresfliegertruppe reine Sanitätshubschrauberstaffeln für Verwundetenrettung und –transport auch nur vorstellbar. Die SAR- Version der UH 1 D der Luftwaffe hätte diese Rolle grundsätzlich übernehmen können, spielte in der Konzepten der sanitätsdienstlichen Versorgung von Landstreitkräften jedoch nie eine wesentliche Rolle sondern blieb fokussiert auf den SAR – Auftrag im nationalen Luftraum , zeitweise erweitert im Bereich der zivilen Luftrettung .In den Einsätzen der letzten Jahre auf dem Balkan kam sie dann sowohl im Kosovo wie auch in Butmir doch noch in den Aufgabenbereich, die in die Jahre gekommenen Luftfahrzeuge bewährten sich erneut, stießen gerade leistungsmäßig hier immer mehr an ihre Grenzen.

In der Perzeption der Heeresfliegertruppe war weniger die Luftrettung mit Hubschraubern sondern vielmehr der Transport – und hier im Schwerpunkt der entlastende Transport – die wesentliche Aufgabe. Allerdings nur eine unter vielen anderen, eine feste Zuordnung von Hubschraubern für diese Aufgabe erfolgte nur zögerlich und in nur geringer Stückzahl. Zudem fehlte es an einem dem SAR-Satz vergleichbaren Einbausatz, so dass häufig Improvisation erforderlich wurde, um für die Rettung geeignete Rüstzustände herzustellen.

Im Zuge der Ausdehnung der Auslandseinsätze wurde die Verfügbarkeit von Luftrettungs- und Transportmitteln zunehmend zu einer einsatzlimitierenden Größe. Deutlicher als derzeit in Afghanistan kann kaum dargestellt werden, in welchem Umfang die eigene Fähigkeit zur Luftrettung die Einsatzplanung und Durchführung dominieren kann.

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Abb. 3: Ikone – Bell UH 1 D – SAR.

Die bislang bekannten Überlegungen zur künftigen Struktur der Streitkräfte lassen wenig Besserung erkennen. Die Gesamtzahl der Hubschrauber wird weiter abnehmen, dementsprechend wird die Verfügbarkeit im Einsatz geringer sein. Unverändert wird die Mehrrollenfähigkeit von Hubschraubern notwendig sein, so dass organische Sanitätshubschraubereinheiten – oder auch nur Teileinheiten – weiter kaum vorstellbar sind. Umso höher bleibt der Koordinierungsaufwand in der Einsatzausbildung und – vorbereitung, in der dann weiterhin alle erforderlichen Teile zusammengeführt werden und zu funktionsfähigen Teams heranwachsen müssen. Dies bleibt eine fordernde Aufgabe, auch wenn der zu erwartende Umfang an Fähigkeiten in diesem Bereich wohl zukünftig gering sein wird.

Der Generationenwechsel der Luftfahrzeuge schränkt derzeit die Einsatzmöglichkeiten insbesondere der Heeresfliegertruppe erheblich ein. Noch lässt sich beim NH 90 nicht erkennen, wann ein Einsatz im Ausland mit diesem Luftfahrzeug möglich sein wird, es steht jedoch schon fest, wozu es in den Einsatz gebracht werden wird – in der Rolle Forward AirMedevac.

Datum: 21.11.2011

Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2011/3

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