Der Pharynx-Muskeltrainer zur Therapie des primären Schnarchens

Ein innovativer Therapieansatz

F. Ahmed, K.-O. Henkel

Einleitung

Das primäre Schnarchen reduziert die Einsatzbereitschaft von SoldatInnen. Es kommt zu einer verminderten Regeneration während des Schlafens, nicht nur des Einzelnen, sondern auch weiterer SoldatInnen, die dem Schnarchgeräusch in einer Gemeinschaftsunterkunft ausgesetzt sind. Hinzu kommen mögliche negative Folgen des primären Schnarchens, wie z. B. Bluthochdruck, Schlaganfall und Herzinfarkt. Das Schnarchen kann auch Symptom für das Schlafapnoe-Syndrom (SAS) sein.

Es gibt zahlreiche chirurgische und nicht chirurgische Therapiemöglichkeiten gegen das Schnarchen und das SAS. Alle Behandlungsmethoden bekämpfen nicht die Ursache des Schnarchens, sondern sie helfen lediglich, dem Schnarcher während des Schlafs die Luftwege nicht zu versperren und dadurch das Schnarchen zu vermeiden. 

Die Ursache des primären Schnarchens resultiert aus einem Vibrieren der Weichteilstrukturen der oberen Atemwege. In etwa 80 % der Fälle liegt die Ursache in einer verminderten Muskelspannung im Bereich des weichen Gaumen. Mit dem neuartigen Pharynx-Muskeltrainer wird die Muskulatur im Bereich des weichen Gaumen und der Gaumenbögen gezielt gestärkt. Bei jedem Schluckakt drückt der weiche Gaumen gegen den Hinterrand des Pharynx-Muskeltrainers und es entsteht eine isometrische Kontraktion der Muskulatur des weichen Gaumens, womit diese Muskulatur gestärkt wird. In der Folge wird die Vibration des weichen Gaumens während der Atmung und das Schnarchgeräusch reduziert.

In der vorliegenden Arbeit wird dieses neuartige Therapiekonzept vorgestellt, dass die Ursache für das primäre Schnarchen behandelt. Der Pharynx-Muskeltrainer ist sehr preiswert und kann in jeder Zahnarztgruppe mit den dort vorhandenen Mittel hergestellt werden.

Der Pharynx-Muskeltrainer in der Aufsicht (li) und in der lateralen Ansicht (re)
Abb. 1: Der Pharynx-Muskeltrainer in der Aufsicht (li) und in der lateralen Ansicht (re)
Quelle: Kai-Olaf Henkel

Material und Methode

Im Rahmen einer ambulanten klinischen Anwendungsbeobachtung wurde bei 102 PatientInnen (74 männlich und 28 weiblich) die Methode des velo-pharyngealen Muskelaufbaus mit dem Pharynx-­Muskeltrainer getestet. Das Durchschnittsalter betrug 53,7 Jahre.

Der Pharynx-Muskeltrainer wird an den Zähnen des Oberkiefers befestigt, lässt sich herausnehmen und besteht aus einem thermoplastischen Dentalkunststoff.

Durchschnittliche Schnarchintensität aller 102 PatientInnen
Abb. 2: Durchschnittliche Schnarchintensität aller 102 PatientInnen
Quelle: Kai-Olaf Henkel

Alle PatientInnen litten an einem primären Schnarchen. Vor Aufnahme in die klinische Anwendungsbeobachtung wurde jeder Patient anamnestisch befragt und ein klinischer Befund erhoben, um eine rhinogene Genese für das primäre Schnarchen auszuschließen. Die PatientInnen trugen den Pharynx-Muskeltrainer zweimal am Tag für 15 Minuten. Ein Tragen in der Nacht war den PatientInnen streng verboten. Über einen Zeitraum von vier Wochen wurden die PatientInnen einmal pro Woche zur klinischen Untersuchung und Befragung einbestellt. Dabei wurde die Stärke des Schnarchgeräuschs subjektiv anhand einer zehnstufigen Skala erfasst. Die statistische Analyse erfolgte mit einem gewichteten Chi-Quadrattest.

Der Pharynx-Muskeltrainer zur Therapie des primären Schnarchens

Ergebnisse

Die Abbildung 2 zeigt den Median sowie das obere und untere Quantil aller 102 PatientInnen über den Untersuchungszeitraum von vier Wochen. Es zeigt sich eine hoch signifikante Reduktion der Schnarchintensität im Untersuchungszeitraum (p > 99 %). Es ist mit einer Wahrscheinlichkeit von p > 99 % davon auszugehen, dass die Schnarchintensität (Schnarchstärke) bei 75 % der AnwenderInnen innerhalb von vier Wochen von sehr stark auf tolerierbar reduziert wird. 

Zu Beginn der Untersuchung lag die durchschnittliche Schnarchstärke bei 9,1 – was ein extremes Schnarchen bedeutet. Dieser Ausgangswert ist mit 100 % belegt worden. Nach einer Woche betrug dieser Wert 6,8. Damit gelang eine durchschnittliche Reduktion der Schnarchintensität um 25 % in der ersten Woche. In der folgenden Woche wurde eine weitere Verringerung um 10 % erzielt. Der absolute Wert lag bei 5,9 (mittleres Schnarchen) und relativ bei 65 %. Die dritte Woche führte zu einer Abnahme um 13 %, sodass nach vier Wochen ein tolerierbares Schnarchen erzielt wurde. Die durchschnittliche Schnarchintensität ist nach vier Wochen mit 2,8 bewertet worden. Damit konnte die Schnarchstärke innerhalb von vier Wochen um 69 % auf ein leichtes Schnarchen reduziert werden (siehe Tabelle 1).

Der Pharynx-Muskeltrainer zur Therapie des primären Schnarchens

Die Abbildung 3 zeigt die Veränderungen im Bereich des Gaumensegels. Zu Beginn der Therapie lag ein schlaffes Gaumensegel vor. Das Zäpfchen kippte bei der A-Lautbildung nach dorsokrania. Es besteht als Zeichen der mangelhaften Muskelspannung eine sogenannte „2D-Form“ der Uvula. Nach vier Wochen ist das Velum signifikant verstärkt. Das Zäpfchen steht bei der A-Lautbildung stabil im Rachen in einer nach kaudal gerichteten Position und als Ausdruck der erzielten Muskelspannung hat es jetzt eine „3D-Form“.

Mithilfe des gewichteten Chi-Quadrattests ist es möglich, die weitere Entwicklung abzuschätzen (Tabelle 2). Es konnte eine wöchentliche Reduktion um den Faktor 0,2682 bei einer Wahrscheinlichkeit von p > 98 % errechnet werden. Damit ist von einer weiteren Verringerung der Schnarchintensität um 26 % pro Woche auszugehen.

Ausgangsbefund – Ein nach dorsokranial kippendes Zäpfchen bei der...
Abb. 3: Ausgangsbefund – Ein nach dorsokranial kippendes Zäpfchen bei der A-Lautbildung (li) und Befund nach vier Wochen – Zäpfchen in physiologischer Position (re)
Quelle: Kai-Olaf Henkel

Diskussion

Die physiologische ruhige Atmung (Eupnoe) im Schlaf ist fast lautlos. Die American Sleep Disorders Association definiert Schnarchen als ein an den Schlaf gekoppeltes lautes, vorwiegend inspiratorisches Atemgeräusch der oberen Atemwege ohne Apnoe oder Hypoventilation, das durch Schwingungen der dorsalen Anteile des Gaumensegels und der lateralen Pharynxwände entsteht. 

Durch die neuartige Therapie des Muskelaufbaus mithilfe isometrischer Kontraktion im Bereich des weichen Gaumens und der Gaumenbögen konnte eine Annäherung an diesen Zustand erreicht und nach vier Wochen das subjektiv gemessene Schnarch­geräusch um 69 % reduziert werden. 

Im Fall einer geringen bis mittleren obstruktiven Schlafapnoe, das heißt ein Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) von kleiner 30, steht die Überdruckbeatmung oder die Unterkieferprotrusionsschiene (UPS) im Vordergrund der Behandlung. Als UPS zur Therapie schlafbezogener Atemstörungen kommen in der Regel Zweischienensysteme zur Anwendung. Sie stützen sich am Oberkiefer ab und schieben den Unterkiefer nach rostral. Alle Protrusionsschienen müssen, wie auch die Maske zur Überdruckbeatmung, in der Nacht getragen werden. Der vorgestellte Pharynx-Muskeltrainer wird jedoch am Tage für nur zweimal 15 Minuten getragen. Die PatientInnen entscheiden dabei selber, wann der Muskeltrainer getragen wird. 

Der in dieser Arbeit untersuchte innovative Pharynx-Muskeltrainer ist am Oberkiefer befestigt und beeinflusst daher nicht die Mundöffnung. Gegenüber den genannten Schienentypen hat der Pharynx-Muskeltrainer einen deutlichen Vorteil, weil der Tragekomfort für die PatientInnen deutlich besser ist.

Herkömmliche Schienensysteme zielen stets auf den Unterkiefervorschub ab und haben zum Ziel, den Hypopharynx zu öffnen. Die Erfolgsrate dieser Systeme liegt bei etwa 60 %. 

Der in dieser Arbeit getestete Pharynx-Muskeltrainer reduzierte nach vier Wochen das Schnarchgeräusch um 69 %. Nach vier Woche wurde laut Studiendesign die Untersuchung der Pro­bandInnen beendet. Die Regressionsanalyse erlaubt die Abschätzung der weiteren Entwicklung. Es ist mit einer wöchentlichen Reduktion der Schnarchlautstärke von 26,8 % auszugehen (p > 98 %). Damit ist dieser untersuchte innovative Ansatz in der Therapie des Primären Scharchens nach spätestens fünf Wochen den herkömmlichen UPS überlegen. Die Erklärung für diesen Befund liegt in der Stärkung der velaren Muskulatur und der Gaumenbögen. Die Wirksamkeit des Muskelaufbaus durch isometrische Kontraktion ist vielfach belegt und wird z. B. im Hochleistungssport angewendet. Die Zungenlage wird neben weiteren Muskelgruppen auch von dem vorderen Gaumenbogen beeinflusst. Eine beidseitige Stärkung des M. palatopharyngeus führt aufgrund seiner kraniokaudalen Ausrichtung zu einem Anheben des Zungengrunds in eine kranioventrale Richtung bei einer Anspannung. Damit wird der Hypopharynx geöffnet. Es wird der Luftstrom verbessert und die Stärke der Verwirbelung des Luftstroms an und vor der Rachenhinterwand sowie die Lautstärke des Schnarchens reduziert. 

Die Verbesserung der räumlichen Bedingungen für den Luftstrom führt zu einer Reduktion der Atemarbeit und damit zu vermindertem Stress und zu geringerer Adrenalinausschüttung im Körper. Hierdurch wird das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Hypertonus, Herzinfarkt, Schlaganfall), erhöhten Augeninnendruck, Gewichtszunahme, gesteigerte Infektanfälligkeit, sexuelle Störungen, Beziehungsprobleme sowie psychischer Stress und Depressionen gemindert. Eine 1985 von Markku Koskenvuo und MitarbeiterInnen durchgeführten Studie zeigte bei 3 847 Männer und 3 664 Frauen in Finnland zwischen dem 40. und 69. Lebensjahr, dass 9 % der Männer und 3,6 % der Frauen chronische Schnarcher waren. Der Bluthochdruck korrelierte hoch signifikant mit dem habituellen Schnarchen. Besonders bei Männern in der Altersgruppe zwischen 40 und 49 Jahren und unabhängig von Gewicht (Adipositas) und Blutdruck (Hypertonus) ergab sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen Angina pectoris und chronischem Schnarchen. 

Peter G. Norton und Earl V. Dunn untersuchten 2 629 Personen aus Toronto zwischen dem 30. und 90. Lebensjahr. Sie beobachteten bei 42 % der ProbandInnen ein Schnarchen. Bis zum 70. Lebensjahr nahm der Anteil der Schnarcher ständig zu und erreichte in dieser Altersgruppe bei Männern den Wert von 84 % und bei Frauen von 73 %. Die über 40-jährigen Schnarcher litten doppelt so häufig unter Bluthochdruck wie die Nichtschnarcher. Außerdem litten die Schnarcher häufiger an Herzkrankheiten und Übergewicht. Unter ihnen waren viele Diabetiker, Raucher und Alkoholiker. Schnarchende Männer, die rauchten und zudem noch übergewichtig waren, waren besonders gefährdet, denn sie litten viermal häufiger an Bluthochdruck als Nichtschnarcher. 

Diese typischen Komplikationen eines obstruktiven Schnarchens können durch den beobachteten Muskelaufbau mithilfe isometrischer Muskelkontraktion durch den Pharynx-Muskeltrainer gemindert werden. Eine Reduzierung des Körpergewichts ist als eine Begleitmaßnahme stets zu empfehlen. 

Der Pharynx-Muskeltrainer wird nach einer simplen anatomischen Abformung des Oberkiefers inklusive des vorderen Abschnitts des weichen Gaumen durch den Truppenzahnarzt im Tiefziehverfahren hergestellt. Damit ist die Herstellung des Pharynx-Muskeltrainers innerhalb des Sanitätsdienstes der Bundeswehr gegeben, d. h. innerhalb der Zahnarztgruppen. Aufgrund des zu erwartenden Nutzens im Sinne der Erhöhung der Kampfbereitschaft und der geringen Herstellungskosten ist der Pharynx-Muskeltrainer einsatzrelevant und sollte in die Grundausstattung der SoldatInnen gehören, die in den Einsatz gehen. 


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