SCIENTIA POTESTAS EST – Vom Lehren und Lernen in der Sanitätsakademie

An ihr führt kein Weg vorbei – der Sanitätsakademie der Bundeswehr (SanAkBw) in München. Kaum ein Angehöriger des Sanitätsdienstes saß nicht schon einmal in einem Hörsaal der ­Ernst-­von-­­Bergmann-Kaserne im Münchener Norden. Vom Laufbahnlehrgang bis zur sanitätsdienstlichen Spezialausbildung und über alle Dienstgradgruppen hinweg: Die SanAkBw – die in diesem Jahr ihr 60-jähriges Jubiläum ­feiert – präsentiert sich mit ihren beiden Direktoraten und den drei Instituten als ein Ort des Forschens, des Lehrens und des Lernens. Gleichermaßen ist sie ein Forum: ein Ort des Kennenlernens, des Austausches und ein Ort des Vernetzens.

Getreu dem bekannten Spruch „Wissen ist Macht“ – Scientia potestas est – werden mit modernen Methoden theoretisches Wissen und praktische Fähigkeiten vermittelt: Über 7  000 TeilnehmerInnen besuchen jährlich nicht nur laufbahnrelevante Lehrgänge quer durch die Dienstgradgruppen, sondern auch ein breites Spektrum an speziellen Verwendungslehrgängen, bei der keine Expertise des Sanitätsdienstes zu kurz kommt. Vom Sanitätsmaterialunteroffizier zum Einheitsführer ebenso wie vom Gefreiten zum Oberstarzt – hier findet jeder einen Lehrgang, der zu ihm passt. Dabei liegt der Schwerpunkt bei Weitem nicht auf rein medizinischen Inhalten. Die Abteilung A hält eine ganze Reihe spezieller und spezialisierter Dienstposten für das notwendige Ausbildungspersonal bereit. Neben den Truppenfachlehrern für Taktik oder Recht sind beispielsweise auch die Spezialisten für Sanitätsdienst im Einsatz oder Logistik im Einsatz in verschiedenen Lehrgängen involviert.

Einen besonderen Teilbereich im Sanitätsdienst stellt die Wehrpharmazie dar, für den an der SanAkBw unter anderem ein eigener Truppenfachlehrer zur Verfügung steht, um die speziellen Belange von Arzneimitteln, Medizinprodukten und anderem Sanitätsmaterial an den Mann oder die Frau zu bringen. Dabei handelt es sich um ein sehr vielfältiges, mitunter auch komplexes Fachgebiet.

Nahezu lückenlos reihen sich Feldwebellehrgänge aneinander, in denen die Teilnehmenden dafür sensibilisiert werden, was es mit dem Begriff „Sanitätsmaterial“ auf sich hat und welche Besonderheiten beim Umgang mit dem „Material mit dem roten Kreuz“ zu beachten sind; Begriffe wie Eigenvollzugskompetenz oder Arzneimittelgesetz Zivilschutzausnahmeverordnung sind nach dem Lehrgang für die Meisten keine Fremdwörter mehr.

Weiter ins Detail geht es dann bei den Verwendungslehrgängen für die Laufbahnen der Fachunteroffiziere und Feldwebel, die in ihrer Tätigkeit regelhaft mit Sanitätsmaterialbewirtschaftung zu tun haben. Von der Anforderung des richtigen Materials über den sachgerechten Transport bis zur qualifizierten Lagerung und Nachweisführung werden die KameradInnen befähigt, die Versorgung der Truppe mit Sanitätsmaterial sicherzustellen und auf etwaige Probleme zu reagieren.

Durch die stetige Anpassung der Dienstvorschriften an ein dynamisches ziviles Geflecht an Gesetzen und Verordnungen sowie einer sich wandelnden geopolitischen Lage müssen auch ­wehrpharmazeutische Inhalte für die LehrgangsteilnehmerInnen stets aktualisiert und aufbereitet werden. Der Ansatz der kompetenzorientierten Ausbildung fordert darüber hinaus dazu auf, Ausbildungsabschnitte völlig neu zu gestalten und auf die verschiedenen Lehrgänge zuzuschneiden – stets mit dem Fokus, aus dem Lehrauftrag das beste Lernerlebnis für die Lehrgangsteilneh­merInnen herauszuholen. Dabei ist es immer wieder spannend – und manchmal auch fordernd – ihnen die logistischen Ebenen und den Auftrag der Bundeswehrapotheken näher zu bringen. In diesem Zusammenhang werden neben den pharmazeutischen Tätigkeiten z. B. auch die Aufgaben und die besondere Verantwortung des pharmazeutischen Personals bei der ordnungsgemäßen Versorgung der SoldatInnen mit Sanitätsmaterial beleuchtet.

Damit das pharmazeutische Personal, das im Bereich der Bundeswehr weitestgehend aus ApothekerInnen sowie pharmazeutisch-technischen AssistentInnen (PTA) gebildet wird, den an sie gerichteten Anforderungen umfänglich gerecht werden kann, bietet die SanAkBw dafür spezielle Lehrgänge an, bei denen neben der Vermittlung allgemein-pharmazeutischer Kenntnis vor allem die Besonderheiten der Pharmazie in der Bundeswehr im Fokus der Aus- und Fortbildungsveranstaltungen stehen. Darunter fällt der halbjährlich durchgeführte Lehrgang im Rahmen der postuniversitären modularen Ausbildung. Junge Sanitätsoffiziere Apotheker werden in diesem direkt nach dem Studium auf ihre erste Verwendung als Stabsapotheker vorbereitet und bekommen Einblicke in die verschiedenen Teilbereiche der Wehrpharmazie.

Nach nunmehr zweijähriger Pause wurde der Lehrgang „Arzneimittelherstellung im Einsatz“ wiederaufgenommen und dank zahlreicher Unterstützer erfolgreich auf dem Gelände der Ernst-von-Bergmann-Kaserne durchgeführt. Die ApothekerInnen sowie PTA, die an diesem speziellen Lehrgang teilnehmen, lernen in zwei Wochen unter Einsatzbedingungen in einem Apothekencontainer Salben, Kapseln und andere pharmazeutische Produkte herzustellen. Darüber hinaus stellen sie an einer modularen Sauerstofferzeugeranlage Sauerstoff zur medizinischen Anwendung aus der Umgebungsluft her, füllen diesen chargenrein in Gasflaschen ab und bestimmen die pharmazeutische Qualität. Die TeilnehmerInnen werden befähigt, in verschiedenen Szenarien einen essenziellen Beitrag zur medizinischen Patientenversorgung leisten zu können. Die Durchführung im September 2022 hat auf beeindruckende Weise gezeigt, wie groß die Bereitschaft und das Engagement der AusbilderInnen ebenso wie der Auszubildenden ist, den Lehrgang erfolgreich durchzuführen.

Thematisch flexibler geht es bei den wehrpharmazeutischen Fortbildungen zu. Zielgruppenorientiert wird in diesem Format konkretes Wissen zu allgemeinpharmazeutischen Fragestellungen ebenso wie zu aktuellen und speziellen wehrpharmazeutischen Themen und Entwicklungen in der Bundeswehr vermittelt. Charakteristisch für die verschiedenen wehrpharmazeutischen Fortbildungen sind die wechselnden Referenten und die individuell abgestimmte Themenauswahl. Auf diese Weise können SanitätsoffizieranwärterInnen im Studium ebenso wie PTA oder CTA (chemisch-technische AssistentInnen) mit Inhalten erreicht werden, die für die TeilnehmerInnen von hoher Relevanz sind.

Vergangenes Jahr wurde die Wehrpharmazeutische Fortbildung für PTA nach pandemiebedingter Pause neu konzipiert und digitalisiert. Im Rahmen einer Onlineveranstaltung an zwei Nachmittagen wurden Vorträge von bundeswehrinternen und -externen ReferentInnen präsentiert und erreichten damit eine mittlere zweistellige Teilnehmerzahl. Die durchweg positive Resonanz ist exemplarisch dafür, wie wichtig unkomplizierte und flexible Lösungen zukünftig sein werden. Ebenso konnte ein Onlinevortrag im Rahmen der Wehrpharmazeutischen Fortbildung für Sanitätsstabsoffiziere Apotheker als Erfolg verbucht werden. Darauf aufbauend ist in diesem Jahr bei dieser Veranstaltung eine Kombination aus Präsenzvortrag und Livestreaming in einer Hybridveranstaltung geplant, um eine noch größere Anzahl an ApothekerInnen sowie PTA sowohl vor Ort als auch am jeweiligen Dienstort zu erreichen – stets mit dem Ziel vor Augen, eine Möglichkeit des direkten Austausches und des Vernetzens zu bieten und gleichzeitig spannende Themen so vielen KameradInnen ebenso wie zivilen MitarbeiterInnen zugänglich zu machen. Ganz getreu den Worten des Schweizer Ökonom Gilbert Probst: „Wissen ist die einzige Ressource, die sich vermehrt, wenn man sie teilt.“

Neben den jährlich ausgeplanten wehrpharmazeutischen Fortbildungen findet im zweijährlichen Turnus die Wehrpharmazeutische Fortbildung für Sanitätsstabsoffiziere Apotheker in leitender Funktion statt. Zwar führte die Pandemie auch hier zu einer vorübergehenden Pause, mittlerweile kann die SanAkBw gemeinsam mit dem Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr jedoch wieder auf die erfolgreiche Durchführung der Fortbildungsveranstaltung im November 2022 zurückblicken.

Dabei zeigte die beeindruckend hohe zweistellige Teilnehmerzahl nicht nur den Bedarf an derartigen Veranstaltungen auf; pharmazeutisches Personal verschiedenster Verwendungen, darunter zahlreiche ReservistInnen sowie KameradInnen im Status „a. D.“, nahmen das Fortbildungsangebot mit großem Interesse an und bereicherten die Veranstaltung mit Vorträgen sowie eigenen Erfahrungen und Impressionen. Der Blick zurück lässt bereits an dieser Stelle die Lust auf die nächsten Veranstaltungen aufkommen.

Aus persönlicher Sicht des Autors – der als Truppenfachlehrer Wehrpharmazie einen einzigartigen Dienstposten des Sanitätsdienstes bekleidet – ist es erfreulich, nach den Jahren der Pandemie den Lehrgangsbetrieb wieder aufblühen zu sehen. Nur wenige Dienstposten erlauben wohl einen so vielschichtigen und nachhaltigen Einblick in den Sanitätsdienst mit all seinen Facetten und Akteuren. Die Neu- und Weiterentwicklung von Lehrgängen sowie die Möglichkeiten digitaler Werkzeuge bieten zahlreiche Optionen, sowohl die Lehre als auch das Lernen zu gestalten und zu verbessern.