Als Sanitätsmeister in der Flotte

S. Bzdega

Ich bin 2001 in die Bundeswehr eingetreten und habe meine Grundausbildung, meine militärfachliche Maatenausbildung und den Rettungssanitäterlehrgang an der damaligen Marineversorgungsschule in List auf Sylt absolviert.

Es folgte der militärische Teil der Unteroffizierausbildung an der Marineunteroffizierschule in Plön und eine kurze Dienstzeit im Sanitätszentrum Nordholz, das zu dieser Zeit hauptsächlich für das Marinefliegergeschwader 3 zuständig war.

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Abb. 1: Einsatzgruppenversorger FRANKFURT AM MAIN.

Meine weitere Dienstzeit ist geprägt von Seefahrt (div. Einsätzen – Operation Enduring Freedom (OEF) und ATALANTA am Horn von Afrika und im Indischen Ozean, Operation Active Endavour (OAE) im Mittelmeer, Humanitärer Hilfe Tunesien, der Operation Pegasus mit dem Ziel der Eakuierung deutscher und anderer Zivilisten aus Libyen sowie diverser Übungen und Ausbildungsreisen), Ausbildung, Inübunghaltungen sowie schulische Fortbildungen.

Die erste Verwendung in der Flotte begann 2002 auf dem Einsatzgruppenversorger (EGV) FRANKFURT AM MAIN als Sanitätsmaat. Je nach Schiffsklasse und Stellenbesetzung gehören neben dem Schiffsarzt und dem Sanitätsmeister noch Mannschaften und Unteroffiziere zum Team Schiffslazarett. Hier kommt es auf jeden Einzelnen an. Seefahrt hat mir sofort Spaß gemacht und das Arbeitsumfeld (Schiffslazarett) war hervorragend.

An Bord im Schiffslazarett wurden sofort die bis dahin durchlaufenen Ausbildungsinhalte in der Praxis vertieft. Im Grunde sehe ich die gesamte Verwendungszeit auf der Frankfurt als Ausbildungszeit Diese Zeit hat mich sehr geprägt.  In dieser Zeit wurde ich zunächst zum Instrumenteur und OP-Gehilfen ausgebildet. Neben dem theoretischen Teil an der Sanitätsakademie der Bundeswehr in München hatte ich die Gelegenheit, die praktische Tätigkeit am Bundeswehrkrankenhaus Amberg zu erlernen.

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Abb. 2: Minenjagdboot KULMBACH.
Mehr maritim geprägt war die Ausbildung zum Taucherarztgehilfen in Neustadt/Holstein. Aufgabe der Taucherarztgehilfen ist die sanitätsdienstliche Sicherstellung von Tauchgängen in der Bundeswehr. Um einerseits die Belastung beim Tauchen nachvollziehen und andererseits den Tauchereinsatzleiter vor Ort unterstützen zu können, ist neben der tauchmedizinischen Theorie und der Bedienung der Taucherdruckkammer eine praktische Tauchausbildung Teil des Lehrgangs. Ich hatte Gelegenheit, diese Fähigkeiten etwas später mit der Ausbildung zum Schwimmtaucher zu vertiefen.

Mein damaliger Sanitätsmeister Stabsbootsmann B. hat den größten Anteil daran, dass ich den Weg des Berufssoldaten und Sanitätsmeisters eingeschlagen habe. Er hat mich diesbezüglich bestärkt und ermutigt mich wieder und wieder zu bewerben.

2006 wurde ich in die Bootsmannslaufbahn übernommen und ging in die Ausbildung zum Rettungsassistenten gehen. Zu diesem Zeitpunkt bzw. kurz davor erging eine Weisung, dass alle zukünftigen Sanitätsmeister Rettungsassistenten sein müssen. Der Sanitätsmeister wurde im Zusammenhang mit der besseren Qualifikation der nichtärztlichen Berufe zum Schifffahrtmedizinischen Assistenten (SchiffMedAss), wobei die Ausbildung zum SchiffMedAss auch heute noch mehrere unterschiedliche Qualifikationen umfasst. Dies ist auf Grund der Anforderungen für den Betrieb des Schiffslazaretts bei dem kleinen Personalumfang der Schiffsarztgruppe notwendig. So konnte ich nach meiner Ausbildung zum Rettungsassistenten im Lazarettregiment 21 in Rennerod und dem Anerkennungsjahr bei der Berufsfeuerwehr Bielefeld unter anderem noch die Fachkunde I und II als Technischer Sterilisationsassistent erwerben. Einige Ausbildungsanteile konnte ich noch nicht durchlaufen. Dies liegt unter anderem an der Überschneidung von Seefahrten und Lehrgangszeiträumen, verschiedener Ausbildungsmaßnahmen und allgemein der zur Verfügung stehenden Zeit.

Als Sanitätsmeister trägt man viel Verantwortung. Zunächst wurde ich auf dem Minenjagdboot KULMBACH eingesetzt. Hier war der Schwerpunkt der Arbeit die rettungsmedizinische und sanitätsdienstliche Betreuung der 37-köpfigen Besatzung. Ab 2008 war ich dann Sanitätsmeister und SchiffMedAss auf der Fregatte BRANDENBURG. 

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Abb. 3: Fregatte Brandenburg.

Ein Schiffslazarett ist eine Hausarztpraxis mit Rettungseigenschafften, die (in See) auch mal ganz auf sich allein gestellt ist. Da kommt kein Rettungswagen und holt den Pat. in den nächsten 30 min ab. Die Hauptaufgabe des SanMeisters ist es, dem Schiffsarzt ein voll einsatzfähiges (Material und Personal) Schiffslazarett zur Verfügung zu stellen, damit die medizinische Versorgung und Betreuung der Besatzung nach den Vorgaben und dem höchstmöglichen Standard gewährleistet ist. Als Sanitätsmeister gilt es, die Sprechstunde, das Personal, besondere Untersuchungen, die Einbindung des Schiffslazaretts in den Bordbetrieb in Abstimmung mit dem Schiffsarzt als Teileinheitsführer zu koordinieren. Zum normalen Tagesgeschäft gehört außerdem die gesamte Heilfürsorge, wie das Ausstellen der Vordrucke (Rezepte, Überweisungen, Genehmigungsverfahren, 90/5, WDB, Sondergenehmigungen) und die Materialbewirtschaftung der Medizingeräte sowie Arznei- Verband –und sonstige Hilfsmittel.

Sollte eine Bordfacharztgruppe (Anästhesist, Chirurg, Zahnarzt und Anästhesie-/Intensivpfleger) eingeschifft sein, gilt es diese mit in das bestehende Team zu integrieren und auch administrativ Behandlungzeit für z.B. den Zahnarzt zu schaffen.

Ein ebenfalls sehr wichtiges Aufgabenfeld umfasst die Medizingeräte. Hierbei gilt es, sowohl die Notfallgeräte wie Defibrillatoren und verschiedene Beatmungsgeräte etc., wie das Bordröntgengerät (C-Bogen), den Sterilisator und die verschiedenen Laborgeräte einsatzbereit zu halten.

Die Einsteuerung zur Instandsetzung ist nicht nur bei defekten Geräten notwendig, denn es gibt regelmäßig wiederkehrende Prüfungen, die nicht selbst durchgeführt werden können wie STK/MTK/BGVA3, Druckprüfungen etc. Die Bestellung /Rücklieferung von Arzneimitteln werden dem Schiffsarzt in der Regel unterschriftsreif vorbereitet. Auch ist die Aufbereitung von Instrumentarien jeglicher Art ist wichtig, damit dem Schiffsarzt all die Dinge zur Verfügung stehen, die er zur Behandlung benötigt. Zusätzlich kommt für längere Seefahrtvorhaben noch eine extra Ausrüstphase hinzu in der spezielle Arznei- Verband – und sonstige Hilfsmittel sowie weitere Medizingeräte und Materialien an Bord gebracht und bewirtschaftet werden müssen. Ein weiteres großes Aufgabenfeld ist die Ausbildung der Besatzung und die dazugehörige Dokumentation. All diese Dinge gilt es im Auge zu behalten. Das Leben an Bord ist das Leben in einer Gemeinschaft. Es ist nicht mit dem Alltag an Land vergleichbar.

Es ist eher wie ein kleines Dorf, einschließlich des dörflichen Klatsches und Tratschens, mit einem ganztägig verschlossenen Stadttor. Immer jedoch findet sich die Möglichkeit, fünf Minuten alleine zu sein. Das Zusammenleben an Bord kann Konflikte bringen, führt aber auch zu einer engen Gemeinschaft. Man muss zusammen arbeiten und sich auch auf den anderen verlassen können. Im Laufe der Zeit wird man kompromissbereiter und auch deutlich konfliktfähiger. Die Seefahrtzeit ist immer auch ein Reifeprozess.

Als Sanitätsmeister hat man in diesem Getriebe eine eigene Rolle zusätzlich zu der im Team des Schiffslazaretts zu erfüllen. Meistens hat man noch eine Fülle an Nebenaufgaben, etwa die Aufgabe des Hauptabschnittsbootsmannes als rechte Hand des Hauptabschnittsleiters und Schiffswachtmeisters. Ebenfalls steht hinter Aufgaben wie Unfallvertrauensperson, Schiffspostbeauftragter, stv. Hygienebeauftragter und noch vielen mehr gerne mal auf dem Geschäftsverteilungsplan in der der Spalte Verantwortlicher: SanM.

Als Sanitätsmeisterst man auch Mitglied der PUO Messe, der Gemeinschaft der Portepeeunteroffiziere an Bord. Grundsätzlich ist man aufgrund des Dienstgrades auch Vorgesetzter, und das nicht nur in fachlicher Hinsicht. Näher an/in der Truppe geht nicht.

Außer den ganzen dienstlichen Aufgaben ist es in meinen Augen ganz wichtig, als SanM seine Besatzung zu kennen. Man ist in und außer Dienst Ansprechpartner für alle Belange. So hat man immer ein Ohr am Geschehen.

Seit November 2014 bin ich nun Sanitätsmeister der F-125 Besatzung A. Mit der Einführung dieses neuen Schiffstyps gibt es nicht mehr eine Besatzung für eine Einheit, sondern insgesamt acht Besatzungen für vier Schiffe. Durch einen dadurch möglichen kontinuierlichen Besatzungstausch ist es möglich, die Einheiten länger im Einsatz zu belassen. Zurzeit bin ich in Hamburg für die Begleitung der Indienststellung der Fregatte BADEN-WÜRTTEMBERG aus sanitätsdienstlicher Sicht verantwortlich.

Während meiner Seefahrten hatte ich die Möglichkeit, viele fremde Länder und Häfen zu entdecken.

Meine Entscheidung, Sanitätsmeister zu werden, bereue ich nicht.

Datum: 10.11.2015

Quelle:

Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2015/3

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