29.10.2018 •

    Moderne Simulationsausbildung in der Notfallmedizin an der Sanitätsakademie der Bundeswehr

    Aus dem Direktorat Ausbildung und Lehre (Direktorin: Oberstarzt Dr. M. Harf) der Sanitätsakademie der Bundeswehr (Kommandeurin: Generalstabsarzt Dr. G. Krüger)

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    Ausbildungshalle
    Die Ausbildungslandschaft hat sich in den vergangenen Jahren bedeutend weiterentwickelt. So nehmen Fahrschüler nicht mehr sofort am Straßenverkehr teil, sondern beginnen ihr Fahrtraining in einem Simulator. Bevor ein angehender Pilot ein Luftfahrzeug führt, übt er in einer entsprechenden Simulationsanlage.

    Auch der Sanitätsdienst der Bundeswehr macht sich im Rahmen moderner Ausbildung das Simulationstraining zu nutze. So ist an der Sanitätsakademie der Bundeswehr (SanAkBw) simulationsgestützte Ausbildung ein fester Bestandteil verschiedener Trainings.

    Die SanAkBw in München ist das Kompetenzzentrum für Forschung, Entwicklung und Ausbildung des Sanitätsdienstes. Eine der beiden Säulen der Akademie stellt das Direktorat Ausbildung und Lehre Gesundheitsversorgung der Bundeswehr dar, welches die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Soldatinnen und Soldaten des Sanitätsdienstes sicherstellt. Die Vorbereitung und Durchführung einer Vielzahl unterschiedlicher Trainings bilden dabei das „Herzstück“ des Direktorats.

    Um eine realitätsnahe, methodisch anspruchsvolle und kompetenzorientierte Ausbildung gewährleisten zu können, werden in der präklinischen notfallmedizinischen Ausbildung in unterschiedlichen Trainings – Notfallmedizin für Ärzte, Einsatznotfallsanitäter und Einsatzsanitäter – in einer Ausbildungshalle simulationsgestützte Praxisausbildungen durchgeführt.

    Diese Ausbildungshalle wurde multifunktional gestaltet, um verschiedene Szenarien darstellen zu können.

    Unmittelbar angrenzend an die Halle befinden sich zudem zwei Schießsimulatoren. Das Setting zeigt z. B. ein Einsatzszenario mit den Bestandteilen eines Checkpoints. Des Weiteren befindet sich in der Ausbildungshalle ein vollumfassend funktionstüchtiger Aufbau (Missionsmodul) eines schweren geschützten Sanitätskraftfahrzeug GTK BOXER (sgSanKfz) sowie ein Einheitszelt. Ergänzt wird die Ausstattung durch eine derzeit angemietete Audio/Video-Debriefing-Anlage (A/V-Anlage) mit der gleichzeitig bis zu vier unterschiedliche Kameraperspektiven aufgezeichnet werden können. Darüber hinaus steht noch eine Steuerungskabine zur Überwachung der Simulationspuppen und Kameratechnik zur Verfügung.

    Mit der Implementierung der praxisorientierten Ausbildung in Trainings werden die Teilnehmenden in die Lage versetzt, theoretisch erlernte Kenntnisse unter realitätsnahen Voraussetzungen umzusetzen. Dabei sehen sich die Trainingsteilnehmenden verschiedenen notfallmedizinischen Handlungssituationen gegenüber, die sie abarbeiten müssen. Die verschiedenen Phasen der Taktischen Verwundetenversorgung können somit im Rahmen der Trainings abgebildet werden.

    Ein erstes geübtes Szenario stellt sich wie folgt dar:

    Die Trainierenden finden am Checkpoint eine durch eine Minenexplosion schwer verwundete Person vor.

    Der Auftrag lautet hier, die Person in Deckung zu bringen, die starke Blutung der Amputationsverletzung zu stoppen, den Kreislauf stabil zu halten, die Transportfähigkeit herzustellen und anschließend den Verwundeten in das sgSanKfz zu verbringen.

    Dort arbeiten die Trainierenden unter absolut realitätsnahen Bedingungen.

    Die verwundete Person muss hier an das Monitoring angeschlossen und soweit stabilisiert werden, dass sie einen anstehenden Transport übersteht. Durch den Einsatz einer A/V-Anlage kann das Ausbildungspersonal den Verlauf aus der Steuerungskabine sehen und aktiv beeinflussen. Die Trainierenden werden so vor weitere Herausforderungen gestellt.

    Außerdem kann durch die Nutzung der Anlage der nicht aktiv in das Übungsgeschehen eingebundene Teil der Gruppe die medizinischen Handlungen als Live-Stream in einem dafür vorgesehenen Raum verfolgen und somit ebenfalls passiv an dem Geschehen teilnehmen.

    Ein solches Szenario umfasst eine Dauer von 12 bis 15 Minuten und wird mittels der A/V-Anlage in Bild und Ton aufgezeichnet. Das Ausbildungspersonal verfolgt während des Ablaufes eines Szenarios die Handlungen über die Bilder der vier Kameras und steuert gleichzeitig die Simulationspuppen. Unmittelbar nach Beendigung des Szenarios wird zur Optimierung des Lernerfolgs unter Zuhilfenahme des vorübergehend aufgezeichneten Fallbeispiels dieses in einem Debriefing mit den Teilnehmenden nachbesprochen und ausgewertet. Die beschriebene Durchführung dieser Ausbildungsform mit Hilfe von A/V-Debriefing-Anlagen findet bereits seit Jahren in zivilen medizinischen Ausbildungseinrichtungen Anwendung und gilt als etabliertes Verfahren.

    Eine moderne, an den Auftrag und die Einsätze der Bundeswehr ausgerichtete Ausbildung wird in dieser Weise an der SanAkBw kompetenzorientiert durchgeführt.

    Die Simulationsausbildung hat den Zweck, medizinische Maßnahmen unter realitätsnahen Verhältnissen, aber auch unter Einsatzbedingungen zu trainieren, um Behandlungsfehler bei der realen Patientenversorgung zu vermeiden. Da die Systeme ständiger technischer Weiterentwicklung unterliegen und somit lebensechter werden, gewinnt die Simulationsausbildung somit immer mehr an Bedeutung. Des Weiteren geht man davon aus, dass unter Einbeziehung des Crises Resource Management (CRM) die durch Menschliche Faktoren bedingten Fehler und Zwischenfälle stark reduziert werden können. Die Trainingsteilnehmenden dürfen und sollen somit Fehler machen, um mit einem größtmöglichen Lernerfolg in die tägliche Patientenversorgung zurückzukehren.

    Die Erfahrungen mit der Simulationsausbildung mit anschließendem Debriefing als zeitgemäße Lehrmethode können künftig auch in weiteren Trainings integriert werden. Der Simulationsausbildung wird auch bei der Internationalisierung von Trainings eine wichtige Bedeutung zukommen.

    Aufgrund der dargestellten Vorteile der simulationsgestützten Ausbildung wurde von Seiten der SanAkBw eine Initiative geschrieben, mit dem Ziel moderne Ausbildungstechniken wie die Audio/Video-Debriefing-Anlagen langfristig in die Ausbildung an der Sanitätsakademie implementieren zu können. 

    Bildernachweis: Alle Bilder M. Lerchenmüller und K. Bartonicek

    Anschrift des Verfassers:
    Oberleutnant Michael Lerchenmüller
    Sanitätsakademie der Bundeswehr
    Abteilung D / VI. Inspektion
    Neuherbergstraße 11, 80937 München
    Telefon: 089 / 99 26 92 - 42 29
    E-Mail: MichaelLerchenmueller@Bundeswehr.org



    Datum: 29.10.2018

    Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 3/2018

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