18.12.2023 •

Parlamentarischer Abend der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie

M. Schiller

Referenten, Ehrengäste und Vertreter von Fachgesellschaften auf dem Parlamentarischen Abend
Concept Photography Berlin

Die Deutsche Gesellschaft für Mund-, ­Kiefer- und Gesichtschirurgie lud am 13.03.2023 die Abgeordneten des Deutschen Bundestages zu einem Parlamentarischen Abend zum Thema „Die Behandlung und Rehabilitation von Gesichtsverletzungen im wehrmedizinischen Kontext“ in die Landesvertretung Hamburg ein. 

Nach Begrüßung durch Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, die unterstrich, dass der Krieg in der Ukraine eine Zeitenwende darstelle und die Diskussionen über die Wehrmedizin und die Versorgung von Kriegsverletzten wieder deutlich intensiver zu erfolgen habe, referierte Prof. Dr. Dr. Andrea Rau (Universität Greifswald) über die historische Entwicklung der Kieferchirurgie und zeigte sehr eindrucksvoll die Entstehung des Faches aus den Disziplinen Zahnmedizin und Chirurgie. Dabei wurde nicht nur die rein historische Entwicklung aufgezeigt, sondern auch Bezug zu den Zahlen der Verwundeten auf den Gefechtsfeldern beider Weltkriege genommen.  

Der zweite Vortragende, Oberfeldarzt Prof. Dr. Marcus Schiller (Sanitätsversorgungszentrum Seedorf), nahm die Zahlen der Verwundeten und die Beteiligung des Gesichtsschädels an den Kriegstraumata aus der Historie auf und setzte sie in Relation zu den Zahlen aus den Einsätzen in Afghanistan, bei welchen der Bereich Kopf und Hals die zweithäufigsten Verletzungsmuster darstellte. Zusätzlich zeigte er auf, wie die Verteilung der Sanitätskräfte auf dem Gefechtsfeld erfolgt. Die Bundeswehr hat unterschiedliche Ebene der Versorgung geschaffen, beginnend mit der Role 1, die sich in unmittelbarer Nähe der eigentlichen Kämpfe befindet. Diese Einrichtung ist leicht und schnell einsetzbar (innerhalb von 30 Minuten) und verfügt über einen Fachzahnarzt für Oralchirurgie. Sie stellt die erste medizinische Versorgungsebene zur Herstellung der Transportfähigkeit dar, soll eine erste Sichtung der Verwundeten vornehmen und sie triagieren – also in eine Transportkategorie einteilen.  

Die Role 2 ist deutlich größer ausgebracht, nicht mehr rein zeltbasiert und wie die Role 1 hochmobil. Auf dieser Behandlungseben erfolgt eine erste chirurgische Versorgung. Auch hier ist ein Fachzahnarzt für Oralchirurgie vertreten und in die Versorgung mit eingebunden. Von der Role 2 geht es als nächstes in die Role 3, eine Versorgungseinrichtung, welche nicht mehr in Zelten und Containern untergebracht ist, sondern sich in festen Einrichtungen befindet. Von den medizinischen Möglichkeiten her ist dieses Element mit einem Kreiskrankenhaus (einschließlich Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie sowie Oralchirurgie) vergleichbar. Von dort werden Verwundete in die Role 4, was den Heimatkliniken auf Maximalversorgungsniveau entspricht, transportiert. Hierbei handelt es sich neben Bundeswehrkrankenhäusern in erster Linie auch um zivile Einrichtungen wie z. B. die Universitätskliniken in Deutschland. Dort werden die Patienten final rekonstruiert und therapiert, um dann gegebenenfalls in die Role 5, die Reha-Einrichtungen, zu wechseln.  

Der letzte Vortragende, Oberstarzt Prof. Dr. Dr. Alexander Schramm (Bundeswehrkrankenhaus Ulm), schloss sich mit seinem Vortrag nahtlos an Prof. Schiller an, indem er die definitive Rekonstruktion und finale Wiederherstellung von gesichtsversehrten Patienten demonstrierte. Er ging vor allem auf die Besonderheiten und technischen Anforderungen bei der Wiederherstellung von ausgedehnten Gesichtsdefekten ein und betonte die Komplexität und die daraus notwendige Interdisziplinarität, bestehend aus Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen sowie Oralchirurgen und Zahnärzten, da das Gesicht im Vergleich zu einer Extremität deutlich komplexer zu versorgen ist und ein entstelltes Gesicht für die Betroffenen deutlich Einschränkender in der Lebensqualität ist.  

Alle drei Referenten zeigten durch ihre Vorträge den eigenen Fachgesellschaften und Standesvertretungen die Notwendigkeit auf, sich mit dem Thema der Wehrmedizin und den Unterschieden zur Behandlung im zivilen Versorgungsbereich zu beschäftigen, insbesondere aufgrund der veränderten Gefahrenlage. Sie zeigten den anwesenden Parlamentariern, dass der Fachbereich der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde vor dem Hintergrund der Wehrmedizin eine nicht unerhebliche Rolle spielt und den wesentlichen interdisziplinärer Baustein in der Versorgung von komplexen Gesichtsverletzungen darstellt.



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