Kann die ungeschützte Stirnhaut nach zahnärztlicher aerosol- und tröpfchenproduzierender Behandlung eine potenzielle Infektionsquelle sein?
Madline Gund, Gabor Boros, Matthias Hannig, Sigrid Thieme-Ruffing, Barbara Gärtner, Stefan Rupf
Zusammenfassung
Hintergrund: Die horizontale und vertikale Übertragung von Mikroorganismen birgt in der Zahnmedizin sowohl für Patienten als auch für medizinisches Personalein Risiko. In diesem Zusammenhang wurde die bakterielle Kontamination der Gesichtshaut und der Schutzausrüstung von Zahnärzten durch behandlungsbedingte Aerosole und Tröpfchen bisher nur wenig untersucht.
Methoden: Die mikrobielle Kontamination der ungeschützten Stirnfläche wurde bestimmt und mit der Keimbelastung von während aerosolerzeugender zahnmedizinischer Maßnahmen getragenen Mund-Nasen-Schutzmasken verglichen. Der Nachweis erfolgte durch aerobe und anaerobe Kultivierung der gewonnenen Proben und MALDI-TOF-Massenspektrometrie.
Ergebnisse: Obligat und fakultativ orale Bakterien wurden sowohl auf den Stirnflächen der behandelnden Zahnärztinnen und Zahnärzte als auch auf den Mund-Nasen-Schutzmasken gefunden. Orale Spezies wurden auf 75 % der chirurgischen Masken und auf 34 % der Stirnflächen nachgewiesen, womit die Wahrscheinlichkeit einer Kontamination der Mund-Nasen-Schutzmaske im Vergleich zur Stirnfläche der Probanden um das 2,5-fache höher lag. An beiden untersuchten Lokalisationen wurden folgende Mikroorganismen aufgefunden: Staphylococcus epidermidis, Staphylococcus capitis, Streptococcus oralis, alpha – hämolysierende Streptokokken, Acinetobacter lwoffii und Staphylococcus hominis.
Diskussion und Schlussfolgerung: Aerosolerzeugende zahnmedizinische Maßnahmen sind ein Kontaminationsrisiko für die ungeschützte Gesichtshaut und die Mund-Nasen-Schutzmasken des Behandlungsteams und können damit durch Kreuzkontamination selbst Kontaminationsquellen für Patienten, Umgebung und Behandelnde sein. Natürliche Abwehrmechanismen der Haut scheinen eine Neubesiedlung zu erschweren oder einzelne Mikroorganismen nach erfolgter Kontamination zu eliminieren.
Im Rahmen der Arbeitsplatzhygiene sollten gut hautverträgliche Desinfektionsmittel zum Einsatz kommen, die Schutzmaske nach jeder Behandlung gewechselt werden, ggf. ein Visier getragen werden und ein Berühren der Maske unterbleiben.
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Wehrmedizinische Monatsschrift 4/2022
Oberstabsarzt d. R. Dr. Madline Gund, MBA
Universitätsklinikum des Saarlandes
Klinik für Zahnerhaltung, Parodontologie und Präventive Zahnheilkunde
66424 Homburg/Saar
E-Mail: madline.gund@uks.eu