Seiteneinsteiger im Kommando

„Es hat sich viel verändert“ resümiert Stabsarzt Rüdiger Minnich, der seit einem Jahr zum Team der kleinsten Abteilung des Kdo SanDstBw in Koblenz, der Abteilung C mit dem Schwerpunkt Krankenhausmanagement, gehört.

Fast 30 Jahre alt sind die im Namen der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Urkunden, die ihm der damalige Stellvertreter des Amtschefs und Chef des Stabes des Sanitätsamtes in Bonn, Generalarzt Dr. Borkowski, zur Verabschiedung am Ende seines Grundwehrdienstes überreicht und ihm dabei alles Gute für das anschließende Medizinstudium in Bonn gewünscht hatte. Dass er nun, nach Jahren der Tätigkeit im zivilen deutschen Gesundheitswesen wieder zur Bundeswehr zurückgekehrt ist, hat auch eine Menge mit den offensichtlich positiven Erlebnissen von damals zu tun.

Heute ist Minnich 50 Jahre alt, verheiratet und stolzer Vater zweier Jungs, mit denen er in der knappen Freizeit so viel Zeit verbringt, wie es ihm möglich ist. Und er lebt noch immer in Bonn, seiner Geburtsstadt, wohin es ihn stets zurückzog.

Nach dem Studium der Humanmedizin und Medizin-Informatik prägten die Krankenhäuser im Köln/Bonner Raum die ersten Jahre seiner beruflichen Tätigkeit. Neben der kurativen Betätigung entwickelte er dabei sehr schnell ein besonderes Interesse für die betriebswirtschaftlichen Aspekte des Krankenhauswesens, wo in zunehmendem Maße nicht nur Mediziner, sondern insbesondere auch Spezialisten in Sachen Krankenhausorganisation gefragt waren.

Die Kombination von Medizin und betriebswirtschaftlichem Know-How war in der Umbruchphase der 90er Jahre geprägt vom zunehmenden Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung mit exklusivem Expertenwissen einiger weniger Systemanbieter. Gerade PC-basierte Krankenhausinformationssysteme schossen wie Pilze aus dem Boden, die zwar einiges versprachen, aber viel zu wenig hielten. Immer wieder kam es zu extremen finanziellen Anstrengungen der Häuser bei fehlender Praxisorientierung im medizinischen Einsatz. So erstaunt es nicht, dass Minnich in diesen Jahren bei großen Krankenhausträgern wie dem Malteser Krankenhaus Bonn-Hardtberg oder dem Ev.-Jung-Stilling-Krankenhaus Siegen die Welt der Krankenhäuser vom Keller bis unters Dach analysierte und als Schnittstelle zwischen Medizin und Ökonomie in verschiedensten Funktionen tätig war.

Die Einführung neuer Krankenhausinformationssysteme stellt auch heute noch den komplexen Apparat Krankenhaus immer wieder vor größte Herausforderungen und insbesondere aufgrund der zunehmenden Prozessorientierung entwickelten sich Schwerpunkte wie die Einführung von Fallpauschalen und Zusatzentgelten, den DRG’s (Diagnosis Related Groups), welche zunehmend die wichtigste Bedeutung in den Deutschen Krankenhäusern bekamen.

Meilensteine der beruflichen Tätigkeit von Rüdiger Minnich waren in der Regel Sonderaufgaben wie die Umsetzung der Malteser Corporated Identity Richtlinien aller Malteser Einrichtungen oder seine Tätigkeit als Versorgungsanalytiker der viertgrößten privaten deutschen Krankenversicherung mit Anpassungen des Medizinischen Gesundheitsmanagements und der Entwicklung von Case- und Disease-Management Modellen.

In vielen operativen und strategisch beratenden Tätigkeiten, als Krankenhauscontroller, Leiter IT, Datenschutzbeauftragter im Onkologischen Schwerpunkt NRW oder Beauftragter Telemedizin wurde Minnich immer wieder mit neuen Herausforderungen konfrontiert.

Lebenslanges Lernen und das fortwährende Erwerben betriebswirtschaftlicher Zusatzqualifizierungen gehören im Krankenhausmanagement zum Alltagsgeschäft. Wo früher der Kaufmann im Gesundheitswesen und der Betriebswirt zum Standard gehörten, sind heute Bachelor- und Master-Qualifizierungen die Regel. Aber Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit im Krankenhaus ist insbesondere auch eine gesunde Portion Neugier und ein Gespür für die Menschen, die dort arbeiten – und die hat Minnich schon immer gehabt.

Besonders im wirtschaftlich erfolgsorientierten Gesundheitswesen, wie z. B. bei den Budgetverhandlungen für Krankenhäuser, gilt: „Wissen ist Geld“ – und so freute es Minnich, als er die Möglichkeit bekam, im Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus an der Erstellung der Systematik von Fallpauschalen und Sonderentgelten für alle deutschen Krankenhäuser mitwirken zu dürfen und auch einmal „hinter die Kulissen“ des verbindlichen pauschalierten Abrechnungsverfahrens blicken zu können. 

Heute freut er sich über die Herausforderungen, denen er sich in einem besonderen Krankenhausträger wie der Bundeswehr stellen möchte, und bringt seine Erfahrungen aus der zivilen Welt immer wieder mit ein.

Eigene Ideen direkt umzusetzen, zu testen und Erwartungen über Auswirkungen von Veränderungen im Klinikalltag auch durch den Computer bestätigen zu können, das ist für ihn das „Salz in der Suppe“ – so Rüdiger Minnich, der unter anderem kybernetische Personalbedarfssimulationen oder computerbasierte Prozessimulationen zur Abbildung des gesamten Krankenhausgeschehens von der Grundlage auf entwickelt und auch selbst programmiert hat.

Die Veränderungen in den fünf Bundeswehrkrankenhäusern befinden sich aufgrund der Einnahme der neuen Zielstruktur 2020 gerade in einer sehr spannenden Phase und sind mit unterschiedlichsten Herausforderungen, aber auch interessanten Einblicken verbunden. Für Abwechslung ist darüber hinaus durch die regelmäßigen Rufbereitschaften für PECC/MEDEVAC oder EBOLA gesorgt, wo zusätzlich auch immer wieder der Notfallmediziner aktiv gefragt ist.

Minnich setzt heute auf das Erfolgsmodell „Systemverbund Bundeswehrkrankenhäuser“ und möchte die Stärken, Möglichkeiten und Chancen des Systems deutlicher hervorgehoben wissen.

Auch wenn die Schultern von Rüdiger Minnich „nur“ Stabsarzt-Klappen zieren, zählt hier in erster Linie Fachkompetenz, Erfahrung und eigenes Engagement und der Einstiegsdienstgrad der Mediziner in der Bundeswehr stört ihn selten – auch wenn die Kameraden den „lebenserfahrenen“ Kollegen aus Neugier doch immer wieder darauf ansprechen. Für seinen Abteilungsleiter ist Minnich die „Geheimwaffe“, die dann ins Feld geführt wird, wenn Kreativität und Innovation gefragt sind.

Trotz der vielen Aufgaben bleibt Minnich daneben noch immer Zeit für seine notärztliche Tätigkeit als Mitglied im Bund Deutscher Chirurgen, für die Arbeitsgemeinschaft Notärzte in Nordrhein-Westfalen und natürlich sein Hobby der Musik. Auch außerhalb der Klinik versucht der Krankenhausspezialist für Sonderaufgaben, eine gute Figur zu machen, ob als Pianist oder am Tenor-Saxophon.

Seit dem 1. Januar 2015 ist Stabsarzt Minnich nun im Bereich C 5 Controlling eingesetzt. „Zeit für neue Aufgaben“ sagt er und legt die alten Urkunden zurück in den Ordner.

Aufmacherbild: Martin Büdenbender/pixelio.de

Datum: 31.03.2015

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