15.05.2017 •

    Die Entwicklung der Abteilung Medizin im ZInstSanBw München

    Aus der Abteilung Medizin (Abteilungsleiter: Oberfeldarzt W. Bock) des Zentralen Institutes des Sanitätsdienstes der Bundeswehr München (Leiter: Oberstapotheker Dr. T. Zimmermann)

    Anfang 1967 nahm die Untersuchungsstelle für Hygiene und Medizin im Wehrbereich VI in der Tengstraße in München ihre Arbeit auf. 1973/1974 wurde diese Untersuchungsstelle in die Medizinische Untersuchungsstelle VI umbenannt und wechselte 1973 den Standort in die Cincinnatistraße und anschließend 1974 in die Hermann-Schmidt-Straße.

    Im Jahr 1977 zogen die Veterinärmedizinische Untersuchungsstelle, die Medizinische Untersuchungsstelle und das Institut für Wehrpharmazie und Lebensmittelchemie in die Hamburger bzw. Schleißheimer Straße. 1985 wurden die drei selbstständigen Dienststellen zum Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr München zusammengefasst. Es gliederte sich in sieben Fachbereiche: Pharmazie, Lebensmittelchemie, Ökochemie, Radiochemie und Radiologie, Kampfstoffanalytik, Medizin und Veterinärmedizin.

    Nach einer organisatorischen Neugliederung in die drei Laborabteilungen Medizin (I), Veterinärmedizin (II) sowie Pharmazie und Lebensmittelchemie (III) im Jahr 1993 erfolgte 2004 eine erneute Umgliederung des zwischenzeitlich in seinen Neubau in Garching im Norden Münchens umgezogenen Instituts, die bis heute Bestand hat.

    Heutige Gliederung und Fähigkeiten

    Die Abteilung Medizin setzt sich aktuell aus den Laborgruppen Mikrobiologie und Immunologie zusammen.

    In der Laborgruppe Mikrobiologie ist der Aufgabenschwerpunkt die Diagnostik menschlicher Infektionskrankheiten, die durch Bakterien, Viren, Pilze bzw. Parasiten verursacht werden. Darüber hinaus arbeiten die Ärzte dieser Laborgruppe an der Kontrolle und Steuerung der Behandlung von Infektionskrankheiten im Bundeswehrkrankenhaus Ulm.

    Im „Varialabor“ werden Bakterien und Hefen aus unterschiedlichen Patientenmaterialien wie Abstrichen, Sekreten, Urin oder Blut nachgewiesen. Nach einer mikroskopischen Untersuchung, deren Ergebnis bereits richtungsweisend sein kann, werden die Keime auf den verschiedenen Agar-Nährmedien angezüchtet. Aufgrund ihrer biochemischen bzw. antigenen Eigenschaften können die Keime dann identifiziert werden. Mit speziellen Verfahren, bei denen dem Nährmedium Antibiotika zugesetzt werden oder in dieses hineindiffundieren, wird ermittelt, ob ein angezüchteter Keim für bestimmte antibakteriell wirksame oder gegen Pilze gerichtete Arznei­stoffe sensibel oder resistent ist. Danach kann der Mikrobiologe dem behandelnden Arzt vor Ort eine Auswahl der für die Therapie in Frage kommenden Antiinfektiva  mitteilen. Wobei Keimart, Keimmenge und der Entnahmeort des Patientenmaterials  sowie akute Symptome und gegebenenfalls vorhandene Grunderkrankungen des Patienten in die Beurteilung des Befundes mit einfließen.

    Zunehmend an Bedeutung gewinnt im „Varialabor“ die Diagnostik von multiresistenten Erregern. Im Vorfeld wurden Kriterien festgelegt, die aus einem neu aufzunehmenden Patienten diesbezüglich einen Risikopatienten machen. Die Ärzte des Bundeswehrkrankenhauses Ulm leiten in einem solchen Fall Screening-Abstriche ein. Durch Selektiv- und Indikatornährmedien werden multiresistente Keime angezüchtet, identifiziert und die genaue Antibiotikaresistenzlage festgestellt. Anhand der Ergebnisse werden entsprechende Hygienemaßnahmen im Krankenhaus eingeleitet, um eine weitere Verbreitung dieser Keime zu verhindern.

    Im „Stuhllabor“ wird eine umfangreiche Diagnostik auf diverse Durchfallerreger durchgeführt. Dabei müssen die pathogenen Keime auf mehreren Selektiv- und Indikatornährmedien aus der großen Menge an physiologischen Darmbakterien isoliert und angereichert werden. Darüber hinaus umfasst die Diagnostik je nach Fragestellung die Suche nach bestimmten Bakteriengiften bzw. Viren, die ebenfalls eine Durchfallerkrankung verursachen können. Besteht der Verdacht auf eine durch Darmparasiten hervorgerufene Erkrankung werden mikroskopische und zum Teil auch immunologische Nachweise angewandt. Diese Untersuchungen spielen besonders bei den Auslandsrückkehrern eine wichtige Rolle.

    Im „Tuberkuloselabor“ werden spezielle Techniken der Anreicherung und Färbung zum Nachweis bzw. Ausschluss von Mykobakterien eingesetzt. Im „Pilzlabor“ werden Dermatophyten, Hefen und Schimmelpilze aus Patientenmaterial kultiviert und identifiziert. Darüber hinaus steht der Abteilung für bestimmte mikrobiologische Fragestellungen das molekularbiologische Verfahren der PCR (engl. Polymerase Chain Reac­tion) zur Verfügung.

    Neben dem Patientenmaterial werden zur Überwachung der Hygiene in den regionalen Sanitätseinrichtungen sowie dem Bundeswehrkrankenhaus Ulm auch patientenfremde Abstriche bzw. Abklatsche untersucht. Die Keimzahlbestimmung und die Keimidentifikation stehen hierbei im Vordergrund.

    Im „infektionsimmunologischen Labor“ werden mikroskopische und immunologische Verfahren eingesetzt, um einen Nachweis von Antikörpern gegen Viren und Bakterien, aber auch gegen Pilze und Parasiten zu erbringen. Hierbei kann durch die Bestätigung erregerspezifischer Antikörper auch eine Aussage darüber getroffen werden, inwieweit Impfungen bei einem Patienten wirksam waren.

    In der Laborgruppe Immunologie ist der Aufgabenschwerpunkt die Diagnostik von Immunkrankheiten, wie z. B. Allergien und der Nachweis von Autoimmunkrankheiten, wie z. B. rheumatische Erkrankungen, sowie der Bestimmung von Hormonen und Tumormarkern im Blut. Eine Vielzahl von Krankheiten können durch den sinnvollen Einsatz immunologischer Methoden diagnostiziert und dann gezielt behandelt werden.

    Antibiotic Stewardship

    Aufgrund der immer weiter zunehmenden Antibiotikaresistenz ist eine rationale Antibiotikatherapie (Antibiotic Stewardship) notwendig geworden. Hierunter versteht man das programmatische und nachhaltige Bemühen einer medizinischen Einrichtung um Verbesserung und Sicherstellung der entsprechenden Verordnungspraxis. Dabei werden Strategien und Maßnahmen herangezogen, die die Qualität der Antibiotikabehandlung bezüglich Auswahl, Dosierung, Applikation und Anwendungsdauer sichern, um das beste klinische Behandlungsergebnis unter Beachtung einer minimalen Toxizität für den Patienten zu erreichen. So ergibt sich in der Praxis folgender Leitgedanke für den Umgang mit Antibiotika: „So schmal wie möglich, so breit wie nötig“. Dies kann durch strikte Indikationsstellungen, gezielte und ggf. verkürzte Behandlungen, reduziertem Einsatz von Reserveantibiotika, therapeutisches Drugmonitoring und ggf. Anpassung der Substanzen realisiert werden. Antibiotic Stewardship-Programme, die mehrere Maßnahmen bündeln, haben einen günstigen Einfluss auf die Resistenz-, aber auch die Kosten- und Verbrauchs­entwicklung.

    Antibiotic Stewardship im Bundeswehrkrankenhaus Ulm ist ein wesentlicher Bestandteil der ärztlichen Tätigkeit in der Abteilung Medizin. Es umfasst einmal die tägliche telefonische Beratung der behandelnden Ärzte nach den oben genannten Kriterien. Zusätzlich findet einmal pro Woche eine persönliche Vorort-Visite in Ulm statt, in der unter anderem spezielle Fragestellungen oder langwierige Krankheitsverläufe genauer besprochen werden.

    Der Abteilungsleiter Medizin ist darüber hinaus Mitglied sowohl in der Hygiene-, als auch in der Antibiotikakommission des Bundeswehrkrankenhauses Ulm. Eine enge Zusammenarbeit mit dem Krankenhaushygieniker wird zudem gepflegt. Als eine Maßnahme des Antibiotic Steward­ship wurde in Kooperation mit den Infektiologen die Leitlinie zur perioperativen Antibiotikaprophylaxe für das Bundeswehrkrankenhaus Ulm erarbeitet. Zusätzlich beobachtet die Abteilung Medizin die Resistenzentwicklung mittels Statistiken.           

    Hier werden nicht nur die Wertigkeiten der multiresistenten Erreger bestimmt und über die Zeit dokumentiert, sondern auch festgestellt welche Antibiotikagruppen im Verlauf resistenter werden. Die dadurch gewonnenen Daten fließen ebenfalls in die Beratung der behandelnden Ärzte mit ein, um die Resistenzentwicklungen im Bundeswehrkrankenhaus Ulm positiv zu beeinflussen.

    Interdisziplinäre Zusammenarbeit

    Das Zentrale Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr München zeichnet sich durch seine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit der einzelnen Abteilungen des Hauses aus. So wird die Arbeit der Abteilung I Medizin durch die Unterstützung der Abteilung II Veterinärmedizin, der Abteilung III Lebensmittel- und Ökochemie und der Abteilung IV Pharmazie ergänzt.

    Die Abteilung II Veterinärmedizin mit der Laborgruppe Nährmedien, Herstellung, Entsorgung, Sterilisation stellt eine Großzahl der Nährmedien her, die in der Abteilung Medizin zur Keimanzucht verwendet werden. Bei dem Verdacht auf bakterielle Ausbrüche sowohl im Bundeswehrkrankenhaus Ulm, als auch in den regionalen Sanitätseinrichtungen unterstützt die Abteilung II Veterinärmedizin ebenfalls. Sobald eine Keim­arthäufung bei mehreren Patienten einer Station bzw. Einrichtung durch die Ärzte der Abteilung Medizin festgestellt wird, kann durch verschiedene Typisierungsverfahren in der Laborgruppe veterinärmedizinische Mikrobiologie der Abteilung II nachgewiesen werden, ob es sich bei der entsprechenden Keimart jeweils um den gleichen Stamm handelt. Sollte dies der Fall sein, müssen die Hygienemaßnahmen der entsprechenden Einrichtung überprüft und ggf. angepasst werden.

    Die Abteilung III Lebensmittel- und Ökochemie mit der Teileinheit Chemisch-toxikologische Untersuchungen prüfen Urinproben, verdächtige Gegenstände aber auch andere Substanzen auf das Vorhandensein von klassischen Suchtstoffen, wie z. B. Haschisch. Darüber hinaus können Arzneimittel, die missbräuchlich als Suchtmittel dienen, nachgewiesen werden. Dieses „Drogenscreening“ unterstützt die Ärzte der Bundeswehrkrankenhäuser und der regionalen Sanitätseinrichtungen bei dem Verdacht auf einen möglichen Drogen- oder Arzneimittelmissbrauch.

    Die Abteilung IV Pharmazie mit der Laborgruppe Arzneimitteluntersuchung übernimmt die Bestimmung von therapeutischen Antibiotikakonzentrationen im Blut. Hierbei kann abhängig vom Entnahmezeitpunkt sowohl der Tagesspiegel als auch der Spitzenspiegel bestimmt werden. Diese Informationen sind für den Kliniker nicht nur für den Einsatz von Antibiotika mit geringer therapeutischer Breite sehr wichtig, sondern auch ein wichtiger Baustein des Antibiotic Stewardship.

    Darüber hinaus verfügt das ZInstSanBw München über die Möglichkeit mit Hilfe der MALDI-TOF-MS (Matrix-assistierte Laser-Desorption/Ionisation - time of flight mass spectrometry) Keimarten genau zu identifiziert, die in der Routinearbeit nur eine unspezifische Bestimmung erlauben. Eine Anwendung dieser Methode in der Routinediagnostik der Bakteriologie und Mykologie  der Abteilung I ist vorgesehen.

    Die Zukunft der Abteilung Medizin

    In absehbarer Zukunft steht der Abteilung I Medizin eine organisatorische Umstrukturierung bevor. Hierbei soll die Abteilung als eigene Sektion in der Abteilung Laboratoriumsdiagnostik des Bundeswehrkrankenhauses Ulm hervorgehen. Diese Neugliederung soll noch im Jahr 2017 vollzogen werden. z

     

    Anschrift der Verfasserin
    Oberstabsarzt Dr. Melanie Grube
    Abteilung I Medizin
    Zentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr München
    Ingolstädter Landstraße 102
    85748 Garching
    E-Mail: ZInstSanBwMuenchenAbteilungIMedizin@bundeswehr.org
    E-Mail: MelanieGrube@bundeswehr.org

    Datum: 15.05.2017

    Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2017/01

    Meist gelesene Artikel