26.03.2021 •

DGTI: Transfusionsmediziner finden Ursache für Hirnvenenthrombosen

Ulm – Bei einer Impfung gegen das SARS-CoV-2-Virus kommt es zu Reaktionen des Immunsystems. In sehr seltenen Fällen können dabei Komplikationen entstehen, wie beispielsweise Thrombosen. Experten der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie e.V. (DGTI) haben jetzt jedoch herausgefunden, warum es zu solchen Reaktionen kommt und wie diese behandelt werden können. Die Fachgesellschaft bewertet diese Ergebnisse als einen Meilenstein für die Bewältigung der Corona-Pandemie.

Im Zusammenhang mit der Impfung mit dem AstraZeneca Vakzin können in sehr seltenen Fällen Hirnvenenthrombosen auftreten. Dabei kommt es zum Verschluss einer Vene im Gehirn – ausgelöst durch ein Blutgerinnsel. Transfusionsmediziner um den Greifswalder Forscher Professor Dr. med. Andreas Greinacher haben herausgefunden, was diese Thrombosen auslöst und wie diese behandelt werden können.

 „Dies ist ein echter Fortschritt, denn die Menschen können sich nun bedenkenlos mit diesem Impfstoff impfen lassen“, so Greinacher zur Bedeutung der Forschungsergebnisse. Die Komplikationen treten ohnehin nur in extrem seltenen Fällen auf. „Sollten die Hirnvenenthrombosen zukünftig auftreten, können wir sie erfolgreich behandeln“, so der Experte, der Leiter der Abteilung Transfusionsmedizin am Institut für Immunologie und Transfusionsmedizin der Universitätsmedizin Greifswald ist. 

Nach einer Impfung bildet der Körper Abwehrstoffe. In sehr seltenen Fällen bilden Geimpfte spezielle Antikörper, die sich an Thrombozyten, auch Blutplättchen genannt, binden. Die Blutplättchen werden durch die Bindung aktiviert. Normalerweise dichten diese Thrombozyten bei der Wundheilung Schädigungen an Gefäßen ab, damit es zum Stopp einer Blutung kommt. Werden Blutplättchen aktiviert, ohne dass eine Blutung besteht, können sich Gerinnsel im Blut bilden, welche die Gefäße verstopfen können. Es kommt zu einer sogenannten Thrombose.

 „Was genau die Bildung der speziellen Antikörper auslöst, ist noch unklar, daran forschen wir weiter“, so Greinacher. 

Transfusionsmediziner um Professor Greinacher haben jetzt das Blut von sieben Betroffenen untersucht, um die Entstehung der Thrombosen nachzuvollziehen. Außerdem haben die Forscher ein Testverfahren entwickelt, das hilft, die nach der Impfung auftretenden Antikörper zu erkennen.

 „Dieses Verfahren testet, ob die speziellen Abwehrstoffe im Blut vorhanden sind. Dieser Test kann angewendet werden, wenn es nach der Impfung zu entsprechenden Symptomen einer Thrombose kommt“, sagt Greinacher. Menschen, die nach der Impfung Schmerzen im Bein oder ungewöhnlich starke Kopfschmerzen spüren, sollten umgehend einen Arzt aufsuchen. Hierbei ist die Immunreaktion, die ein bis zwei Tage nach der Impfung auftritt, zu unterscheiden von Komplikationen, die sich in der Regel erst ab Tag vier nach der Impfung bemerkbar machen. „Ich rate Patientinnen und Patienten daher einen Arzt aufzusuchen, wenn sie nach drei Tagen noch immer Symptome haben oder diese nach kurzer Pause wieder neu auftreten“, so der Transfusionsmediziner. 

Da es sehr unwahrscheinlich ist, dass sich Thrombosen nach einer Impfung bilden, betont der Experte, dass es keinen Grund gebe, bereits bei leichten Immunreaktionen ein bis zwei Tage nach der Impfung eine Untersuchung auf Thrombosen zu beginnen. 

Die Forscher haben auch eine Behandlungsmethode gefunden. Durch ein intravenöses Immunglobulin (ivIgG) können die Blutplättchen blockiert werden, sodass der Mechanismus gehemmt wird. Die Blutgerinnsel können dann durch gerinnungshemmende Medikamente aufgelöst werden. Die Diagnosestellung erfolgt durch den behandelnden Arzt vor Ort, die Therapie sollte in jedem mittelgroßen Krankenhaus verfügbar sein.

 „Die Forschungsergebnisse sind von großer Bedeutung für die weitere Bewältigung der Pandemie, da der AstraZeneca Impfstoff weiterhin angewendet werden kann und es nun für die sehr selten auftretenden Thrombosen Behandlungsmöglichkeiten gibt“, so Professor Dr. med. Hubert Schrezenmeier, 1. Vorsitzender der DGTI.

Dies zeige aus Sicht des Experten einmal mehr, welch wichtige Rolle die Transfusionsmedizin in der Forschung und Behandlung während der Corona-Pandemie habe. 


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