DER ZAHNÄRZTLICHE DIENST DER BUNDESWEHR VON 1990 BIS HEUTE

- ein Rückblick aus dem Sanitätskommando III

Der Zahnärztliche Dienst der Bundeswehr befindet sich, wie auch die Bundeswehr insgesamt, seit geraumer Zeit in einem Zustand der Transformation. Dieser Transformationsprozess ist sowohl dem im Wandel befindlichen Aufgabenspektrum der Bundeswehr als auch dem Fortschritt in der Wissenschaft und Medizin geschuldet. Ein wesentlicher Schritt dieser Transformation ergab sich im Bereich des heutigen Sanitätskommando III Oktober 1990 mit der Aufgabe der Integration von Dienststellen und Soldaten der ehemaligen NVA in die Bundeswehr. Dieser Artikel beschreibt die Entwicklung des Zahnärztlichen Dienstes der Bundeswehr im Bereich des heutigen Sanitätskommando III von 1990 bis heute einschließlich der Herausforderungen durch den geänderten Auftrages der Bundeswehr und der Auslandseinsätz.

Die Wehrbereichskommandos VII und VIII

In der Zeit der tiefgreifenden innerdeutschen Veränderungen in den Jahren 1989 und 1990 wurde es notwendig, militärische Strukturen der ehemaligen DDR soweit möglich in die Bundeswehr zu integrieren. Die NVA-Militärbezirke III in Leipzig und V in Neubrandenburg wurden am 01. Dezember 1990 in die Wehrbereichskommandos VII und VIII umgegliedert und am 01. Juli 1991 in Division / WBK VII und Division / WBK VIII umbenannt.

In diesen Wehrbereichskommandos gab es jeweils eine Abteilung "Gesundheitswesen" mit einem Dezernate 2 -Zahnmedizin-, in denen der jeweilige Wehrbereichszahnarzt die fachliche Führung des zahnärztlichen Dienstes für den unterstellten Bereich inne hatte. Die Leitung dieser Um- und Neugliederungen im Zahnärztlichen Dienst der Wehrbereichskommandos VII und VII übernahmen erfahren Sanitätsoffiziere aus den alten Bundesländern. Von den ursprünglich über 70 zahnärztlichen Behandlungseinrichtungen in den Med-Punkten der NVA in den neuen Bundesländern sind derzeit noch 36 (SanKdo I und III) vorhanden. Im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands wurden auch Soldaten der NVA in den Dienst bei der Bundeswehr übernommen.

Von den ca. 88.800 Zeit- und Berufssoldaten der NVA leisteten 1998 noch etwa 9.300 ihren Dienst in der Bundeswehr. Im Bereich der Wehrbereichskommandos VII und VIII wurden 8 Sanitätsoffiziere Zahnarzt und viele, vorwiegend zivile zahnärztliche Assistenzen / stomatologische Schwestern in die Bundeswehr übernommen. Das bei der Auflösung der nicht weiter betriebenen Behandlungseinrichtungen der NVA frei gewordene Material wurde zunächst in Depots wie z.B. Spechthausen zwischengelagert und in der Folge u.a. im Rahmen humanitärer Einsätze (Balkan,Kurdistan usw.) abgegeben. Ab 1992 wurde mit der Heeresstruktur 5 eine weitere Umgliederung vorgenommen. Die ehemalige Division / WBK VII wurde zum WBK VII / 13. Panzergrenadierdivision, wohingegen die Division / WBK VIII zum WBK VIII / 14. Panzergrenadierdivision wurde. Die Stäbe der Divisionen blieben in Leipzig bzw. Neubrandenburg bestehen und auch die Struktur der Abteilung "Gesundheitswesen" sowie des Zahnärztlichen Dienstes änderte sich nicht wesentlich.

Der Zentrale Sanitätsdienst

Im Jahr 2001 folgte der nächste Schritt der Transformation. Der Zentrale Sanitätsdienst entstand als eigenständiger Organisationsbereich und in diesem Zusammenhang wurden die vier noch heute bestehenden Sanitätskommandos aufgestellt. Im Bereich der früheren Wehrbereichskommandos VII und VIII entstand das Sanitätskommando III, welches seinen Sitz in Weißenfels bekam. Lediglich der Abschnitt Ostseeküste, u.a. mit allen Marinestandorten, wurde Teil des Sanitätskommando I. Im Zuge dieser Neugliederung wurde auch die fachliche Führung der Zahnmedizin neu organisiert. Fortan führt der Kommandozahnarzt mit seinem Dezernat 4 -Zahnmedizin- als Teil der Abteilung Gesundheitswesen im Sanitätskommando III die zahnärztlichen Behandlungseinrichtungen fachlich. Die Zahl der Zahnarztgruppe wurde im Rahmen von Strukturanpassungen schrittweise gesenkt.

Im Dezernat 4 des Sanitätskommando III sind neben dem Kommandozahnarzt noch ein Dezernent (Stabsarzt / Oberstabsarzt) und ein weiterer Soldat (Feldwebel - Oberstabsfeldwebel) tätig. Der Kommandozahnarzt führt den Zahnärztlichen Dienst des Sanitätskommandos fachlich und berät den Kommandeur in allen approbationsbezogenen Belangen. Weitere Aufgaben des Dezernates 4 sind u.a. die Bearbeitung von Beschwerden und Eingaben, die fachliche Beratung im Zuge von Infrastrukturmaßnahmen, die Planung der Fortund Weiterbildung der SanOffz Zahnarzt, die Planung und Steuerung von Personal und Material sowie die Entwicklung von Konzepten für effizientere und optimierte Abläufe wie z.B. aktuelle der Entwicklung einer neuartigen Versorgung der Zahnarztgruppen mit EVGSan zusammen mit der Bundeswehrapotheke Berlin einschließlich eines papierlosen Bestelltools.

Darüber hinaus verfügt das Sanitätskommando III über zwei Begutachtende Zahnärzte in den Sanitätszentren Schwielowsee und Weißenfels. Die aktuell 44 Sanitätsoffiziere Zahnarzt sind in zwei Zahnarztgruppen Oralchirurgie, 18 Zahnarztgruppen, 6 Zahnarzttrupps und der Abteilung VIIa im BwKrhs Berlin tätig. und versorgen einen Bereuungsumfang von ca. 30.000 Soldaten. Unterstützt werden die SanOffz Zahnarzt bei den ca. 18.000 Patientenkontakten pro Quartal von 66 militärischen und 45 zivilen Assistenzkräften. Die Zahnarztgruppen leisten neben der kurativen Tätigkeit auch einen wichtigen Beitrag in der Berufsausbildung. Zum heutigen Tage befinden sich im Bereich des Sanitätskommando III 51 junge Frauen in der Ausbildung zur Zahnmedizinischen Fachassistenz. Einen erheblichen Wandel gab es auch bei der Verteilung der Geschlechter in den Berufsgruppen der Zahnmedizin. Mit einer Quote von 55% ist die Zahl weiblicher SanOffz Zahnarzt in den letzten Jahren stetig gestiegen.

Beim Assistenzpersonal ist die Situation äquivalent und dieser Umstand bringt ganz neue Herausforderungen in Form notwendiger Vakanzensteuerung zur Aufrechterhaltung des Behandlungsbetriebes im Fall von Schwangerschaft und Erziehungsurlaub mit sich. Neben aktuell 12 Ausfällen auf Grund von Schwangerschaft und Erziehungsurlaub befinden sich ständig ca. 4 SanOffz Zahnarzt aus dem Sanitätskommando III in den Auslandseinsätzen der Bundeswehr bzw. an Bord von Schiffen der Marine.

Materialseitig sind die Zahnarztgruppen mehrheitlich modern und hochwertig ausgestattet. Durch zahlreiche Infrastrukturmaßnahmen und über Materialsonderprogramme wurden die Arbeitsbedingungen in den Zahnarztgruppen des Sanitätskommando III stetig besser, auch wenn stellenweise noch Handlungsbedarf erkennbar ist. Den Mitarbeitern der Zahnarztgruppen wird ein vielfältiges und hochwertiges Fortbildungsspektrum innerhalb und außerhalb der Bundeswehr geboten. Besonderes Augenmerk verdient hier die derzeitige Einführung eines Qualitätsmanagementsystems. In regelmäßig stattfindenden Qualitätszirkeln und Lehrgängen wie auch in steter Arbeit in den Zahnarztgruppen werden Erfahrungen und die Kenntnisse vermittelt, ausgetauscht und vertieft. Nur so ist es möglich, den hohen Qualitätsstandard in der zahnärztlichen Versorgung der Soldaten zu erreichen und diesen künftig weiter zu heben.

Der Zahnärztliche Dienst im Auslandseinsatz

Seit 1990 nehmen auch Sanitätsoffiziere Zahnarzt und Assistenzpersonal aus den fünf neuen Bundesländern regelmäßig an Auslandseinsätzen der Bundeswehr teil. In der Identifizierungskommission des BKA arbeiten aktuell drei Zahnärzte aus diesem Bereich aktiv mit. Der erhebliche Wandel des Aufgabenspektrums der Bundeswehr im Allgemeinen und des Sanitätsdienstes im Speziellen in den letzten 20 Jahren führte selbstredend auch zu neuen Herausforderungen für den gesamten Zahnärztlichen Dienst der Bundeswehr. Heute versorgen bundesweit etwa 430 Zahnärzte, unterstützt von mehr als 800 zivilen und militärischen Assistenzkräften und ca. 330 Auszubildenden, in ca. 220 Standorten die Soldaten der Bundeswehr zahnmedizinisch. Hinzu kommen die derzeitigen vier Auslandsstandorte sowie die eingeschifften Zahnärzte auf den Fregatten, Einsatzgruppenversorgern und Tendern der Marine. Damit ist die Zahnmedizin seit dem 10. Juli 1957 zu einem integralen Bestandteil des Sanitätsdienstes und somit auch der Bundeswehr geworden.

Die große Zahl der auf einen Auslandseinsatz vorzubereitenden Soldaten führte zur Entwicklung und Einführung neuer Therapieund Organisationskonzepte auch im Sanitätskommando III. Abgerundet wird das umfangreiche Spektrum an Aufgaben des Zahnärztlichen Dienstes durch die Unterstützung der Identifizierungskommission des Bundeskriminalamtes mit speziell ausgebildeten Sanitätsoffizieren Zahnarzt, die in den vergangenen Jahren einen wichtigen Beitrag bei der Identifizierung von Opfern nach Naturkatastrophen und größeren Schadensereignissen geleistet haben. Besonders hervor zu heben ist hier der Einsatz von 15 Zahnärzten der Bundeswehr nach der Tsunami-Katastrophe im Jahr 2004/2005 in Südostasien. Waren es bis Ende der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts vor allem humanitäre Hilfseinsätze, so änderte sich die Art der Einsätze des Sanitätsdienstes ab den 90er Jahren hin zu Einsätzen in instabilen und zum Teil auch unruhigen Krisenregionen im Rahmen von NATO-Interventionen (friedenserhaltende und -sichernde Einsätze, engl. peacekeeping and peacebuilding).

Auch stieg die Anzahl der in Auslandseinsätzen eingesetzten Soldaten wie auch die Zahl der gleichzeitig stattfindenden Einsätze stetig an. Damit änderten sich auch die Forderungen der Truppe an den Zahnärztlichen Dienst sowohl in Bezug auf die Einsatzvorbereitung der Soldaten im Heimatland, als auch auf die zahnärztliche Tätigkeit im Einsatzland selbst. Erste Erfahrungen in humanitären Auslandseinsätzen konnten Zahnärzte der Bundeswehr im Jahre 1980/81 in Italien bei der Erdbebenhilfe sammeln.

Im Rahmen von Missionen der Vereinten Nationen folgte u.a. der Einsatz in Kambodscha 1992, an dem Oralchirurgen der Bundeswehr teilnahmen. Die Ausrüstung bestand zur damaligen Zeit noch aus der Feldzahnstation und ergänzend hierzu aus wenigen zusätzlichen (oral-)chirurgischen Instrumenten. Seit 1996 ist die Zahnmedizin der Bundeswehr im Rahmen der IFOR (1995-1996) und später der SFOR (1997- 2004) sowie EUFOR (2004- 2008) und heute aktuell seit 1999 der KFOR auf dem Balkan im Einsatz. Seit dem Jahr 2002 findet die zahnärztliche Versorgung auch im Rahmen des ISAF Einsatzes in Afghanistan anfangs in Kabul, heute im Camp Marmal in Masar-E-Sharif, im PRT Kunduz und im PRT Feyzabad statt.

Ausblick

Die künftigen Herausforderungen werden verstärkt im Management der Personalvakanzen und die Weiterentwicklung eines praxisnahen und effektiven Qualitätsmanagementsystems unter Berücksichtigung der Erfordernisse einer stetig fortschreitenden Transformation der Bundeswehr liegen. Die Qualität der zahnärztlichen Versorgung der Soldaten steht dabei im Mittelpunkt der Interessen, fördert sie doch Sicherstellung der körperlichen Einsatzfähigkeit der Soldaten und damit auch erheblich die Auftragserfüllung.

Datum: 10.01.2010

Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2010/1

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