„DEN TOTEN EINEN NAMEN GEBEN UND DEN HINTERBLIEBENEN GEWISSHEIT“
Internationales Symposium „Zahnärztliche
Identifizierung“ in der Sanitätsakademie
der Bundeswehr in München jährt sich zum
zehnten Mal.
In den vergangenen Jahren hat sich die Bundeswehr von einer reinen „Friedensarmee“ zu einer „Einsatzarmee“ entwickelt und in zahlreichen Einsätzen im Ausland bislang hervorragend bewährt. Die Auslandseinsätze bedeuten zunehmend eine Gefahr für Leib und Leben der eingesetzten Soldaten und daher muss sich die Bundeswehr in diesem Rahmen auch mit dem Thema „Identifizierung“ auseinandersetzen. Im „Mutterhaus“ des Sanitätsdienstes, in der Sanitätsakademie der Bundeswehr in München, begrüßte Generalstabsarzt Dr. Detlev Fröhlich, Amtschef des Sanitätsamtes der Bundeswehr, am 2. Dezember 2008 die mehr als 140 Teilnehmer aus dem In- und Ausland zu dem 10. Internationalen Symposium „Zahnärztliche Identifizierung“.
Zu Beginn des Festaktes ging Generaloberstabsarzt Dr. Kurt-Bernhard Nakath, Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, in seiner Ansprache auf den Sinn und Zweck der zahnärztlichen Identifizierung ein: „Unsere Aufgabe ist es, den Toten einen Namen zu geben und den Hinterbliebenen Gewissheit.“
Moralische Pflicht
Seit langem hat sich der zahnärztliche Dienst der Bundeswehr zur Aufgabe gemacht, sich im Zusammenhang mit der Identifizierung von Toten dieser besonders wichtigen Thematik zu stellen und hierzu seinen fachlichen Beitrag zu liefern. „Wir fühlen uns in der moralischen Pflicht den Angehörigen von Vermissten gegenüber durch die Identifizierung eines Toten“, so der Amtschef des Sanitätsamtes der Bundeswehr, Generalstabsarzt Dr. Detlev Fröhlich. Wie schnell Angehörige des Sanitätsdienstes bei der Bewältigung von Katastrophen zur humanitären Hilfeleistung gefordert werden können und schließlich auch in Aktion treten, hat der Einsatz der Bundeswehr mit mehr als 120 Soldaten nach dem verheerenden Tsunami in Südostasien im Jahre 2005 vor Augen geführt.
Elementarer Wunsch der Angehörigen
Wie wichtig und entscheidend die Identifikation von Toten nach Unglücken ist, schilderte Peter Henzler, Direktor beim Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden als einer der hochkarätigen Grußredner, ganz deutlich. Ein sehr hoher Prozentsatz der Opfer werde über den Zahnstatus identifiziert. Es ist elementarer Wunsch der Angehörigen, zu wissen, ob es sich bei dem Toten um den Verwandten handelt. Der BKA-Direktor führte aus, dass die Arbeit immer interdisziplinärer und internationaler geworden sei und die fachliche Zusammenarbeit auf hohem Niveau wichtiger Bestandteil der Einsatzvorbereitung sei. .
Eine kleine Familie
Auch von fachlicher Seite wurde die Arbeit der letzten Jahre gewürdigt: „Die wesentlichen Anteile bei der Identifikation sind Ihre Interdisziplinariät von Zahnmedizin und Medizin, von BKA, Militär und ziviler Zahnheilkunde und die internationale Zusammenarbeit u.a. von Deutschland, der Schweiz, Belgien, USA, Finnland und dass über diese zehn Jahre hinweg eine kleine Familie enorm viel Arbeit geleistet hat ohne nach außen hin laut zu tösen“, bekräftigte Dr. Peter Engel, Präsident der Bundeszahnärztekammer in seinem Grußwort. Die zahlreichen Teilnehmer des Symposiums, darunter Rechtsmediziner, Zahnmediziner, Kriminologen, Anthropologen und Biologen haben schon frühzeitig erkannt, wie interessant diese Arbeit ist, so schwer sie psychisch und physisch auch sein mag. „Die erfolgreiche Identifizierung hängt davon ab, wie sorgfältig die Vergleichsdaten sind“, so Prof. Dr. Dr. h.c. Stefan Pollak, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin.Besonders gewürdigt wurden die Arbeit der Identifizierungsteams und die Fortbildungsanstrengungen im Rahmen der zurückliegenden Symposien auch durch den Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mundund Kieferheilkunde, Prof. Dr. Thomas Hoffmann, unter deren Dach auch der „Arbeitskreis für Forensische Odontostomatologie“ (AKFOS) angesiedelt ist.
Suche nach dem Schädel
Prof. Dr. Ursula Wittwer- Backofen vom Institut für Humangenetik und Anthropologie der Uni Freiburg erläuterte in ihrem ausführlichen Festvortrag „’Das muss Schillers Schädel sein’ – 200 Jahre Suche von Goethe bis heute“ am Beispiel des Schädels von Friedrich Schiller das komplette interdisziplinäre Spektrum der Identifikation von der Anthropologie bis hin zur Zahnmedizin. Mit ihrem Experten-Team konnte sie unter anderem durch zahnmedizinische Untersuchungen nachweisen, dass der Schädel, den man bisher für den von Schillerhielt, nicht von ihm stammt. „Wir suchen weiter nach dem Schädel“, so die Professorin mit ungebrochenem Optimismus. Musikalisch umrahmt wurde das Symposium vom Saxophonquartett des Luftwaffenmusikkorps 1 aus Neubiberg unter der Leitung von Hauptfeldwebel Michael Schwendemann.
Das wissenschaftliche Programm
Den Teilnehmern ein ebenso anspruchsvolles wie dichtes wissenschaftliches Programm geboten. Referentinnen und Referenten aus dem In- und Ausland sowie aus den unterschiedlichsten Tätigkeitsbereichen und Organisationen gaben ein facettenreiches und umfassendes Bild der zahnärztlichen Identifizierung, der forensischen Zahnheilkunde und anderer Gebiete der Gerichtsmedizin.
Datum: 01.01.2009
Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2009/1