23.08.2018 •

Verdun 1916 Traumatisme d’une guerre – Trauma ­eines Krieges

V. Hartmann

Erstes militärmedizinhistorisches Seminar deutsch-französischer Sanitätsoffizieranwärter (SanOA) an der Sanitätsakademie der Bundeswehr vom 04. – 08. September 2017

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Die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen dem deutschen und französischen Sanitätsdienst wurde bei den Strategieseminaren der Führungen beider Sanitätsdienste als Ziel definiert und ist auch Absicht der Nationen. Als wichtiges Element dient hierzu auch der Austausch von und die Zusammenarbeit zwischen Sanitätsoffizieranwärterinnen und Sanitätsoffizieranwärtern (SanOA) beider Streitkräfte. Es gilt, Sprachbarrieren und unterschiedliche Organisationsformen des Studiums und der Ausbildung zu überbrücken und junge Deutsche und Franzosen für gemeinsame Themen zu interessieren. Nicht zuletzt hat sich deshalb auch ein Arbeitskreis junger SanOA im Rahmen der UAG San der AG MilZA gebildet, der unter Schirmherrschaft des KdoSanDstBw die Aktivitäten auf diesem Gebiet bündelt.

In diesem Zusammenhang fand schon im September 2017 ein ungewöhnliches Training an der Sanitätsakademie der Bundeswehr in München statt. Durchgeführt wurde vom 4.-8. September 2017 das 1. Militärmedizinhistorische Seminar deutscher und französischer Sanitätsoffizieranwärter mit dem Ziel der Erarbeitung eines wissenschaftlichen Posters über eine beide Nationen betreffende historische Thematik. Am Beispiel eines konkreten historischen Ereignisses sollten tiefere medizinhistorische Kenntnisse in wichtigen Epochen und entsprechende Arbeitsweisen und –techniken erlernt bzw. angewendet werden. Zwei an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität studierende deutsche SanOA der SanAkBw und zwei französische Studierende der Ecole de Santé des Armées aus Lyon beschäftigten sich unter dem Motto „Verdun 1916 – Traumatisme d’une guerre – Trauma eines Krieges“ mit einer der prägenden Schlachten des Ersten Weltkrieges und der Rolle der jeweiligen Sanitätsdienste bei der Versorgung der Verwundeten. Anhand einer intensiven Einführung in das Thema durch verschiedene kompetente Referenten, des Besuchs der Militärhistorischen Lehrsammlung der San­AkBw sowie einer Exkursion in das Bayerische Armee­museum nach Ingolstadt wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die historischen Grundlagen eingeführt. Danach wurden ihnen verschiedene deutsche und französische Quellen, wie Augenzeugenberichte und Fotografien, zur Verfügung gestellt und Präsentations- und Druckmöglichkeiten erläutert. Da die vier Soldatinnen und Soldaten sowohl Deutsch als auch Französisch sprachen bzw. verstanden, sollte die Posterpräsentation zweisprachig vorgenommen werden. 

Inhaltlich wurde das Thema in vier Bereiche strukturiert, erläutert jeweils mit einem einführenden Text und Fotografien:

  • Das Chaos der Schlacht – Le chaos de la bataille
  • Nouveau conflit – nouvelle blessures – Neue Technik – neue Folgen
  • Du front à l’arrière: le parcours du blessé`- Von der Front zurück: der Weg des Verletzten
  • Tod ohne Kampf – Mort sans combat

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Flottenarzt Dr. Hartmann mit den deutschen und französischen SanOA bei der Abschlusspräsentation des Posters (Abb.: SanAkBw)
Auch die persönliche Perspektive von Ärzten fand anhand von Zitaten aus den Erinnerungen und Tagebüchern des französischen Sanitätsoffiziers und Literaten Georges Duhamel und des deutschen Stabsarztes Dr. Alfred Bauer Berücksichtigung. Im Poster ließen sich somit die wesentlichen Aspekte sanitätsdienstlicher Versorgung während der Schlacht skizzieren. Ebenso ist den Seminarteilnehmerinnen und –teilnehmerinnen schnell klar geworden, dass nicht nur Strategien, Grundsätze und Ergebnisse der medizinischen Behandlung auf beiden Seiten sehr ähnlich gewesen sind, sondern dass auch das persönliche Erleben des Schreckens und das erlebte Leid die Soldaten beider Nationen einte. Als Fazit des Posters wird deshalb unter den Leitsätzen des deutschen und französischen Sanitätsdienstes „Der Menschlichkeit verpflichtet“ und „Pour la patrie et l‘humanité“ formuliert: „100 Jahre nach dem Schrecken, den unsere Vorväter in Verdun erdulden mussten, blicken wir heute mit unseren zu Freunden gewordenen Nachbarn und Kameraden zurück auf die Gewalt, das Elend und die Sinnlosigkeit dieser Schlacht. Aus dem unerträglichen Erleben der Überforderung und des Leids ergab sich die ungeheure Herausforderung für die Angehörigen der Sanitätsdienste, sich unter schwierigsten Bedingungen für die Verwundeten einzusetzen. Eine Aufgabe, die auch heute noch die Basis der Arbeit der Sanitätsdienste der französischen und deutschen Armee bildet.- Durant la première guerre mondiale, les médecins, infirmiers et brancardiers des services de santé allemand et français, quoiqu’ennemis, étaient confrontés à la même tâche et au même défi. Nos anciens seraient sans doute surpris de voir qu’aujourd’hui, 100 ans après la bataille de Verdun, ces services de santé, et plus globalement la France et l’Allemagne, travaillent ensemble afin que toujours triomphent la paix et l’humanité“.

Das militärmedizinhistorische Seminar zeigte eindrucksvoll, dass es gelingen kann, junge Sanitätsoffizieranwärterinnen und -anwärter beider Nationen für die wissenschaftliche Arbeit an der gemeinsamen Geschichte zu begeistern und damit nicht nur ein tieferes Verständnis für historische Prozesse zu erreichen, sondern auch Wurzeln zu setzen für ein gemeinsames berufliches Selbstverständnis. Freilich ist ein solches Seminar, das erstmals strikt kompetenzorientiert aufgebaut worden war, für die Dozenten, und Betreuer enorm zeit- und arbeitsaufwändig. Neben Frontalunterrichtsstunden zur Skizzierung der Aufgabe, Vermittlung des historischen Kontextes einschl. der Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens sowie der Exkursionen bedurften insbesondere die selbstständigen Lern- und Diskussionsphasen, in denen Sach-, Sozial- und Methodenkompetenz erworben wurde, intensiver Begleitung. Daher ist es als großer Erfolg anzusehen, dass das Seminar durch die Zertifizierungsstelle der Charité – Universitätsmedizin Berlin mit 51 CST Punkten (Certified Science Training) und als erstes Training der Sanitätsakademie der Bundeswehr mit 1 ECTS Punkt (European Credit Transfer and Accumulation System) bewertet wurde. Als im europäischen Hochschulbereich zur Anwendung kommendes zentrales Instrument im Bologna Prozess zielt ECTS darauf ab, die von Studierenden erbrachten Leistungen vergleichbar und transparent zu machen. Der französische Sanitätsdienst prüft derzeit ein Folgeseminar im Sommer 2018 an der École du Val de Grâce. 

Flottenarzt Dr. Volker Hartmann, SanAkBw

Datum: 23.08.2018

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