12.06.2023 •

    Militärärztliche Bildungsanstalten

    13. Wehrmedizinhistorisches Symposium der Gesellschaft für Geschichte der Wehrmedizin e. V.

    A. Müllerschön

    Am 24.11.2022 fand die 13. Auflage des mittlerweile traditionellen wehrmedizinhistorischen Symposiums der Gesellschaft für Geschichte der Wehrmedizin (GGWM) in der Münchner Ernst-von-Bergmann-Kaserne statt.

    Nach Grußworten von Generalarzt Dr. Dirk-Friedrich Klagges, der den Kommandeur der Sanitätsakademie der Bundeswehr (SanAkBw) vertrat, und des stellvertretenden Vorsitzenden der GGWM, Oberfeldarzt Dr. Dr. André Müllerschön (Sanitätsversorgungszentrum Neubiberg), führte Oberstarzt Prof. Dr. Ralf Vollmuth (Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr – ZMSBw) in das Thema der in Kooperation mit der SanAkBw und dem ZMSBw durchgeführten Veranstaltung ein.

    Als erster Referent des Symposiums zeichnete Oberstleutnant Andreas Biebricher M.A. (Kommando Sanitätsdienst der Bundewehr) in seinem Vortrag „Johann Friedrich Goercke und die Gründung der Pépinière“ zunächst den Lebensweg des 1822 verstorbenen großen deutschen Militärchirurgen nach, bevor er dessen wichtige Rolle bei der Gründung und Etablierung der Pépinière darstellte. Goercke, der aufgrund familiärer Verbindungen bereits früh Kontakt zum Militärsanitätsdienst hatte (zwei seiner Onkel waren als Regimentschirurgen tätig), sammelte in mehreren Feldzügen umfangreiche Erfahrungen, die er zur Reform des preußischen Sanitätswesens nutzte. Beispielsweise setzte er mobile Feldlazarette ein, um so die Verwundeten auf den Schlachtfeldern schneller zu versorgen. Mit Gründung der Pépinière als einer speziellen militärmedizinischen Ausbildungseinrichtung gelang es Goercke, sowohl die praktische als auch die fachlich-wissenschaftliche Ausbildung der angehenden Militärärzte nachhaltig zu verbessern.

    Oberstarzt Prof. Dr. Vollmuth verdeutlichte in seinem Beitrag „Das Josephinum und die militärärztliche Ausbildung in Österreich-Ungarn im ausgehenden 18. und im 19. Jahrhundert“, welchen Einflüssen die Ausbildung der österreichisch-ungarischen Militärärzte unterworfen war und welche Rolle dabei Gerard van Swieten (der damalige Leibarzt der österreichischen Kaiserin) und Giovanni Alessandro Brambilla, der die Leitung des österreichischen Militärsanitätswesens ab 1779 innehatte, spielten. Das Collegium-Medico-Chirurgicum-Josephinum, so der offizielle Name, wurde fast zehn Jahre vor der preußischen Pépinière gegründet und zählt somit zu den ältesten und bedeutendsten militärärztlichen Aus- und Fortbildungsstätten in Europa, obgleich es in seiner wechselvollen Geschichte mehrfach geschlossen und wieder eröffnet worden war. Wie Goercke einige Jahre später, plädierte bereits Brambilla für eine medizinisch-chirurgische Ausbildung und die Überwindung der seit Jahrhunderten getrennten Ausbildung der praktischen Chirurgen und der universitären Mediziner. Gleichwohl stand für ihn die Chirurgie in ihrer Bedeutung deutlich über der Inneren Medizin.

    In Vertretung für den kurzfristig verhinderten Vorsitzenden der GGWM, Generalarzt a. D. Prof. Dr. Dr. Erhard Grunwald, verlas Oberfeldarzt Dr. Dr. Müllerschön dessen Manuskript mit dem Titel „Die militärärztliche Ausbildung in Preußen und Deutschland in den Jahren 1895 bis 1945“. Der Vortrag schloss direkt an die Ausführungen von Oberstleutnant Biebricher an. Im ersten Teil standen vor allem die Zugangsvoraussetzungen und Rahmenbedingungen der 1920 aufgelösten Kaiser-Wilhelms-Akademie im Vordergrund. Anschließend wurden die Herausforderungen des Sanitätsdienstes im Zuge der Aufstellung und des Aufwuchses der Wehrmacht analysiert sowie der Studienalltag an der Militärärztlichen Akademie beleuchtet.

    Referenten des 13. Wehrmedizinhistorischen Symposiums
    Referenten des 13. Wehrmedizinhistorischen Symposiums
    Quelle: Peter Rechenberg

    Oberfeldarzt Dr. Dr. Müllerschön ging in seinem Referat „,Der Sozialismus ist der beste, ist der einzige Arzt.‘ Die Militärmedizinische Sektion und die Militärmedizinische Akademie als Hauptträger der Aus- und Weiterbildung von Militärärzten in der DDR“ zunächst auf die politischen Entwicklungen bis zur Gründung der Militärmedizinischen Sektion sowie zu deren Bedeutungsverlust durch die Gründung der Militärmedizinischen Akademie in den 1980er Jahren ein, bevor er kurz die Beteiligung der Akademie an der Dopingforschung in der DDR anriss. 

    Zum Abschluss der Veranstaltung trug Flottenarzt a. D. Dr. Volker Hartmann (Trier) zum Thema „,Scientiae, Patriae, Humanitati‘ Die Sanitätsakademie im Wechsel der Zeit“ vor. Auf Grundlage der Chronik der Akademie stellte er einige Meilensteine der Geschichte dieser für den Sanitätsdienst zentralen Ausbildungseinrichtung vor. Neben der konstituierenden Sitzung des Wehrmedizinischen Beirates zählten sicherlich die teilweise in der Hochzeit des Kalten Krieges erfolgten Besuche hochrangiger russischer und chinesischer Delegation zu den besonderen Ereignissen.

    Alle Referate des Symposiums werden als Tagungsband der GGWM voraussichtlich Mitte des Jahres 2023 veröffentlicht.



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