Gesundheit und Leistung bei Hitzestress

Am 17. und 18. April 2018 fand in Koblenz das internationale Symposium „Gesundheit und Leistung bei Hitzestress“ statt, zu dem der Stellvertreter des Inspekteurs des Sanitätsdienstes der Bundeswehr und Kommandeur Gesundheitseinrichtungen, Generalstabsarzt Dr. Stephan Schoeps, Experten aus fünf Nationen eingeladen hatte. Ausrichter war das Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr (InstPrävMedBw).

Hitzeprävention muss praktikabel sein

Nach Eröffnung der Tagung durch Generalstabsarzt Dr. Schoeps stellte Oberstarzt Prof. Dr. Dr. Dieter Leyk, Leiter des Instituts für Präventivmedizin der Bundeswehr, in seinem Einführungsvortrag heraus: „Wir wissen, dass Hitzestress und somit auch mögliche Hitzeschäden durch viele Faktoren beeinflusst werden. Der Grad der körperlichen Arbeit, Bekleidung und Ausrüstung, Klima, aber auch individuelle Faktoren wie beispielsweise Fitness oder Flüssigkeitshaushalt, müssen gemeinsam betrachtet werden.“ Ziel des Symposiums sei es, den aktuellen Wissensstand auf nationaler und internationaler Ebene abzugleichen sowie Präventions- und Rettungsmaßnahmen für Ausbildung und Einsatz zu optimieren.

Nach Erfahrungsberichten aus der Truppe, Vorträgen zur Erstversorgung und klinischen Behandlung von Hitzenotfällen trugen Experten aus Israel, den USA, Großbritannien und den Niederlanden über neueste Forschungsergebnisse zu Risikofaktoren, Behandlungsmaßnahmen von lebensbedrohlichen Hitzeerkrankungen, Risk-Assessment und präventiven Maßnahmen vor. Praktikabilität und Anwendbarkeit der präventiven Maßnahmen gegen Hitzeerkrankungen im Truppenalltag standen dabei im Fokus.

Hitzemanagement

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Abb. 1: Truppe und Sanitätsdienst suchen gemeinsame Lösungen zur Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit von Soldatinnen und Soldaten – Podiumsdiskussion mit (von links) Generalarzt Dr. Hoitz (Bundeswehrkrankenhaus Hamburg), Oberstarzt Prof. Dr. Dr. Leyk, Generalstabsarzt Dr. Schoeps, General Kurczyk (Kommando Streitkräftebasis, Bonn ), General Hannemann (Ausbildungszentrum Infanterie, Hammelburg) und Oberstarzt Dr. Klagges (Kommando Heer, Potsdam) (Bild: Sanitätsdienst Bundeswehr/ Laymann)
Am zweiten Tag berichteten Experten aus unterschiedlichen Bereichen der Bundeswehr über praktische Maßnahmen zum Hitzemanagement, bekleidungsphysiologische Entwicklungen und die Verwendung des Klimasummenmaßes WBGT-Index (Wet-Bulb-Globe-Temperature) zur Klimabeurteilung. Viele Maßnahmen (z. B. Flyer „Hot-Ten“) erwiesen sich als schnell anwendbar, einige können nur längerfristig umgesetzt werden, wie z. B. die Optimierung von Bekleidung und Ausrüstung.

Aus Sicht der Arbeitsmedizin wurde nach den Erfahrungen zu Hitzebelastungen aus den Einsatzgebieten berichtet und darauf verwiesen, dass zum Erhalt von Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Personals der Arbeitsschutz im Einsatzland wie im Inlandsbetrieb gewährleistet sein muss.

Schlüsselrolle: Körperliche Leistungsfähigkeit

Der zweite thematische Schwerpunkt des Symposiums war die unzureichende körperliche Leistungsfähigkeit vieler Soldaten und Soldatinnen. Neben dem erhöhten Risiko für Hitzeerkrankungen ist diese auch eine der wichtigsten Ursachen für Überlastungen und Verletzungen bei der Ausbildung. Die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit ist nach übereinstimmender Auffassung ein ganz wesentlicher Faktor sowohl einer effektiven Hitzeprävention als auch der Einsatzfähigkeit. Die Differenzierung der Auszubildenden in Leistungsgruppen und damit die Individualisierung des Trainings – gepaart mit einer gezielten Qualifizierung der Ausbilder und Anwendung angepasster Trainingsmethoden – wurden als wichtige Schritte zur Steigerung der Ausbildungseffizienz thematisiert. Die vom InstPrävMedBw entwickelten Methoden „Basisfitnesstest“ und „Soldatengrundfitness-Tool“ können dabei zur Erfolgskontrolle und Lagebilderstellung („Fitness-Registers“) eingesetzt werden. In diesem Kontext stellte Kommando Heer den „Piloten“ der angepassten Grundausbildung vor.

Gemeinsame Lösungen finden

Wie können Soldatinnen und Soldaten auf die besonderen körperlichen Anforderungen des militärischen Dienstes besser vorbereitet werden? Dieser Frage widmete sich die abschließende Podiumsdiskussion unter Leitung von Generalstabsarzt Dr. Schoeps (Abbildung 1). In einer aufgeschlossenen Diskussion wurden – mit reger Beteiligung des Auditoriums – gemeinsame Lösungsmöglichkeiten erörtert und erste Absprachen zum weiteren Vorgehen getroffen. Konkret wurde vereinbart, dass das InstPrävMedBw den Pilotdurchgang der neustrukturierten Grundausbildung im Heer wissenschaftlich begleitet und an verschiedenen Standorten Maßnahmen für ein Hitzemanagement (einschließlich Ausbildung der Ausbilder, Entwicklung von Taschenkarten, Nutzung des WBGT-Index) erprobt.

Auf dem Symposium gehaltene Vorträge werden als Kurzbeiträge auf den folgenden Seiten vorgestellt. Der Beitrag von Dr. Neal Baumgartner (USA) ist als Artikel ab Seite 298 in diesem Heft abgedruckt.

Oberfeldarzt Dr. Ulrich Rohde
Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr
E-Mail: ulrichrohde@bundeswehr.org

Datum: 07.11.2018

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