11.03.2024 •

    Motivierendes Lernen mit der EH-A-App

    Die Ergebnisse des Testbetriebs

    P. Ruckdeschel, A. Leopold

    Die EH-A-App im Überblick

    Einleitung

    Die erfolgreiche Digitalisierung der Ausbildung hängt auch davon ab, dass die digitalen Ausbildungsmedien möglichst hohe Akzeptanz finden und entsprechend intensiv verwendet werden. Für den Kompetenzerhalt der Einsatzersthelfer Alpha (EH-A) wurde eine solche Lern-App entwickelt. Die Zielstellung war, dass sie innovativer und attraktiver ist als vergleichbare Produkte auf dem freien Markt, beispielsweise Fahrschul-Apps. Besonderes Augenmerk lag daher auf der Entwicklung neuer, motivierender Medienformate. In der Folge werden die App, ihre motivierenden Medienformate und die positiven Evaluationsergebnisse des Testbetriebs vorgestellt.

    Die EH-A-App und ihre Medienformate

    Das Wichtigste zuerst: Die App ermöglicht das Lernen und Einüben der EH-A Inhalte auf dienstlichen und privaten Handys und stellt nach bestandenem Test ein Zertifikat über den erfolgreichen Kompetenzerhalt aus. Die App soll die SoldatInnen auch nach dem Erreichen des Kompetenzerhalts EH-A weiter begleiten, denn einmal heruntergeladen ist die App über Jahre hinweg nutzbar: Nicht nur für den nächsten Kompetenzerhalt, sondern auch als ständig nutzbare Übungsmöglichkeit und hochwertiges Nachschlagewerk. 

    Verantwortlich für die Entwicklung ist als Erfahrungs- und Innovationsträger in der technologiegestützten Ausbildung die Sanitätsakademie der Bundeswehr. Die Inhalte werden zusammen mit Fachberatern aus dem Sanitätsdienst der Bundeswehr geprüft, aufbereitet und freigegeben. Die medienpädagogische Expertise steuert die Universität der Bundeswehr München bei und die Programmierung der App wird von einer Softwarefirma mit einschlägiger Erfahrung in der Entwicklung von Lern-Apps versehen. 

    Wie eingangs festgestellt wurde, hängt die Lernwirksamkeit stark von der Nutzung ab, kurz: die App muss auch tatsächlich (gern) verwendet werden. Oberste Designmaxime war daher die unkomplizierte Nutzung und eine möglichst hohe Bandbreite an motivierenden Medienformaten. 

    Als Medienformat wurde also nicht mehr nur auf die klassische Multiple Choice Frage gesetzt, sondern eine Reihe neuer und interaktiver Formate entwickelt, etwa interaktive Bildfragen, Videofragen und eine Reihe von Medienformaten, bei denen gewischt, geschoben und kombiniert werden kann, also eben genau jene Handlungen, die man gemeinhin aus dem täglichen Umgang mit dem Handy kennt. Das Üben und Lernen konnten dadurch ganz neu aufgebaut werden. Anstelle einer konventionellen Textfrage zur richtigen Position des Tourniquets ist es möglich, das Tourniquet direkt per Wischgeste an der richtigen (oder falschen) Position auf einem gezeichneten Patienten anbringen. Auf ähnliche Weise kann man Handlungsschritte in die richtige Reihenfolge bringen, Buchstabenrätsel lösen oder Verbandskästen bestücken. Die unterschiedlichen Übungen werden dabei von einem umfangreichen Nachschlagewerk flankiert, das ebenfalls mit kompakten und anschaulichen Videos angereichert ist. 

    In der Summe soll so eine motivierende Nutzung möglich werden, so dass die NutzerInnen die App häufig verwenden - nicht nur zur Erlangung des benötigten Zertifikats. Dies ist eine durchaus ambitionierte Zielsetzung, denn, wie jeder weiß, existieren unzählige Unterhaltungs-Apps, die ebenfalls gern geöffnet werden wollen. Die App-Landschaft ist also kein einfaches Umfeld für Lernmedien. Umso wichtiger war es, die Funktionen der App auf ihre Akzeptanz bei der Nutzerschaft zu testen. Die App wurde daher im Zeitraum von Oktober 2022 bis März 2023 von 45 NutzerInnen getestet. Nach Nutzung der App füllten die ProbandInnen Fragebögen aus. Die Ergebnisse werden nachfolgend dargestellt.

    Evaluationsergebnisse

    Die Evaluation betraf die Bereiche Usability und technische ­Stabilität, die Bewertung des Umfangs und die generelle Verständlichkeit, den Schwierigkeitsgrad und nicht zuletzt die Attraktivität der eigens entwickelten neuen Medienformate. Die Ergebnisse bewegten sich in allen Kategorien im guten und sehr guten Bereich. Nachfolgend werden die Untersuchungsbereiche genauer vorgestellt und die Ergebnisse interpretiert. 

    Die Usability der App wird mit einem Durchschnittswert von 4,24 von 5 sehr positiv bewertet. 

    Diese Bewertung bezieht sich auf die Menüführung, die Anmeldung sowie auf die innovativen Frageformate, die mittels Wischgesten bedient werden und die die EH-A-App gegenüber bekannten Lern-Apps ausweisen. Die Entscheidung, die üblichen Wischgesten nicht nur zur generellen Steuerung der App zu verwenden, sondern im Rahmen der Übungsfragen einzusetzen wird hierdurch positiv bestätigt. 

    Die App wird als sehr verständlich beurteilt (4,23 von 5). Dies betrifft die Formulierung der Übungsfragen sowie die Inhalte des Lern- und Nachschlagewerks. Das Ergebnis ist in einem guten Bereich, soll jedoch weiter verbessert werden, denn Verständlichkeit und Eindeutigkeit sind die absolute Grundlage eines jeden Lernprozesses. Im Bereich des Übens müssen die Fragen so eindeutig formuliert sein, dass sich die Antworten klar in richtig und falsch unterscheiden lassen und im Bereich Lernen müssen die Inhalte so präzise abgefasst sein, dass sie unmissverständlich erfasst werden können. Die Kategorie der Verständlichkeit ist somit ein Bereich der wiederholte Evaluationen erfordert. 

    Der Schwierigkeitsgrad der Fragen wird mit dem Wert 2,92 von 5 bewertet. Der Wert 2,92 wirkt zunächst enttäuschend niedrig, aber tatsächlich ist es beinahe der optimale Wert und entspricht unserer pädagogischen Zielsetzung. Der Wert von 2,92 zeigt nämlich, dass die Fragen weder zu leicht, noch zu schwer sind. Damit entsprechen sie dem pädagogischen Prinzip der leichten Überforderung und können den sog. Flow auslösen, also eine angeregte Aktivität im Spannungsfeld von Herausforderung und Erfolgserlebnissen. Der Wert 2,92 muss also anders gelesen werden als die übrigen Werte. Er ist nicht am Ende der Skala sehr gut, sondern im erhöhten Mittelbereich, denn dort ist er fordernd, aber gut bewältigbar. 

    Die neu entwickelten Medienformate werden mit einem Mittelwert von 3,97 von 5 als  attraktiv empfunden. Zunächst wird die schiere Vielfalt der Medienformate sehr positiv wahrgenommen (4,19). Sie schafft Abwechslung und bietet unterschiedliche Zugänge und individuelle Verstehensangebote. Doch auch einzeln betrachtet konnten die Medienformate überzeugen: Die bildbasierten (4,14) und videobasierten Fragen (3,97) werden hierbei attraktiver empfunden als die textbasierten Fragen (3,63). Dies ist ein erfreuliches Ergebnis, denn es zeigt, dass die innovativen und aufwendigeren Medienformate (Bild, Video) hohen Anklang finden. Die Bedienung der Fragen per Wischgesten findet ebenfalls gute Zustimmung (3,78), das generelle Erscheinungsbild wird sehr positiv bewertet (4,14). Die positiven Ergebnisse zeigen, dass es sich lohnt, etablierte Medienformate um neue zu erweitern. Die Medienformate der EH-A App sollen daher konstant weiterentwickelt werden, insbesondere um Funktionen, die aus der Handynutzung bereits bekannt sind. Denkbar ist beispielsweise die Nutzung der Handyvibration, um Puls oder Atemfrequenz abzubilden. 

    Die Rückmeldungen (ohne Skala) zeigten, dass die App stabil läuft. Am häufigsten wurden die Einschränkungen des Testbetriebs bemängelt, wie etwa die fehlende Möglichkeit, die App über WiFi zu aktualisieren oder dass noch kein Zertifikat erworben werden konnte. Alle Rückmeldungen wurden in der Weiterentwicklung aufgegriffen und sukzessive in die App integriert. 

    Der inhaltliche Umfang der App wird sehr positiv beurteilt (4,37 von 5). Da es sich um erfahrene ProbandInnen aus dem Bereich der Ersten Hilfe handelt – über 80 % haben Erfahrung in der praktischen Ersten Hilfe –, ist diese Einschätzung verlässlicher Wert. Die Nutzungsdauer der ProbandInnen im Testbetrieb wird für diese Einschätzung als ausreichend angesehen. So haben die meisten ProbandInnen mindestens eine Stunde mit der App verbracht. Viele ProbandInnen haben die App fünf oder mehr Stunden genutzt. 

    Zusammenfassung der Evaluationsergebnisse
    Zusammenfassung der Evaluationsergebnisse
    Quelle: Patrick Ruckdeschel

    Zusammenfassung und Ausblick

    Wie die nachfolgende Grafik zeigt, sind die Evaluationsergebnisse ausgesprochen positiv. Sie zeigen, dass mit der EH-A-App eine motivierende und inhaltlich ergiebige App entwickelt werden konnte.  

    Es ist erfreulich, dass die eigens entwickelten Medienformate so positiv aufgenommen wurden. Die App verfügt damit über eine große Bandbreite von attraktiven Lernmethoden. Dies ist gerade für die Weiterentwicklung der App bedeutsam: Die App soll aufgrund der positiven Ergebnisse zukünftig auch die theoretischen Anteile des EH-B beinhalten. Für diese Erweiterung stehen die erfolgreich erprobten Medienformate unmittelbar bereit. So kann direkt damit begonnen werden, die Inhalte des EH-B in Form von Lernpaketen und Übungen aufzubereiten und modular in die App einzupflegen. Besonderer Dank gilt hierbei den FachberaterInnen, die diesen Prozess mit viel Kreativität und hoher fachlicher Expertise unterstützen.



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