25.10.2018 •

    Ausbildungs- und Simulationsmaterial für die Ausbildung in der präklinischen Notfallmedizin an der SanAkBw

    Aus dem Direktorat Ausbildung und Lehre (Direktorin: Oberstarzt Dr. M. Harf) der Sanitätsakademie der Bundeswehr (Kommandeurin: Generalstabsarzt Dr. G. Krüger)

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    Abb. 1: Notfallausrüstung für ein Notfallteam
    Der Fachbereich A2 (FB A2) an der Sanitätsakademie der Bundeswehr (SanAkBw), stellt das ärztliche und nichtärztliche Ausbildungspersonal für den Bereich „präklinische Notfallmedizin“.

    Für ausgewählte Trainings wird hierfür das Ausbildungs- und Simulationsmaterial im eigenen Bereich bereitgehalten und bewirtschaftet. Das Material soll die Vorgaben der Ausbildungsanweisungen für militärische notfallmedizinische Trainings, welche unter fachlicher Federführung FB A2 durchgeführt werden, sicherstellen.

    Ein Schwerpunkt ist die Weiterbildung der SanStOffz Arzt (Sanitätsstabsoffzier Arzt) zur Zusatzbezeichnung Notfallmedizin, akkreditiert durch die bayerische Landesärztekammer. Jährlich werden 10 Kurse mit ca. 200 Teilnehmern an der SanAkBw nach den Vorgaben der Bundesärztekammer (Musterkursbuch Notfallmedizin) und den neuesten technischen und medizinischen Standards durchgeführt.

    Darüber hinaus werden jedes Jahr 10 Kurse „Kompetenzerhalt Notfallmedizin“ für ebenfalls ca. 200 Teilnehmer angeboten und durchgeführt.

    Weitere Trainings im Bereich Erste Hilfe für SanStOffz Apotheker und Notfallmanagement für SanStOffz Zahnärzte runden das Portfolio ab.

    Notfallmedizinische Ausstattung für die Weiterbildung der SanStOffz Arzt zur Erlangung der Zusatzbezeichnung Notfallmedizin

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    Abb. 3: Laerdal Resusci Anne mit Traumamodul, blutend
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    Abb. 2: Übersicht der verschiedenen Reanimationstrainer
    Die Praktische Ausbildung der angehenden Notfallmediziner wird grundsätzlich in Kleingruppen von bis zu 6 Personen durchgeführt. Am Anfang des knapp vierwöchigen Trainings wird jeder Gruppe eine Notfallmedizinische Ausstattung übergeben. Diese besteht aus einem EKG / Defibrillator ZOLL M, Beatmungsgerät Weinmann Medumat Standard, Notfallrucksack und einem Atemwegsmanagementkoffer. Mit Hilfe dieser Ausstattung können die praktischen präklinischen Szenarien durch die Teams abgearbeitet werden.

    Ergänzend werden für verschiedene Ausbildungsthemen Medizinprodukte (z. B. Schaufeltrage, Vakuummatratze, Spineboard, Reanimationsgerät ZOLL Autopulse 100) zur Verfügung gestellt.

    Simulationsgeräte für die Ausbildung der präklinischen Notfallmedizin an der Sanitätsakademie der Bundeswehr

    Simulatoren sollen die Trainingsteilnehmer im Rahmen von Kompetenzorientierter Ausbildung dazu befähigen, fachbezogenes Wissen zu vertiefen und sachgerecht praktische Fähigkeiten und Fertigkeiten anzuwenden, um praktische Fallbeispiele in Kleingruppen realitätsnah selbst­ständig bzw. im Team zu lösen. Feedbacksysteme ermöglichen es dem Trainingsteilnehmer, das erzielte Ergebnis zu beurteilen und daraus Schlüsse für zukünftiges Verhalten zu erlangen. So wird z. B. bei einer Fehlintubation nicht die Lunge belüftet, sondern der Magen wie in der Realität mit der Beatmungsluft aufgebläht.

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    Abb. 4: Patienten Simulator Notarzt
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    Abb. 5: Airwaytrainer Erwachsener + Säugling
    Für die Simulation von Notfallsituationen und das Training im Team sind folgende Geräte verfügbar:

    Reanimationstrainer für das Erlernen und Üben der Cardio-Pulmonalen-Reanimation (CPR) bei Kindern und Erwachsenen als Basisreanimation. Diese Trainer ermöglichen die „Mund zu Mund Beatmung“ wie auch die Beatmung mit Beatmungsbeutel und Maske. Ergänzend kann hier auch ein „Automatischer Externer Defibrillator (AED)“ als Übungsgerät eingesetzt werden.

    Technisch komplexe Patienten-Simulatoren (PatSim RettAss) für die Aus- und Fortbildung von Rettungsdienstpersonal (ärztlich und nichtärztlich) stehen in größerer Stückzahl zur Verfügung. Mit diesen können komplexe, vor allem internistische, Fallbeispiele realitätsnah simuliert werden. Die Puppen lassen sich manuell und maschinell beatmen, supraglottisch und endotracheal intubieren, defibrillieren und mit einem intravenösen (i.v.) Zugang versehen. Auch eine Kardioversion oder Schrittmachertherapie ist möglich. Momentan werden diese Patienten-Simulatoren durch die Herstellerfirma sukzessive auf den aktuell neuesten Stand gebracht und mit einem „Pad“ zur Steuerung des Simulators ausgestattet.

    Zudem lassen sich bei diesen Puppen einzelne Körperteile (Arme, Beine, Pupillen) schnell und einfach auswechseln und so verschiedene Verletzungsmuster realistisch darstellen. Hierfür werden mehrere Ausstattungen „Trauma Modulsatz“ vorgehalten. Als bildliches Beispiel soll hier die Darstellung einer Simulationspuppe mit dem Verletzungsmuster „Bein-Amputation“ dienen. 

    Für die Ausbildung des ärztlichen Personals ­verfügt der Fachbereich A2 auch über einen PC gesteuerten Patientensimulator (PatSim Notarzt). Neben den Funktionen des vorher beschriebenen PatSim RettAss kann hier der Trainingsteilnehmer zusätzlich intramuskuläre Injektionen verabreichen, Thoraxdrainagen durchführen und Katheter legen. Atemwege können verlegt, Lungenfunktion ganz oder teilweise aufgehoben und Geräusche für die Auskultation dargestellt werden.

    Die ermittelten Patientenparameter können den Trainingsteilnehmern und Teilnehmerinnen auf einem Monitor dargestellt werden.

    Zur Vorbereitung von komplexen Fallbeispielen ist es vielfach notwendig und sinnvoll, den Trainingsteilnehmern an speziellen Trainern die Möglichkeit zu geben, medizinische Fertigkeiten im jeweiligen Bereich zu erlernen bzw. zu ver­bessern. 

    Airway Management Trainer für Erwachsene und Säuglinge ermöglichen die Beatmung mit Beatmungsbeutel + Maske sowie die Durchführung von supraglottischer- und endotrachealer Atemwegssicherung.

    Die Vorgehensweise zum Anlegen von intravenösen (i.v.) Zugängen kann man im Rahmen einer Erstausbildung z. B. mit einem i.v. Trainingsarm üben. Das unter der künstlichen Haut befindliche Venenschlauchsystem wird hierfür mit Kunstblut befüllt und ermöglicht dem Trainingsteilnehmer ein direktes Feedback zur korrekten Punktion der Vene durch die Aspiration des Kunstblutes.

    Intraossäre (i.o.) Zugangswege sind eine schnelle und relativ leicht zu erlernende Alternative zu venösen Zugängen. Für den militärischen Bereich sind hier die Systeme EZ-IO und FAST-1 zu nennen. Im Rahmen der Erstausbildung werden künstliche Knochen für die jeweiligen Punktionsorte verwendet.

    Die Entlastungspunktion bei Spannungspneumothorax hat im militärischen Bereich einen hohen Stellenwert und stellt eine wesentliche Maßnahme zur Senkung der Mortalität dar. Die Vorgehensweise zur Algorithmen konformen Anlage kann mit einem Entlastungstrainer erlernt werden.

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    Abb. 7: Ausbildungsgerät für die Intraossäre Punktion
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    Abb. 6: Übungsarm Intravenöse Injektion
    Eine Notfall-Koniotomie wird im zivilen Rettungsdienstalltag nur sehr selten präklinisch durchgeführt. Dieses Verfahren kann in einer Situation, in der der Patient weder beatmet noch anderweitig mit Sauerstoff zu versorgen ist (Can`t ventilate, can`t intubate Szenario) notwendig werden. Aufgrund Schuss- oder Splitterverletzungen im Gesicht ist diese Situation bei Soldaten im Einsatz häufiger zu erwarten. Gerade weil diese Maßnahme so selten in der zivilen Inübunghaltung durch Rettungsdienstpersonal durchgeführt wird, ist das Erlernen und stetige Üben wichtig, um für die militärischen Erfordernisse gewappnet zu sein. Koniotomietrainer ermöglichen dies. Zusätzlich werden aber auch Rinder- und Schweinegurgeln für das realitätsnahe Training der Notfall-Koniotomie verwendet.

    Auch die präklinische Geburtshilfe wird selten durchgeführt. Trotzdem kommt es bisweilen vor, dass eine Geburt im Rettungswagen durchzuführen ist. Die Grundlagen zur Vorgehensweise bei einer präklinischen Geburt und die Unterstützung der Gebärenden werden mit Hilfe eines Geburtstrainers erlernt und geübt.

    Gemäß dem Grundsatz „train as you fight“ muss zudem Verbrauchsmaterial in großen Mengen verfügbar gehalten werden, um Fallbeispiele in den verschiedenen Trainings realistisch abarbeiten zu können.

    Um den Einsatz von Medikamenten gesetzes- und vorschriftenkonform, sowie realitätsnah und kostengünstig darstellen zu können, wird auf dezentral beschaffte Übungsmedikamente zurückgegriffen. Diese sind deutlich als solche gekennzeichnet und mit Wasser, Glukosepulver oder Farbstoff befüllt und in den gängigsten Größen verfügbar. Mit selbst erstellten Aufklebern für die verschiedenen Medikamente werden so realistische Bilder für die Ausbildung geschaffen.

    Bei den praktischen Szenario Trainings können damit der Personalansatz, das Zeitmanagement, Materialressourcenmanagement und die teaminterne Kommunikation realistisch dargestellt und geübt werden.

    Mit dem Einsatz von Übungsmedikamenten muss die Aufgabe einer Person im Team eindeutig zugewiesen werden. Diese ist dann mit dieser Aufgabe gebunden und momentan für andere Aufgaben nicht verfügbar. Der zeitliche Ablauf bis zur Gabe dieses Medikamentes ist realistisch. Der Materialverbrauch in der Ausstattung ist sichtbar und für den weiteren Verlauf der Behandlung planbar und zu berücksichtigen.

    Für standardisierte praktische Ausbildungsinhalte werden vorgepackte und klar definierte Verbrauchsmaterialsätze in leicht zu transportierenden Kunststoffkisten bereitgehalten. Als Beispiel dienen hier die vorgepackten Verbrauchsmaterial Sätze für die zweitägigen ACLS (Advanced Cardiovascular Life Support) Kurse der angehenden Notfallmediziner SanStOffz.

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    Abb. 8: Trainer für die Thoraxentlastungspunktion nach Monaldi
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    Abb. 9: Trainer für die Notfallkoniotomie
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    Abb. 10: Trainer für die präklinische Notfallgeburt

    Audio- und Video Debriefinganlage

    Um den Trainingsteilnehmern unmittelbar nach einem Szenariotraining ihr eigenes Tun vor Augen führen zu können, wurde eine mobile Audio- und Videodebriefinganlage angemietet Diese wird bei der Ausbildung der Notfallmediziner eingesetzt. Mit ihr können unmittelbar nach einem abgearbeiteten Szenario ausgewählte Audio- und Videosequenzen für das Debriefing und zur Selbstreflexion genutzt werden.

    Ausblick in die Zukunft

    In einer modernen und zeitgemäßen Trainingseinrichtung für die präklinische Notfallmedizin findet man oftmals „Szenarioanlagen“ bzw. „San-Arenen“ um die Trainingsteilnehmer in diesen Übungsarealen unter kontrollierten Bedingungen in einer realitätsnahen Umgebung ausbilden zu können.

    Hier werden dann den Trainingsteilnehmern die Patienten (Lehrgangsteilnehmer, Rollendarsteller, Simulatoren) in verschiedenen „typischen“ Auffindesituationen vorgestellt. Dabei sollen im Rahmen der Grundlagenausbildung sowohl zivile, als auch einsatzorientierte Lagen bearbeitet werden.

    Die Erstversorgung am Auffindeort, der Patiententransport, die weitere Behandlung in einer Rettungswagenkabine und die Übergabe an einen Schockraum werden abgebildet.

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    Abb. 12: Übungsmedikamente
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    Abb. 11: Verbrauchsmaterial – Lager
    Deshalb sollen Szenarien in einer Privatwohnung (Wohnzimmer, Küche, Bad, Terasse), Werkstatt / Instandsetzungseinrichtung, Lazarett / Pflegeheim (2-Bettzimmer), Fitnessstudio, Betreuungseinrichtung sowie Kfz- Unfälle mit PKW und Motorrad dargestellt werden können.

    Ein Regieraum ermöglicht den Ausbildern die Steuerung des Geschehens ohne das dargestellte Szenario durch die direkte Anwesenheit zu verfälschen. Trainingsteilnehmer, die momentan nicht direkt am Trainingsgeschehen teilnehmen, können ebenso das ablaufende Szenario in einem separaten Raum in Echtzeit, mit Hilfe einer Audio- und Videodebriefinganlage, beobachten.

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    Abb. 13: Verbrauchsmaterial für Praktische Ausbildung
    Für die Sanitätsakademie der Bundeswehr besteht die dringende Notwendigkeit, eine solche Szenarioanlage im Rahmen der abgestuften notfallmedizinischen Ausbildung für das Sanitätspersonal der Bundeswehr einzurichten und zu implementieren. In einer derartigen Anlage können die oben genannten Umgebungen nach modernsten didaktischen Prinzipien dargestellt werden, die im präklinischen Notfalleinsatz sowohl im Inland, wie auch in einem Einsatzland nahezu täglich anzutreffen sind. 

    Um witterungsunabhängig ausbilden zu können, muss diese Anlage in einem Gebäude untergebracht werden. Eine Initiative zur Beschaffung bzw. Einrichtung einer Szenarioanlage Notfallmedizin (SAN) an der ­SanAkBw ist bereits auf den Weg gebracht und liegt dem Planungsamt zur Entscheidung vor. 


    Bildnachweis (Alle Fotos: H. Englbrecht, SanAkBw)

    Verfasser:
    Oberstabsfeldwebel Horst Englbrecht
    Lehrrettungsassistent, Praxisanleiter
    Sanitätsakademie der Bundeswehr
    Abteilung A, Fachbereich A2
    Neuherbergstr. 11, 80937 München
    E-Mail: horstjuergenenglbrecht@bundeswehr.org




                                   


                    






    Datum: 25.10.2018

    Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 3/2018

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