01.12.2008 •

Das SanKommando III in der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit

Ein Lagebericht

Der präventive oder reaktive Umgang mit Großschadensereignissen in Deutschland fällt in die Zuständigkeit der Bundesländer sowie der Landesverwaltungsämter / Regierungsbezirke, Landkreise und kreisfreien Städte. Dabei können Truppenteile und Dienststellen der Bundeswehr zur Rettung, Schutz und Erhaltung von Gesundheit und Leben von Menschen sowie für die Allgemeinheit wertvollem Material und lebenswichtigen Einrichtungen eingesetzt werden. Grundlage hierfür ist die geltende Kompetenzzuordnung des Grundgesetzes gemäß Artikel 35. Hierfür ist entscheidend, dass die Gesamtführung im Rahmen der Hilfeleistung immer bei der zivilen Seite verbleibt. Die Erfahrungen der letzten Jahre, die bei Einsatz, Übung und präventiven Handeln – hier insbesondere der FIFA WM 2006 – gewonnen wurden, zeigen, dass sanitätsdienstlichen Fähigkeiten eine Schlüsselrolle innerhalb des Unterstützungspaketes Bundeswehr zukommt. Diese herausragende Rolle erwächst aus der Befähigung des Sanitätsdienstes, den Kranken- und Verletztentransport sowie die Behandlung Erkrankter oder Verletzter, mobil und weitgehend unabhängig von vorhandener Infrastruktur leisten zu können. Die Sanitätskommandos verfügen in ihren Zuständigkeitsbereichen über ein breites Spektrum an Kräften und Mitteln um diese Unterstützung auf Länderebene umsetzen zu können.

Aufgaben eines Sanitätskommandos im Rahmen der ZMZ GesWes

Voraussetzung für eine effektive und zielgerichtete sanitätsdienstliche Unterstützung im Katastrophenfall ist es, dass zivile und militärische Zielsetzungen und Instrumente wirksam koordiniert und verbunden werden. Dies erfordert, das gegenseitige Handeln eng aufeinander abzustimmen und Ver - fahren zu entwickeln, die das reibungslose Zu sammenwirken sicherstellen. Die Schlüs - selbegriffe dieser Unterstützung sind lagegerechte Beratung, Identifikation befähigter Module und lageangepasste Bereitstellung bezüglich des Einsatzes dieser sanitätsdienstlicher Kräfte und Mittel.

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Die ZMZ GesWes und damit die Beratung der zivilen Verantwortungsträger im Bereich der sanitätsdienstlichen Unterstützung liegt in der Verantwortung des Inspekteurs des Sanitätsdienstes der Bundeswehr. Die Abstufung der Umsetzung dieser Aufgabe folgt im Zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr (ZSanDstBw) sowohl den territorialen Strukturen der Bundeswehr im Bereich der Streitkräftebasis als auch den föderalen Strukturen der zivilen Seite. Auf Länderebene fällt diese Aufgabe den Sanitätskommandos zu, in deren regionalen Verantwortungsbereich jeweils mehrere Bundesländer liegen. Auf der Ebene der Regierungsbezirke, Landesverwaltungsämter und Kreise stehen für die Beratungsaufgabe Sanitätsoffiziere der Reserve zur Verfügung, die als Beauftragte Sanitätsstabsoffiziere für die Zivil-Militärische Zusammenarbeit im Gesundheitswesen (BeaSanStOffz ZMZ GesWes) die Beratung der zivilen Gesundheitsbehörden und Katastrophenschutzbeauftragten, aber auch nichtstaatlicher Organisationen leisten. Gleichzeitig halten diese BeaSanStOffz ZMZ GesWes Verbindung zu den Bezirks- und Kreisverbindungskommandos (BVK/KVK) und treten im Katastrophenfall als Bestandteil des Stabes hinzu. Was bedeutet diese Struktur für die Aufgabenwahrnehmung im Bereich eines Sanitätskommandos am Beispiel des Sanitätskommandos III in Weißenfels. Es gilt, fünf Landesregierungen (Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Brandenburg und Berlin) das Wehrbereichkommando III in Erfurt und vier Landeskommandos sowie das Standortkommando Berlin in allen Fragen sanitätsdienstlicher Unterstützung im Katastrophenfall zu beraten. Dabei ist nicht nur die Beratung im eingetretenen Katastrophenfall gefordert, sondern kontinuierliches Herstellen und Halten von Verbindungen, Teilnahme und Ausrichtung von Informationsveranstaltungen sowie die ebenen- und fachgerechte Teilnahme an Planungsrunden, Symposien und Übungen. Als Beispiel sei hier eine Informationsreihe genannt, in der das Sanitätskommando III Weißenfels in eintägigen Informationsveranstaltungen für jeweils ein Bundesland die ZMZReferate der Innenministerien, die Verantwortlichen von DRK und THW sowie das jeweilige Landeskommando über Unterstützungsmöglichkeiten informierte und Rettungszentrum leicht, Rettungsstation und Ver wundetentransportfahrzeuge praktisch demonstrierte. Im Gegenzug nahm das Sanitätskommando an zahlreichen Übungen und Besprechungen der zivilen und militärischen Partner teil.

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Die Hauptlast dieser ZMZ-Arbeit liegt im Dezernat G.3.2 des Kommandos. Zwei Sanitätsstabsoffiziere und ein Oberstabsfeldwebel halten kontinuierlich Verbindung zu den oben genannten Partnern. Im Katastrophenfall entsendet das Kommando einen Verbindungsoffizier in den Krisenstab der jeweiligen Landesregierung. Dieser ist darüber hinaus das Verbindungselement zum Stab der Landeskommandos. Zeitgleich erweitert das Sanitätskommando sein Lagezentrum „Einsatz“ um die notwendigen Fähigkeiten der kontinuierlichen Lageführung und Planung des Katastropheneinsatzes. Auftrag ist, die sanitätsdienstliche Versorgung der eingesetzten militärischen Kräfte zu gewährleisten sowie geeignete Kräfte und Mittel sanitätsdienstlicher Unterstützung in enger Zusammenarbeit mit Landesregierung, Wehrbereichskommando und Landeskommando zu identifizieren und deren Einsatz zu steuern. Das Dispositv auf das zurück gegriffen werden kann, umfasst leichte Rettungszentren, Rettungsstationen und den beweglichen Verwundetentransport der Regimenter und regionalen Sanitätseinrichtungen sowie eingelagertes Material (z.B. Krankenhausbetten, Verwundetenpakete) des Versorgungs- und Instandsetzungszentrum. Das Interesse an den Optionen sanitätsdienstlicher Unterstützung auf ziviler Seite ist hoch. Der Sanitätsdienst schließt Lücken im Bereich von Geländegängigkeit und Mobilität, die absehbar von ziviler Seite nicht geschlossen werden können.
Gemeinsame Übungen helfen das Vertrauen in diese Fähigkeiten aufzubauen und zu vertiefen. Es ist deshalb Schwerpunkt der G 3 Abteilung des Sanitätskommandos, die Fülle an zivilen Übungsvorhaben flächendeckend zu unterstützen.

Führung und Betreuung der BeaSanStOffz ZMZGesWes

Die BeaSanStOffzZMZGesWes sind Schlüsselkräfte in der Funktionalität der sanitätsdienstlichen ZMZ. Sie sollen enge Arbeitsbeziehungen zu den zivilen Behörden und Hilfsorganisationen Ihres Bezirkes, Verwaltungsamtes und Kreises aufbauen, um diese zu Fragen sanitätsdienstlicher Hilfeleistungen kompetent beraten zu können. Dies verlangt neben Abkömmlichkeit, persönlichem Engagement und Kenntnis der (regionalen) Struktur des zivilen Gesundheitswesens vor allem gute Kenntnisse der sanitätsdienstlichen Einsatzgrundsätze und der Strukturen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, um die benötigte Akzeptanz der verschiedenen Ansprechpartner zu erzielen. Der Schwerpunkt des Sanitätskommandos liegt im Rahmen der Führung der BeaSanStOffz ZMZGesWes in der Gewinnung, Ausbildung und Betreuung dieser Reservisten. Gewinnung in den neuen Bundesländern heißt Rückgriff auf Reservistenstrukturen, die mit den alten Bundesländern nicht vergleichbar und erst im Wachsen begriffen sind. Hier gilt es insbesondere als Zeitsoldaten ausscheidende Truppenärzte für diese interessante und fordernde Tätigkeit zu gewinnen. Dies ist nur möglich über direkte und persönliche Ansprache und Information. Rundschreiben oder vergleichbare unpersönliche Werbeaktionen greifen in der Regel zu kurz.
Attraktivitätsmerkmal ist die Beauftragung mit einer Aufgabe, die mit keiner bisherigen Reservistenfunktion vergleichbar ist.
Dabei ist sicherlich nicht die mehr als bescheidene Aufwandsentschädigung (derzeit 40 €/Monat) der Motivator, sondern eine hohe Eigenverantwortlichkeit, aber auch Anerkennung im zivilen wie militärischen Umfeld.
Unter dem Stichwort „Führung und Betreuung“ steht und fällt in der Arbeit des Sanitätskommandos alles mit Qualität und Umgang der Information der unterstellten BeaSanStOffzZMZGesWes. Das Programm des Sanitätskommando III umfasst hierbei monatliche Informationsbriefe, Versorgung mit ZMZ Dokumenten, halbjährliche Wochenendinformationsveranstaltungen, ständige telefonische Ansprechbarkeit zwecks Einzelberatung und Wehrübungen der BeaSanStOffz-ZMZGesWes in der Abteilung G 3 sowie G1.2. Je dichter diese Informationsarbeit betrieben wird, umso aussagefähiger kann der jeweilige Reservist seine Aufgabe erfüllen. Insbesondere die Zusammenführung der Tätigkeit G3.2 und G1.2 in einem Betreuungsteam hat sich hierbei für die Reservisten positiv ausgewirkt. Auf der anderen Seite wird seitens der Masse der Reservisten ein außerordentliches Maß an Engagement entgegengebracht, was die Zusammenarbeit ausgesprochen fruchtbar macht.
Positiv ist auch die Akzeptanz vieler Arbeitgeber anzumerken, die ihre Mitarbeiter teilweise für mehrere Wochen im Jahr freistellen.

Zusammenfassung

Sanitätskommandos und BeaSanStOffzZMZGesWes kommt eine Schlüsselrolle in der sanitätsdienstlichen Zivil- Militärischer Zusammenarbeit zu. Kontinuierliche enge Zusammenarbeit mit Ländern, Bezirken und Kreisen, aber auch den Wehrbereichs- und Landeskommandos bestimmen die tägliche Arbeit. Das Fähigkeitsprofil der Sanitätskommandos prädestiniert diese, im Katastrophenfall entscheidende Lücken des zivilen Katastrophenschutzes zu schließen. Gewinnung, Führung und Betreuung der Bea- SanStOffz ZMZGesWes ist eine Kernaufgabe der Kommandos, die mit hohem Engagement und Einsatzwille der Reservisten honoriert wird. Die neue Struktur der sanitätsdienstlichen ZMZ – und hierbei insbesondere die Unterstellung der BeaSanStOffz ZMZGesWes unter die Sanitätskommandos – hat sich bereits heute eindeutig bewährt.

Datum: 01.12.2008

Quelle: Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2008/4

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